Herr Foerster, ich gebe Ihnen ja recht, dass dieses auslaufende Programm MobiPro-EU durchaus Probleme bereitet hat, nicht nur in der bürokratischen Umsetzung, sondern auch, weil es schwierig ist, aus dem warmen Spanien weit weg von zu Hause hier erfolgreich eine Ausbildung zu absolvieren. Also ein Winter auf Rügen ist schon eine Herausforderung,
gerade für jemanden, der weit weg von zu Hause ist. Das hat aber alles nichts damit zu tun, mit dem Programm, so, wie wir uns das vorstellen und wie Sie es, denke ich mal, auch aufgegriffen haben. Es geht ja darum, den Jugendlichen, die hier im Lande leben, zu helfen, auch außerhalb von ihrem Wohnort eine Ausbildung machen zu können.
Der wichtigste Aspekt – darauf möchte ich noch mal hinweisen – ist einfach die Fairness für den ländlichen
Raum. Es ist eben ein Unterschied, ob wir uns jetzt alle – alle Arbeitgeber, alle Auszubildenden, die eine Lehrstelle suchen – in Berlin oder in Rostock befinden. Dann ist es natürlich relativ einfach, eine passende Ausbildungsstelle zu finden. Wenn ich aber irgendwo in der Provinz lebe, finde ich nicht die Lehrstelle in meiner Nähe, die ich gerne hätte, ich muss entsprechend umziehen und das produziert zusätzliche Kosten.
Das kann man auch nicht so ohne Weiteres dem Arbeitgeber zumuten oder aufhalsen, denn es kann ja nicht sein, dass der Ausbildungsbetrieb, der weiter entfernt liegt, sozusagen die doppelte Ausbildungsvergütung zahlen muss im Vergleich zu jemandem, der das Glück einer zentralen Lage hat. Im Zweifel ist es sogar so, dass der Ausbildungsbetrieb im ländlichen Raum ohnehin schon schwer zu kämpfen hat, weil er zum Beispiel von den Autobahnen oder den Ballungsräumen weiter entfernt ist. Dem dann noch die zusätzlichen Kosten alleine aufbürden zu wollen, ist auch nicht fair. Also weder der Jugendliche noch der Betrieb sollten dort ganz alleingelassen werden.
Das sehen ja alle so, das sehen alle Fraktionen so. Deswegen gab es auch dieses Programm von den Vätern Renz und …
Reinhardt – ja, Entschuldigung, Herr Reinhardt –, von Ihnen beiden. Aber dieses Programm ist offensichtlich noch nicht so positiv...,
… das Ganze ist ja nicht so positiv verlaufen, wie man sich das erhofft hat. Von daher müssen wir dieses Thema weiter aufgreifen. Im Grunde genommen wäre es mir natürlich lieb, Sie würden es jetzt in den Ausschuss verweisen. Wenn Sie es nicht verweisen, werden wir uns trotzdem im Ausschuss damit beschäftigen.
Und da, Herr Reinhardt, bitte ich darum, dass Sie das nicht immer nur mit Ihrem Koalitionspartner besprechen, sondern auch mit den Oppositionsfraktionen. Ich glaube, wir haben sogar gute Ideen, die wir beitragen können. Das läge mir am Herzen, dass insbesondere die LINKEN, die das Thema ja auch sehr stark verfolgen, und die BMV häufiger mit einbezogen werden und nicht nur Ihr Koalitionspartner.
Frau Hesse, ich möchte auch noch mal betonen, diese ganzen Werbeaktionen, die an den Hochschulen stattfinden, sind natürlich sehr gut. Das ist mir auch bekannt von meinen eigenen Kindern. Das ist ein sehr positives Programm und wird sehr, sehr gut angenommen, aber es hat natürlich mit dem Thema, was ich heute angesprochen habe, gar nichts zu tun. Es geht ja nicht darum, dass die Kinder keinen Ausbildungsplatz hätten – das ist mir auch bekannt, dass es mittlerweile sehr viele Ausbildungsplätze gibt, mehr als wir Jugendliche haben –, sondern es geht wirklich ganz knallhart um diesen finanziellen Nachteil, den bestimmte Jugendliche haben, und wo man versuchen könnte, den abzumildern, wenn man das möchte. Ich habe wahrgenommen, dass dieser Wille
eigentlich da ist, und jetzt wollen wir mal sehen, wie wir da zurande kommen und ob wir ein neues Programm auflegen können.
Der Hinweis auf MobiPro-EU dient natürlich auch ein bisschen dem Werbeeffekt. Es ist eben eine Kampagne, die sehr gut wahrgenommen wurde. Viele Jugendliche kennen das, teilweise auch mit negativen Worten, dass sie sagen, ach, guck mal, da bekommen Jugendliche etwas, was ich nicht bekomme. Wenn man nun gleichziehen würde und sagt, nein, wir machen das auch für unsere eigenen Jugendlichen, die sind uns genauso viel wert wie Jugendliche aus anderen Ländern, auch wenn es andere Ebenen betrifft – das ist mir schon klar, das eine ist ein EU-Programm oder ein Bundesprogramm, das andere ist ein Landesprogramm –, dann würden wir zeigen, dass es uns wichtig ist, unseren Jugendlichen zu vermitteln, jeder Jugendliche ist uns gleich viel wert und wir lassen keinen Jugendlichen zurück. Keiner soll jetzt allein sitzen bleiben, ohne die Möglichkeit, einen vernünftigen Beruf zu erlernen.
Wenn also die Debatte heute dazu beigetragen hat, dass wir da generell an einem Strang ziehen, dann bin ich im Moment erst mal zufrieden und verabschiede mich für heute. – Vielen Dank.
(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV – Heiterkeit bei Simone Oldenburg, DIE LINKE: Tschüss! – Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE)
Es hätte wirklich nicht sein müssen, aber das, was Sie hier heute inhaltlich so geboten haben, das ruft einfach die CDU, in diesem Falle mich, dazu auf, doch mal ein paar Sätze zu sagen,
sondern Sie haben suggeriert, die böse Landesregierung, die hat jetzt einfach im Bereich der beruflichen Bildung Landesfachklassen gebildet, so unter dem Motto: „Das geht gar nicht.“
Ja, das ist gut, dass man als Politiker eine Problembeschreibung macht. Noch besser ist es, wenn man zu den Politikern gehört, die dann auch Lösungsansätze finden,
(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Sie reden die ganze Zeit schon von Ihrer Richtlinie, und die wirkt nicht. Das ist auch keine Lösung.)
Das gilt besonders für die Opposition, insbesondere auch für Sie, Herr Foerster. Und ich finde, das ist in diesem Fall nicht redlich gewesen.
Sie haben versucht darzustellen, dass Landesfachklassen ein Instrument sind, was die Landesregierung hier zur Anwendung bringt, einfach mal so, aus Lust und Laune heraus, und dass das nicht akzeptabel ist.
Sie haben keine Position dazu bezogen, Sie haben auf den Zwischenruf, was möglicherweise die Geburtenrate oder die Demografie damit zu tun hat, vielleicht auch bewusst nicht reagiert. Ich weiß nicht, warum. Sie können das gern noch mal klarstellen.
Es ist doch für uns alle nicht schön, wenn wir solche Lösungen favorisieren und umsetzen müssen. Aber es ist eine gewisse Verantwortlichkeit, die wir haben, wenn es zum Beispiel auch um Ressourcen geht. Da will ich Ihnen ganz konkret mal sagen, wie das Anfang der 90er-Jahre war, und zwar an meinem persönlichen Beispiel: Ich habe Heizung/Sanitär unterrichtet in Güstrow, ab 1991 beginnend, und da haben wir aufgrund der demografischen Entwicklung in der Heizungsklasse 30 Lehrlinge gehabt und in der Gas-Wasser-Klasse haben wir auch 30 Lehrlinge gehabt. Der Bedarf am Markt war da, das spielte sicherlich eine Rolle, aber wir haben auch eine große Anzahl von Lehrlingen zur Verfügung gehabt. Weiterhin gab es Umschüler, die in diesem Bereich tätig waren. Die konnten wir alle fachlich gut unterrichten.
Es passierte Folgendes: Ungefähr zehn Jahre später hatten wir noch 15 Lehrlinge, 15 Heizungsbauer und 15 GasWasser-Installateure. Das können Sie auch im gesamten Bereich des Handwerks so festmachen. Dann ist die Frage: Was machen Sie? Gehen Sie sehenden Auges sozusagen in die „Katastrophe“, weil Sie vielleicht in dem Jahr darauf nur noch zehn Lehrlinge haben und dann fünf, und stellen Sie weiterhin eine Fachkraft zur Verfügung, die unterrichtet? Sie können das in gewisser Weise kompensieren, weil das artverwandte Berufe sind, da können Sie gewisse Ausbildungsthemen gemeinsam unterrichten. 15 und 15 macht wieder 30, dann haben Sie noch eine Klasse,
(Henning Foerster, DIE LINKE: Es geht darum, warum wir unter den neuen Voraussetzungen Unterstützung brauchen.)
aber irgendwann haben Sie einen Bereich der Spezialisierung und der Gas-Wasser-Installateur ist für die Lüftungstechnik einfach nicht zuständig.
Im Lüftungsbereich haben Sie eben nur noch 10 oder 15 Lehrlinge und dann müssen Sie, nachdem Sie die Problembeschreibung vorgenommen haben, auch Sie in diesem Fall, sagen, wie der Lösungsansatz lautet. Wenn Sie bessere Lösungsansätze haben, als Landesfachklassen zu bilden, dann können Sie die hier präsentieren. Die Landesregierung hat Landesfachklassen gebildet, das heißt, die Gas-Wasser-Installateure und die Heizungsbauer haben schrittweise ihren Ausbildungsort nach Rostock verlegen müssen.
(Henning Foerster, DIE LINKE: Ja, und deswegen muss ich diejenigen unterstützen, die eine auswärtige Unterbringung brauchen. Davon rede ich ja die ganze Zeit.)
Das ist für den Einzelnen möglicherweise schlecht, aber wir mussten als Land, über den Kreis und so weiter Millionen Investitionen tätigen, um zum Beispiel ein Labor für Gas-Wasser-Installateure und für Heizungsbauer aufzubauen – eine Millionen-Investition. Dann stellt sich die Frage: Tätige ich diese Millionen-Investition in Güstrow, wo ich perspektivisch weiß, es sind dort zehn Lehrlinge, oder konzentriere ich die Ausbildung? Das gehört zur Wahrheit dazu. Dann haben wir, sprich die Landesregierung, solche Entscheidungen getroffen.