Protokoll der Sitzung vom 19.10.2017

(Peter Ritter, DIE LINKE: Linksextremismus bekämpfen! – Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ja.)

Bei aller notwendigen Sensibilisierung für eine Auseinandersetzung mit jeglichen Formen von Extremismus, Antisemitismus, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit sollten wir unseren Blick nicht auf eine bestimmte politische Richtung reduzieren. Der Kampf gegen eine Form von Extremismus, welcher Ausrichtung auch immer, richtet sich nur gegen ein Oberflächenphänomen. Uns allen sollte daher viel stärker am Herzen liegen, Demokratieförderung und Demokratieentwicklung per se

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Na, da fangen wir mal beim Landtag an!)

in den Mittelpunkt unserer Anstrengungen zu rücken.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und AfD)

Es ist sicher kein Alleinstellungsmerkmal in Mecklenburg-Vorpommern, dass das Wissen über Demokratie und demokratisch-parlamentarische Verfahren bisweilen unzureichend vorhanden ist. Gerade jungen Menschen muss dieses Wissen vermittelt werden,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Deshalb lehnen Sie Wahlalter 16 ab!)

um sie für Ehrenämter und politische Beteiligung zu begeistern.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Politische Beteiligung – Wahlen mit 16!)

Dazu gehört sicher auch ein sensibler Umgang mit digitalen Medien, Hassplattformen im Internet oder Fake News. Demokratie lebt von mündigen Bürgerinnen und Bürgern, welche eine Vielfalt von Meinungen und Haltungen akzeptieren. Hierbei sollten wir Antworten auf die Fragen finden, wie wir Demokratieentwicklung in den Verwaltungen, Kommunen, Vereinen und Verbänden dauerhaft fördern und erweitern können. Ich bin daher fest davon überzeugt, dass wir mit der Fortschreibung des Landesprogramms den eingeschlagenen Weg erfolgreich fortsetzen werden und somit das demokratische Grundgerüst unserer Gesellschaft festigen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU, Martina Tegtmeier, SPD, und Bernhard Wildt, BMV)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich freue mich, dass wir auch heute wieder Besuchergruppen begrüßen dürfen, die sich für unsere Arbeit interessieren. Derzeit, wenn meine Informationen richtig sind, haben wir Besucher von der Fachhochschule Güstrow, und zwar Studenten. Ich sehe ein Nicken, also herzlich willkommen bei uns im Plenarsaal.

Und jetzt rufe ich auf für die Fraktion DIE LINKE den Abgeordneten Herrn Ritter.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Herr Grimm, Sie haben das Landesprogramm offensichtlich nicht gelesen,

(Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

und wenn Sie es gelesen haben, haben Sie es nicht verstanden.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Zuruf von Christoph Grimm, AfD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in dem Landesprogramm, schon vielfach zitiert, damals beschlossen von drei Fraktionen dieses Landtages, heißt es, ich zitiere: „Demokratiefeindliche Ideologien können umso erfolgreicher für ihre Positionen werben, je brüchiger die Bindung an das demokratische Gemeinwesen ist und je schwieriger sich Lebensbedingungen darstellen.“ Zitatende – so das Leitbild unseres Programmes.

In der Bestandsaufnahme heißt es: „Die Zustimmung zu rechtsextremen Positionen beruht dabei aber nur bei wenigen Menschen auf einer gefestigten ideologischen Haltung. Der Mehrheit dienen die entsprechenden Parolen dazu, Vorbehalte gegen aktuelle politische Entwicklungen und Akteurinnen und Akteure der Politik zum Ausdruck zu bringen.“ Zitatende. Angesichts der aktuellen Wahlergebnisse und angesichts der zunehmenden Schärfe in der politischen Auseinandersetzung belegen diese beiden Zitate unseres Landesprogrammes die

Aktualität unseres Programmes und die Herausforderung, vor der wir stehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch aus persönlicher Betroffenheit halte ich es in einem ersten Punkt daher für geboten, aktuellen Auffassungen kurz einige Fakten aus dem Jahre 2005 beziehungsweise 2006 entgegenzuhalten. Das Landesprogramm „Demokratie und Toleranz gemeinsam stärken!“ ist in den Augen der AfDFraktion beziehungsweise ihres ersten Redners in der Januardebatte – Sie werden sich erinnern, Holger Arppe, immer noch Mitglied der AfD – ein Machwerk, ein Pamphlet, und dient dazu, eine linke Meinungshegemonie zu verteidigen und eine linke Weltanschauung durchzusetzen.

Herr Grimm, Ihre Rede hat sich durch nichts von der Rede und den Auffassungen von Herrn Arppe unterschieden, und das macht deutlich, es steckt in dieser Fraktion noch viel mehr Arppe.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Zuruf von Christoph Grimm, AfD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

im Namen von Volker Schlotmann, Mitautor und ehemaliger Vorsitzender der SPD-Fraktion, und von Dr. Armin Jäger, Mitautor und ehemaliger Vorsitzender der CDUFraktion, sowie in meinem eigenen Namen als dritter Mitautor darf ich Ihnen versichern, diese AfD-Position widerspricht Geist und Buchstaben sowie Umsetzung unseres Landesprogrammes diametral. Diese AfDFraktion ist derart faktenfern, dass sie nicht einmal FakeNews-tauglich ist, sondern das ist ganz einfach gequirltes Zeug, was Sie hier von sich geben.

Das Programm, meine sehr verehrten Damen und Herren, bekennt sich ausdrücklich,

(Enrico Komning, AfD: Sehr sachlich, Herr Ritter, sehr sachlich!)

das Programm bekennt sich ausdrücklich zur Landesverfassung. Und das richte ich auch hier an einen der Miteinreicher. Dieses Programm bekennt sich ausdrücklich zur Landesverfassung und zum Kampf gegen, ich zitiere, „Extremismus in seinen verschiedenen Erscheinungsformen“, Zitatende.

(Beifall Henning Foerster, DIE LINKE – Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, um dieses Landesprogramm gab es dann selbst in der abschließenden Beratung am 6. April 2006 nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen, um hier keinen falschen Eindruck entstehen zu lassen. Differenzen gab es beispielsweise in den Positionen zum damaligen G8-Gipfel, zur konkreten Ausgestaltung der Versammlungsfreiheit, zu den Auswirkungen der Arbeitsmarktreform und zu den Ursachen extremistischer Auffassungen oder auch zur Rolle des christlichen Menschenbildes. Wichtiger war uns aber damals – wichtiger war uns damals, Frau von Allwörden – das Gemeinsame und das Verbindende.

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Für Volker Schlotmann hatten wir es mit dem Landesprogramm geschafft, ich zitiere, „Gemeinsamkeit der hier vertretenen Fraktionen und, ich denke, damit auch der dahinterstehenden Parteien in diesem Land hinzubekommen. Ich begrüße das außerordentlich.“ Zitatende. Und für die damals oppositionelle CDU-Fraktion erklärte der Vorsitzende Dr. Armin Jäger Interessantes und, wie ich meine, bis heute Gültiges. Ich zitiere: „Es ist für eine Fraktion wie die der CDU schon etwas schwierig, mit der Linkspartei.PDS zusammen einen Antrag einzubringen.“ Zitatende.

(Sebastian Ehlers, CDU: Das ist bis heute so.)

Damaliger Zwischenruf, lieber Kollege Ehlers,

(Zuruf von Ann Christin von Allwörden, CDU)

damaliger Zwischenruf von mir: „Das geht uns ja ähnlich.“

Und weiter – jetzt hören Sie aber genau zu – Dr. Jäger: „Ich sage an die beiden anderen Fraktionen herzlichen Dank, dass das, was wir als unsere wichtigsten Punkte geglaubt haben einzubringen, von Ihnen so akzeptiert worden ist. Das war ein Geben und Nehmen, so kann es eigentlich auch nur sein.“

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

„Das setzt die weitere politische Auseinandersetzung nicht aus, sondern das setzt sie voraus, und deswegen wird es auch keine Einheitsgemengelagen geben. Wir werden um den besten Weg zu einem demokratischen Gemeinwesen weiterhin streiten und das soll auch dadurch nicht verwischt werden. Aber unser gemeinsamer Antrag richtet sich gegen Extremismus in jeder Form.“ Zitatende.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Ann Christin von Allwörden, CDU: Ja, und wo genau ist jetzt der Vorwurf an mich, Herr Ritter?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Grundaussagen – das heißt, Ihre permanente Betonung in der Auseinandersetzung mit dem Linksextremismus ist deshalb falsch, liebe Kollegin –,

(Ann Christin von Allwörden, CDU: Ach?!)

diese Grundaussagen aus dem Jahre 2006 kann ich für meine Fraktion auch heute noch unterschreiben.

(Ann Christin von Allwörden, CDU: Das ist mir schon klar, dass das für Sie falsch ist.)

Wer hier, Frau Kollegin Allwörden, von linker Meinungshegemonie spricht – und das auch gerichtet an die AfDFraktion –, der weiß ganz einfach nicht, wovon er spricht, oder aber, er weiß es sehr genau und täuscht die Öffentlichkeit ganz bewusst.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zweitens sollte der Beschluss von 2006 auch inhaltlich für die heutige Debatte nutzbar gemacht werden. In unserer Aussprache im Januar hat meine Kollegin Karen Larisch eine interes

sante und, wie ich meine, diskutable These aufgestellt. Ich zitiere: „Die weitgehende Beschränkung auf die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus war nicht ausreichend. Es ist eine Erweiterung der Ziele und Aufgaben… dringend notwendig. Wir müssen fragen: Wo gibt es Korrekturbedarf?“ Zitatende.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir eine Gegenfrage: Haben wir die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus nicht möglicherweise zu sehr fokussiert auf die NPD und ihre Vorfeldorganisationen? Haben wir dadurch eventuell andere Entwicklungen zu spät wahrgenommen und nicht als das erkannt und benannt, was sie sind, nämlich extremistisch, demokratiefeindlich und verfassungsfeindlich, Herr Komning? Herzlich willkommen zum Doppelkassieren im Landtag MecklenburgVorpommern!

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE)