Protokoll der Sitzung vom 18.10.2017

Die Vorlage zum Tagesordnungspunkt 3 ist vom Antragsteller zurückgezogen worden, von daher rufe ich jetzt auf den Tagesordnungspunkt 4: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 7/1129.

Gesetzentwurf der Landesregierung Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern (Erste Lesung) – Drucksache 7/1129 –

Das Wort zur Einbringung hat der Minister für Inneres und Europa Herr Caffier.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Werte Gäste! Vor knapp einem Jahr hat die Landesregierung ihre Arbeit aufgenommen, unter anderem mit dem Ziel, die Kommunen und die kommunale Selbstverwaltung zu stärken. Heute nun legen wir einen, wie wir finden, wichtigen Baustein, wichtigen Meilenstein auf dem Weg vor, um dieses Ziel zu erreichen, nämlich die Reform des kommunalen Finanzausgleichs. Das neue Finanzausgleichgesetz entstand nach langen, intensiven und konstruktiven Beratungen, für den einen oder anderen vielleicht zu langen Beratungen, aber es war für uns immer wichtig, die kommunale Familie in alle Beratungen mit einzubeziehen.

(Funktionsstörung der Beleuchtung)

Wir scheinen auch Energie zu sparen, aber nichtsdestotrotz, glaube ich, ist es hell genug, dass wir hier weitermachen können.

(Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke übernimmt den Vorsitz.)

Das neue Finanzausgleichsgesetz entstand, wie gesagt, in intensiver Zusammenarbeit mit der kommunalen Familie. Es ist ein Meilenstein, wie ich finde, und erfüllt viele Erwartungen. Die Kommunen erhalten mehr Geld. Das Finanzausgleichsgesetz wird gerechter und wir gehen einen wichtigen Schritt in Richtung Vereinfachung des Systems. Und es ist gewiss nicht falsch, wenn ich sage, das ist heute ein guter Tag für das Land, ein guter Tag nicht nur für die Landesregierung, die sie tragenden Fraktionen, sondern auch vor allem ein guter Tag für die Städte, für die Gemeinden und für die Landkreise in Mecklenburg-Vorpommern.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein Gemeinschaftswerk vieler Beteiligter. Als Innenminister danke ich an der Stelle zunächst den Fachexperten in meinem Haus, aber auch im Finanzministerium, die sehr intensiv gemeinsam mit uns die Gesetzesvorgaben beraten und immer wieder wichtige Impulse in den jeweiligen Beratungen mit eingebracht haben. Einen großen Anteil am Gesetzentwurf haben natürlich die Kommunen, die kommunalen Landesverbände, die mit ihrer Praxisnähe und ihrem großen Erfahrungsschatz eine wertvolle Unterstützung bei der Erarbeitung dieses Gesetzes waren. Zu guter Letzt möchte ich an der Stelle auch Professor Lenk ganz herzlich nennen, der gemeinsam mit seinem Team die überzeugende wissenschaftliche Grundlage der Reform entwickelt hat. Ihnen allen gilt mein Dank, meine Anerkennung für den Beitrag zu diesem, wie wir finden, Schritt in die richtige Richtung. Das war und ist gute Arbeit bis hierher gewesen.

Meine Damen und Herren, als zuständiger Fachminister kann ich nach jahrelanger Erfahrung berichten, der kommunale Finanzausgleich – egal, was Sie machen – wird auf keinen Fall dafür geeignet sein, einen Beliebtheitspreis zu gewinnen. Egal, wie viel Geld wir in den Finanzausgleich stecken, es wird immer jemand mehr fordern, heute früh auch nachzulesen beispielsweise in der SVZ. Egal, wie gewissenhaft wir den Finanzausgleich austarieren, irgendjemand wird sich immer über Ungerechtigkeiten beschweren. Und natürlich sollen wir umverteilen, nur Verlierer darf es bei der Umverteilung nicht geben. Das ist eben ein schwieriges Feld.

Kritik gehört zum FAG wie Deutschland zum Eurovision Song Contest, immer dabei, aber nicht immer berechtigt.

Letztlich ist es aber ein ideales Ziel für die Opposition. Das hat sich dann auch die Linksfraktion gedacht.

(Vincent Kokert, CDU: Die interessiert das Thema gar nicht so.)

Die schreckte vor der Komplexität des Themas nicht zurück und preschte stattdessen im Mai vor. Sie forderte die Landesregierung wegen irgendwelcher Unstimmigkeiten zu einer Regierungserklärung zu den Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen im Landtag auf. Diese Forderung wurde zu einem aus Oppositionssicht etwas unglücklichen Zeitpunkt erhoben. Tatsächlich befanden wir uns im Mai am Ende eines sehr umfangreichen, wichtigen und, wie ich finde, auch unter dem Strich erfolgreichen Dialogprozesses mit allen daran Beteiligten. Landesregierung und kommunale Landesverbände einigten sich schließlich auf einen gemeinsamen Beschluss und auf einen gemeinsamen Fahrplan.

Das Finanzausgleichsgesetz wird nun in zwei Stufen reformiert. Die erste Stufe ist der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf. Er beinhaltet im Wesentlichen folgende Punkte:

Erstens. Aufgrund einer angepassten Berechnungsmethode wird die Finanzausgleichsmasse zukünftig um 34,15 Millionen Euro aufgestockt. Die Beteiligungsquote steigt somit von 33,99 auf 34,49 Prozent. Die zusätzlichen Mittel werden damit systematisch, also in Zukunft auch dauerhaft gezahlt. Ein langgehegter Wunsch der Kommunen geht somit in Erfüllung. Außerdem werden die negativen Saldos der Abrechnungsbeiträge der Jahre 2015 und 2016 in Höhe von rund 23,9 Millionen Euro auf das Jahr 2020 verschoben.

Zweitens. Knapp 10 Millionen Euro fließen zusätzlich an die Kommunen für Aufgaben des sogenannten übertragenden Wirkungskreises. Bisher wurden diese Mittel aus der Schlüsselmasse entnommen, zukünftig fließen sie aus dem Landeshaushalt.

Drittens. Die Bundesmittel aus dem 5-Milliarden-EuroEntlastungspaket werden den Kommunen in unserem Land vollständig zur Verfügung gestellt. Das sind etwa 80 Millionen Euro jährlich, die an die kommunale Familie fließen. Davon fließen jedes Jahr rund 35 Millionen Euro in einen Fonds zum Abbau kommunaler Schulden.

Viertens. Steuerschwache und kinderreiche Gemeinden und Städte werden finanziell gestärkt. Wir erhöhen die Ausgleichsquote für die Verteilung der Schlüsselzuweisung in zwei Schritten von 60 auf 70 Prozent. Dafür haben wir schon lange – auch ich persönlich – geworben, dass wir diesen Schritt gehen, um hier eine größere Gerechtigkeit zu erzielen.

Außerdem verteilen wir die Kompensation für den Familienlastenausgleich um. Bisher erhalten die Gemeinden und Städte jährlich rund 70 Millionen Euro für Steuerausfälle, die ihnen zum Beispiel durch Kinderfreibeträge entstehen. Das bedeutet aber bisher, wer viel Steuereinnahmen hatte, kriegte auch viel Geld aus diesem Topf.

Zukünftig wollen wir die Mittel nach der Anzahl der Kinder verteilen. Damit greifen wir eine ganz zentrale Aussage

aus dem FAG-Gutachten auf, demzufolge Gemeinden und Städte mit vielen Kindern stärker im kommunalen Finanzausgleich berücksichtigt werden müssen. Egal, ob in Schwerin, in Rostock, in Vorpommern, in einer kleinen oder in einer großen Gemeinde, jedes Kind ist in Zukunft gleich viel wert. Ich finde, das ist eine ganz wichtige Errungenschaft innerhalb dieses Gesetzes.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Fünftens. Ein wichtiger Punkt ist zudem, dass …

Einen Moment, Herr Minister! Wir haben gerade versucht zu klären, was alles durch den Stromausfall betroffen ist. Wir können kein Protokoll aufnehmen. Wir können im Moment gar nichts machen. Es wird also nichts aufgezeichnet. Von daher haben wir uns entschlossen, der Ursache auf den Grund zu gehen und die Sitzung vorerst für eine halbe Stunde zu unterbrechen.

Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Die Sitzung ist unterbrochen.

Unterbrechung: 12.07 Uhr

__________

Wiederbeginn: 12.36 Uhr

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie haben gemerkt, wir haben wieder Licht. Ich eröffne die unterbrochene Sitzung.

Herr Caffier, ehe Sie fortfahren können, möchte ich es nicht versäumen, Besucher zu begrüßen – ich hoffe, dass das auch wirklich die richtige Gruppe ist –, aus Greifswald, ehemalige Eisenbahner von Transnet. Ist das richtig? Herzlichen willkommen! Es tut mir leid, dass Sie nun genau in diese Phase gekommen sind und nicht mehr so viel von der Debatte mitbekommen, aber das lag nicht in unserer Macht.

Herr Caffier, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Wenn es Einvernehmen im Hohen Haus gibt, würde ich mit der Rede jetzt nicht noch mal von vorn beginnen. Sie wird auch zur Verfügung gestellt, bis auf die Passagen, die ich selber eingebracht habe, aber ich werde noch mal darauf eingehen.

Wir waren gerade bei den einzelnen Punkten, was sich am Gesetz ändert. Ich hatte über die Nivellierungshebesätze für die nächsten Jahre gesprochen und darüber, dass die festgeschrieben werden. Dieses technische Detail ist sehr wichtig. Es führt dazu, dass sich Gemeinden und Städte nicht mehr gehalten fühlen, ständig ihre Hebesätze zu erhöhen. Das ist ein nicht zu unterschätzender psychologischer Effekt für die Zukunft. Die Steuerspirale ist durchbrochen, wie wir meinen.

Als sechsten und letzten Punkt möchte ich den Verzicht der kommunalen Landesverbände auf Nachforderungen

aus den Überprüfungen der vergangenen Jahre erwähnen. Damit sollte diese Diskussion dann auch beendet sein.

Unterm Strich sind wir ein großes Stück vorangekommen. Das, was wir am 1. Januar 2018 in Kraft setzen wollen, kann sich aus unserer Sicht wirklich sehen lassen. Die Ergebnisse haben die Linksfraktion damals offensichtlich dermaßen beeindruckt, dass sie im Mai die Forderung nach einer Regierungserklärung klammheimlich zurückzog, um der Landesregierung keine Plattform zu bieten,

(Zuruf von Jeannine Rösler, DIE LINKE)

über den Erfolg zu sprechen, Frau Kollegin Rösler.

Liebe Frau Oldenburg, lieber Peter Ritter, liebe Frau Rösler, ganz ehrlich, ein größeres Kompliment können Sie der Landesregierung kaum machen, wenn Sie auf Ihren Antrag verzichten. Ich freue mich, dass das Ihre ganz eigene Art der Anerkennung gegenüber der Arbeit der Landesregierung ist.

Meine Damen und Herren, die ganzen Änderungen sind zwar schön und gut, aber am Ende fragen sich natürlich alle, was kommt für meine einzelne Kommune, was kommt für die Stadt, was kommt für die Landkreise dabei herum. Auf der Internetseite des Innenministeriums können Sie das Reformergebnis jeder einzelnen Kommune einsehen. Wie die jeweiligen Ergebnisse zustande gekommen sind, muss man sich im Einzelnen ansehen. Dafür ist unsere kommunale Landschaft in MecklenburgVorpommern schlicht zu heterogen. Gleichwohl lassen sich wirklich einige Aussagen zur Wirkung der Reform zentral treffen.

Zu den Gewinnern gehören ganz eindeutig die Gemeinden. Sehr viele steuerschwache und auch sehr viele kleine Gemeinden und Städte verzeichnen ein durchaus kräftiges Plus, zum Beispiel Friedland oder Gnoien, oder Kummerow, oder Neukloster, oder Zempin, oder Lübtheen, Anklam, Demmin, Sanitz. Viele profitieren von der höheren Finanzausgleichsmasse und der höheren Ausgleichsmasse im System komplett. Mit dieser breiten positiven Wirkung stärken wir die kommunalen Strukturen vor Ort und die kommunale Vielfalt im Land. Ich denke, das ist ein klares Statement der Landesregierung. Das Gute ist – das ist besonders wichtig –, die Gemeinden werden nicht ausgespielt gegen die Landkreise, denn auch die Landkreise gehören natürlich zu den klaren Gewinnern der Reform. Ich bin sogar zuversichtlich, dass so mancher Landkreis durch das neue FAG in die Lage versetzt wird, die Kreisumlage zu senken. Auf diese Weise könne die Gemeindeebene sogar doppelt davon profitieren.

(Im Plenarsaal leuchten einige Lampen nicht mehr.)

Ich rede mal vorsichtshalber leiser, bevor das andere Licht wieder ausgeht.

(allgemeine Heiterkeit – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Auch die kreisfreien und großen kreisangehörigen Städte kommen in den Genuss der zum Teil durchaus deutlich höheren Zuweisungen. Unsere großen Zentren werden

zweifelsohne gestärkt aus der Reform hervorgehen. Steuerstarke, sogenannte abundante Gemeinden werden hingegen zu einem etwas größeren Solidaritätsbeitrag verpflichtet. Auf diese Weise stärken wir das Ausgleichssystem, das FAG und machen das ganze System, wie wir finden, gerechter.

Bitte beachten Sie, es geht bei den Reformergebnissen immer um den Vergleich: im Jahr 2018 ohne Gesetzesänderungen und mit Gesetzesänderungen! Natürlich könnte man auch das Jahr 2018 dem Jahr 2017 gegenüberstellen, noch das zusätzliche Geld, was aus unterschiedlichen Töpfen mit hineingekommen ist, und das vergleichen, aber das, liebe Kolleginnen und Kollegen, wäre wirklich der Vergleich von Äpfeln mit Birnen. Wenn sich beispielsweise in einer Gemeinde die Gewerbesteuereinnahmen verdoppeln, sinken natürlich auch die Zuweisungen vom Land. So viel können Sie gar nicht reformieren, dass da am Ende noch ein Plus bleibt. Deswegen ist der Vergleich „2018 alt“ zu „2018 neu“ in jedem Fall der eindeutig bessere, das ist vergleichbar.