Mitunter nimmt der Wunsch, sich in die Pose des Kämpfers gegen rechts zu werfen, geradezu pathologische
Züge an, wie im Fall eines im Januar 2015 ermordeten Asylbewerbers namens Khaled Idriss Bahray. Der 20 Jahre alte Mann aus Eritrea war in Dresden erstochen worden. Da hieß es dann auf einmal plötzlich, der „erste Pegida-Tote“ ist da. „Rassismus tötet“, hieß es. Vielleicht nicht direkt, aber indirekt, denn schließlich führten die schlechten Unterkünfte für Asylbewerber, die rassistischen Polizeikontrollen und das fehlende Freizeitangebot, so die Alternative Dresden in einer Erklärung,
zur Traumatisierung der Bewohner und dann im Einzelfall logischerweise auch zu Gewalttaten unter den Asylbewerbern.
So ist die antifaschistische Welt am Ende doch wieder in Ordnung und der Kampf gegen rechts, so stellt man selbstzufrieden fest, ist auch hier wieder ein mutiges und notwendiges Zeichen gewesen, ja, ein unmissverständliches Signal, dass man den Rechten nicht weichen wird.
Ich habe es Ihnen mehrmals schon gesagt und sage es gerne wieder: Schützen Sie endlich unsere Grenzen!
Wenden Sie geltendes Recht an! Stärken Sie Polizei und Justiz, dann werden Sie auch glaubwürdig! Der Kampf gegen rechts ist Ihr ideologisches Lieblingskind, er passt aber nicht mehr in die Zeit, denn...
(Karsten Kolbe, DIE LINKE: Tote durch rechtsextreme Gewalt und Sie eiern hier rum, das ist zum Kotzen!)
Die wirklich bedrohlichen Feinde unserer demokratischen Staatsordnung sind inzwischen völlig andere Kräfte. Wenn es darum geht, gegen diese Kräfte vorzugehen und entschlossen gegen politischen und auch religiösen Radikalismus sowie Extremismus anzukämpfen, stehen wir gerne an Ihrer Seite. Nur, das geht aus Ihrem Antrag leider nicht hervor,
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Debatte zur Fortsetzung unseres bereits seit 2006 bestehenden Landesprogramms „Demokratie und Toleranz gemeinsam stärken!“ liegt mir besonders am Herzen, denn mir ist es wichtig, dass wir diese Debatte führen, und dieses sachlich. Erst kürzlich haben uns die Ereignisse in Hamburg während des G20-Gipfels aufgezeigt, wie wichtig es ist, Extremismus nicht zu verharmlosen. Die Hamburger Gewaltexzesse spiegelten ein lange in Deutschland nicht mehr gekanntes Niveau an Verrohung und Gewaltbereitschaft wider, das hier eindeutig linksautonom motiviert war.
Aber selbstverständlich, es spielt keine Rolle, aus welcher Richtung dieser politisch motivierte, gewaltorientierte Extremismus stammt. Er ist gänzlich zu verurteilen. Jegliche Gewalt gegen Zivilisten, gegen Polizeibeamte oder blinde Zerstörung privaten Eigentums darf niemand von uns billigend in Kauf nehmen.
Jedoch wäre es bei der Identifizierung extremistischer Phänomene zu kurz gegriffen, lediglich auf die gewaltsame Dimension abzustellen. Begrifflich – sofern wir uns hier überhaupt auf eine Definition im Konsens verständigen können – beschreibt man Extremismus als politische Einstellungs- und Verhaltensmuster, die auf der für die Operationalisierung politischer Orientierung üblichen Rechtslinks-Skala an den äußersten Polen anzusiedeln sind.
Diese gängige Charakterisierung unterstreicht einmal mehr, dass wir die gesellschaftliche Akzeptanz demokratischer, pluraler und rechtsstaatlicher Einstellungen keineswegs als selbstverständlich betrachten dürfen. Ganz im Gegenteil, Demokratie, für die Sie und wir uns alle auch mit diesem zu begrüßenden Gemeinschaftsantrag von SPD, CDU und der Fraktion DIE LINKE einsetzen, muss vermittelt und verteidigt werden. Daran möchte ich unbedingt auch in diesem neuen, würdevollen Plenarsaal erinnern.
Die Umsetzung dieser gesellschaftspolitischen Daueraufgabe findet jedoch nicht nur in einer in diesem Hause angemessenen Debattenkultur statt, sondern natürlich im gesellschaftlichen Alltag auf allen Ebenen unseres Zusammenlebens. Der Politikwissenschaftler Gerd Jaschke hat bereits in den 30er-Jahren, im dunkelsten Kapitel der jüngeren deutschen Zeitgeschichte, festgestellt, dass die Beschaffenheit des demokratischen Staates wehrhaft und streitbar sein muss. Diese unter dem Eindruck des rasanten Aufstiegs der Nationalsozialisten entstandene Feststellung wurde auch später in Urteilen des Bundesverfassungsgerichtes bekräftigt. Die Karlsruher Richter mahnten, dass unser Staat entschlossen gegenüber den Feinden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung agieren muss.
Diese Entschlossenheit, meine sehr verehrten Damen und Herren, gilt unverändert auch für unsere Gegenwart und auch konkret für uns in Mecklenburg-Vorpommern. Ich erhoffe mir daher, dass wir mit der Fortsetzung des Landesprogramms „Demokratie und Toleranz gemeinsam stärken!“ genau diese Entschlossenheit mit allen
beteiligten politischen und gesellschaftlichen Kräften in diesem Land umsetzen. Seit nun mehr als zehn Jahren trägt es wirkungsvoll dazu bei, zivilgesellschaftliche und demokratiestärkende Prozesse zu fördern oder die Rahmenbedingungen für demokratisches Engagement zu verbessern. Auch stand bei der vielschichtigen Projektförderung stets die Vermittlung demokratischer Kompetenzen, zum Beispiel Konfliktfähigkeit, Empathievermögen oder Partizipationsfähigkeit, im Mittelpunkt.
Diese Arbeit, dessen Federführung seit 2012 bei der Landeszentrale für politische Bildung in guten Händen liegt, verdient Anerkennung und verlangt angesichts der eingangs geschilderten Herausforderungen eine zielgerichtete Fortsetzung. Allein im Jahr 2015 wurden im Rahmen des Landesprogramms Mittel in Höhe von knapp 2,5 Millionen Euro eingesetzt. Auch haben die vielfältigen ESF-basierten Fördermöglichkeiten aus den 500-Euro-Mikroprojekten dazu beigetragen, das Landesprogramm „Demokratie und Toleranz“ ebenso wie die Initiative „WIR. Erfolg braucht Vielfalt“ umzusetzen. Hierbei können Veranstaltungen, Projekttage, Ausstellungen oder Demokratiefeste unterstützt werden. Oft sind es gerade die kleinen und niedrigschwellig zu beantragenden Projekte, die eine große und nachhaltige Wirkung erzielen.
Ein wichtiger Bestandteil der erfolgreichen Umsetzung des Landesprogramms sind zudem die Beratungsstrukturen, die auch in meinem Wahlkreis eine unglaublich wertvolle Zusammenarbeit leisten und bei denen ich sehr zu schätzen weiß, dass wir die dort zur Verfügung haben. Ich halte es für wichtig, dass demokratiefördernde Beratungsstrukturen insbesondere in entlegenen Regionen in unserem Flächenland präsent sind. Die derzeit fünf Regionalzentren für demokratische Kultur, die vor Ort konkrete Bildungs- und Präventionsarbeit oder eigens angelegte Programme für Aussteiger aus extremistischen Vereinen oder Gruppen anbieten, leisten hierzu entscheidende Beiträge.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit Blick auf die Fortführung des Landesprogramms ist es mir einerseits wichtig, an den bestehenden bewährten Maßnahmen und Angeboten anzuknüpfen. Die Vermittlung von demokratischen Werten und Einstellungen ist eine Herausforderung, die nur mit Kontinuität und Nachhaltigkeit gemeistert werden kann.
Andererseits zielt der Landtagsantrag, insbesondere auf Initiative meiner Fraktion, darauf ab, das Landesprogramm auf ein breites und daher aus meiner Sicht noch wirkungsvolleres Fundament zu stellen. Für mich ist es dabei sehr wesentlich, dass wir mit der Fortsetzung des Landesprogramms die Auseinandersetzung mit jeglicher Form von Extremismus, Antisemitismus, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit fördern. Meiner Fraktion war schon immer bewusst, welches Potenzial auch aus linksextremistischen Gewalttaten hervorgehen kann. Nicht erst der G20-Gipfel hat unmissverständlich unterstrichen, dass die Auseinandersetzung mit extremistischen und gesellschaftlichen Entwicklungen nicht einseitig auf der rechtsextremen Skala geführt werden darf.
Das fortgeschriebene Programm muss also sämtlichen demokratiefeindlichen Haltungen, Bestrebungen und
Strukturen entschieden entgegentreten. Ich erwarte daher, dass diese Ausgewogenheit zukünftig auch bei der auf dem Landesprogramm basierenden Projektförderung stärker Berücksichtigung findet.
(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD und Bernhard Wildt, BMV – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)
Überdies bilden die bereits erwähnten Regionalzentren für demokratische Kultur weiterhin eine wesentliche Säule zur Umsetzung des Landesprogramms. Gleichwohl sind auch sie dazu angehalten, gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung zu tragen und einen ganzheitlichen Präventions- und Bildungsansatz zu verfolgen. Ich könnte mir hierbei gut vorstellen, dass die Regionalzentren zukünftig stärker wissensvermittelnd agieren, um diese Zielrichtung vermehrt in den Fokus zu rücken.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, als zentrale Botschaft meiner kurzen Ausführungen sollte aber vor allem eins stehen: