Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und Wolfgang Waldmüller, CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat das Wort die Abgeordnete Frau Bernhardt.

(Torsten Renz, CDU: Dass ich das doch noch erlebe heute.)

Nur für Sie, Herr Renz.

(Heiterkeit bei Andreas Butzki, SPD: Sollen wir rausgehen?)

Sehr geehrte Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte meine Rede beginnen mit den Worten von Harry Glawe, der sagte, wir wollen mal bei der Wahrheit bleiben.

(Minister Harry Glawe: Das habe ich vor drei Stunden schon gesagt.)

Das wollen auch wir als Linksfraktion, und deshalb möchte ich einige Aussagen, die heute hier getätigt wurden, mal richtigstellen.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD – Zuruf von Andreas Butzki, SPD – Minister Harry Glawe: Genau.)

Zum einen sagte mein geschätzter Kollege Thomas Krüger heute früh, wir wollen uns mit dem Haushalt aufmachen für konkurrenzfähige Löhne für Fachkräfte. Ich muss fragen: Gilt das nicht für Sozialpädagogen? Gilt das nicht für die Sozialpädagogen, die bei den Landesjugendverbänden arbeiten, die bei den Jugendverbänden angestellt sind?

(Peter Ritter, DIE LINKE: Genau.)

Was ist denn dort der Fall? Dort werden tarifungerechte Löhne weiter fortgeschrieben, einfach, weil hier keine Steigerung stattfindet. Insofern finde ich diesen Haushalt in dem Bereich höchst unsozial. Es hat nichts damit zu tun, dass wir zu konkurrenzfähigen Löhnen kommen. Ich finde es einfach nur beschämend. Deshalb haben wir als Linksfraktion einen Änderungsantrag gemacht und eine Aufstockung der Mittel für die Landesjugendverbände um 350.000 Euro gefordert, weil wir es ernst nehmen mit den Forderungen, tarifgerecht zu entlohnen, weil nur so die Fachkräfte tarifgerecht bezahlt werden können und sie hier bei uns in Mecklenburg-Vorpommern bleiben.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Zweitens sagte Herr Krüger heute früh, wir sind „Aufsteigerland“, Mecklenburg-Vorpommern sei ein „Aufsteigerland“. Nun ja, da muss ich leider, ohne irgendwie von negativen Tatsachen zu sprechen, doch mal etwas richtigstellen. Auch hierzu gab es mehrere Studien in dem letzten Jahr: die Bertelsmann-Studie, die uns leider bescheinigte, dass wir im Bereich der Kita qualitätsmäßig bei der Fachkraft-Kind-Relation bundesweit mit am Schlusslicht sind, also auch bei den Elternbeiträgen. Unsere Eltern in Mecklenburg-Vorpommern haben mit die höchsten Elternbeiträge bundesweit zu zahlen – auch das wurde durch mehrere Studien belegt –, weil wir einfach die öffentlichen Ausgaben für die Kitabetreuung weit unten lassen.

Da muss ich Sie einfach fragen: Was soll denn Ihre 50-Euro-Elternbeitragsentlastung bringen? Schon jetzt flattern in Schwerin oder in gesamt Mecklenburg-Vorpommern Briefe von Kitaträgern ins Haus, die den Eltern ankündigen, zum nächsten Jahr werden die Kitabeiträge um 70 Euro steigen. Wenn ich dann Ihre Minientlastung von 50 Euro im Kindergarten und Krippenbereich abziehe, so bleibt immer noch ein Minus von 20 Euro. Wir sagen hier ganz deutlich: Machen Sie sich endlich auf den Weg zur kostenfreien Kita! Stellen Sie das Finanzierungssystem um! Entlasten Sie endlich die Eltern und die Gemeinden von den Kitabeiträgen und lassen Sie sie nicht im Regen stehen!

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Zweite bei der Elternbeitragsentlastung ist das größere Problem: Die Landkreise oder Städte wie Greifswald – so war es zu lesen – wissen noch gar nicht, wie sie die Elternentlastung überhaupt umsetzen sollen, weil vom Land noch kein klares Signal kommt, wie denn zum 01.01.2018 überhaupt die Elternbeitragsentlastung erfolgen soll. Noch wirrer wird es, wenn man an 2019, an die Geschwisterentlastung denkt. Da weiß überhaupt noch keiner, wie es funktionieren soll.

(Thomas Krüger, SPD: Es wird funktionieren.)

Es werden hohe Verwaltungskosten erwartet – Verwaltungskosten, die wieder bei den Landkreisen, kreisfreien Städten, bei den Trägern bleiben, weil Sie mit Blick in das Haushaltsgesetz festgeschrieben haben, dass der Ausgleichsbetrag für Landkreise und kreisfreie Städte sowohl 2018 als auch 2019 gleichbleibend ist. Hier wurden die neuen Regelungen überhaupt nicht berücksichtigt. Deshalb können wir das Haushaltsgesetz auch an dieser Stelle nur ablehnen.

Zum Bereich der Qualität: Nun ist es leider so, dass in Mecklenburg-Vorpommern – das wurde hier schon mehrfach erwähnt – die Ausbildung PiA, praxisintegrierte Ausbildung, eingeführt wurde. Diese Ausbildung führt zu Qualitätseinbußen in den Kitas, davon mal ganz abgesehen, und zum Zweiten sagen Sie, Herr Krüger, auch wieder hier, na ja, die Auszubildenden bekommen ja ein Entgelt. Ich muss Sie ganz ehrlich fragen: Warum behandeln wir nicht auch die Erzieherausbildung, die Auszubildenden dieser Fachrichtung, gleich und befreien alle Auszubildenden zum staatlich anerkannten Erzieher von ihren Auszubildendenbeiträgen? Warum zahlen wir nicht überall ein Entgelt für die Auszubildenden? Das wäre wirklich Gleichstellung im Bereich der Kita. Doch dazu waren auch Sie nicht in der Lage.

Wir sagen es noch mal zusammengefasst: Wir wollen die Kostenfreiheit! Bei Ihnen bleibt es offen. Sie haben uns heute angekündigt, es wird irgendwann einen Stufenplan nach der Bundesregierung, wenn die sich mal geeinigt haben, geben. Warum haben wir nicht den Mut wie andere Bundesländer um uns herum, zum Beispiel Berlin, Brandenburg, Thüringen, aber auch Schleswig-Holstein, uns jetzt auf den Weg zur kostenfreien Kita zu machen, anstatt es auf irgendwann hinauszuschieben? Ich bin ja gespannt, wann uns dieser Stufenplan tatsächlich vorliegt. Ich denke mal, 2030.

(Torsten Renz, CDU: Haben Sie auch noch irgendeinen positiven Aspekt?)

Das Zweite zur Qualität: Auch hier haben wir entsprechende Änderungsanträge eingebracht. So fordern wir beispielsweise, dass gerade im Hortbereich der Erzieherschlüssel von 1 : 22 auf 1 : 18 abgesenkt wird. Leider haben Sie auch hier verpennt, die Ausbildungsplatzplanung anzupassen,

(Torsten Renz, CDU: Oh, oh, oh!)

sodass man tatsächlich Probleme hat, die Fachkräfte zu bekommen.

(Zurufe aus dem Plenum: Oh!)

Da brauchen Sie gar nicht „Oh!“ zu sagen, das ist ein ernsthaftes Problem in Mecklenburg-Vorpommern. Gehen Sie mal in die Kitas rein und fragen Sie, wo sie neue Kräfte herbekommen!

(Torsten Renz, CDU: Also ich war das nicht. Ich habe das differenziert zu dem Gesetz.)

Die finden sie kaum noch. Wir können kaum noch bei den Landkreisen und kreisfreien Städten den Rechtsanspruch auf Kita durchhalten.

Zum Schluss möchte ich kurz auf die AfD im Sozialausschuss eingehen. Beiden ist sozusagen einig, dass wir die kostenfreie Kita fordern. Das wollen wir auch, das habe ich im Sozialausschuss deutlich gemacht. Aber die Änderungsanträge von der AfD, also wo sie überall einsparen will, führen insgesamt zu einem Betrag von 3,43 Millionen Euro. Ich frage Sie mal ganz ehrlich, und das habe ich Sie auch schon im Sozialausschuss gefragt: Wo wollen Sie denn damit die kostenfreie Kita finanzieren? Was ist Ihr Konzept bei der kostenfreien Kita? Dazu konnte mir im Sozialausschuss keine Auskunft gegeben werden. Auch heute ließen Sie diese Auskunft offen.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Das wird bestimmt nachgereicht.)

Für mich ist das alles purer Populismus und hat mit Glaubwürdigkeit überhaupt nichts zu tun. Die Lösungsvorschläge sind einfach offengeblieben.

Zu den Deckungsquellen: Auch das hatte mein Kollege Herr Heydorn bereits angedeutet, woraus Sie die Elternbeitragsfreiheit zahlen wollen, das geht gar nicht. Sie sehen vor, dass die Mittel für die Integrationsbeauftragte gestrichen werden sollen, die Mittel für die Gleichstellung oder die Mittel für den Landesjugendring, wo für mich immer die Frage ist: Warum gerade beim Landesjugend

ring? Weil sie Sie einmal nicht eingeladen haben? Damit befinden Sie sich wieder in Ihrer Opferrolle, oh Gott, oh Gott! Dann streichen wir denen gleich mal die ganzen Mittel. Das lehnen wir ab, diese Deckungsquellen. Mit Blick auf Ihre Fraktion sieht man eigentlich am besten, wie wichtig es ist, dass wir weiter am Thema Gleichstellung arbeiten, dass es wichtig ist, weiter Frauen in Führungspositionen zu fordern.

(Jochen Schulte, SPD: Ja, richtig.)

Sie sprachen vorhin von „Genderwahnsinn“. Ich kann nur sagen mit Blick auf Ihre Fraktion, das ist Genderwahnsinn, da ist überhaupt keine Frau irgendwie enthalten.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD)

Insofern lehnen wir auch Ihre Deckungsquellen ab.

(Jochen Schulte, SPD: Wer von Ihnen ist denn die Frau? – allgemeine Heiterkeit)

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Für die Fraktion der CDU hat das Wort die Abgeordnete Frau Friemann-Jennert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch im Bereich der Sozialpolitik haben die zwischenzeitlichen Fachberatungen in den Ausschüssen intensive Diskussionen hervorgerufen, die ich hier gern in einigen Auszügen verdeutlichen möchte. Es freut mich, dass es uns mit dem Entschließungsantrag im Finanzausschuss gelungen ist, die geförderten Personal- und Sachkosten um jährlich 2,3 Prozent im Rahmen der Reform der sozialen Beratungsangebote, derzeit nur im Landkreis Vorpommern-Greifswald, zu erhöhen. Dies ist für die Beratungslandschaft ob der weißen Flecken im Kreis ein guter und wichtiger Schritt, da insbesondere die Finanzierung der Personal- und Sachkosten eine enorme Herausforderung darstellt.

Damit unterstützen wir diese Weiterentwicklung der sozialen Beratungslandschaft, da die demografischen Herausforderungen in den dünn besiedelten Landkreisen in den nächsten Jahren weiter zunehmen werden. Unser Ziel ist es, eine flächendeckende bedarfsgerechte Sozialberatung zu gewährleisten, und zu dieser zählt selbstverständlich eine angemessene Personal- und Sachkostenausstattung. Sollten sich auch andere Kreise auf den Weg machen, ihre soziale Beratungslandschaft weiterzuentwickeln, wird dies landesseitig ebenfalls mit einer jährlichen Dynamisierung der Personal- und Sachkostenförderung von 2,3 Prozent verbunden sein.

Auch Sie, werte Damen und Herren von der Linksfraktion, haben sich im Sozialausschuss unter anderem für die Aufwertung der Mittel für die Schuldner- und Insolvenzberatung um jährlich 110.000 Euro ausgesprochen. Ich bin überzeugt davon, dass unser Dynamisierungsvorschlag auf fundierten Füßen steht. Ihre Deckungsquelle bezieht sich auf einen Haushaltstitel im Finanzministerium, nämlich auf den Mehraufwand an sächlichen Verwaltungsausgaben. Diesen Titel beanspruchen Sie mehrfach, aber so einfach funktioniert es natürlich nicht, da

auch diese Mittel nicht zur freien und beliebigen Verwendung stehen. Fest steht, auch Ihre Sozialwunschliste, sei sie inhaltlich noch so wünschenswert, muss solide ausfinanziert sein. Diesen seit Jahren bewährten Grundsatz werden wir auch mit diesem Landeshaushalt nicht verlassen.

Wir haben in der Koalition um die eine oder andere Veränderung im Einzelplan 10 gefeilscht und Kompromisse gemacht. Kurzfristig haben wir uns noch entschlossen, für den Kinderschutzbund 15.000 Euro mehr in den Haushalt zu schreiben, das heißt, er wird inklusive der Mittel aus dem Strategiefonds mit 100.000 Euro für die nächsten beiden Jahre sachgerecht ausgestattet.

Überdies, meine Damen und Herren, haben die Anträge der AfD-Fraktion in den Beratungen im Sozialausschuss einen bleibenden Eindruck hinterlassen, der die wahre Haltung dieser Fraktion offenbart hat. Kurz gesagt, für Gleichstellungsthemen, für Frauenförderung, für die berufliche und soziale Integration von Migrantinnen und Migranten und für Themen der Jugendförderung können sich die Mitglieder Ihrer Fraktion offenkundig nicht erwärmen.

(Horst Förster, AfD: Richtig erkannt.)

Das ist abstoßend und beschämend zugleich und verrät zudem sehr viel über Ihr Verständnis vom gesellschaftlichen Zusammenleben in unserem Land. All Ihre Anträge verkleiden Sie außerdem unter dem Deckmantel der Familienförderung, der Sie die Mittel der Entlastung der Eltern von den Kitabeiträgen zukommen lassen wollen. Das ist billig, da Sie hier zum Beispiel die Integration von Flüchtlingen gegen die Elternentlastung ausspielen. Ich bin davon überzeugt, dass die übergroße Mehrheit der Eltern in unserem Land dieses traurige Spiel nicht mitmachen möchte.