Gesetzentwurf der Landesregierung Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 7/1129 –
Beschlussempfehlung und Bericht des Innen- und Europaausschusses (2. Ausschuss) – Drucksache 7/1639 –
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Nun kommen wir zum „ersten Etappenziel“ hin „zu einer zukunftssicheren Finanzausstattung“ der Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern, so äußerte sich der Städte- und Gemeindetag in einer aktuellen Pressemitteilung zu unserem heutigen Tagesordnungspunkt.
Nachdem ich bereits in der Ersten Lesung die Historie unserer kommunalen Finanzausstattung dargestellt habe, will ich mich heute nur auf einige Kernaussagen beschränken und als wesentliche Änderung lediglich die nach der Einigung im FAG-Beirat zu benennenden Punkte, die mit dieser Novelle umgesetzt werden sollen, anführen. Da sind zunächst die Anhebung der Beteiligungsquote für die Kommunen auf 34,496 Prozent – also mehr Geld für die Kommunen –, die 9,7 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt als finanzielle Ausgleichsleistung für die Kostensteigerung bei den Zuweisungen für die Wahrnehmung der Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises, die Sicherstellung der Durchreichung der dem Land zufließenden Einnahmen aus dem 5-Milliarden-Paket des Bundes an die Kommunen zum Abbau von Schulden.
Es wird der besonderen Kostenbelastung der Gemeinden für Kinder bis 18 Jahre Rechnung getragen. Es erfolgt eine Veränderung der internen Verteilung auf die kommunalen Gruppen. Es erfolgt eine gesetzliche Festlegung
der Nivellierungshebesätze, und zwar werden die Hebesätze für 2018 und 2019 getrennt für die kreisfreien und großen kreisangehörigen Städte und kreisangehörigen Gemeinden festgesetzt und nähern sich um jeweils 50 Prozent dem Landesdurchschnitt. Damit soll der Hebesatzspirale entgegengewirkt werden. Die Ausgleichsquote wird von 60 Prozent in zwei Schritten bis auf 70 Prozent im Jahre 2019 erhöht. Mit dieser Änderung erfolgt ein stärkerer Steuerkraftausgleich unter den Gemeinden und ein stärkerer Ausgleich an Umlagekraft unter den Landkreisen.
Es gibt einige Klarstellungen. Einige Änderungen im Gesetz dienen bereits der nächsten Novelle des Finanzausgleichsgesetzes im Jahr 2020 und sind daher als Übergang zu betrachten. Es wird ein kommunaler Entschuldungsfonds errichtet. Es gibt zusätzliche Regelungen zur Rückführung von Krediten, die Altverbindlichkeiten nach dem Altschuldenhilfegesetz darstellen. Das betrifft auch die Wohnungsproblematik. Der zeitliche Bezugsrahmen der Umlagegrundlagen zur Berechnung der Kreisumlage wird in zwei Schritten aktualisiert. Die Steuerkraftzahlen für die großen kreisangehörigen Städte werden abgesenkt. Das alles dient der Stärkung der Ausgleichsfunktion des Finanzausgleichsgesetzes. Insgesamt kann man sagen, es gibt wesentlich mehr Geld für die Gemeinden und es erfolgt eine gerechtere Verteilung.
Aber wir haben auch eine Korrektur der FAG-Verbundmasse zur Umsetzung bundesgesetzlicher Regelungen vorgenommen für die Finanzierung flüchtlingsbedingter Mehrausgaben. Das stößt durchaus auf Kritik. Wir haben einen Änderungsantrag der LINKEN dazu vorliegen, der fast im gleichen Wortlaut bereits im Innenausschuss abgelehnt wurde, aber noch mal in der Pressemitteilung des Städte- und Gemeindetags eine Rolle spielte. Deswegen will ich auf diesen einen Punkt noch mal eingehen.
Zunächst einmal haben wir festzustellen, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern die besondere Situation haben, dass die Landesebene die Kosten für die Aufnahme und Unterbringung der Asylbewerber und Flüchtlinge nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz vollständig trägt. Das ist in anderen Ländern nicht so. Darum wurden die zum Ausgleich dieser Ausgaben vom Bund an uns gezahlten Mittel für die Jahre 2016 und 2017 schon mit dem Hinweis auf diese Sondersituation vollständig aus den Verbundgrundlagen herausgenommen. Damit können die zweckgebundenen Einnahmen vom Bund für Unterbringung und Leistung an Asylbewerber in der Antragsphase gezielt nach der Aufgabenbelastung erfolgen, also Aufnahmeeinrichtungen, und beim Land die Erstattung für die dezentrale Unterbringung bei den Kommunen. Sie können so verteilt werden, wie die Kosten anfallen, und nicht nach dem Gleichmäßigkeitsgrundsatz, der die tatsächlichen Kosten für die einzelnen Kommunen nicht widerspiegelt. Das Land leitet diese entsprechend der monatlichen Abrechnung an die Landkreise und die kreisfreien Städte Rostock und Schwerin weiter, also als Vollkostenerstattung.
Bereits das FAG, das zurzeit noch gilt, sieht vor, dass die Umsatzsteuerbeträge des Bundes an die Länder vom teilweisen Ausgleich der Kosten für Asylbewerber und Flüchtlinge einschließlich der Beträge aus der personenscharfen Spitzabrechnung nicht in die Verbundgrundlagen einfließen. Die Bezifferung der Abzugsbeträge in
Paragraf 7 hat für die Jahre 2016 und 2017 daher eher einen deklamatorischen Charakter und soll eher zur Transparenz des Ganzen beitragen. Das ermöglicht die Anpassung an geänderte Abschläge und Spitzabrechnungen. Die Beträge für die Unterbringung und Leistungen an Flüchtlinge hat der Bund 2016 mit dem Gesetz zur Beteiligung des Bundes an den Kosten der Integration und zur weiteren Entlastung von Ländern und Kommunen – so lang ist der Titel nun mal – im Dezember 2016 angepasst.
Daraus folgte, dass wir einen bestimmten Betrag daraus erhalten haben. Die Zahlen dazu und die Argumente sind in der Begründung zur Anpassung des Paragrafen 7 klar und ausführlich dargestellt und wurden nach der zunächst geäußerten Kritik noch mal ergänzt. Somit ist der Vorwurf, dass das Land mehr für diese Aufgabe einnimmt, als es ausgibt, schlichtweg falsch. Für den Teilbereich „Kosten des Asylverfahrens“ stehen Mehreinnahmen in Höhe von knapp 105 Millionen Euro Istausgaben des Landes in Höhe von über 225 Millionen Euro entgegen. Also das Land gibt wesentlich mehr dafür aus, als es dafür einnimmt. Mit anderen Worten: Diese Behauptung ist schlichtweg falsch. Wenn man sich die Begründung zum Paragrafen 7 genau ansieht, weiß ich auch gar nicht, warum da immer wieder diese Fragen oder diese Vorwürfe auftauchen. Ich glaube, sie sind einfach nicht haltbar.
Nach der Anhörung im Innenausschuss haben sich SPD und CDU auf einen Änderungsantrag verständigt und ihn auch eingebracht, der darauf abzielt, mehr kreisangehörigen Gemeinden bei der Entschuldung zu helfen. Nach der noch im Gesetzentwurf ursprünglich vorgesehenen Regelung war nach Auswertung der vorläufigen Haushaltsdaten zu erwarten, dass weniger als die Hälfte der Mittel abfließen würde und nur relativ wenige defizitäre Gemeinden überhaupt zum Zuge kommen könnten. Durch die nach Annahme des Antrages mit der geänderten Fassung des Paragrafen 22a FAG, in dem die Basisjahre für die Bewilligung nach der 1:1-Regelung erweitert wurden, erwarten wir nun, dass für die Entschuldung von Kommunen die bereitgestellten Mittel zum einen zeitnah abfließen und zum anderen eine wesentlich höhere Zahl an defizitären Gemeinden hieran partizipieren kann und die Mittel darüber hinaus auch möglichst vollständig abfließen.
Im Hinblick auf die Erleichterung der Voraussetzungen zur Bewilligung von Fehlbetragszuweisungen und Konsolidierungshilfen haben wir darüber hinaus eine Entschließung in den Innenausschuss eingebracht – die ist bestätigt worden –, wonach im Rahmen der Zweiten Novelle des Finanzausgleichsgesetzes neben der Aufstockung des kommunalen Entschuldungsfonds aus Landesmitteln auch die weitergehenden Konsolidierungshilfen fortzuführen sind. Auf der Grundlage von Konsolidierungsvereinbarungen soll hierdurch Städten und Gemeinden geholfen werden, die wegen besonderer außergewöhnlicher Belastungssituationen den jahresbezogenen Haushaltsausgleich nicht erreichen können. Der erste Schritt der zweistufigen Reform des Finanzausgleichsgesetzes kann dann umgesetzt werden. Hinzuweisen ist noch einmal darauf, dass einige Regelungen schon den Übergang für den nächsten großen Reformschritt enthalten.
Nun sollten wir zügig in die nächste Phase eintreten und die nächsten Schritte für 2020 in die Wege leiten. Ich finde, wir sollten hierbei durchaus noch einmal den einen oder anderen unberücksichtigten Änderungswunsch, der
in der Anhörung vorgetragen wurde und im ersten Schritt keine Berücksichtigung finden konnte, in den Blick nehmen.
Ich hoffe sehr, dass auch der zweite Reformschritt wie bereits der erste in einem fairen Austausch zwischen kommunaler Ebene, Landesregierung und Landtag stattfindet. Für das faire Verfahren des ersten Reformschritts danke ich allen Beteiligten ganz herzlich und bitte um breite Unterstützung bei der heutigen Abstimmung.
Wir werden beide Änderungsanträge der Fraktion DIE LINKE ablehnen. Den ersten habe ich, glaube ich, mit den Ausführungen für die flüchtlingsbedingten Mehrbelastungen bereits begründet, zum zweiten kann ich nur sagen, es sind heute Morgen einige Punkte vollkommen neu als Antrag hier gestellt worden, die sicherlich noch mal in die weitere Debatte mit einfließen können, aber zum heutigen Zeitpunkt lehnen wir sie ab. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Landsleute und Gäste! Wir debattieren heute in Zweiter Lesung den Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern, die Drucksachen 7/1129 beziehungsweise 7/1639. Der Ausschussvorsitzende des federführenden Innen- und Europaausschusses hat den Bericht zur Ausschussarbeit vorgelegt. Danach empfiehlt der Ausschuss dem Plenum die Annahme der Gesetzesänderung.
Lassen Sie mich zunächst einige Bemerkungen zur Zielstellung und zum Verfahrensablauf machen. Der Innenminister Herr Lorenz Caffier erklärte in der Debatte zur Ersten Lesung des FAG-Änderungsgesetzes, dass die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung das erklärte Ziel des Änderungsentwurfes sei. Solide Finanzen und Stärkung der Kommunen war und ist auch programmatische Forderung und Ziel der AfD. Deshalb begrüßen wir grundsätzlich diese Bemühungen. Es konnte nicht weiter hingenommen werden, dass sich das Land im letzten Jahrzehnt zulasten der Kommunen finanziell sanierte – ob bewusst oder unbewusst seitens der Verantwortlichen, sei mal dahingestellt –, während die Kommunen im Gegenzug in zunehmend stärkere finanzielle Schieflage und Abhängigkeit gerieten.
Ja, es war im letzten Jahrzehnt, wenn man vertikale und horizontale Finanzverteilung betrachtet, um mit Shakespeare zu sprechen, „etwas faul im Staate Dänemark“ alias Mecklenburg-Vorpommern. Die Beauftragung eines Gutachtens durch den FAG-Beirat im Jahre 2014 war deshalb nur logische Konsequenz.
Dass wir nahezu zweieinhalb Jahre, das heißt bis April 2018, auf die Ergebnisse der Gutachter um Professor Dr. Lenk warten mussten, kann schon etwas befremden, mag aber auch der Komplexität der Aufgabe geschuldet sein. Leider ist deshalb das ursprüngliche Ziel, für das Haushaltsjahr 2018 bereits eine Novelle des FAG vorlegen zu können, nicht erreicht worden, auch, weil der
noch erforderliche Abstimmungsbedarf vom FAG-Beirat als zu aufwendig eingeschätzt wurde. Dies ist bedauerlich. Wir meinen aber, dass in diesem Falle Gründlichkeit vor Schnelligkeit geht. Die Novelle des FAG ist nun für das Haushaltsjahr 2020 in Aussicht gestellt.
Um der aktuell verbreiteten – ich zitiere aus der Stellungnahme des Landkreises Vorpommern-Greifswald – „kommunalen Depression“ entgegenzuwirken, ist die jetzige zeitnahe Reaktion des Gesetzgebers, das heißt die Anpassung der FAG-Regeln, unbedingt erforderlich gewesen. Dies wird mit der vorliegenden FAG-Gesetzesänderung angestrebt. Sie stellt damit einen Zwischenschritt zur in Aussicht gestellten grundlegenden FAG-Novelle in 2020 dar.
Erstens einen Systemwechsel bei der Aufteilung der Schlüsselmasse. Dazu gehören der Wechsel vom DreiSäulen-Modell zum Zwei-Ebenen-Modell und die Festlegung landeseinheitlicher gestaffelter Nivellierungshebesätze für Realsteuern, wodurch die Hebesatzspirale nach unten eingedämmt werden soll.
Zweitens einen Systemwechsel beim Familienleistungsausgleich nach Paragraf 7 Absatz 5 FAG. Dabei wird der sogenannte Veredlungsfaktor beim Zuweisungsschlüssel nicht mehr nach den Anteilen der unter 18-Jährigen in den Gemeinden bemessen. Damit wird der vom Gutachter festgestellten höheren Belastung von Gemeinden mit hohem Anteil dieser Altersgruppe Rechnung getragen.
Drittens eine bessere vertikale Finanzausstattung der Kreise, Kommunen, kreisfreien Städte und großen kreisabhängigen Städte. Dazu gehört:
Die Beteiligungsquote der Kommunen an der Gesamteinnahme von Land und Kommunen steigt ab 2018 von 33,99 Prozent auf 34,496 Prozent, was zu einer Aufstockung der Finanzausgleichsmasse um mindestens 34,16 Millionen Euro führt. Für die in der Vergangenheit kommunal geleisteten Zuweisungen an den Vorwegabzug für die Wahrnehmung der Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises nach Paragraf 15 FAG stockt das Land nunmehr ausgleichend die Schlüsselmasse um 9,7 Millionen Euro auf. Zukünftig sollen Kostensteigerungen für diese Aufgaben nicht mehr zulasten der Schlüsselmasse finanziert werden. Das halten wir für eine Selbstverständlichkeit. Die separaten Kostenerstattungen für Sonderaufgaben des Bundes sind Transparenz fördernde. Frau Tegtmeier hat bereits darauf hingewiesen. Steuerschwache Kommunen werden zukünftig finanziell gestärkt. Die Ausgleichsquote für die Verteilung der Schlüsselzuweisungen wird in zwei Schritten von 60 auf 70 Prozent erhöht.
Weiterhin der kommunale Entschuldungsfonds. Die dem Land aus den Umsatzsteuermehreinnahmen des Bundes – 5-Milliarden-Euro-Entlastungspaket – zufließenden Mittel werden den Kommunen vollständig zweckgebunden für Entschuldung zur Verfügung gestellt. Dies betrifft in den Jahren 2018 und 2019 insgesamt 70,23 Millionen Euro. Die Vereinfachung des Zugangs zu diesen Mitteln durch defizitäre Kommunen gemäß Paragraf 22a halten wir für eine wesentliche Verbesserung des Entwurfs, weil damit auch Städte und Gemeinden auf der Grundlage der laufenden Ein- und Auszahlungen der
Basisjahre 2016 und 2017 Anträge auf Gewährung einer Entschuldungshilfe stellen können. Das erhöht die Zahl der Anspruchsberechtigten, sodass die bereitgestellten Mittel auch voraussichtlich abfließen werden.
Es stellt sich nun die Frage, ob diese angesprochenen Anpassungsmaßnahmen die finanzielle Situation der Kommunen vor Ort wirklich verbessern. Die gemeindescharfen Berechnungen des Referentenentwurfs vom FAG 2018, die unter dem Vorbehalt aktueller Einwohnerzahlen und Steuerkraftzahlen stehen, zeigen, dass für knapp 90 Prozent der 753 politisch selbstständigen Städte und Gemeinden das neue FAG, besser gesagt, das angepasste FAG, eine finanzielle Entlastung bringt. Das ist gut.
Das bedeutet aber auch, dass 78 von den 753 Gemeinden von den neuen Regeln finanzielle Nachteile haben werden. Hierbei handelt es sich in der Regel um Gemeinden mit einer überdurchschnittlichen Steuerkraft. Einzige Ausnahme bildet Neuenkirchen bei Anklam, das Steuereinnahmen 2016 pro Einwohner von 634,31 Euro hatte. Der Durchschnitt in Mecklenburg-Vorpommern liegt bei 657,21 Prozent pro Einwohner. Es handelt sich aber nur um ein rechnerisches Minus von absolut 574 Euro, also relativ vernachlässigbar.
Man hat sich im FAG-Beirat für die Annahme dieses Kompromisses entschieden. Hier möchte ich gern den Bürgermeister von Graal-Müritz zitieren: „Letztlich ist diese Einigung ein gutes Ergebnis für die kommunale Ebene, auch wenn es in einem Finanzausgleich nicht nur ,Gewinner‘ gibt.“ Zitatende. Nach den Einzelberechnungen zum FAG gehörte gerade Graal-Müritz nicht zu den Gewinnern der Neuregelung. Dieser Fall macht deutlich, gutgestellte Kommunen akzeptieren eine moderate Schlechterstellung, wenn die allgemeine Regelungssystematik als vernünftig und gerecht verstanden wird.
Nun möchte ich auch noch kritische Bemerkungen zur heute zu verabschiedenden FAG-Änderung hervorheben:
Erstens. Die heute zu beschließende neue FAG-Methodik wird wiederum auf dem sogenannten Gleichmäßigkeitsgrundsatz basieren, das heißt, der postulierten gleichmäßigen finanziellen Entwicklung von Land, Kreisen, Kommunen und kreisfreien Städten. Darauf wurde sich mit großem Konsens im FAG-Beirat verständigt. Wesentliche Bedeutung für die Berechnungsergebnisse haben der gewählte Eintaktpunkt, also die Frage, welcher Ausgangswert gilt für die Bewertung der zukünftigen Gleichmäßigkeit.
Ebenso wichtig ist die herangezogene Datenbasis. Die Gutachter hatten Modellberechnungen nach dem Symmetrieverfahren beziehungsweise nach dem Bedarfsmodell durchgeführt. Sie empfahlen eindringlich das Symmetriemodell, weil dabei die Daten leichter zu gewinnen sind. Allerdings unterscheiden sich die Berechnungsergebnisse beider Verfahren erheblich. Für den Zeitraum 2010 bis 2014 errechneten sie nach dem Symmetriemodell ein Anpassungsvolumen zugunsten der Kommunen von 49,8 Millionen zulasten des Landes, nach dem Bedarfsmodell sogar von 128,5 Millionen Euro. Wer sagt uns denn, dass der zweite Wert der Realität nicht viel besser entspricht? Dieser Eindruck wird zudem verstärkt, wenn man bedenkt, dass die Datengrundlage der Gutachter auf der Ausgabenbasis gemäß Symmetriemodell von den Kommunen aus den Haushaltsjahren 2015 und 2016 stammt.
Diese Haushaltsjahre repräsentieren unseres Erachtens nicht gerade Haushaltsjahre mit einer ungezwungenen Haushaltslage, das heißt, eigentlich stellen sie keine gute Datenbasis dar.
Zweitens. Diese FAG-Anpassung ist eigentlich, um ein medizinisches Bild zu wählen, nur eine Notoperation. Sie wird unsere Patienten, die finanzschwachen Kommunen und Gebietskörperschaften, nicht zur völligen Gesundung führen, denn – drittens – dazu benötigen wir eine weitere Stärkung der kommunalen finanziellen Autonomie. Darunter verstehen wir einen weiteren Ausbau der Schlüsselmasse, zum Beispiel durch weitere Einbeziehung zentraler Zuwendungstöpfe des Landes.
Viertens. Wir brauchen eine Übergabe von Investitionsbudgets in die kommunale Eigenverantwortung, um die Handlungsoptionen der Gebietskörperschaften bei Instandhaltungsmaßnahmen und kleineren Investitionen zu verbessern.
Fünftens. Kritisch sehen wir die Überlegungen der Landesregierung, die Ausgleichsquote weiter zu erhöhen. Professor Lenk verweist diesbezüglich darauf, ich zitiere, dass „ein enges Dreiecksverhältnis zwischen der Berechnung des Finanzbedarfs, der Berechnung der Finanzkraft und der Setzung der Ausgleichsquote (be- steht), welches durch den Grundbetrag in die Balance gebracht wird. Ein System mit einem Ausgleichsgrad von 70 % ist also distributiv nicht zwangsläufig wirksamer als ein System mit einem von 60 %.“ Zitatende.
Mir scheint, hier wird es vor der Erstellung der Novelle des FAG 2020 noch ausgiebigen Diskussionsbedarf geben. Wir werden aufmerksam verfolgen, wie sich die FAG-Änderung in den nächsten zwei Jahren auf die Handlungsfähigkeit unserer Gebietskörperschaften auswirkt.