Protokoll der Sitzung vom 15.11.2017

Wer also viel mit dem Auto unterwegs ist, kommt zwangsläufig zu dem Schluss, es muss überall im Land blinken, und dieser ist falsch.

Zweitens. Wie wollen wir das Ganze eigentlich umsetzen?

2015 wurde die allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen dahin gehend geändert, dass unter bestimmten Bedingungen eine

bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung möglich ist. Da sind wir dann auch beim Kern dieses Antrages. Wir möchten den Spielraum für die gesetzlichen Regelungen nutzen, um Windkraftanlagen für die Menschen im Umfeld dieser Anlagen weniger störend zu gestalten. Übrigens war der Grund der Änderung dieser allgemeinen Verwaltungsvorschrift gerade die Kennzeichnung von Windkraftanlagen und die Frage, warum müssen diese eigentlich die ganze Nacht blinken.

In der Stadt mag eine normale Nachtkennzeichnung ja noch Sinn machen. Wenn ich ein großes Gebäude habe, das 150 Meter übersteigt, dann leuchtet es halt. Das fällt in der Stadt nicht weiter auf, denn wir haben dort noch deutlich mehr Lichtemissionen. Bei Windkraftanlagen fällt dieses gleich doppelt auf. Erstens stehen sie häufiger in Ansammlungen, sodass es mehrere Objekte gibt, die blinken, und zweitens stehen sie meistens fernab von vielen anderen Gebäuden mitten auf dem Feld, sodass es dort doppelt auffällt und doppelt stört.

Also unser Ansatz: Wenn wir neue Windkraftanlagen bei uns bauen, dann dürfen diese nicht mehr sinnlos in der Nacht blinken. Bei dem enormen Verkehrsaufkommen in unserem Land gehen wir eher davon aus, dass die wenigsten Leute in ein paar Jahren noch wissen, dass diese Anlagen überhaupt blinken oder nachts eine Blinkvorrichtung haben.

Drittens. Es stellt sich natürlich auch die Frage: Wie wollen wir das Ganze technisch eigentlich umsetzen?

Mit dem Kollegen Liskow war ich vergangene Woche in Brandenburg. Ganz konkret waren wir abends mit zehn Leuten in einem kleinen Bauwagen. So viel also zu der Frage, was Abgeordnete in ihrer Freizeit machen! Dort haben wir uns angeschaut, was wir theoretisch die ganze Zeit besprochen haben. Ich kann gleich vorwegnehmen: Eindrucksvoll ist anders. Da steht irgendwo am Rand des Feldes ein 40 Meter hoher Turm und oben dreht sich ein Radar, ein typisches, Ihnen allen bekanntes Schiffsradar, das wie jedes handelsübliche Schiffsradar aussieht und auch zum Beispiel in Rostock bei der nautischen Verkehrszentrale, also in Warnemünde, steht und von dort bekannt ist. Dort vor Ort, südlich von Pasewalk, wird diese Anlage seit Mai erprobt, denn sie ist eine der ersten Anlagen dieser Art, die für die bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung eingesetzt wird. Damit sie eingesetzt werden darf, muss sie vorher von der deutschen Flugsicherung anerkannt werden.

Die gute Nachricht vorweg: Die Betreiber und die weiteren Beteiligten sind sehr zufrieden mit den bisherigen Ergebnissen und wir können im Fazit feststellen, es sind in fast 98 Prozent der Zeit keine Flugbewegungen erkannt worden. Ich übersetze das mal in die aktuelle Thematik: Wenn wir 98 Prozent der Zeit keine Flugbewegungen haben, bedeutet das für den Windpark, dass dieser im Jahr nur knapp 90 Stunden oder an knapp sieben Tagen blinkt. Grob überschlagen hat die Nacht nämlich über das Jahr verteilt 4.380 Stunden. Die größten Flugbewegungen stammen übrigens von der örtlichen Hubschrauberstaffel

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Ich denke, das sind die Zugvögel.)

und von Zugvögeln. An der Erkennung von Zugvögeln wird derzeit noch gearbeitet.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Gut.)

Es lässt sich also feststellen: Müssen Windkraftanlagen nachts blinken? – Ein ganz klares Nein. Wenn es keine Flugobjekte vor Ort gibt, können Windkraftanlagen die ganze Zeit dunkel bleiben, und das wird in der Regel auch so sein. Dazu möchten wir die künftigen Betreiber einer solchen Anlage mit dieser Änderung der Landesbauordnung verpflichten.

Aber jetzt kommen wir noch mal auf den Part zurück, wo die AfD Windkraftanlagen auf dem Neuen Markt in Rostock bauen will oder, genauer, wo die AfD auf Facebook eine Fotomontage erstellt hat, in der behauptet wird, SPD und CDU wollen Monsteranlagen in Wohngebieten errichten, was natürlich völliger Quatsch ist.

(Bert Obereiner, AfD: Oh, das warten wir ab! Das warten wir ab!)

Wie aber kommt die AfD auf diese Idee? Es klingt vielleicht etwas technisch, aber wir haben im Nachgang der Anhörung im Energieausschuss den Paragrafen 6 Absatz 1, das ist auch nicht versteckt, wie die AfD es behauptet hat – diese Änderung ist die erste Änderung in diesem Gesetz –, etwas vereinfacht. Es geht um die bauordnungsrechtliche Notwendigkeit von Abstandsflächen für Windkraftanlagen. In der geänderten Fassung, die heute Grundlage des Beschlusses ist, wollen wir diese für Windkraftanlagen im Außenbereich gänzlich abschaffen. Bauordnungsrechtliche Abstandsflächen sind wichtig für die Thematik Brandschutz, Belichtung und Belüftung. Die Landesbauordnung sagt nämlich aus, stark vereinfach gesprochen, dass ich, wenn ich ein Gebäude baue, Rücksicht auf die Gebäude im Umkreis nehmen muss.

Stellen Sie sich zwei Gebäude vor, die nur knapp einen Meter voneinander entfernt stehen, also eine enge Bebauung in der Innenstadt, beispielsweise der Neue Markt in Rostock, dann wird ihnen kein Bauamt in diesem Lande genehmigen, an der Hauswand direkt zum anderen Gebäude ein Fenster einzubauen, nicht nur weil die Belichtung und die Belüftung dann ziemlich doof wären, sondern vor allem aus Gründen des Brandschutzes, denn eine Außenwand als Brandschutzwand, die ein Loch aufweist oder ein Fenster aufweist, ist keine Brandschutzwand mehr.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD – Heiterkeit bei Tilo Gundlack, SPD)

Wenn Sie dann wirklich ein Fenster einbauen wollen, müssten Sie schon das Nachbargrundstück kaufen, das Haus abreißen und nachweisen, dass Ihnen von der Wand,

(Zuruf von Bert Obereiner, AfD)

an der Sie das Fenster anbauen wollen, die Flächen gehören oder die Baulasten eingetragen sind und dass dort nichts mehr gebaut werden kann. Das sind die Abstandsflächen, von der wir in der Landesbauordnung reden. So ähnlich ist das bei den Windkraftanlagen bisher auch. Sie müssen nachweisen, dass Ihnen die Rechte für die angrenzenden Grundstücke zustehen, die Baulasten eingetragen sind, damit niemand anderes unter Ihrem schönen Windrad ein Haus bauen kann. Unabhängig davon, dass wohl niemand – niemand! – auf die Idee käme, direkt unter einem Windrad ein Haus zu bauen,

(Zuruf von Bernhard Wildt, BMV)

dadurch, dass die geplante Änderung nur für den Außenbereich gilt, dürfen dort Wohnhäuser sowieso nur mit einer Zielabweichungsgenehmigung gebaut werden, sprich, steht da eine Windkraftanlage, erteilt Ihnen kein Bauamt in diesem Land eine Baugenehmigung für ein Haus darunter.

(Thomas Krüger, SPD: Sehr richtig!)

Und wenn eine Windkraftanlage auf dem Acker brennt, es tut mir leid, aber dann brennt sie einfach und dann brennt sie eben aus.

(Zuruf von Bert Obereiner, AfD)

Das nächste bewohnte Haus ist mindestens 800 Meter entfernt.

(Thomas Krüger, SPD: Das kann beim Kohlekraftwerk auch passieren.)

Die bisherige Regelung war also sicherlich falsch.

(Zuruf von Bert Obereiner, AfD)

Sage ich auch gar nicht.

Auf diese Regelung zu verzichten, macht die Welt aber auch nicht unsicherer für die Menschen, sondern entlastet sowohl Firmen als auch Verwaltung von Bürokratie und Kosten. Ich glaube, Bürokratie abbauen, das ist vielleicht auch in Ihrem Sinne.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Thomas Krüger, SPD: Sehr richtig!)

Kommen wir jetzt an den Punkt zurück – man merkt es vielleicht –, wo ich mich über die AfD-Fraktion ärgere.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ach, lohnt nicht!)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Professor Dr. Weber?

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nicht ärgern! Nicht ärgern!)

Danke schön, dass Sie die Zwischenfrage zulassen.

Wenn Sie es hier als Erfolg feiern – und aus Sicht der Umweltbewohner einer solchen Windenergieanlage ist das wohl so –, dass das Blinken ausgeschaltet wird, frage ich mich, wie wollen Sie denn die Zugvögel, die ja, wenn Sie sagen, es soll auch dann technisch möglich werden, das Blinken auszuschalten, schützen? Ich könnte mir zum Beispiel als Wunsch vorstellen, dass die ganze Anlage abschaltet, wenn Zugvögel vom Radar geortet werden,

(Andreas Butzki, SPD Frage! Frage! – Heiterkeit bei Christian Brade, SPD – Zurufe von Elisabeth Aßmann, SPD, und Christian Brade, SPD)

oder wie wollen Sie sonst den notwendigen Schutz der Zugvögel gewährleisten?

(Zuruf von Bert Obereiner, AfD – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)

Ich hoffe, ich habe die Frage jetzt richtig verstanden. Die war, glaube ich, zweigeteilt.

Erstens. Wir wollen die Windräder nicht abschalten, wenn die Zugvögel kommen. Es geht um die Erkennung der Zugvögel und die Möglichkeit der Erkennung, und daran wird gearbeitet, weil es ist so, das Radarsystem – da liegt eine Software drüber – kann verschiedene Bereiche auswählen, ausarbeiten. Da wird unter anderem nach der Bewegung eines Flugobjektes geguckt und man kann Zugvögel erkennen. Wenn man es möchte – rein theoretisch, aktuell ist es so –,

(Zuruf von Burkhard Lenz, CDU)

wird, wenn da eine Bewegung ist, das Licht eingeschaltet und Ähnliches. Ich glaube, Sie haben ein bisschen was vermischt.

Der zweite Teil, Schutz von Zugvögeln, dazu war ich gestern bei der Fachagentur Windenergie an Land. Die konnten das nicht mit absoluter Präzision sagen, aber es gibt die Vermutung, dass auch viele Vögel aufgrund des Blinkens erst zu diesen Anlagen fliegen und dann einen Vogelschlag erleiden.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Die wollen gucken, was da los ist.)

Möglicherweise entsteht – da gibt es bisher keine wissenschaftlichen Erkenntnisse –, wenn dieses Blinken aufhört, auch weniger Vogelschlag, weil die Vögel nicht mehr zu diesem Blinken hinfliegen. Dann brauchen wir die Anlage auch nicht auszuschalten.