Protokoll der Sitzung vom 14.07.2017

und bis dahin wünsche ich Ihnen eine schöne Sommerzeit. – Vielen Dank, dass Sie zugehört haben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Dr. Schwenke.

(Torsten Renz, CDU: Auch die letzte Rede? – Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag der AfD greift ein heißes Thema auf, welches die Region stark bewegt und das, füge ich aber gleich hinzu,

(Zuruf von Holger Arppe, AfD – Heiterkeit bei Franz-Robert Liskow, CDU)

mittlerweile symptomatisch für die Bahnpolitik der Landesregierung ist. Wir stellen uns die Frage, wie viel Bahn braucht das Land und wie viel Bahn wollen, besser noch müssen wir uns leisten. In der offiziellen Landespolitik läuft es allerdings auf die Frage hinaus, wie viel Bahn gibt der Haushalt, so, wie er gestrickt ist, her. Minister Pegel betätigt sich als sogenannter solider norddeutscher Kaufmann, was im Klartext heißt, weniger Bahn und mehr Bus, und das in Verantwortung der Kreise. Wir wissen, dass ein Streckenkilometer auf der Schiene fünfmal teurer ist als ein Buskilometer – übrigens ein unfairer Wettbewerb, der auch beendet werden muss, aber das ist ein anderes Thema.

Um es noch mal deutlich zu sagen, Herr Minister, ich gebe Ihnen nicht alleine die Schuld an der Misere, in der wir mit der Bahnpolitik stecken. Die Deutsche Bahn und damit auch der Bund haben einen großen Anteil daran. Aber aus unserer Sicht – und das werde ich gleich noch nachweisen – gibt es Anlass zu Optimismus und auch zu einem anderen Herangehen an diese Fragen.

Die Linksfraktion verlangt seit Langem, nicht erst seit dieser Wahlperiode, die Bahnangebote auszuweiten, statt sie weiter auszudünnen oder gar abzubestellen. Für mehr Bahn sind notfalls auch ergänzende Landesmittel einzusetzen. Lange Zeit stand nicht fest, wie hoch die Regionalisierungsmittel bis 2031 für Mecklenburg-Vorpommern ausfallen. Deshalb konnte jeder auslaufende Verkehrsvertrag das Ende des Bahnbetriebs bedeuten. Tatsächlich traf es das Teilstück der Südbahn Parchim– Malchow. Die Stilllegung war ein Fehler, das meinen wir auch, gemeinsam mit der CDU.

Nun steht seit Monaten der auf das Land entfallende Anteil der Bundesmittel fest, damit besteht langjährige Planungssicherheit. Dennoch bleibt das Ministerium bisher die Erfüllung der wiederholten Forderung der Linksfraktion, endlich seine Bestellstrategie offenzulegen, schuldig. Stattdessen Hinhaltetaktik, der Verweis auf Gutachten, die abzuwarten sind, und auf angeblich weniger Mittel. So wie in den Antworten auf mehrere Kleine Anfragen von mir war auch die im März im Energieausschuss erfolgte Berichterstattung mehr oder weniger von Ausflüchten geprägt und blieb ziemlich vage. Ein solches Herangehen führte und führt zu enormer Unsicherheit bei den Fahrgästen, den betroffenen Kommunen und Regionen. Ich halte das nicht für eine verantwortliche Politik.

Glücklicherweise ist bis auf Weiteres wenigstens der Weiterbetrieb der Kleinseenbahn Neustrelitz–Mirow gesichert und auch das Teilstück der Südbahn Malchow– Waren wird weiter befahren. Allerdings schiebt das Land dafür die Verantwortung auf den Landkreis Mecklenburgische Seenplatte ab.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Die hat er aber gerne übernommen.)

Dabei spart das Land sicher eine beträchtliche Summe Geld,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das haben wir aber gerne übernommen. Gibt zwar kein Geld, aber wir machen es trotzdem.)

denn die Summe, die das Land dem Kreis an Fördermitteln ausreicht,

(Andreas Butzki, SPD: Landtagswahlkampf. – Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE)

dürfte erheblich geringer sein, als es für den bisherigen auslaufenden Verkehrsvertrag ausgeben muss.

Die verkehrspolitischen Entscheidungen zum Schienenpersonennahverkehr und der immer wieder geäußerte Sparzwang sind – aus meiner Sicht zumindest – unehrlich. Entgegen den Behauptungen werden die Mittel für den SPNV nicht weniger. Die Antwort auf meine Kleine Anfrage weist Ausgabenreste für die Regionalisierungsmittel in Höhe von fast 133 Millionen Euro aus. Seit Jahren wird Geld zurückgelegt

(Jochen Schulte, SPD: Das ist auch gut so, Frau Kollegin Schwenke.)

und steht zusätzlich bis 2031 bereit.

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Und weil ein Sondervermögen eingerichtet wird, bleiben die Ausgabenreste auch zweckgebunden für den Schienenpersonennahverkehr erhalten. Auch die Einigung auf eine Wiedereinsetzungsgarantie für Bahnfahrzeuge nach Auslaufen eines Verkehrsvertrages wirkt langfristig preismindernd. Zudem ist davon auszugehen, dass die Halbierung der Trassenpreise auch für den Personenverkehr kommen wird und kommen muss.

Gespannt sein dürfen wir auf den Ausgang einer Klage Sachsen-Anhalts gegen die Deutsche Bahn wegen zusätzlicher Regionalfaktoren bei den Trassenpreisen. Bekommt Sachsen-Anhalt recht, muss auch Mecklenburg-Vorpommern die über ein Jahrzehnt zu viel gezahlten Trassenpreise von der Deutschen Bahn zwingend zurückfordern. All das spricht für eine optimistische Herangehensweise in Bezug auf die Verkehrsverträge für den Schienenpersonennahverkehr. Mehr Bahn ist möglich und auch finanzierbar.

Aber nun will ich zum AfD-Antrag reden. Minister Pegel betonte vor Ort, dass erst im Spätsommer die Grundlagen vorliegen, um abwägen zu können, ob sich das Land die Darß-Bahn leisten kann. Nur, wenn die Darß-Bahn tatsächlich kommt, mache es nach Auffassung des Ministers überhaupt Sinn, die Strecke Barth–Velgast weiter zu bedienen.

Nebenbei bemerkt habe ich immer schon ein mulmiges Gefühl, wenn Sie von Gutachten reden, Herr Minister, die erst erstellt werden müssen. Meistens sind es eher „Schlechtachten“.

(Heiterkeit und Zuruf von Jochen Schulte, SPD – Heiterkeit bei Christiane Berg, CDU)

Aber, Herr Minister, das hätte auch längst geklärt werden müssen, nicht erst kurz vor Ultimo. Die Bürgerinitiative „Keine Bahn ist keine Lösung“ kämpft verzweifelt für den Erhalt. Das Anliegen des Antrags der AfD ist also völlig verständlich, der Antrag selbst ist allerdings aus unserer Sicht nicht zustimmungsfähig.

Der bereits in der Überschrift geforderte Streckenerhalt Stralsund–Barth und die „gleichzeitige Wiederbelebung der Darß-Bahn“ sind objektiv gar nicht möglich. Erst ein Teilabschnitt zwischen Barth und Bresewitz ist planfestgestellt, noch dazu hat das Land Klärungsbedarf und geklagt. Ein weiterer Teilabschnitt zwischen Bresewitz und Zingst ist mitten in der Planfeststellung, die Beteiligung dafür wurde in der vergangenen Woche abgeschlossen. Und für den Teilabschnitt Zingst–Prerow steht ein Planfeststellungsverfahren noch aus. Selbst wenn irgendwann Baurecht besteht, dürfte die Umsetzung ein ziemlicher Kraftakt werden – der Minister hat schon darauf hingewiesen –, denn im Bundesverkehrswegeplan ist das Vorhaben nicht enthalten. Das Land muss die Mittel auftreiben, umschichten, wie auch immer, vor allem aber muss der politische Wille dazu da sein.

Unsere Fraktion setzt große Hoffnung in die Darß-Bahn und geht langfristig von einem Erfolg aus. Die UBB auf Usedom und auch der Molli haben bewiesen, dass Schienenpersonennahverkehr und Tourismus sehr wohl miteinander verbunden werden können. Die Synergieeffekte sind da, Vorteile haben alle. Berufspendler und Gäste profitieren von einem guten Angebot, die Straße könnte entlastet werden und die Umwelt dadurch auch.

(Jochen Schulte, SPD: Und dann keine Busverkehre mehr.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, auch der Antragstext geht so nicht. Die Landesregierung darf nicht nur aufgefordert werden, sich einzusetzen für den Erhalt beziehungsweise die Wiederbelebung, nein, das Land hat es selbst in der Hand, den Bahnbetrieb wiederherzustellen. Das Land ist Aufgabenträger für den Schienenpersonennahverkehr.

Auch geht es nicht darum, die Bahnstrecke von Stralsund nach Barth zu erhalten, die Strecke Barth–Velgast– Stralsund wird als Bahnstrecke weiter gewidmet sein, auch wenn der Bahnbetrieb eingestellt wurde. Es geht schlichtweg um den Weiterbetrieb, die Bestellung der Linie. Und richtig macht es nur Sinn, wenn auch die Direktverbindung Stralsund–Usedom erhalten bleibt. Die Touristiker laufen Sturm angesichts der Pläne, dass künftig Züssow Endstation sein soll für das Usedom-Netz und dort alle umsteigen müssen, die rauf oder runter von der Insel wollen.

Das Land begründet die Abbestellung – der Minister hat es heute ebenso getan – auch mit der Umweltbelastung durch die Dieselfahrzeuge der UBB. Ich frage allerdings, ob es denn besser wäre für die Umwelt, wenn alle, die die Oberzentren Greifswald und Stralsund erreichen wollen, als Touristen lieber mit dem Auto, möglichst mit Dieselmotor, fahren.

Ein richtiges Problem im Antrag sehen wir in der Formulierung, die Darß-Bahn „in ihrem ursprünglichen Verlauf“ zu erhalten beziehungsweise die Voraussetzungen für den Betrieb der Darß-Bahn zu schaffen. Die alte Trasse ist heute teilweise überbaut beziehungsweise anderweitig

genutzt. Auch gibt es im aktuell laufenden Planfeststellungsverfahren Trassenvarianten für Zingst. Das halten wir für richtig. Die Darß-Bahn wird daher in Teilen nicht auf der alten Trasse laufen können.

Meine Fraktion hat deshalb einen Änderungsantrag vorgelegt, für den ich um Zustimmung werbe. Auch eine Überweisung in den Energieausschuss würden wir befürworten. Den Antrag der AfD, sollte er in der vorliegenden Form zur Abstimmung kommen, lehnen wir ab. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Dahlemann.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Beste kommt bekanntlich zum Schluss. Das gilt jedoch nicht für den Antrag der AfD-Fraktion. Dieser könnte eher wie folgt kommentiert werden: Wer nicht kommt zur rechten Zeit, der muss sehen, was übrigbleibt.

(Holger Arppe, AfD: Der wird Staatssekretär.)

Apropos Zeit: Zweifelsohne ist das eine komplexe Thematik, die man wohl kaum in 15 Minuten Redezeit zusammenfassen kann. Ich will Sie alle beruhigen, deshalb bin ich unserem Verkehrsminister Christian Pegel sehr dankbar,

(Zuruf von Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

dass er die wesentlichsten Fakten in einer nüchternen Darstellung eben runtergebrochen hat.

Dankbar bin ich auch der Bürgerinitiative „Keine Bahn ist keine Lösung“. Hunderte Menschen demonstrieren seit Monaten für etwas, für die Bahnverbindung, und bringen sich mit realistischen Vorschlägen in diese doch schwierige Debatte ein.

Des Weiteren möchte ich den Lokalmatadoren – und ich gucke mal zwei an, einerseits Frau Wippermann und andererseits meinen Kollegen Herrn Eifler – herzlich danken, die beide in durchaus offenen Diskussionen das Pro, aber auch das Kontra einer Darß-Bahn miteinander besprechen und abwägen. Die Beschlüsse der kommunalen Gremien, nicht nur des Kreistages, sondern auch der vielen Stadt- und Gemeindevertretungen, untermauern dies. Mit dem Barther Bürgermeister Stefan Kerth sind wir fast täglich dazu in Kontakt. In Barth habe ich mich auch auf dem 762. Stadtgeburtstag deutlich zur Darß-Bahn geäußert und gerne verweise ich an dieser Stelle auf die mit Ministerpräsident Sellering und Verkehrsminister Pegel eng abgestimmte Pressemitteilung vom 21. April.

63 Tage später entdecken Sie, Herr Borschke, und Ihre Fraktion das Thema für sich, und da muss ich Ihnen sagen, da ist ja jede Draisine schneller als Sie. Tatsächlich kann ich Ihnen sagen, dieser Antrag ist im Gegensatz zu anderen Äußerungen Ihrer Fraktionskollegen kein Schnellschuss, sondern im wahrsten Sinne des Wortes ein Rohrkrepierer.

(Heiterkeit bei Enrico Komning, AfD: Der war gut.)

Grundlage ist natürlich, und deshalb können wir uns so sicher dazu äußern, Textziffer 116, Herr Komning, im Koalitionsvertrag: „Die Koalitionspartner werden sich auf Bundesebene für die Infrastrukturfinanzierung der DarßBahn“ durch den Bund „einsetzen.“

(Präsidentin Sylvia Bretschneider übernimmt den Vorsitz.)

Das, meine Damen und Herren, ist etwas, wo wir sagen können, das knüpft auch an Ideen, an gute Erfahrungen an, gute Erfahrungen mit der Usedomer Bäderbahn, und – lassen Sie mich an dieser Stelle als Abgeordneter darauf hinweisen – als ursprüngliche Idee einer Diskussion des SPD-Regierungsprogramms zur Vorpommern-S-Bahn, also ein Stück weit auch Kindchen des Ministerpräsidenten Erwin Sellering. Sowohl Ministerpräsident Sellering als auch unsere neue Ministerpräsidentin Manuela Schwesig haben sich in ihrer Regierungserklärung zu drei bis vier Großprojekten im Landesteil Vorpommern geäußert.