Ann Christin von Allwörden
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten heute einen Antrag der Fraktion der AfD, dessen Dringlichkeit im Oktober im Landtag und dessen Sinnhaftigkeit im Innenausschuss im November bereits abgelehnt wurden. Der Landtag soll feststellen, „dass der in Dresden durch einen syrischen Gefährder... verübte Terroranschlag... die Besorgnis erregenden Konsequenzen der gegenwärtigen Syrienpolitik offenbart“. Die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern soll „sich auf der … Innenministerkonferenz … für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Syrien“ einsetzen, „um... ein Ende des Abschiebestopps für Gefährder und schwere Straftäter zu erreichen“.
In Syrien, meine Herren der AfD, herrscht Bürgerkrieg.
Aha!
Es gibt dort kaum Diplomaten, auch das ist eigentlich mehr als bekannt. Deutschland unterstützt deshalb die Bemühungen des UN-Sondergesandten Pedersen, der einen politischen Prozess zur Lösung des Konflikts in Gang zu bringen versucht. Mit Beschluss der Innenministerkonferenz auf der Grundlage des Berichts vom Auswärtigen Amt zur Lage in Syrien wurde die Abschiebung bis 31.12.2020 aus humanitären Gründen ausgesetzt.
Und die Lage in Syrien hat sich bisher eben nicht verbessert. Wir haben gehört, dass der Abschiebestopp rechtlich uneingeschränkt die Rückführung von Ausreisepflichtigen verhindert. Das gilt für alle Ausreisepflichtigen. Die Bundesregierung ist in der Pflicht und in der Position, über eine neue Rechtslage zu informieren und eine Möglichkeit der Rückführung aufzuzeigen, wenn es diese denn gibt. Und die Landesregierung in MecklenburgVorpommern hat sich in der Vergangenheit bereits dafür eingesetzt, dass durch die Bundesregierung Handlungsmöglichkeiten dafür geschaffen werden, Gefährder und Straftäter nach Syrien zurückzuführen. Bislang gibt es diese nicht.
Auch die dritte und jede weitere Antragstellung ändert an der aktuell bestehenden Situation in Syrien und an der
Rechtslage nichts. Und ich glaube, man kann mir nun weiß Gott nicht unterstellen, dass ich eine Sympathie für Straftäter oder Gefährder hätte, aber ich habe definitiv eine Sympathie für Menschen und Menschlichkeit und eine Sympathie für unseren Rechtsstaat. Wir lehnen Ihren Antrag ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die AfD hat heute ein sehr vielsagendes und dabei gleichzeitig sehr nichtssagendes Thema angemeldet. Einerseits soll es um islamistischen Terror gehen, andererseits auch um die Frage, wen der Verfassungsschutz schützt. Allein die Bezeichnung dieser Aktuellen Stunde folgt typischer AfD-Logik: erstens vieldeutige Andeutungen machen, zweitens nichts genau wissen, aber umso mehr raunen, und drittens, Dinge in Zweifel ziehen, ohne über echte Indizien zu verfügen. Es ist die gleiche Logik im Übrigen auch, mit der sogenannte Impfskeptiker, Reichsbürger oder vermeintliche Querdenker operieren. Das Ziel dabei ist immer dasselbe: Wahrheit soll zu einer Frage des Standpunktes pervertiert werden. Und der – zum Glück scheidende – amerikanische Präsident würde von „alternativen Fakten“ sprechen.
Immerhin, das gestehe ich der AfD-Fraktion zu, ist die heutige Aktuelle Stunde immerhin mutig. Dass ausgerechnet die AfD-Fraktion, um deren Verfassungstreue es nachweislich nicht zum Besten bestellt ist – zumindest,
zumindest für,
zumindest für die AfD als Partei gilt das –, den Verfassungsschutz zum Thema macht, doch, das nenne ich ganz gewiss schon mutig.
Meine Damen und Herren, obwohl die Bezeichnung der Aktuellen Stunde – ich erwähnte es ja – sehr vieldeutig ist, haben wir ja nun gehört, ganz eindeutig, worum es Ihnen wirklich geht, meine Herren. Es geht um den Fall Amri und es geht um die Frage, welche Rolle unser Verfassungsschutz bei der Aufklärung der Hintergründe des Attentates gespielt hat. Und dabei geht es insbesondere um die Frage, warum das hiesige Landesamt für Verfassungsschutz nach dem Attentat einen möglichen Hinweis auf Hintermänner des Täters als nicht weiterleitenswert eingestuft hat. Erst einmal stelle ich hierzu fest, dass weder Sie noch ich die vermeintlich vorenthaltenen Informationen genau kennen.
Mehr noch, weder Sie noch ich wissen, ob die Information werthaltig war oder nicht.
Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Information damals als „nicht werthaltig“ eingestuft. Ob es mit dieser Einschätzung recht hatte, wissen wir nicht.
Wir wissen lediglich, dass es die Information nicht weitergeleitet hat. Und Innenminister Renz hat es schon ausführlich erklärt, ich tue es aber trotzdem noch einmal: Nach allem, was wir wissen, spricht vieles eher dafür, dass die Information eben nicht werthaltig war.
Ich sagte: Nach allem, was wir wissen, spricht es eher dafür. Hören Sie mir auch genau zu!
Und sollte sie doch werthaltig gewesen sein – immer bis zu Ende zuhören! –, sagt das nichts darüber aus, ob das Landesamt für Verfassungsschutz nicht trotzdem korrekt gehandelt hat,
indem es die Information eben nicht weiterleitete, denn entscheidend ist die Frage, ob die Beamten entsprechend ihrer fachlichen Ausbildung eine begründbare Einschätzung getroffen haben. Dies kann sich im Ergebnis dennoch als falsch erweisen. Entscheidend ist: Mussten die Beamten von etwas anderem ausgehen?
Ich weiß, dass das gerade für Sie von der AfD alles ungeheuer verwirrend sein muss. Sie interessiert nur die Schlagzeile oder, um es eben in den Worten Ihres Parteichefs zu zitieren, das „Rumgeprolle“. Deswegen noch mal etwas kürzer für den Laien: Man kann eine fachlich absolut einwandfreie Entscheidung treffen und trotzdem danebenliegen – obwohl im vorliegenden Fall noch nicht einmal klar ist, ob die Beamten wirklich danebengelegen haben oder nicht.
Ich weiß, dass dieser Umstand auch die Fraktion DIE LINKE – insbesondere Herrn Ritter – fuchsig macht. Wenn man seine Interviews liest, dann könnte man auf die Idee kommen, dass Ihre Idealvorstellung von geheimdienstlicher Arbeit vor gut 30 Jahren auf der Schutthalde der Geschichte gelandet ist. Tatsache ist, dass im deutschen Rechtsstaat unterschiedliche Ermittlungsbehörden unterschiedliche Aufgaben haben. Das gleichzeitige vollständige Vorliegen aller möglichen Informationen
in allen Ermittlungsbehörden ist tatsächlich nicht gewollt. Und wissen Sie was? Das ist auch richtig so!
Kommen wir zurück zur AfD und zu den Haltungsnoten für unser Landesamt für Verfassungsschutz. Ich bekenne sehr offen, dass mich der Auftritt des ehemaligen Chefs des Landesamtes für Verfassungsschutz im hiesigen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss NSU ein wenig, ich sage mal, ratlos gemacht hat. Meine Haltung dazu,
meine Haltung dazu lässt, so glaube ich, auch keinen Zweifel dazu offen. Gleiches mag für die Kolleginnen und Kollegen in Berlin gelten, die kürzlich den amtierenden Verfassungsschutzchef eingeladen haben. Auch wenn beide Auftritte nichts miteinander zu tun haben, so gibt es bei allen Unterschieden auch Gemeinsamkeiten, und die nähren den Eindruck, dass man das durchaus anders und besser hätte machen können.
Und daran, meine Damen und Herren, müssen wir arbeiten, und zu dieser Auffassung stehe ich auch.
Aber darum geht es heute nicht. Heute geht es der AfD darum, in Zweifel zu ziehen, dass der Verfassungsschutz seiner Aufgabe nachgeht.
Diese ist in Paragraf 1 des Verfassungsschutzgesetzes festgelegt. Dort heißt es – wir haben es hier schon einmal gehört, ich glaube, Frau Tegtmeier hatte das auch schon zitiert –: „Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder.“ Wenn Sie von der AfD also Fragen stellen, wen der Verfassungsschutz schützt – und das tun Sie ja in Ihrem Antrag –, dann lautet die Antwort: Er schützt die freiheitlich-demokratische Grundordnung sowie den Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder.
Sie wollen wissen, ob er ausschließlich diese Aufgabe hat? Das kann ich Ihnen beantworten: Ja, hat er. Sie wollen wissen, ob er dieser Aufgabe nachkommt? Auch diese Frage beantworte ich gerne: Ja, das tut er. Sie wittern einen Skandal? Da muss ich Sie enttäuschen: Da ist keiner. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir reden also über Langzeitarbeitskonten bei der Landespolizei. Wir reden von „prüfen“, „schnellstmöglich einführen“, „ergänzen oder ablösen“. Dass das ambitioniert ist, haben wir jetzt von allen schon gehört.
Unsere Polizisten sorgen täglich für die Sicherheit der Menschen in unserem Land und bei ihrem Einsatz wird ihnen viel Flexibilität, Ausdauer und Kraft abverlangt. Und auch Beschäftigte der Landespolizei müssen, wie alle anderen Beschäftigten natürlich auch, ihre Arbeitszeit mit Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen und auch ganz einfach ausreichender persönlicher Freizeit vereinbaren können. Das haben wir hier schon mehrfach gehört. Und deshalb gibt es in Mecklenburg-Vorpommern auch Regelungen wie die reduzierte Regelaltersgrenze und die Möglichkeit der Freistellung für ein Jahr, das sogenannte Sabbatical.
Und, auch schon gehört, 2017 haben wir in der gesamten Landespolizei die Jahresarbeitszeitkonten eingeführt.
Die Bedingungen darüber sind auch bekannt und so können die verschiedenen Belastungsphasen im Jahr auch besser mit den persönlichen Bedürfnissen vereinbart werden.
Das wissen Sie aber auch, Herr Kramer, denn Sie haben das in einer Kleinen Anfrage erfragt. Das heißt, alles das, was Ihnen der Innenminister heute erzählt hat, das wissen Sie. Und er hat Ihnen auch mitgeteilt, dass noch nicht abschließend beurteilt werden kann, ob eine weitere Flexibilisierung notwendig und mit den dienstlichen Belangen vereinbar ist, und das Ganze natürlich auch deshalb, weil es dieses Jahresarbeitszeitkonto auch erst seit drei Jahren gibt.
Über NRW haben wir gesprochen. Das schauen wir uns genauer an, weil wir auch gesagt haben und auch der Innenminister gesagt hat, es ist nicht grundsätzlich eine schlechte Idee. Das sehe ich auch so, aber übereilte Einbringungen, Prüfungen, Ergänzungen, Ablösungen helfen uns, glaube ich, an dieser Stelle nicht weiter, denn wir müssen die ganzen Gegebenheiten, die sich unsere Landespolizei auch mit oder die unsere Landespolizei auch hat, in diese Überlegungen mit einbeziehen, denn NRW ist nicht Mecklenburg-Vorpommern.
Und damit ergibt sich natürlich auch, dass ausreichend Kollegen vorhanden sein müssen. Und das eine sind die Stellenaufstockungen, die wir haben, Herr Kramer – und das ist ein Erfolg für die Landesregierung, 400 Stellen mehr zu schaffen –, und die besetzen zu können, ist eine andere. Und das obliegt nicht allein der Regierung, sondern das obliegt natürlich auch der Tatsache, wer hat Interesse, sich bei der Polizei zu bewerben. Und Sie wissen auch ganz genau, dass die Voraussetzungen dafür gesellschaftlich auch nicht unbedingt die besten sind, und da hat Politik natürlich auch einen Anteil daran. Ich glaube aber, dass wir dem hier in diesem Hohen Haus gerecht werden.
Trotzdem, muss ich Ihnen sagen, halte ich Ihren Antrag für gerade nicht, zeitlich nicht passend, und wir lehnen ihn aus diesem Grunde ab,
möchte Sie aber doch noch mal ermutigen, auch darüber nachzudenken, uns dafür nicht gleich so an den Pranger zu stellen, dass man Dinge eben auch ab und an mal über längere Zeit beobachten muss, Herr Kramer. Und ich glaube, das ist auch im Sinne aller Polizeibeamten in diesem Land. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herzlich willkommen zu einer neuen Folge „Spaß mit Flaggen“! Heute zu Gast Herr Arppe und Herr Förster.
Ich bin schon ein wenig amüsiert darüber, dass wir hier wirklich tatsächlich eine Unterrichtung über die Historie von Flaggen bekommen.
Das ist eigentlich überhaupt nicht notwendig, weil auch alle anderen Redner, die hier zu diesem Thema gesprochen haben, sich hundertprozentig mit dieser Thematik auskennen, und ich bin auch davon überzeugt, auch alle anderen, die hier sitzen.
Wie gesagt, Spaß mit Flaggen.
Es geht hier heute darum – und das ist das eigentliche Dilemma an der ganzen Geschichte –, es geht hier eigentlich darum, dass drei Fraktionen hier in diesem Landtag sich eigentlich einig sind, wo der Kern des Problems liegt. Im August hatten wir eine unschöne Situation in Berlin.
Mit den Reichsflaggen wurde pöbelnd das Reichstagsgebäude gestürmt. Und ich muss ganz ehrlich sagen...
Ja, ich weiß, dass Sie das Quatsch finden.
Und ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen...
Na, ich habe die Entwicklung des Videos gesehen.
Also eine Versammlung, friedlich und langsam dorthin gehend, war das definitiv nicht, sondern es war ein Stürmen. Polizisten liefen hinterher, um der ganzen Lage noch Herr werden zu können, um Schlimmstes zu verhindern.
Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, mir ist auch eigentlich diese Diskussion im Nachhinein im Internet wirklich an die Nieren gegangen, dass wir uns tatsächlich darüber unterhalten müssen, war das nun wirklich ein Sturm oder nicht, war das denn wirklich überhaupt dienlich,
konnten diese paar Menschen denn tatsächlich den Bundestag stürmen. Wissen Sie was? Das ist mir alles völlig egal.
Es geht um diese Symbolik, die dahintersteht. Menschen mit rechtsextremem Hintergrund, pöbelnderweise, mit Parolen und den Reichsflaggen, stürmen das Reichstagsgelände oder versuchen, das Reichstagsgebäude zu stürmen, benutzen also – und das ist der eigentliche Kern der Sache –, benutzen also diese Flagge missbräuchlich.
Und das ist nämlich genau das, was ich jetzt auch von Ihnen nicht verstehe, Herr Förster. Sie wollen uns sagen, wir missbrauchen hier die Flagge?! Herr Caffier missbraucht die Flagge, indem er jetzt aufgrund dieser Tatsachen, die hier passieren mit den Leuten, mit denen Sie marschieren, Herr Förster, diese Flagge...
Ja, ja, aber Ihre...
Ja, ja, Sie nicht, genau.
Das sind keine Unterstellungen. Das sehe ich ja dauernd, das lese ich täglich, Herr Förster.
Ihre AfD...
Sie ja schon, Herr Professor Dr. Weber, Sie schon!
Doch, genau mit diesen Leuten! Aber nun lassen Sie mich doch bitte auch mal ausreden hier!
Denn es sind nicht wir, es sind nicht die Demokraten, die hier sitzen, die dafür gesorgt haben, dass diese Flagge missbräuchlich verwendet wird, meine Damen und Herren, das sind Sie, und zwar ganz alleine Sie!
Und deswegen sitzen wir jetzt hier und müssen uns mit diesem Thema auseinandersetzen, und nicht, weil wir es so wollen, sondern weil Sie die Ursache gesetzt haben.
Und ich möchte eigentlich nur an dieser Stelle Herrn Caffier dafür danken, dass er diesem 20 Jahre alten Erlass noch einmal neues Leben eingehaucht hat, indem er die Situation erkannt hat, nämlich, dass Polizei darauf reagieren muss, wenn diese Flagge missbräuchlich und in einem nicht friedlichen Zusammenhang verwendet wird. Genau das sagt der Erlass jetzt aus. Die Polizei kann dann also eingreifen und tätig werden.
Und ich freue mich vor allen Dingen auch, dass der Bundesinnenminister nach dieser Situation in Berlin gleich reagiert hat und gesagt hat, ich möchte, dass auf der nächsten Innenministerkonferenz dieses Thema bundeseinheitlich geregelt werden soll. Dafür also an unseren Innenminister herzlichen Dank und auch an den Bundesinnenminister! – Herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bitte sehen Sie mir nach, wenn ich mich in meiner Rede nur auf einen einzigen Aspekt des vorliegenden Gesetzpaketes beziehen werde, nämlich auf die – ich nenne es mal so – Aufwertung der Stelle des Bürgerbeauftragten.
Wenn wir ins Bürgerbeauftragtengesetz schauen, dann ist der Kernauftrag des Bürgerbeauftragten dort bislang
wie folgt beschrieben: „Der Bürgerbeauftragte hat die Aufgabe, die Rechte der Bürger gegenüber der Landesregierung und den Trägern der öffentlichen Verwaltung im Lande zu wahren und die Bürger in sozialen Angelegenheiten zu beraten und zu unterstützen sowie insbesondere die Belange behinderter Bürger wahrzunehmen.“ Dieser Auftrag ist sehr weit gefasst. Faktisch bedeutet es, wer Sorgen hat, der wendet sich an den Bürgerbeauftragten, und so, wie ich Matthias Crone und seine Mannschaft erlebe, nimmt er seine Aufgabe auch genauso wahr, und das mit beispielgebendem Engagement und großer Ernsthaftigkeit.
Zugleich – das gehört eigentlich nicht unbedingt in diese Rede, soll aber nicht unerwähnt bleiben – ist der Bürgerbeauftragte schon jetzt ein sehr guter Indikator dafür, an welchen Stellen den Menschen gehäuft der Schuh drückt. Und das ist gegenwärtig, wen wundert es, der politische Umgang mit der Corona-Pandemie und das für den Laien nicht immer zu durchschauende und sich permanent verändernde Regelwerk. Und wenn der Bürgerbeauftragte an der Stelle ab und zu mal den Finger in die Wunde legt und rechtliche Bewertungen abgibt, denen sich die Gerichte bisher nach meiner Wahrnehmung in jedem Fall angeschlossen haben, dann ist dem Bürgerbeauftragten eigentlich nicht genug zu danken.
Kommen wir aber zurück zu der Feststellung, dass der Auftrag des Bürgerbeauftragten ohnehin recht weit gefasst ist. Aus meiner Sicht war der Bürgerbeauftragte, wie gesagt, aufgrund des weitgefassten Auftrages auch schon immer Ansprechpartner für Polizeibeamte. Verbunden mit der Tatsache, dass Polizeibeamte schon jetzt sehr vielfältige Möglichkeiten haben, sich bei Sorgen an jeden zu wenden, angefangen beim Vorgesetzten über den Personalrat, die Gewerkschaft bis hin zur Polizeiseelsorge, hätte es der vorliegenden Gesetzesänderung meines Erachtens gar nicht zwingend bedurft. Andererseits, sie schadet auch nicht und enthält einige Präzisierungen, die aus meiner Sicht etwas klarer regeln, wofür der Bürgerbeauftragte als Beauftragter für die Landespolizei genau zuständig sein soll und wie die Verfahrenswege sind.
Gleichzeitig regelt das Gesetz indirekt auch, was der Polizeibeauftragte nicht sein soll. Das ist deswegen entscheidend, weil die ganze Debatte um den Polizeibeauftragten eigentlich mal eine etwas andere Richtung hatte. Wenn es nach den LINKEN gegangen wäre, dann wäre der Polizeibeauftragte nämlich eine Art Polizeianschwärzstelle für jedermann geworden, und so etwas braucht tatsächlich niemand. Und deswegen bin ich auch durchaus nicht unzufrieden mit der im Gesetzentwurf gefundenen Lösung.
Meine Fraktion wird sich daher für die Überweisung des Gesetzentwurfes aussprechen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Arppe hat einen inhaltlich recht vielschichtigen Antrag vorgelegt, der einerseits die mediale Vielfalt preist, andererseits Einflussnahme durch Regierung und Parteien auf Medien geißelt und zu guter Letzt insbesondere den NDR dazu auffordert, nicht mit Extremisten zusammenzuarbeiten. Ich mache das mal Punkt für Punkt und gebe Ihnen dann am Ende meiner Rede noch etwas zum Nachdenken mit.
Ich fange mal mit der vielfältigen Medienlandschaft an. Ja, die Medienlandschaft ist so vielfältig wie nie, und deswegen ist auch das mitunter zu hörende Gejaule, die Medien würden über dieses und jenes nicht berichten, eher Phantomschmerz. Inzwischen finden Sie im Internet zu jedem noch so großen Blödsinn einen vermeintlichen Beleg, sodass selbst das Weltbild der schlimmsten Wirrköpfe mediale Würdigung erfährt. Man kann das für einen Grund zur Freude halten, ich finde das manchmal eher beängstigend. Es gibt inzwischen Leute, die „The Man in the High Castle“ für eine etwas übertriebene Doku halten und Guido Knopp für Science-Fiction. Das, was wahr ist, droht im Getöse manchmal unterzugehen.
Kommen wir damit zum Thema „Einflussnahme auf Medien und Einflussnahme durch Medien“. Beides problematisiert Herr Arppe. Die Wahrheit ist doch, Menschen von einer inhaltlichen Position überzeugen zu wollen, ist überhaupt nichts Anrüchiges, im Gegenteil. Es ist deswegen auch nicht zu beanstanden, wenn ein Abgeordneter oder ein Regierungsmitglied oder ein Parteifunktionär einen Redakteur zu überzeugen versucht. Und es ist auch nicht anrüchig, wenn ein Redakteur den Leser von etwas überzeugen möchte. Das ist alles erlaubt und vollkommen in Ordnung. Nicht in Ordnung ist es, wenn persönliche finanzielle Bereicherung im Spiel ist. Das ist aber aus gutem Grund strafbewehrt und bedeutet normalerweise für den Bestechenden als auch den Bestochenen im Prinzip das Ende der Karriere. Deswegen ist davon auszugehen, dass solche Fälle in Deutschland auch höchst selten sind. Und ich bin mir auch ziemlich sicher, dass Herr Arppe darauf gar nicht hinauswollte.
Und damit kommen wir zum letzten Punkt, nämlich die Zusammenarbeit mit Extremisten. Wenn es um politischen Extremismus geht, leisten wir uns in Deutschland eine gut funktionierende Behörde, nämlich den Verfassungsschutz. Und in dem Moment, in dem jemand schwere staatsgefährdende Straftaten verübt oder zu verüben droht, gibt es Ermittlungsbehörden. Ansonsten steht es einem Redakteur frei, mit jedermann zu sprechen, auch mit Menschen, die politisch sehr weit rechts und sehr weit links stehen. Und wenn sich eine Zeitung oder ein Sender dann auf solche Leute beruft, dann ist tatsächlich Vorsicht geboten. Dann gilt es, dies zu problematisieren. Und meine Wahrnehmung ist auch, dass dies geschieht – ein Vorteil der von Herrn Arppe genannten Medienvielfalt.
Und damit komme ich zu meinem letzten Punkt, nämlich dem Versprechen, Ihnen etwas zum Nachdenken mitzugeben: Medien müssen nicht neutral berichten, auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht. Er soll objektiv, unparteilich, ausgewogen und vielfältig informieren. Ein
Neutralitätsgebot gibt es aber nicht. Redakteure dürfen eine Meinung haben, wir als Konsumenten der Medien müssen aber kritisch sein. Kritisch sein wiederum bedeutet nicht, Corona für eine Erfindung der CIA zu halten oder Deutschland gar für eine GmbH. Kritisch sein bedeutet, Argumente und Quellen zu prüfen.
Darüber hinaus ist Meinungsvielfalt zu einem identischen Thema nichts, was einen in Panik versetzen sollte. Man kann durchaus im selben Haus sitzen, aber unterschiedliche Dinge sehen, zum Beispiel, wenn der eine im Norden aus dem Fenster schaut und einer nach Süden. Oder, um Ihnen ein lebensnahes Beispiel zu geben, man kann die Seenotrettung im Mittelmeer sowohl für humanitär zwingend als auch für das Ergebnis moralischer Erpressung halten. Beides stimmt.
Das Problem ist doch, Herr Arppe und sicherlich auch Teile der AfD fühlen sich von einigen Medien abwechselnd unverstanden und missverstanden. Ich würde meinen, dass das mehr über Sie etwas aussagt als über die Medienlandschaft. Ich ärgere mich auch oft genug über Medienberichterstattung, aber anders als Sie wälze ich mich dann nicht weinend auf dem Boden herum. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Fraktion hat die heutige Aussprache angemeldet, weil es uns wichtig ist, ein politisches Zeichen zu setzen. Es geht um die Würdigung der Arbeit von Polizeikräften und es geht darum, die zunehmende Kriminalisierung von Polizeikräften zu problematisieren.
Meine Damen und Herren, Polizisten sind Menschen, die in besonderer Weise in der Öffentlichkeit stehen. Als Uniformträger sind sie für jedermann gut zu identifizieren. Und wenn Polizeikräfte tätig werden, dann entweder, weil es gilt, Gefahren abzuwehren, also präventiv, oder weil es darum geht, Straftaten aufzuklären, also repressiv. Der Alltag eines Schutzpolizisten wird dabei dominiert von Verkehrsdelikten aller Art, Ehestreitigkeiten, Randalierern, Diebstählen, Sachbeschädigungen, Körperverletzungen und, und, und.
Ich war selbst jahrelang auf Streife und habe dies alles miterlebt. Ich mochte meinen Beruf, so wie meine Kolleginnen und Kollegen auch. Als Polizist zu arbeiten, ist nicht nur einfach ein Job. Es ist auch kein Beruf, es ist eine Berufung. Es ist eine Tätigkeit, die ausgesprochen viel Sinn stiftet. Es ist eine Tätigkeit, der man mit einem hohen Maß an Überzeugung nachgeht und für die man sehr gut ausgebildet wird, zum Teil hoch spezialisiert.
In jedem Fall sind Polizeikräfte Fachleute, wenn es um das Produzieren von Sicherheit geht. Und auch, wenn es in der Polizei einen gewissen Korpsgeist gibt, so gibt es bei der Polizei auch sehr gut funktionierende Selbstreinigungskräfte. Wenn in einem Einsatz etwas schiefgeht und nicht so läuft, wie es sein sollte, dann wird es angesprochen, aufgearbeitet und es hat Einfluss auf das künftige Agieren. Das ist also ein steter Verbesserungsmodus. Frei von Fehlern ist niemand, auch nicht die Polizei, aber darum geht es hier auch nicht.
Als Schutzpolizist legt man sich nach kürzester Zeit ein dickes Fell zu. Man lernt, es nicht persönlich zu nehmen, wenn man von Menschen, die unter Alkohol- und Drogeneinfluss stehen, angepöbelt, angegriffen und bespuckt wird.
Man nimmt es auch irgendwann nicht mehr persönlich, wenn einem ein junger Mann androht, herauszufinden, wo man wohnt, und dann Vergewaltigungsfantasien äußert. Man lernt sogar, damit umzugehen, wenn man dabei hilft, vor Schmerz schreiende Unfallopfer aus Autowracks zu befreien. Das alles ist nicht schön, aber im Polizeialltag muss man lernen, mit dem ganz normalen Wahnsinn umzugehen. Das Einzige, was ich nicht akzeptiere, ist, wenn Polizeikräfte von politischen Verantwortungsträgern in die Nähe von Kriminellen gerückt werden. An der Stelle ist eine Grenze überschritten, meine Damen und Herren, eindeutig!
Ich beobachte in Deutschland schon seit Monaten ein immer feindseligeres Klima, wenn es um die Einschätzung der Arbeit von Polizeikräften geht. Es gibt zum Beispiel Politiker, die einen latenten Rassismus bei deutschen Polizeikräften beobachtet haben wollen. Woher sie das wissen und wie sie darauf kommen – Fehlanzeige!
Am originellsten war dann noch die Idee, man solle zu dem Thema mal eine Studie in Auftrag geben,
verbunden mit dem zynischen Argument, das sei doch auch im Interesse der Polizei, schließlich könne eine solche Studie ja auch entlastend wirken.
Als ob es so laufen würde, meine Damen und Herren! Erst wird die Polizei unter einen unbegründeten Generalverdacht gestellt, dann wird eine Studie gefordert, um diesem Verdacht nachzugehen, verbunden mit der großzügigen Geste, dass dabei vielleicht ja auch gar nichts herauskommt. So kreiert man öffentliche Empörung, so skandalisiert man. Das ist wirklich ein wahres Musterbeispiel!
Ein weiteres Musterbeispiel: Ein Jugendlicher in Düsseldorf wird von Polizisten durchaus robust fixiert. Eine Politikerin der GRÜNEN kommt aufgrund eines 13-sekündigen Videos, das im Netz kursiert ist, zu der Einschätzung, die Form der Fixierung könne niemals verhältnismäßig sein, die Hintergründe müssten aufgeklärt werden. Das betreffende Video zeigt natürlich nicht die Vorgeschichte, es zeigt nicht die Randale, es zeigt auch nicht die Zwangslage, in der sich die Beamten befanden. Am Ende stand, die Einsatztechniken waren rechtlich einwandfrei, der Einsatzverlauf war vorbildlich, die Beamten haben ihren Dienst korrekt versehen. Das Misstrauen politischer Verantwortungsträger in die Polizei, das allerdings bleibt.
Auch mir ist das als Polizeibeamtin tatsächlich schon einmal passiert. Ein Mann unter Alkoholeinfluss randalierte in einer McDonalds-Filiale, pöbelte herum, schubste Kinder von Stühlen, schrie Frauen an und drückte eingreifende Mitarbeiter der Filiale an die Wand und drohte ihnen mit Gewalt. Er warf dann noch zu allem Überfluss mit Tabletts umher. Beim Eintreffen der Polizei – also in
dem Fall bei meinem Eintreffen – stürmte der Mann raus, lief auf mich zu
und ballte die Fäuste, wollte auf mich einschlagen. Ich brachte den Mann zu Boden und fixierte ihn.
Gefilmt wurde ich dann von dazukommenden Passanten. Die, während ich den Mann noch am Boden fixierte, beschimpften mich, weil ich angeblich den armen Menschen dort so schlecht behandeln würde. Der wehrte sich übrigens immer noch, ich hatte also immer noch zu tun damit, diese Situation unter Kontrolle zu kriegen. Die Passanten schrien mich an, dass er doch gar nichts getan hätte. Stellen Sie sich diese Stresssituation doch bitte einmal vor, der Typ, der mich verletzen will, die Passanten, die auf mich einschreien!
Ja, was meinen Sie, wie es mir in diesem Moment ging?! Oder den Opfern, die das Verhalten des Täters kurz zuvor ertragen mussten, wie es denen ging?!
Wir machen bei der Polizei regelmäßig Einsatztraining, bedeutet, wir spielen solche Lagen nach. Ich würde das hier sonst an dieser Stelle ja auch mal anbieten,
könnte Herr Ritter mal den Polizisten spielen, ich würde mich freiwillig als die Täterin mal zur Verfügung stellen.
Sie dürfen mich zu Boden bringen und fixieren, und dann suchen wir uns noch ein paar Abgeordnete, die vielleicht dann auf Sie einschreien und Sie bepöbeln, das filmen und die Sequenz dann ins Internet einstellen.
Dann bekommen Sie vielleicht noch mal einen Eindruck, wie man sich dabei fühlt. Nur einen Eindruck, weil es ist ja nur gespielt, aber das reicht schon.
Aber nicht als Polizeibeamter, Herr Ritter, nicht als Polizeibeamter!
Ich frage mal so in den Raum: Glauben Sie hier tatsächlich, dass ich Konflikte gerne mit Gewalt löse?
Mal ehrlich, glauben Sie, Gewalt ist das erste Mittel der Wahl, das Polizisten wählen als gewaltbereite Täter, die grundlos Gewalt anwenden? Nein, meine Damen und Herren, das ist das letzte Mittel.
Und ein Beispiel habe ich noch, ein Video, das in der ARD gelaufen ist. Das zeigt, wie ein junger Mann, augenscheinlich mit Migrationshintergrund, sich an einem Fahrrad zu schaffen macht, das nicht seines zu sein scheint. Ich weiß nicht, das haben vielleicht einige gesehen.
Zwei Polizisten werden gezeigt, wie sie den jungen Mann aus rassistischen Motiven als Täter vorverurteilen. Der junge Mann wird am Ende von einem Scharfschützen getötet. Danach stellen die beiden Polizisten entsetzt fest, dass das Fahrrad ihm gehörte, er sogar deutscher Staatsbürger war und – sichtbar an den weißen Socken in Sandalen – vermeintlich perfekt integriert. Ich betreibe keine Medienschelte, das wäre mir jetzt echt zu doof, dafür gibt es hier im Landtag andere Fraktionen. Ich will auch gar nicht darüber urteilen, ob das Video gelungen ist oder nicht. Ganz sicher ist aber, dass das Video denjenigen in die Karten spielt, die ein gestörtes Verhältnis zur inneren Sicherheit im Allgemeinen haben und zur Polizei im ganz Besonderen.
Meine Damen und Herren, es ließen sich noch weitere Beispiele dafür finden, wie versucht wird, Polizeikräfte zu kriminalisieren, auch in Mecklenburg-Vorpommern und auch von Menschen, die in unserem Land Verantwortung tragen.
Ich möchte es aber bei den von mir genannten Beispielen belassen. Für mich ist entscheidend, für meine Frak
tion zu erklären, die Kriminalisierung von Polizeikräften muss ein Ende haben. Polizeikräfte verdienen unseren Dank, unsere Unterstützung und unseren Respekt.
Und da es immer weniger Rückhalt aus dem politischen Raum für unsere Polizei gibt, werde ich nicht müde, unserer Polizei weiterhin den Rücken zu stärken. Und ich werde das laut tun, ich werde das deutlich tun und ich werde das immer und immer und immer wieder tun, so lange, bis es Ihnen aus dem Halse hängt! – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann es eigentlich relativ kurzmachen, denn die Diskussion um den Einsatz von Tasern ist nicht neu. Ich sage Taser, weil mir dieses Wort „Distanzelektroimpulsgerät“ einfach zu sperrig und zu lang ist.
Also sehen Sie es mir nach!
Ja, genau. Ich möchte es ja auch kurzhalten, habe ich ja gesagt.
Ich finde es definitiv richtig und gut, dass man im Laufe der Zeit auch immer wieder überprüft, ob man seine Polizei auch mit den richtigen Einsatzmitteln ausstattet. Das gehört dazu, das ist unsere Aufgabe. Es ist also keine Frage, sonst würden wir heute nämlich immer noch mit der Gummiwurst und der Knebelkette rumlaufen.
Bei den Tasern ist es allerdings so, dass mir das noch nicht so richtig ausgewogen genug ist. Wir wissen zum Beispiel auf jeden Fall, dass es ein Mittel ist, das man auf Distanz gut anwenden kann, wenn es zum Beispiel um Geisellagen geht oder auch um Suizidversuche. Da kann ich das gut anwenden, das ist keine dynamische Bewegung. Aber sobald da ein bisschen Dynamik in den Einsatz kommt, ist die Anwendung schon wieder ein bisschen schwieriger und problematischer. Vor allen Dingen weiß man auch noch nicht so genau, welchen Einfluss das auf Herzkranke haben kann. Das sind auch, glaube ich, Dinge, die man auf jeden Fall mit in Betracht ziehen muss, wenn man diese Dinge in den vermehrten Einsatz bringen will.
Ich halte dieses Einsatzmittel grundsätzlich für keine schlechte Idee, aber der Innenminister hat aufgezeigt, dass auch er sich da noch auf Studien berufen will, die noch nicht fertig sind, und er schon seit Jahren dran ist. Die Spezialeinheiten haben dieses Gerät schon.
Und selbstverständlich müssen wir dann – das ist natürlich eine Frage, die sich eigentlich gar nicht stellt –, auch dann über die Ausbildung sprechen. Polizeibeamte werden an allen Hilfsmitteln und Waffen, die sie tragen, auch natürlich entsprechend ausgebildet. Also die Frage stellt sich natürlich in dem Sinne auch überhaupt gar nicht.
Also demnach finde ich den Weg des Innenministeriums dort richtig. Ich kann das nur unterstützen und würde gern abwarten, was die letzten Untersuchungen dort zu dem Thema ergeben würden. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Situation für die Menschen in den Flüchtlingslagern in Griechenland und an der türkisch-griechischen Grenze ist unverändert katastrophal. Das ist mir durchaus bewusst und ich denke, wir sind uns fast alle einig, dass hier mit allen Kräften geholfen werden muss. Wir haben nur unterschiedliche Vorstellungen des Wie. Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen, sehr geehrte Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE.
Die Gründe sind die gleichen wie im März, als es hier um die Aufnahme minderjähriger Flüchtlinge in M-V ging. Die Bundesregierung hat sich verpflichtet, 350 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus den Lagern nach Deutschland zu holen. Das ist teilweise auch schon passiert, und das wissen Sie natürlich. Es gibt vertragliche Vereinbarungen mit den anderen EU-Ländern. Nach Presseinformationen wollen nach Deutschland und Luxemburg jetzt auch Finnland, Portugal und Irland mit den Flüchtlingstransfers in ihre Länder beginnen.
Es ist meine feste Überzeugung, dass nur in einem gemeinsamen Verfahren umfassende und nachhaltige Flüchtlingshilfe überhaupt möglich ist. Auch wenn Mecklenburg-Vorpommern ein eigenes Landesaufnahmeprogramm startet, bleibt trotzdem die Verantwortung für die Organisation, Überführung und Überprüfung der Geflüchteten beim Bund. Im Rahmen des Aufnahmeverfahrens muss eine Sicherheitsprüfung stattfinden, um die Personenidentität festzustellen und Straftäter von der Aufnahme auszuschließen. Es muss eine Gesundheitsüberprüfung stattfinden, um die Flüchtlinge medizinisch zu versorgen und das Einschleppen von Krankheiten zu verhindern. Und selbst wenn in Westeuropa die Infektionszahlen gerade rückläufig sind, besteht in Osteuropa und Afrika gerade höchste Ansteckungsgefahr.
Und ich frage noch einmal: Welche Wirkungen haben die Aufnahmeaktionen einzelner Länder auf die in den Lagern verbleibenden Menschen? Welches Signal senden wir den Personen, die noch beabsichtigen, aus ihren Heimatstaaten zu flüchten? Nicht ohne jeden Grund gibt es die Befürchtung, dass Deutschland mit der Aufnahme weiterer Flüchtlinge ein falsches Signal geben könnte. Und diese Befürchtung ist nicht unberechtigt bei aller Sorge über die unhaltbare Situation der Flüchtlinge in den Aufnahmelagern.
Und da ist auch noch die Gesetzeslage, die irgendwelchen Einzelaktionen der Bundesländer entgegensteht, und das auch aus gutem Grund. Nach dem Aufenthaltsgesetz können die Bundesländer aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit muss aber, und wir haben das hier schon jetzt eigentlich von beinahe allen Rednern gehört, das Bundesinnenministerium zustimmen. Das ist gesetzliche Grundlage und das kann man auch nicht wegdiskutieren.
Und wenn einige Bundesländer meinen, eigene Landesaufnahmeprogramme durchsetzen zu können, so glaube ich, dass dies ohne Zustimmung des Bundes nicht durchführbar sein wird. Alleingänge auf Länderebene in Deutschland führen höchstens zu Irritationen in den EUStaaten, die wie Deutschland eine europäische Lösung des Flüchtlingsproblems anstreben.
Ein Landesaufnahmeprogramm braucht erstens Rechtssicherheit, zweitens eine durchdachte Organisation und drittens eine gesicherte Finanzierung. Ja, auch die Finanzierung ist eine Frage, über die Sie in Ihrem Antrag kein Wort verlieren, sehr geehrte Damen und Herren der Fraktion DIE LINKE.
Die Kosten für das Aufnahmeverfahren, für den Transport nach Deutschland und die medizinische Versorgung bis zur Ankunft in der Zielkommune trägt der Bund.
Wer trägt die Kosten …
Oder der Steuerzahler, natürlich.
Wer trägt die Kosten für die Aufnahme zusätzlicher Flüchtlinge außerhalb der Aufnahmeverpflichtung? Und wer soll die Verantwortung für die Organisation eines Landesaufnahmeprogramms übernehmen?
Meine Damen und Herren, es besteht weltweit eine Corona-Pandemie unbekannten Ausmaßes mit mittlerweile 400.000 Toten. Wir haben freiwillig unsere eigene Freizügigkeit eingeschränkt zum Schutze der gesamten Gesellschaft. Es bestehen immer noch Kontaktbeschränkungen und Hygieneauflagen landesweit, und das aus gutem Grund. Ob und wann wir zu unserem gewohnten Alltag zurückkehren können, wissen wir schlicht nicht. Der Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern hat seine Tätigkeit aufgrund der Corona-Pandemie eingeschränkt. In den Unterkünften für Geflüchtete gelten Abstandsgebot, Kontaktbeschränkung und Hygieneregeln genauso wie überall. Es steht nicht einmal fest, ob die Kommunen, die damals die Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingen erklärt haben, dazu überhaupt noch in der Lage sind unter den jetzt geltenden Bestimmungen.
Nein, meine Damen und Herren, der Bundesinnenminister hat zu Recht eine europäische Lösung bei der Verteilung von Flüchtlingen in der EU angemahnt. Es ist den Menschen nicht zu vermitteln, dass ein europäisches Problem – und das ist die Flüchtlingsfrage nun mal – nicht europäisch gelöst werden kann. Die Aufnahme von Flüchtlingen darf kein Alleingang eines Staates sein und schon gar kein Alleingang eines Bundeslandes.
Diese Meinung habe ich im März vertreten, diese Meinung vertrete ich jetzt und diese Meinung werde ich auch in Zukunft vertreten. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In meinen Augen trifft das Argument nationaler Zuständigkeit jedes Landes, zum Beispiel für seine Wohlfahrt, unzweifelhaft zu. Das zeigt sich ja auch darin, dass es kein europäisches Hartz IV, kein europäisches ALG I und keine europäische Rentenversicherung gibt. Bei dem Wiederaufbaufonds von Merkel/Macron geht es aber auch überhaupt gar nicht darum, sondern es geht um die rasche Überwindung der wirtschaftlichen Klemme, in die Europa durch die Corona-Krise gestürzt wurde.
Jetzt sagt Herr Arppe, ja, aber Deutschland wurde ja gar nicht so schlimm in die Corona-Krise gestürzt. Auch das stimmt.
Und ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen,
und ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, das empfinde ich als ein implizites Lob für Maßnahmen gegen die gesundheitspolitischen und vor allem wirtschaftspolitischen Auswirkungen von Corona seitens der Bundesregierung.
Eigentlich müsste man Herrn Arppe für diesen Gedankengang danken, und das mache ich hiermit auch.
Aber, aber ich appelliere dringend, den Gedanken an der Stelle dann auch zu Ende zu führen, denn natürlich steht Deutschland nicht nur wegen seines flexiblen Arbeitsrechts oder seiner herausragenden Organisation der
dualen Ausbildung oder sonstiger Berufsreglementierungen, für die wir uns hier alle immer so starkmachen, so gut da. Die wirtschaftlich herausragende Stellung Deutschlands in Europa hat auch etwas mit dem europäischen Binnenmarkt zu tun, und der ist Resultat der europäischen Integration.
Jetzt kommt in dem Antrag an genau dieser Stelle der obligatorische Hinweis auf Charles de Gaulle. Das ist ein wenig wie bei den pawlowschen Experimenten: Sagt ein bekennender Europäer das Wort „Europa“, dann sagt die neue Rechte unweigerlich „de Gaulle“ oder „Europa der Vaterländer“.
Danke für die Bestätigung!
Die Auseinandersetzungen von Churchill und de Gaulle im Hinblick auf die Einigung Europas sind bekannt. Das Verhältnis der Gaullisten zu Europa war immer ambivalent. Ich frage mich aber, was sagen uns diese Rückerzählungen, geboren am Ende und im Nachgang des Zweiten Weltkrieges, für das Europa der Gegenwart, geschweige denn für das Europa der Zukunft? Und ich versuche mich mal an einer Antwort.
Auch auf deutscher Seite gab es Gaullisten, Bundeskanzler Konrad Adenauer zum Beispiel. Ich behaupte, Persönlichkeiten wie de Gaulle und Adenauer hätten, würden sie noch leben, auch 2020 kontrovers diskutiert. Am Ende, am Ende hätten sie Einsicht in die Notwendigkeit eines europäischen Wiederaufbaufonds gehabt. Die Tradition, dass man auch mal unterschiedlicher Meinung ist und in der Sache streitet,
ist quasi seit de Gaulle und Adenauer
in Europa ungebrochen,
Stichwort „Eurobonds“, zu denen es berechtigte Einwände gibt.
Abseits dessen behaupte ich, jede Zeit benötigt mutige Antworten,
in Zeiten von Adenauer und de Gaulle mit Montanunion, in Zeiten von Merkel und Macron mit EU-Wirtschafts- hilfen. Der vorliegende Antrag aber ist eine Rückerzählung ohne größeren Wert für die Gegenwart, geschweige denn für die Ausgestaltung einer zukunftsfähigen Europäischen Union. Wir brauchen ihn nicht und wir lehnen ihn deshalb ab. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Selbstverständlich.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, danke schön!
Herr Professor Dr. Weber, mich interessiert eigentlich gar nicht, ob das bei Herrn Arppe irgendwann mal im Redebeitrag stand. Ich habe mich auf den Antrag bezogen,
und auf den habe ich meine Rede fixiert. Und da ist es mir völlig egal, ob Sie meinen, ob ich zugehört hätte oder nicht. Ich habe sehr wohl zugehört und ich habe mich auf das beschränkt, was im Antrag formuliert und vor allen Dingen auch in der Begründung formuliert wurde. Demnach ist Ihr, Ihr,
Ihr Vorwurf...
Danke schön!
... obsolet.
Und auch zu den anderen Dingen bezüglich des Fonds habe ich mich, glaube ich, relativ deutlich ausgedrückt. Ich habe auch gesagt, dass man die Eurobonds kritisch sieht, und das auch mit Recht. Ich habe aber auch gesagt, sehr wohl, dass es aus der Wirtschaft, aus der Klemme heraus, in der wir uns alle, alle gleichermaßen in Europa, befinden …
Ja, bitte schön, dann eben die EU.
Wir möchten, wir möchten da jetzt …
… keine Spalterei betreiben.
Ja, danke!
Jetzt habe ich nämlich den Faden verloren.
Nee, ja, also ich weiß jetzt nicht mehr, wo ich stehengeblieben war. Das weiß ich jetzt wirklich nicht, bin ich jetzt...
Ja, die Eurobonds, da war ich stehengeblieben. Und ich sagte, das hatte ich aber schon gesagt,
dass ich ja auch in meinen Ausführungen gesagt habe, dass ich das kritisch sehe und dass es auch mit Recht kritisch gesehen wird, dass wir aber zusammen als Europäische Union in diese wirtschaftliche Klemme oder auch gesundheitspolitische Klemme geraten sind und es durchaus richtig ist, sich auch solidarisch zu verhalten, um dort wieder herauszukommen. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Sehr geehrter Herr Förster! Danke schön! Ich habe mir jetzt echt lange überlegt, ob ich die zwei, drei Sätze jetzt noch sage zu dem Thema. Normalerweise halte ich mich da gerne zurück. Aber ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, als Sie uns hier tatsächlich erklären wollten, dass Frauen in diese Rolle der arbeitenden, mitverdienenden, am Leben teilhabenden Frau reingezwängt wurden, kam mir so ein bisschen die Galle hoch, denn ganz ehrlich...
Ja, nee, ich musste sie runterschlucken, mir wurde wirklich schlecht.
Ganz ehrlich, Herr Förster, das hat frau sich über Jahrzehnte hart erkämpfen müssen,
dass sie nicht mehr nur Mutter ist,
dass sie nicht mehr nur am Herd steht, dass sie nicht mehr nur zu Hause sitzt, dass sie nicht mehr abhängig von ihrem Mann sein muss, sondern dass sie selber ihr Leben bestimmen kann, dass sie selber unabhängig durchs Leben kann, auch alleine als Mutter oder als Familie, dass sie sich selber aussuchen kann, in welchem Bild sie gerne zu Hause ist oder unterwegs ist, arbeiten geht.
Und ich möchte Sie wirklich bitten, Herr Förster, ich möchte Sie wirklich intensiv bitten, aus tiefstem Herzen, hören Sie auf zu behaupten, dass frau in diese Rolle gezwungen wird! Frau möchte das, frau möchte die Wahl haben und frau hat gerne Anteil an diesem Leben, und übrigens auch am politischen Leben! Deswegen sind in allen anderen Fraktionen hier Frauen.
Und wundern Sie sich mal jetzt nicht mehr, warum sich bei Ihnen keine finden, Herr Förster!
Herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 8. Mai 1945 endete in Europa der Zweite Weltkrieg. Der Krieg hatte Millionen Menschenleben gekostet, darunter das Leben von Soldaten, das Leben von Men
schen, die in Konzentrationslagern ermordet worden waren, und auch das Leben von Zivilisten, die infolge von Kampfhandlungen oder im Bombenkrieg starben. Und auch nach dem Krieg ging das Sterben vielfach weiter: durch Flucht, Vertreibung, durch Hunger und Kälte.
Zweifelsohne ist der 8. Mai auch verbunden mit einer militärischen Niederlage und einer Kapitulation. Dazu kam es aber nur, weil das Deutsche Reich aus perfiden Motiven die Welt in den mörderischsten Krieg der Menschheitsgeschichte gestürzt hatte. Deswegen steht am 8. Mai auch gerade eben nicht die militärische Niederlage im Vordergrund, sondern einzig und allein die Befreiung vom Dritten Reich und dem nationalsozialistischen Terror.
Meine Damen und Herren, Schuld ist immer individuell, und niemand, der hier im Raum sitzt, trägt Verantwortung für das, was vor 25 Jahren endete.
Als Deutsche haben wir aber die Pflicht, an den nationalsozialistischen Schrecken zu erinnern, und vor allem sind wir in der Pflicht, dass er auf ewig geächtet bleibt. Und es bleibt unsere Pflicht, dafür zu sorgen, dass der Ungeist in Deutschland niemals mehr eine Chance hat.
Ich gebe zu, dass diese Aufgabe mit der Zeit nicht einfacher wird. Die Zahl der Zeitzeugen sinkt und damit auch die Zahl derjenigen, die wissen, dass der Krieg am Ende nur Verlierer kennt. Der kollektive Schmerz, den diejenigen kannten, die den Krieg noch erlebt hatten, wird kleiner.
Bis vor 10/20 Jahren war es in ganz vielen Familienfeiern in Deutschland keine Seltenheit, sondern eigentlich die Regel, dass die Eltern, Großeltern oder Urgroßeltern von ihrem Leben im Dritten Reich erzählten, vom Krieg an den Fronten, der Vertreibung oder von Bombenangriffen. Auch ich kann mich nur zu gut daran erinnern, als ich als kleines Mädchen – ich sage mal, 10/12 Jahre muss ich alt gewesen sein –meine Oma fragte, wie sie denn im Krieg gelebt hätte, weil ich mir das absolut nicht vorstellen konnte, und sie mir erzählte, dass immer, wenn der Bombenalarm in Neumünster losging, sie, ihre Schwester und ihre Mutter sich die Fahrräder schnappten, aus der Stadt rausfuhren aufs Land, am nächsten gelegenen Knick ihre Fahrräder hinwarfen, sich in dem Knick versteckten und ihre Gesichter immer in die Erde eingruben, um sich vor Bombensplittern zu schützen. Diese Geschichte ist tief in meinem Kopf verankert, das werde ich nicht vergessen.
Viele von ihnen waren Opfer, ganz ohne Zweifel, sie waren aber ganz oft auch Täter, zumindest aber hatten sie von Taten Kenntnis. Oder aber ihnen wurde nach dem Krieg bewusst, dass sie von Taten hätten Kenntnis haben können, wenn sie es denn gewollt hätten. Deswegen hatten sich Deutsche nicht kollektiv schuldig gemacht, wohl aber haben Deutsche nach dem Krieg kollektiv Scham empfunden, und diese Scham wirkt nach, und auch ich empfinde diese Scham.
Meine Damen und Herren, wenn man für dieses Land Verantwortung trägt oder sich mit diesem Land identifiziert, dann ist es untrennbar auch mit der Tatsache ver
bunden, dass in deutschem Namen das größte Verbrechen in der Menschheitsgeschichte geschehen ist.
Deswegen gibt es den Patriotismus in Deutschland auch nur in ambivalenter Form. Das ist die Bürde, mit dem dieses Land leben muss. Die Vergangenheit verschwindet nicht, auch dann nicht, wenn man fest die Augen verschließt. Ich glaube, sogar ganz im Gegenteil, dass aus der deutschen Vergangenheit eine besondere Verpflichtung erwächst.
Ich habe es schon kurz angedeutet, wir haben die Pflicht zu erinnern und wir haben die Pflicht, wachsam zu sein. Unmittelbar nach dem Krieg, bis in die 60er-Jahre hinein, hatte diese Wachsamkeit einen sehr unmittelbaren Hintergrund, denn die Nazis und diejenigen, die sie unterstützt hatten, waren ja nicht alle tot. Viele waren geläutert, viele empfanden echte Reue. Es gab aber auch Opportunisten und natürlich diejenigen, die nie in der Demokratie angekommen waren. Die Gefahr für die junge Demokratie war real. Vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass der kollektive Schmerz der Erlebnisgeneration kleiner wird.
Der Rechtsextremismus in Deutschland erlebt erkennbar eine Renaissance und umso wichtiger ist es, dass wir genau hinschauen und dass wir widersprechen, und zwar immer dann, wenn Menschen zu Hass aufrufen, wenn Menschen mit rassistischen Stereotypen argumentieren, wenn Menschen wüste Verschwörungstheorien äußern über das Wesen der Welt, wenn Menschen gegen Juden hetzen, und sei es auch nur verdeckt, indem sie über dunkle Mächte fantasieren oder über den vermeintlichen Einfluss von Börsen und Banken auf politische Entscheidungsträger, wenn Menschen unser demokratisches Gefüge lächerlich machen oder sich verächtlich darüber äußern. Immer dann haben wir als Deutsche die Pflicht zu widersprechen, auch und gerade dann, wenn man sich zu diesem Land bekennt.
Zum Schluss möchte ich Ihnen noch sagen, es gibt drei wesentliche Dinge, die mich persönlich eng mit dem 8. Mai verbinden, drei Dinge: Das sind erstens Frieden, zweitens Mahnung und drittens Gedenken. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich war jetzt eigentlich überhaupt nicht auf eine Grundsatzdebatte in Sachen Fake News eingestellt. Ich glaube aber, dass auch ich nicht darum herumkomme, dazu jetzt ein paar Worte zu verlieren, möchte aber dennoch zunächst damit einsteigen zu sagen, dass es für das eigentliche Thema wichtig ist zu sagen, dass mit der Änderung der Vorschrift die notwendige Anpassung an das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Befreiung von Nebenwohnungen von der Rundfunkbeitragspflicht jetzt erfolgt. Und das halten wir auch genau für richtig. Denn, wie Frau Tegtmeier es auch eben schon gesagt hat, man kann zwar mehrere Rundfunkgeräte in mehreren Wohnungen haben, aber gucken kann man das dann auch nur an einem Gerät, zu einer Zeit. Das halte ich also durchaus auch für richtig, dass das so angepasst wird. Und ich gehe auch davon aus, dass das auch in der Bevölkerung dementsprechend so aufgenommen wird. Die Beitragsehrlichkeit der Bürger wird so im Sinne des Gemeinwohls durch Kontrollmöglichkeiten auch ergänzt.
Aber ich möchte gerne noch etwas zu dem Thema sagen, was hier jetzt eigentlich so aufgekocht ist, das Thema „Fake News“. Und ich habe so ein bisschen das Gefühl, dass es so zwei Blasen gibt, in denen man sitzen kann. Einmal sitzt man entweder in der Blase der Fake News und man bezieht sich nur auf solche Seiten wie „Vegan, bewusst und froh“ oder „Aluhut Ahoi“
oder solche ähnlichen Seiten und meint, das wären nun die richtigen Informationen, die ich hier beziehen kann. Die gibt es tatsächlich, solche Seiten. Ich lese regelmäßig solche Artikel bei „Facebook“. Da ist ja alles möglich. Man kann ja ungefiltert einfach mal alles Mögliche in die Welt setzen.
Und ich persönlich bin froh, dass es die Möglichkeit gibt, sich in jeder Weise zu informieren, dass es auch die Möglichkeit gibt, dass ich alles lesen darf, was ich möchte. Das hat auch jeder. Aber ich bin auch froh, dass es nämlich genau den Rundfunk gibt des NDR, ARD, ZDF, wo ich mich darauf verlassen kann. Und das ist das Entscheidende. Ich kann mich darauf verlassen, dass hier Journalisten arbeiten, die ihre Arbeit machen, die nämlich nicht ungefiltert alles einfach in die Welt hinausschreien, wie es ihnen gerade so über den Weg läuft, sondern dass hier Recherche betrieben wird, dass hier die Wissenschaft mitsprechen darf, dass von allen möglichen Seiten Informationen eingeholt werden, dass ein Gesamtpaket daraus geschnürt wird und dass den Menschen wahre wirkliche Informationen zur Verfügung gestellt werden, wo jeder Bürger die Möglichkeit hat, sich seine Meinung zu bilden.
Und ich halte es für durchaus wichtig, und das ist auch gerade jetzt in den Corona-Zeiten nämlich ein entscheidendes Thema, dass diese ungefilterten Nachrichten, wenn man sie denn überhaupt so nennen kann, nicht freien Lauf bekommen und sehr wohl eingeschränkt werden. Und ich bin froh darüber, dass wir Sender, Rundfunk- und Fernsehsender, haben, die nämlich genau diese Fake News nicht senden.
Und ich kann mir vorstellen, liebe AfD-Fraktion, dass Ihnen das nicht gefällt, weil das nicht Ihre Wahrheiten sind. Das ist okay, das dürfen Sie auch gerne überall erzählen.
Nein, ich sagte ja gerade, worauf es ankommt. Es kommt nämlich darauf an, wie ein Beitrag gesendet wird, mit welchen Fakten, mit welcher Hinterlegung. Und das halte ich für genau richtig und das unterstützen wir hier, glaube ich, in breiter Mehrheit. Und ich freue mich auch, wenn dieser Änderung des Staatsvertrages die Zustimmung gegeben wird. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf deine Worte, denn sie werden Handlungen.“ Mit der Quellenlage dieser Weisheit ist es schwierig. Manche vermuten sie im Talmud. Ich habe auch schon gelesen, dass es eine chinesische Weisheit sein könnte. Am Ende ist es aber auch egal, denn der Gedanke dahinter stimmt in jedem Fall. Erst kommt der Gedanke, dann kommt der Vorsatz, dann kommt die Tat.
Wir haben in wenigen Monaten drei Taten erlebt, die unsere Gesellschaft tief erschüttert haben. Es waren Taten von Männern, über deren Geisteszustand ich hier nicht abschließend urteilen will. Entscheidend ist, alle drei haben beziehungsweise hatten ein Weltbild, das von Verschwörungstheorien durchdrungen war, die unter Rechtsextremisten höchst populär sind. Es ist das Weltbild von Menschen, die für alles Unheil auf dieser Welt einen Sündenbock haben. Flüchtlinge, Moslems,
die Juden oder eben Angela Merkel. Wir erleben in den letzten Jahren eine zusehends entgrenzende politische Debatte, eine Debatte, die mit dem lapidaren „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“ beginnt und die mit handfesten Morddrohungen endet. Zumindest drei Menschen in den letzten Monaten haben es nicht bei Drohungen belassen. Sie wurden zu Mördern.
Ich bin keine Kriminalpsychologin. Menschen werden nicht automatisch zu Mördern, weil sie in den Medien, hier insbesondere in den sozialen Medien oder auch asozialen Medien, damit dauerbeschallt werden, dass das Abendland unterzugehen droht. Aber machen wir uns nichts vor, spurlos gehen Hass und Hetze nicht an Menschen vorbei. Hier gibt es eine relativ klare UrsacheWirkung-Beziehung, und auf die gehe ich am Ende meiner Rede auch noch mal komponiert ein.
Meine Damen und Herren, der grassierende Rechtspopulismus überwölbt und vergiftet nicht nur die mediale Debatte, er zeigt auch parlamentarisch Wirkung, nämlich in der offenkundigen Verhöhnung und Geringschätzung all dessen, was den Parlamentarismus ausmacht: das Ringen um Mehrheiten, der Kompromiss, das Verfolgen guter Absichten, das Anstreben internationaler Zusammenarbeit, das Bemühen um Sachlichkeit, um Maß und Mitte. All das ist dem Rechtspopulismus suspekt. Seine Kategorien sind Dominanz und Stärke, alles andere hält er für Verrat. Eben weil das so ist, eben weil Rechtspopulisten danach streben, den Parlamentarismus lächerlich zu machen, auszuhöhlen und zu überwinden, eben deswegen herrscht in diesem Landtag große Einigkeit: Wer mit Hunden ins Bett geht, wacht mit Flöhen auf.
Meine Damen und Herren, in den Zeitungen war in den vergangenen Wochen und Monaten immer mal wieder von der Weimarer Republik die Rede und davon, dass durch die Bonner beziehungsweise jetzt Berliner Republik wieder ein Hauch von Weimar weht, mit Blick auf die schwierige Mehrheitsfindung in Thüringen. Die Weimarer Republik, das wissen wir heute, war eine Demokratie, in der es zu wenige Demokraten gab, in der mancher noch dem Kaiserreich nachtrauerte und viele eine Diktatur nach sowjetischem Vorbild wünschten. Der Untergang der Demokratie wurde begünstigt durch eine Mischung aus purer Ablehnung, aus Desinteresse und aus dem fatalem Irrglauben, Rechtsextremisten könnten stubenrein werden, wenn man sie streichelt – ein fataler Irrtum der Eliten in der Weimarer Republik.
Wir, meine Damen und Herren, wir hier in diesem Land werden diesen Fehler kein zweites Mal machen.
Und das ist auch unser historischer Auftrag als wachsame Demokraten. Zugleich sind wir in der Pflicht gegenüber den Millionen von Toten des Zweiten Weltkrieges, aber auch gegenüber den Ermordeten der vergangenen Monate. Keine Zusammenarbeit mit Rechtsextremisten, keine Zusammenarbeit mit denjenigen, die die politische Debatte vergiften. Sie, Herr Professor Dr. Weber, und Sie, Herr Kramer, haben mitgeschossen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Ja, herzlichen Dank, Frau Präsidentin!
Ich finde das schon sehr interessant, was mir hier so an den Kopf geworfen wird,
aber, Herr Dr. Jess, wenn Sie mir schon so etwas vorwerfen, dann würde ich an Ihrer Stelle vielleicht auch etwas genauere familienhistorische Untersuchungen betreiben.
Ich bin mit der Bäckerkette „Von Allwörden“ nicht verwandt.