Protokoll der Sitzung vom 19.10.2017

Für die Fraktion DIE LINKE hat das Wort der Abgeordnete Herr Dr. Weiß.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Aßmann! Als ich den vorgelegten Antrag von SPD und CDU zum ersten Mal gelesen habe, führte mich das zu Fragen.

Erste Frage: Warum diese selektive Behandlung einer einzelnen Tierkrankheit? Wenn das Sinn macht, sollte meine Fraktion dann vielleicht einen Dringlichkeitsantrag einbringen, um auf die Gefahren der gefährlichen Kaninchenpest hinzuweisen, die Heimhaltungen und gewerbli

che Betriebe gleichermaßen bedroht? Und vor allem: Sollten wir ebenfalls selbstverständliches Regierungshandeln einfordern? Nun hat Frau Aßmann ja auf Motive hingewiesen, diesen Antrag zu stellen, die Bilder im Kopf, die wir noch haben vom letzten Winter, das mediale Spektakel. Natürlich, das Unterstreichen bekannter Gefahren ist immer gut, um vorzubeugen, aber das kann es ja wohl nicht sein.

Zweitens: Sollte ich zur Aussprache über diesen Antrag ankündigen, den Antrag von CDU und SPD zur Afrikanischen Schweinepest gleich mit abzuhandeln?

Drittens: Sind die Konflikte innerhalb der Koalition so groß geworden, dass es nur noch um solche Anträge geht, dass sie nur noch solche Anträge möglich machen? Es sind doch Anträge, in denen Selbstverständlichkeiten festgestellt werden sollen, normales Regierungshandeln eingefordert wird und ansonsten weitere Möglichkeiten geprüft werden. Drei Fragezeichen – die Antwort darauf, meine Damen und Herren, kann sich jeder selber geben.

Nun sind hier schon viele Worte zum Thema gefallen, aber eben nicht zum Antrag, und deswegen will ich mich mal mit dem Antrag beschäftigen. Die Abgeordneten dieses Hauses sollen feststellen, ich zitiere, „dass die Ausbreitung der aviären Influenza im Hausgeflügel- und Wildvogelbestand im Winter 2016/2017 in MecklenburgVorpommern, Deutschland und Europa in bisher ungewohntem Ausmaß stattgefunden hat. Die Infektionswelle reiht sich ein in eine periodisch wiederkehrende Verbreitung von Influenzaviren im Vogelbestand.“ Zitatende. Na, dann stellen wir das mal fest! Dagegen kann man ja nichts haben.

Offensichtlich scheint eine solche Feststellung für den Punkt II des Antrages notwendig zu sein. Darin sollen wir die Landesregierung auffordern, im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten „die Einhaltung und Umsetzung von Biosicherheitsmaßnahmen in gewerblichen Geflügel haltenden Betrieben … zu überprüfen“. Da drängt sich doch tatsächlich die Frage auf, ob dies bisher nicht so war. Wenn es nicht so gewesen wäre, dann würde ich die Motivation der SPD verstehen, ihren eigenen Minister aufzufordern, das zu tun, was er tun sollte. Wenn Herr Dr. Backhaus und sein Haus aber die vorhandenen Möglichkeiten doch für Kontrollen in den Betrieben genutzt haben – davon gehe ich persönlich aus und er hat es ja eben auch in seiner Darstellung wiederholt –, ist dieser Antrag nicht nur völlig überflüssig, vielmehr verdächtigt er den Minister, nicht seine Pflicht zu tun. Also da muss man ja krank werden.

An dieser Stelle meinen herzlichen Glückwunsch, dass Sie wieder da sind. Ich hoffe, es geht Ihnen gut!

(Minister Dr. Till Backhaus: Sehr gut!)

Wenn wir heute die Landesregierung wie im Punkt II.2 auffordern sollen, „sich auf Bund-Länder-Ebene für die Entwicklung von Strategien zur Früherkennung und Bekämpfung der Vogelgrippe zur Sicherstellung eines möglichst einheitlichen Vollzugs einzusetzen“, Zitatende, gehe ich davon aus, dass Herr Minister Dr. Backhaus dies schon lange so macht. Er sprach ja gerade davon, auch von den Erfolgen, egal wie mühselig das ist, so, wie er es auch im Agrarausschuss schon mehrfach getan hat. Dieser Antragspunkt ist also auch entbehrlich.

Was bleibt nun als Essenz von dem vorgelegten Papier? Der Antrag will uns die Wirklichkeit als Realität verkaufen, mehr nicht. Schade um die vergebene Chance! Herr Kliewe hat gerade völlig recht gehabt, es fehlt Inhalt. Für mich und meine Fraktion entsteht der Verdacht, dass die regierungstragenden Fraktionen dieses Mal keine Anträge auf die Reihe bekommen, in denen es um tatsächliche Inhalte statt um Selbstverständlichkeiten geht. Darum wird meine Fraktion diesen Antrag ablehnen. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Herr Abgeordneter.

Das Wort hat für die Fraktion BMV der Abgeordnete Borschke.

Herr Borschke, bevor Sie das Wort ergreifen, möchte ich noch ein angenehmes Versäumnis nachholen. Ich möchte nämlich neue Besucher begrüßen, die auf der Tribüne Platz genommen haben. Das sind Seniorinnen und Senioren der DRK-Begegnungsgruppe im Wasserwerk Friedland. Herzlich willkommen!

Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Vor fast einem Jahr begann ich meine Rede zur Aussprache zum Thema Geflügelpest mit den Worten: Pünktlich zur Weihnachtszeit sucht uns die Vogelgrippe heim. „Oberstes Gebot muss die sichere und ausreichende Versorgung unserer Bürger mit Geflügel und Geflügelerzeugnissen aus unserer Region sein. Einfach gesagt, der Weihnachtsbraten muss für uns alle gesichert sein.“

(Beifall Bernhard Wildt, BMV – Minister Dr. Till Backhaus: Sehr gut!)

„Aber auch das Auskommen und die Existenz unserer Geflügelzüchter, ob als Hobby oder gewerblich ausgeführt, müssen abgesichert sein.“ An dieser Einschätzung, meine Damen und Herren, hat sich bis heute nichts geändert. Grundsätzlich begrüßen wir diesen Antrag und werden ihm auch zustimmen.

Ebenso bleibt es bei unserer Einschätzung der Situation. Die Bürger müssen darauf vertrauen können, dass hierfür alles Notwendige getan wird und gesundheitliche Risiken auszuschließen sind. Die Gefahr, die von dieser Seuche, der Vogelgrippe, für unsere Landwirte, den Handel und das Gewerbe, ja, für unser ganzes Land ausgeht, darf auf keinen Fall unterschätzt und verharmlost werden. Hier ist entschlossenes und umsichtiges Handeln gefragt.

Herr Minister, die Fraktion BMV sichert Ihnen hierfür ihre volle Unterstützung zu. Ebenfalls halten wir ein abgestimmtes Vorgehen für eine effektive Bekämpfung dieser äußerst gefährlichen und anzeigepflichtigen Epidemie für notwendig. Wir stimmen Ihnen zu, wenn Sie sagen, lokale Bedingungen, Wildvogelzug, bestehende Betriebsstrukturen sowie die sich daraus ergebende Geflügeldichte müssen berücksichtigt werden. Wir sagen aber auch, Berücksichtigung finden müssen auch die Interessen der vielen privaten und in Vereinen zusammenge

schlossenen Rassegeflügelzüchter. Hier muss die genetische Vielfalt berücksichtigt und gesichert werden.

Schauen wir uns die Risikobewertung des FriedrichLoeffler-Instituts an. Zwischen dem 08.11.2016 und dem 15.05.2017 wurden in Deutschland über 1.150 Fälle von HPAI H5N8 bei Wildvögeln und 107 Ausbrüche bei gehaltenen Vögeln gemeldet. Bei der aktuellen Geflügelpestepidemie handelt es um die bisher schwerste und am längsten andauernde in Europa. Insgesamt 29 europäische Staaten waren oder sind betroffen. Biosicherheitsmaßnahmen sollten daher weiterhin aufrechterhalten werden. Hierzu gehört unter anderem das Tragen von stallspezifischer Schutzkleidung mit Stiefeln, die Reinigung und Desinfektion von Geräten, die mit Vögeln in Kontakt waren, und die bestmögliche Unterbindung von Kontakten zwischen Geflügel und Wildvögeln.

Aus dieser Risikobewertung ergibt sich auch die Wichtigkeit einzelner Maßnahmen. Der Personenverkehr ist drastisch zu reduzieren auf das Stammpersonal. Strikte Stallpflicht gilt für alle Geflügelarten. Übertragungsvektoren sind möglichst fernzuhalten, also Hunde, Katzen, Wildvögel et cetera. Die Einhaltung der GeflügelpestVerordnung ist zu garantieren, und dies gilt auch für Kleinbetriebe.

Ebenfalls zu klären ist, welche Rolle der interkontinentale Handel bei der Ausbreitung und Übertragung spielt. Durch das Friedrich-Loeffler-Institut auf der Insel Riems konnte keine Verbindung zu Futtermitteln oder Ähnlichem gefunden werden. Derzeit forscht das FLI an der Impfstoffherstellung, was sich nicht ganz einfach gestaltet. Immerhin haben wir es mit einer Viruserkrankung zu tun. Industriell hergestellte Tiernahrung ist durch die hohen Herstellungsstandards unbedenklich. Daher fordern wir, die genauen Infektionswege der betroffenen Bestände zu identifizieren, um diese in Zukunft ausschalten zu können.

An dieser Stelle möchte ich auch noch Folgendes wiederholen: Von den Medien erwarten wir einen sachlichen Umgang mit diesem Thema und dass die Situation nicht für die eigene Profilierung missbraucht wird. Wir wehren uns gegen eine Darstellung, die versucht, in dieser Seuche ein Produkt ohne eine Auswirkung der sogenannten Massentierhaltung zu sehen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall Jürgen Strohschein, AfD, und Bernhard Wildt, BMV)

Danke, Herr Abgeordneter.

Noch einmal hat das Wort für die Fraktion der SPD Frau Aßmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja immer ganz schön, wenn man als Letzte noch mal sprechen darf, weil man dann gehört hat, was hier eigentlich so in den Raum geworfen wurde.

Ich habe großes Verständnis für Herrn Dr. Weiß, der sagt, dass der Antrag zu inhaltslos sei. Das ist ja auch die Aufgabe der Opposition, die Regierungsfraktionen entsprechend mit Kritik zu versorgen. Trotzdem möchte ich noch mal ganz klar sagen, dass eben gerade der Punkt, dass wir darauf hinweisen beziehungsweise die

Landesregierung auffordern, sich verstärkt den Kontrollen der Biosicherheitsmaßnahmen zu widmen, dass genau das auch zeigt, wie ernst wir es nehmen, dass wir eine solche Seuche, wie wir sie im letzten Winter gehabt haben, wieder hier in Mecklenburg-Vorpommern, in Europa und Deutschland bekommen können.

Es ist auch Aufgabe der Koalitionsfraktionen, mit den Steuergeldern, die wir haben, sorgsam umzugehen, und das heißt eben auch, dass wir nicht beliebig an jeder Stelle des Jahres mal eben sagen können, wir zaubern aus dem Hut neue Mittel und werfen sie für verschiedene Projekte in den Raum. Bei allem Verständnis für die Sorgen, die wir an vielen Stellen haben, ich glaube, das sollte jedem Abgeordneten klar sein, dass wir entsprechend sorgsam mit den Mitteln umgehen müssen und uns daran halten müssen, was wir in den Jahren zuvor an Doppelhaushalten beschlossen haben und für welche Projekte die Mittel veranschlagt werden.

Mich beeindruckt auch immer wieder, wenn Herr Strohschein hier vorne steht und es schafft, die klarsten Fakten, die zum Beispiel der Minister gebracht hat, in Verwirrungen umzuwandeln, zu verdrehen.

(Thomas Krüger, SPD: Das ist auch eine Leistung.)

das ist also, ich bin wirklich, wirklich beeindruckt.

(Zuruf von Jürgen Strohschein, AfD)

Sie sagen, die Großanlagen sind die Anlagen, die am stärksten betroffen sind, die Massentierhaltung ist dafür verantwortlich, dass dieser Virus hier auftritt. Und jetzt hören Sie mal zu: Von allen Fällen, die wir in den letzten Monaten hatten, waren genau zwei in Großtierhaltungen. Natürlich haben diese enorme Auswirkungen auf die Anzahl der Tiere, die gekeult werden mussten, aber es waren zwei Fälle und nicht die Masse hier in Mecklenburg-Vorpommern.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das hat er doch gar nicht behauptet.)

Das hat er behauptet.

(Jürgen Strohschein, AfD: Das habe ich doch gar nicht behauptet. Was erzählen Sie denn da?)

Dann haben Sie gesagt, die Rassegeflügelzüchter werden besonders an die Kandare genommen. Ich glaube, jeder, der Geflügel zu Hause hat oder auch in den Betrieben hat und der dieses plötzlich aufstallen muss, jeder wird, so, wie Sie es sagen, an die Kandare genommen. Da wird keiner bevorzugt oder benachteiligt, für alle galten die gleichen Bedingungen. Natürlich ist es Aufgabe dieser Tierhalter zu sagen, okay, wir passen das Management an, durch Beleuchtungen, durch angepasste Fütterungen, durch eine andere Viehdichte. Sich darauf einzustellen und für seine Tiere die bestmöglichen Bedingungen unter einer solchen Seuchenlage zu schaffen, das ist nicht immer einfach, das sehe ich, das erkenne ich an, ich bin selber Halter, aber es ist in vielen Teilen machbar.

Und wenn Sie dann noch sagen, dass wir plötzlich so viele Wildvögel und Schwäne haben, dann überlegen Sie

mal, was zu DDR-Zeiten mit den Schwänen gemacht wurde! Sie wurden gegessen. Vielleicht liegt es auch ein bisschen daran.

(Heiterkeit bei Henning Foerster, DIE LINKE)

Bei aller Kritik kann ich natürlich auch verstehen, wenn immer wieder gefordert wird, dass einzelne Gruppen eben aus der Stallpflicht ausgenommen werden sollen. Aber ich muss für meine Fraktion sagen, wir haben ein großes Vertrauen in die Veterinäre, die vor Ort beteiligt sind, und wir haben ein großes Vertrauen auch in das Landwirtschaftsministerium, die eine genaue Risikoabschätzung machen, wo tatsächlich welche Maßnahme zum Seuchenschutz ergriffen werden kann, und deshalb lehnen wir eine pauschale Ausnahme von einzelnen Haltern von der Stallpflicht ab. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 7/1131. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 7/1131 mit Zustimmung der Fraktionen von SPD, CDU, AfD und BMV und Gegenstimmen der Fraktion DIE LINKE angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 16: Beratung des Antrages der Fraktion der AfD – Fördermittelvergabereform im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“, auf Drucksache 7/1118.