Protokoll der Sitzung vom 15.12.2017

Und was stört den Stör? Diese Frage bietet sich ja regelrecht an. Trotz ihrer stattlichen Größe reagieren Störe empfindlicher als andere Fischarten auf Veränderungen und Verschmutzungen. Viele Stauwehre und Schleusen machen unsere Flüsse für die Störe unpassierbar, sodass viele der Störe ihre Laichgründe nicht erreichen können.

Um dem Aussterben entgegenzuwirken, wurde 1994 die Gesellschaft zur Rettung des Störs e. V. in Frankfurt am Main gegründet. Ziel ist es, eine erfolgreiche Rückkehr der Störe in den Zuflüssen der Ost- und Nordsee zu erreichen. Dazu zählen:

1. Schutz der Restbestände der Störe,

2. Schutz und Wiederherstellung der natürlichen Le

bensräume der Störe,

3. Aufbau von Elterntierbeständen als Grundlage für

eine künstliche Aufzucht von Stören,

4. Besatz in ausgewählten Flussgebieten zum langfristi

gen Aufbau sich selbst erhaltender Populationen,

5. Monitoring der Effekte sowie

6. internationale Zusammenarbeit und Harmonisierung

der Aktivitäten.

Was wurde bisher erreicht? In Kooperation mit den polnischen Partnern wurden Anfang der 2000er-Jahre alle notwendigen Voraussetzungen, wie Habitatsverfügbarkeit, Wasserqualität, Gewässerdurchgängigkeit und Fischereidruck, unter anderem überprüft und positiv bewertet. Außerdem wurde eine Reproduktionstechnologie an Modellarten etabliert. Dabei wurden eine umfassende Expertise und Infrastruktur entwickelt.

Durch eine enge Kooperation mit kanadischen Partnern konnte seit 2005 ein eigener Laichfischbestand an der Landesforschungsanstalt aufgebaut werden. Dadurch wurde es möglich, langfristig unabhängig Nachwuchs für wissenschaftliche Untersuchungen und vor allem Besatzmaßnahmen zu produzieren. Dieser Bestand ist der einzige reproduktive des Baltischen Störs in Europa. Seit 2010 können Besatzmaßnahmen komplett aus dem in der Landesforschungsanstalt erhaltenen Bestand realisiert werden.

Die bisherigen Besatzmaßnahmen waren bisher auf das Oder-Einzugsgebiet ausgerichtet. Bislang wurden 1,8 Millionen Individuen unterschiedlichster Größe ausgesetzt. Von diesen wurden 8.000 markiert. Aus den Wiederfängen markierter und unmarkierter Störe ist bekannt, dass diese unter den aktuellen Bedingungen überleben können sowie ein gutes Wachstum und eine hohe Wanderaktivität aufweisen. Dies belegen Nachweise im OderSystem sowie im gesamten südwestlichen Ostseegebiet und bis hinein in das Skagerrak.

Aus diesen Gründen wollen wir diesen erfolgreichen Weg der Wiederansiedlung des Störs fortsetzen. Die Rückkehr des Baltischen Störs, denke ich, liegt in unser aller Interesse. Es kostet noch Zeit und Geld. Mit etwas Glück werden wir in einigen Jahren wieder diese Störe in unseren Flüssen und Seen schwimmen sehen. Stimmen Sie also diesem Koalitionsantrag für die Wiederansiedlung des Baltischen Störs zu! Es ist ein wichtiger Beitrag zum Naturschutz und wir sind hier nicht auf die EU angewiesen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis

zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat zunächst der Minister für Landwirtschaft und Umwelt Herr Dr. Backhaus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Also ich finde es wirklich toll, dass Andreas Butzki eigentlich alles das gesagt hat, was ich auch sagen wollte.

(Andreas Butzki, SPD: Das ist gut.)

Ich will das noch mal für unser Haus auf den Punkt bringen. Ich finde, dass die Landesforschung des Landes Mecklenburg-Vorpommern hier wirklich eine hervorragende Arbeit geleistet hat,

(Sebastian Ehlers, CDU: Wir auch.)

nachdem in den 50er-Jahren die letzten Störe in den Baltischen Republiken aus der Ostsee gefangen wurden. Ich muss schon sagen, wenn man sich dieses Relikt der 200 Millionen Jahre anschaut als Knochenfisch, ist es auch für mich sehr spannend, dass es unserer Landesforschung gelungen ist, die uns am nächsten kommenden Individuen, die früher mal hier gelebt haben, zu identifizieren, nämlich mit einem genetischen Fingerabdruck eines Störs aus der Ostsee, und sie herausgefunden haben, dass wir die nächste Verwandtschaft in Richtung Kanada sind. Ich glaube, darauf wäre so schnell keiner gekommen. Der hätte auch im wahrsten Sinne des Wortes hierher schwimmen können, vom Atlantik bis hierher, aber das hat er nicht geschafft.

(Thomas Krüger, SPD: Das war die AfD. – Jochen Schulte, SPD: Gegen illegale Einwanderung. – Stephan J. Reuken, AfD: Nach kanadischen Einwanderungskriterien.)

Deswegen ist die Landesforschung auf die Idee gekommen, kanadische Störe hierherzuholen und sie dann quasi als Väter und Mütter einer neuen Population in der Ostsee anzusiedeln.

Insofern erfüllt es mich doch ein bisschen mit Stolz, dass wir das erfolgreich auf den Weg gebracht haben. Wir können auch noch zwei andere Fischarten nennen. Das ist ganz klar die Meerforelle, ein Riesenerfolg, und auch der Ostseeschnäpel gehört dazu, der so gut wie ausgestorben war. Das heißt, wir haben mehr oder weniger mit dem Stör und diesen beiden anderen Arten tatsächlich für eine sehr interessante Weiterentwicklung nicht nur für die Angelei, sondern auch für die Produktivität insgesamt gesorgt. Dass daran im Übrigen auch der Verein „Fisch und Wild“ teilgenommen und letzten Endes damit eine große Hilfe geleistet hat, finde ich ganz hervorragend.

Wir hoffen sehr, dass wir gemeinsam mit Polen – ich glaube, das muss auch noch mal deutlich werden – grenzüberschreitend dieses Projekt in den nächsten Jahren weiterführen können, denn die 1,3 Millionen Individuen, die wir ausgesetzt haben, sind das eine, aber wir müssen den Bestand weiter aufbauen, um zu einer stabilen Population zu kommen. Insofern hoffe ich sehr, dass uns dieses Projekt weiterhin auch weltweit als Pate für Arten, die mal ausgestorben sind, zur Verfügung steht, um sie zurückzubringen für die nachfolgenden Generati

onen. Wem ist das schon vergönnt, so etwas auf den Weg zu bringen!

Insofern – es nahen ja die Weihnachtsfeiertage und auch der Jahreswechsel – gehe ich davon aus, dass nicht nur wunderbare Lebensmittel, sondern auch Fleisch und Fisch mit dabei sein werden. Genießen Sie die Produkte aus dem Lande! Ich garantiere dafür, dass von diesen Produkten keine Gefahr ausgeht. Insofern auch noch mal mein Dank an die Fischer und all diejenigen, die uns diese wunderbaren Produkte zur Verfügung stellen. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Lerche.

Werte Präsidentin! Werte Kollegen Abgeordnete! Werte Gäste im Saal! Liebe Landsleute! Vor über 100 Jahren zogen Deutschlands Fischer an den Flüssen Elbe, Oder und Weichsel noch große Mengen Stör aus dem Wasser. Der Stör hat rund 200 Millionen Jahre, wir haben es schön gehört, bewegte Zeiten überstanden. Klimaänderungen, Kontinentalverschiebungen und Artensterben hat er hinter sich gelassen. Erst die radikalen wasserbaulichen Maßnahmen an den Flüssen und ihren Zuläufen im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts haben dem Stör seine angestammten Lebensräume genommen, insbesondere seine Laichgebiete. Seit 1970 existiert keine sich reproduzierende Störpopulation mehr in Deutschland.

Der Stör reiht sich in eine Gruppe von Tieren ein, die durch die oftmals von Menschen herbeigeführte Änderung der Landschaft und Lebensräume entweder ganz ausgestorben oder weiter Teile ihres Ausbreitungsgebietes beraubt sind. Nun haben unsere Vorfahren die Natur natürlich stets unter dem Gesichtspunkt der eigenen Nutzbarmachung verändert. Die Flüsse wurden ihrer Untiefen beraubt, Stromschnellen beseitigt und die Läufe begradigt. In den Einzugsgebieten wurden die Bäche und Flüsse eingedeicht, die Flussauen trockengelegt und weite Flächen der Weidehaltung und dem Ackerbau zugeführt. Das alles war notwendig. Es war notwendig, um den wachsenden Bedarf an Lebensmitteln zu decken. Es war notwendig, um die von Hochwasser geplagten Menschen an den Flussläufen zu schützen, und es war notwendig, um wohlstandsgenerierende Schifffahrtsstraßen zu schaffen. Die Natur geriet dabei allzu häufig ins Hintertreffen.

Heute sind wir in der glücklichen Lage, aufgrund einer hoch spezialisierten Landwirtschaft unsere Nahrungsmittel auf weitaus geringerer Fläche zu erzeugen, auch dank Glyphosat.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Ach ja?! Sie waren ja ein Fan, ne?)

Wir bündeln unseren Warenverkehr auf den Autobahnen und der Schiene und wir haben eine zunehmende Abwanderung aus dem ländlichen Raum in die Ballungszentren. Dies alles führt dazu, dass wir in der Lage sind, uns Gedanken zu machen, welchen Tierarten wir hier

wieder eine Heimat bieten können. Einige kommen von selbst, so zum Beispiel der Elch, der Wolf und vor Kurzem leider mit unschönem Ausgang der Wisent. Natürlich müssen wir auch heute stets abwägen zwischen den Interessen der Menschen im ländlichen Raum und den Ansprüchen an die Natur und den Artenschutz. Dass das nicht immer einfach ist, zeigt die Tragödie der Wolfsausbreitung.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Was denn für eine Tragödie?)

Ich bin mir sicher, dass wir hier noch ein böses Erwachen erleben werden.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wenn sie erst mal die Störe fressen werden, dann werden sie noch größer, die Wölfe.)

Dann möchte ich übrigens nicht in der Haut jener Zuwanderungsclaqueure stecken, die unser Land zu einem Wildreservat machen wollen.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Ach, Störe sind auch Flüchtlinge? – Zuruf von Thomas Krüger, SPD – Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Die müssen verhindert werden.)

Heute wollen wir uns aber mit dem Stör beschäftigen. Seit vielen Jahren finden hier lobenswerte Maßnahmen statt,

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Illegale Einwanderung.)

diesen anmutigen Fisch wieder in Elbe und Oder anzusiedeln. Wir als AfD-Fraktion unterstützen dieses Vorhaben.

(Zuruf von Bernhard Wildt, BMV)

Der Rückblick auf die vergangenen Jahre mit viel Arbeit und ersten zaghaften Erfolgen verdeutlicht, dass wir noch einen langen Weg vor uns haben und diesen auch fortsetzen wollen.