Protokoll der Sitzung vom 28.09.2017

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Ja, wenn der Pegel sich einpegelt. – Heiterkeit auf der Regierungsbank)

Wir werden sie in dem Fall so einstellen, dass man eine gewisse Plangröße hat,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

mit der man in den jeweiligen Bundesländern rechnen kann. Da wäre eine eigene Einrichtung in einer gewissen Größe relativ unwirtschaftlich, wenn man in dem Fall von Wirtschaftlichkeit sprechen darf. Das will ich einschränken.

Also insofern bitte ich um Verständnis, wenn wir sagen, wir wollen erst die Verhandlungen mit den Ländern abwarten, um dann abschließend die Entscheidung zu treffen, und natürlich auch dem Ansinnen einer solchen Einrichtung nachkommen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Christel Weißig, BMV)

Danke, Herr Minister.

Für die Fraktion der SPD hat das Wort Frau Tegtmeier.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es geht in dem Antrag ja nicht darum, einige wenige in Haft zu nehmen, sondern es geht darum, alle, die sich zurzeit bereits in eingeschränkter Bewegungsfreiheit befinden, aufgrund ihrer Ausreisepflicht in Haft zu nehmen, also das noch mal deutlich zu verschärfen, was auf Bundesebene in diesem Jahr bereits verschärft wurde, noch mal deutlich dadurch zu verschärfen, dass diese Menschen nicht nur in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden, was sie sowieso schon nach den neuen Gesetzen sind, sondern darüber hinaus in Haft genommen werden.

Wir haben bereits in einer Kleinen Anfrage der AfD im Februar dieses Jahres diese Thematik auf dem Tisch

gehabt. Da haben Sie ganz konkret nach ausreisepflichtigen Afghanen gefragt, gleichwohl verbunden mit beantragten Abschiebungshaftzeiten. Und aus der Antwort Ihrer Kleinen Anfrage konnte man da schon ganz deutlich entnehmen, dass das, was die Landkreise, also die Kreisebene betrifft, sehr wenig Zahlen waren, also ganz wenige Personen, die überhaupt infrage gekommen wären. Dann haben wir hier im Mai über Ihren Antrag diskutiert, in dem Sie ganz konkret eine zentrale Ausreiseeinrichtung forderten, in dem alle ausreisepflichtigen Personen sicherzustellen sind und die Ausreise vorzubereiten sei. Das haben wir zu dem Zeitpunkt selbstverständlich abgelehnt, weil daraus deutlich hervorging, dass Sie hier nicht nur von gefährlichen Menschen sprechen, sondern von allen Ausreisepflichtigen. Da möchte ich auch meine Zweifel hegen, ob das mit unseren rechtsstaatlichen Mitteln überhaupt möglich ist.

Hierzu können Sie vielleicht bei Professor Weber noch mal ein bisschen Nachhilfe nehmen oder vielleicht kann er mir das auch direkt erklären, wie es auf unserer gesetzlichen Grundlage möglich sein soll, all diese Menschen in Haft zu nehmen, also wirklich in Haft zu nehmen.

Zu dem, was an Verschärfungen auf den Weg gebracht worden ist, also die Einschränkung der Bewegungsfreiheit, der ausreisepflichtige Abschiebegewahrsam, haben wir von vier auf zehn Tage erhöht für die Leute, die es betrifft, also Abschiebehaft für Gefährder. Das wurde auch sehr verschärft, inklusive Fußfessel. Außerdem hat man noch die Möglichkeit eingeräumt, bei Asylbewerbern ohne Ausweisdokumente die Handys auszulesen. Es gibt also zahlreiche Maßnahmen, um das Ganze doch wesentlich zu verschärfen.

Dann hatten wir im Juni wieder eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion, wo es um die Aussage ging, was eben auch schon vom Innenminister erörtert wurde, dass man schaut, ob man hier in den Nordländern eine gemeinsame Lösung findet mit einer gemeinsamen Einrichtung eventuell. Da wurde der Hinweis gebracht, dass 94 Prozent der vorhandenen Einrichtungen bereits ausgelastet seien. Vielleicht liegt es auch daran, dass die Abschiebeeinrichtung in Eisenhüttenstadt im März gerade geschlossen hatte, weil von den dort 110 vorhandenen Plätzen selten mehr als 10 überhaupt belegt waren, weil es so wenig Personen betraf, die tatsächlich in Abschiebehaft genommen werden konnten.

Nein, sehr geehrte Herren von der AfD, wir haben unsere Meinung diesbezüglich nicht geändert und werden auch heute Ihren Antrag dementsprechend ablehnen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Danke, Frau Abgeordnete.

Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt das Wort der Parlamentarische Geschäftsführer Herr Ritter.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Fraktion lehnt den vorliegenden Antrag ab. Wie Sie wissen, sieht meine Fraktion oder meine Partei Abschiebehaft bekanntermaßen äußerst kritisch. Für uns ist Flucht kein Verbrechen. Von daher ist aus unserer Sicht Abschiebehaft grundsätzlich abzulehnen.

(Zuruf von Jürgen Strohschein, AfD)

Deutschland entwickelt sich aber immer mehr vom Aufnahmeland zum Abschiebeland, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Jürgen Strohschein, AfD: Ihr habt doch alle totgeschossen an der Mauer.)

Ich habe niemanden an der Mauer totgeschossen

(Zuruf von Jürgen Strohschein, AfD)

und wenn Sie da andere Informationen haben, dann müssen Sie sie hier auf den Tisch legen, Herr Strohschein.

Deutschland entwickelt sich aber immer mehr vom Aufnahmeland zum Abschiebeland. Auch MecklenburgVorpommern, auch der Innenminister ist ja durchaus stolz auf eine solche Statistik. Er bemüht sich, den Platz eins bei den Abschiebungen einzunehmen.

(Torsten Renz, CDU: Rechtsstaat, Herr Ritter, Rechtsstaat! – Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

„Rechtsstaat“ wird hier gesagt.

(Torsten Renz, CDU: Ja.)

Ja, das ist richtig. Wenn die SPD davon spricht, dass man es geschafft hat, eine ganze Reihe von Regelungen zu verschärfen, dann überkommt mich ein ungutes Gefühl, liebe Kolleginnen und Kollegen,

(Martina Tegtmeier, SPD: Ich habe nicht gesagt, dass das geschafft, sondern dass das gemacht wurde. – Torsten Renz, CDU: Bei dem Thema sind wir Ansprechpartner.)

denn auch bei dem vorliegenden Antrag müssen wir in dem Zusammenhang doch deutlich machen, dass wir nur über Abschiebungen reden, dass eben nicht nur, Kollege Renz, Straftäter oder potenzielle Straftäter abgeschoben werden, sondern auch junge Menschen, die hier geboren wurden, wie zum Beispiel die junge Armenierin Ophelia, vielleicht kennen Sie ja ihr Schicksal. Wir müssen feststellen, dass schwangere Frauen abgeschoben werden und vier Wochen vor der Entbindung in Gewahrsam genommen werden. Wir müssen feststellen, dass Familien mit Kindern abgeschoben werden. Und wenn sich hier dann Schwierigkeiten ergeben, sollen offensichtlich nach dem Willen der AfD-Fraktion, auch mit dem Hinweis auf rechtsstaatliche Regelungen, wahrscheinlich die Abschiebeplätze erhöht werden.

Eine solche Politik tragen wir nicht mit, das will ich hier ganz klar sagen, das widerspricht unserem humanistischen Weltbild.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, schauen wir uns nun den Antrag an. Der Antrag geht an der Realität unseres Landes und an den praktischen Bedürfnissen unseres Landes vorbei. Wir wissen Folgendes aus anderen Bundesländern: Zum Beispiel Bayern plant 2019 eine neue Abschiebehafteinrichtung. Hessen ist

auf Standortsuche für ein Abschiebegefängnis. In Brandenburg – das wurde hier schon dargelegt – gibt es Überlegungen, Eisenhüttenstadt zu modernisieren. NRW und Baden-Württemberg planen Ausbaumaßnahmen. Andere Bundesländer führen derzeit aus politischen oder auch aus ökonomischen Gründen keine solche Haftanstalten ein und kooperieren daher mit anderen Ländern. Die Situation hier im Norden hat der Innenminister beschrieben.

Wie ist also die Situation in Mecklenburg-Vorpommern nach dieser Beschreibung? Laut AfD-Antrag können die Behörden in unserem Land geltendes Recht nur begrenzt umsetzen. Wenn das so wäre, würde es um den Rechtsstaat in Mecklenburg-Vorpommern schlimm stehen,

(Dr. Gunter Jess, AfD: Das ist auch so, das ist auch so.)

aber dem ist nicht so. Die Behörden sind handlungsfähig aufgrund der geltenden Gesetze. Ob die mir nun persönlich gefallen oder nicht, das ist eine andere Sache. Aber die Behörden dieses Landes sind handlungsfähig und ihnen eine Handlungsunfähigkeit zu unterstellen, ist einfach bösartig.

Die Situation in unserem Land sieht anders aus. Es lässt sich momentan kein Bedarf an einer eigenen Abschiebeeinrichtung sachlich begründen und deshalb ist auch eine eigene Einrichtung nicht in Planung. All das, Herr Kramer, geht auch aus den Antworten der Landesregierung auf Ihre Kleinen Anfragen hervor. Also die Fakten dürften Ihnen bekannt sein. Die Begründung des vorliegenden Antrages ignoriert aber wie immer die Fakten und schafft sich eine eigene Realität, die mit der Wirklichkeit unseres Landes nichts zu tun hat. Und diese eigene Realität, die Sie hier entwickeln, heißt, wir brauchen eine umfassende Aufstockung der Haftplätze in Mecklenburg-Vorpommern. Das ist nicht so. Die Realität sieht im Land einfach anders aus und auch deshalb lehnen wir diesen Antrag ab. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Herr Abgeordneter.

Für die Fraktion der CDU erhält das Wort Frau von Allwörden.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem die AfD-Fraktion zu ihren eigenen Gesetzentwürfen nichts mehr zu sagen hat, möchte sie mal wieder zum Thema Ausländerrecht mit uns reden. Bei dem vorliegenden Antrag fallen einem dann auch gleich die Gemeinsamkeiten zu den bisherigen Gesetzentwürfen und Anträgen bei der AfD-Fraktion auf. Wir bleiben auch hier beim altbewährten Copy-and-Paste-Verfahren.

Das Thema „Abschiebehaft und Ausreisegewahrsam“ ist das neue Lieblingskind der AfD-Fraktion in den Landtagen. In Rheinland-Pfalz lief schon ein ähnlicher Antrag, in Schleswig-Holstein liegt ein solcher Antrag vor und jetzt eben auch bei uns hier im Landtag.

(Tilo Gundlack, SPD: Keine eigenen Ideen mehr.)

In dem Antrag wird dann auch wie immer, wenn die AfD über das Ausländerrecht spricht, erst einmal global das Schreckensszenario des andauernden Zuzuges von ausreisepflichtigen Personen heraufbeschworen. Dass die Asylanträge bundesweit – der Innenminister nannte diese Zahl bereits – um 74 Prozent zurückgegangen sind, würde dieser These aber nur entgegenstehen, also lässt die AfD solche Statistiken lieber gleich ganz weg. Viel besser passt es da doch ins Weltbild, wenn die Behörden dazu noch im Antrag als handlungsunfähig bezeichnet werden. Auf die ganze These des Absatzes 1 des Antrages wird dann in der Begründung vorsichtshalber gar nicht weiter eingegangen, ganz nach dem Motto „Behauptung vor Inhalt“. Der Minister hat die Fakten zu dem Absatz 1 des Antrages bereits dargestellt und dem gibt es auch nichts mehr hinzuzufügen.

Aber bevor ich zum Inhaltlichen von Punkt 2 des Antrages komme, noch ein kleiner formeller Hinweis: Richtig formuliert heißt es im Ausländerrecht nicht „Abschiebehaft“, sondern „Abschiebungshaft“. Wenn ein Jurist Ihrer Fraktion da kurz drübergeguckt hätte, wäre es ihm vielleicht auch aufgefallen. Aber es ist nicht schlimm.

(Torsten Renz, CDU: Die gehen ihnen ja verloren.)

Ja, das stimmt. Aber einer ist jedenfalls noch da.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Die haben doch den obersten Juristen, den Professor in der Fraktion.)