Protokoll der Sitzung vom 25.01.2018

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 28, den ich hiermit aufrufe: Beratung des Antrages der Fraktion der AfD – Gutshäuser erhalten – Denkmalschutz konsequent umsetzen, auf Drucksache 7/1579.

Antrag der Fraktion der AfD Gutshäuser erhalten – Denkmalschutz konsequent umsetzen – Drucksache 7/1579 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Kröger für die Fraktion der AfD.

Vielen Dank, sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Abgeordnete! Leiwe Mäkelbörger un Vorpommern! Die Europäische Kommission hat das Jahr 2018 als Europäisches Kulturerbejahr deklariert. Damit will sie auf die vielfältige erhaltenswerte Kultur unserer Geschichte im europäischen Raum aufmerksam machen.

Auch in unserem Land zwischen Elbe und Oder stoßen wir allerorten auf Relikte einer vergangenen Zeit, sei es in den prächtigen Handelsstädten oder den Residenzstädten oder eben auch im ländlichen Raum, der durch seine Gutshäuser geprägt wurde. Die Vernichtung weiter Teile des europäischen Kulturerbes während des Zweiten Weltkrieges führte im Jahr 1954 zur Verabschiedung der Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut, bei bewaffneten Konflikten allerdings. Aus der Präambel dieser Konvention möchte ich trotzdem gern zitieren mit Ihrer Erlaubnis, weil es so schön passt: „Jede Schädigung von Kulturgut, gleichgültig welchem Volke es gehört, bedeutet eine Schädigung des kulturellen Erbes der ganzen Menschheit, weil jedes Volk seinen Beitrag zur Kultur der Welt leistet.“ Zitatende.

Nun sind wir in Europa glücklicherweise weit entfernt davon, dass unser Kulturgut durch einen kriegerischen Konflikt in Gefahr geraten könnte. Nein, meine Damen und Herren, hier im Lande ist es Gleichgültigkeit, die den Schaden anrichtet. Mecklenburg-Vorpommern war einst das Land der großen Gutsanlagen. Es war Bestandteil eines deutschen Kulturraumes von der dänischen Grenze bis hoch zum Baltikum. Hierzulande existierten einst 2.700 dieser Guts- und Herrenhäuser inklusive ihrer Wirtschaftshöfe. Die Wirren der Zeit haben rund 2.000 dieser historisch bedeutenden Bauten überstanden. Ihre Baustile reichen von der Renaissance bis in den Jugendstil und stellen eindrucksvolle Beispiele der Baukunst der jeweiligen Epoche dar.

Die Enteignung und Vertreibung der Gutsherren durch die Bolschewisten und das SED-Regime haben dieser Epoche ein jähes Ende bereitet und doch haben die meisten Bauten diese knapp 40 Jahre Sozialismus trotzig überstanden. Vielfach fanden sie nach der Wende engagierte Menschen und auch Investoren, die den Häusern eine neue Aufgabe gaben, denn durch die Bodenreform wurden die Gutsanlagen von dem dazugehörigen Ackerland getrennt und somit quasi ihrer originären Existenzgrundlage beraubt.

Knapp drei Jahrzehnte nach der Wende steht es um viele dieser wertvollen Bauten jedoch schlecht. Es betrifft jene, die für Spottpreise in meist gutem Zustand an Spekulanten verkauft wurden, die entweder die Sanierung nicht bewältigen konnten oder schlichtweg nicht wollten. Und so trat nach und nach Verfall begünstigt durch Vandalismus und Witterung ein. Die Natur erobert sich nicht nur das Bauwerk zurück, sondern erobert sich auch mit ihrem Wildwuchs gerade die Parks, die, oft von namhaften Gartenarchitekten ihrer Zeit angelegt, das Gesamtensemble komplettierten.

Meine Damen und Herren, die genaue Zahl der gefährdeten Objekte ist nicht einmal bekannt, aber es sollen geschätzt 200 bis 300 dieser Häuser vom Verfall akut bedroht sein. Für einige ist es bereits fünf nach zwölf, sie scheinen unrettbar verloren, aber viele Bauwerke können vor ihrem endgültigen Abgang bewahrt werden, sofern man denn möchte.

Wir haben im Sommer 2017 bereits die Einrichtung eines Notsicherungsfonds gefordert, der die Sicherung dieser bedrohten Bauten ermöglichen soll. Es geht nach wie vor darum, Zeit zu gewinnen, Wasser von den Häusern fernzuhalten und dem Vandalismus Einhalt zu gebieten. Unser Anliegen fand kein Gehör. Die CDU versprach, sich des Themas anzunehmen. Die SPD sah, vertreten durch die Ministerin, keinen akuten Handlungsbedarf, und somit stehen wir heute erneut mit unserem Anliegen, unser aller Kulturgut vor dem weiteren Verfall zu bewahren.

Unterstützen Sie uns dabei, denn mit jedem Winter, mit jedem Sturm schreitet die stille Vernichtung des kulturellen Erbes weiter voran, eines Kulturerbes, das in seiner Einzigartigkeit in Fachkreisen durchaus im Range eines anerkennenswerten Weltkulturerbes gehandelt wird, und eines Kulturerbes, das auch – ich möchte an einen anderen Tagesordnungspunkt heute anknüpfen – von touristischer Anziehungskraft ist! Es ist also höchste Zeit, meine Damen und Herren, und ich bitte Sie darum, unserem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann verfahren wir so. Ich eröffne die Aussprache.

Zunächst hat ums Wort gebeten die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Frau Hesse, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete!

Der Denkmalschutz hat es Ihnen offenbar angetan, werte Abgeordnete der AfD. Das freut mich, schließlich,

(Zurufe vonseiten der Fraktion der CDU: Uns auch!)

schließlich ist Mecklenburg-Vorpommern reich an erhaltenswerten Kulturgütern, die unsere Landschaft prägen und zu denen auch die von Ihnen immer wieder hervorgehobenen Gutshäuser gehören.

(Beifall Jens-Holger Schneider, AfD)

Sie als weltweit einzigartiges Kulturerbe darzustellen, ist allerdings aus meiner Sicht etwas zu weit gegriffen.

Lassen Sie mich zuerst ein wenig Ordnung in Ihren Antrag und in die von Ihnen transportierten Zahlen bringen!

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Ehemals gab es in Mecklenburg-Vorpommern um 2.700 Guts- und Herrenhausanlagen, davon sind etwa 2.000 erhalten, von denen wiederum aber rund 1.000 unter Denkmalschutz stehen. Von diesen 1.000 sind 50 akut vom Einsturz bedroht, weitere 80 sehen wir als gefährdet.

Etwa 17 Prozent der denkmalgeschützten Gutshäuser stehen leer. Dieser Leerstand gefährdet in der Tat die Bausubstanz, in einigen Fällen so stark, dass wir davon ausgehen, etwa 6 Prozent der Häuser nicht mehr als Baudenkmal im Bestand halten zu können. So viel zur Ausgangslage.

Sie schreiben selbst, die allermeisten der unter Denkmalschutz stehenden Gebäude konnten seit der Wiedervereinigung aufwendig saniert werden, und diese riesige Leistung möchte ich hier noch einmal betont wissen. Eigentümer, Fördermittelgeber der öffentlichen Hand und zahlreiche Stiftungen haben sie in einer gemeinschaftlichen Kraftanstrengung vollbracht.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das, was Sie hier suggerieren, dass alle unsere Guts- und Herrenhäuser vor dem Verfall sind,

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

das merken Sie schon an meiner Darstellung, ist nicht der Fall, denn es ist tatsächlich so, dass es eine tolle Leistung gerade hier in Mecklenburg-Vorpommern gewesen ist, diese Guts- und Herrenhäuser zu erhalten, und das ist deswegen auch ein Alleinstellungsmerkmal von Mecklenburg-Vorpommern.

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Ich möchte auch noch einmal betonen, dass das kein Selbstgänger war, denn es gibt engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der zuständigen Behörden, die zu diesem Gelingen beigetragen haben, indem sie einzelne Schritte aufwendig begleitet haben, Kontakte hergestellt haben zu möglichen Fördermittelgebern und Stiftern und das auch weiterhin tun.

Mit Blick auf Ihre Forderung gebe ich gern den Hinweis – ich habe es eben schon gesagt –, auch auf die kommunale Selbstverwaltung, über die finanzielle, personelle Ausstattung ihrer Behörden entscheiden die Kreise und kreisfreien Städte selbst. Die Landesregierung ist an dieser Stelle der falsche Adressat. Der Blick ins Denkmalschutzgesetz offenbart darüber hinaus, dass gemäß Paragraf 6 die Eigentümer, Besitzer und Unterhaltspflichtigen von Denkmalen dafür zuständig sind, diese im Rahmen des Zumutbaren denkmalgerecht instand zu setzen, zu erhalten und pfleglich zu behandeln.

Paragraf 20 können Sie entnehmen, dass für die im Antrag genannten Ersatzvornahmen ebenfalls die Landkreise und kreisfreien Städte als untere Denkmalschutzbe

hörde zuständig sind. Diese kommen ihren Aufgaben nach, zu prüfen, welche Schritte erforderlich sind, um Denkmale zu schützen, zu erhalten und Gefahren von ihnen abzuwenden.

Bei aller von Ihnen überflüssigerweise geforderten Konsequenz gilt es zwei Dinge zu beachten – zum einen mit dem Blick auf den Eigentümer oder sonstigen Unterhaltspflichtigen die gesetzliche Einschränkung der Zumutbarkeit, zum anderen mit Blick auf eine Kostenübernahme durch die öffentliche Hand die Pflicht zur Wirtschaftlichkeit beziehungsweise Nachhaltigkeit, sprich: Konsequenter Denkmalschutz ist nicht barrierefrei. Einigen Eigentümern fehlt der Wille, das Objekt zu erhalten. Für einige Häuser gibt es keine Nutzungsperspektive. Manche Besitzer wollen nicht verkaufen, andere finden keinen Käufer oder für die ersatzweise Kostenübernahme mit öffentlichen Geldern fehlen die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen.

Meine Damen und Herren, diese Hürden quittieren Land und Kommunen keineswegs achselzuckend. So nehmen sich die vier regionalen Planungsverbände der Guts- und Herrenhäuser bereits in verschiedener Hinsicht an. Die Planungsverbände Westmecklenburg und Mecklenburgische Seenplatte etwa setzen sich anlässlich der Teilfortschreibung der Kapitel Energie in dem Regionalen Raumentwicklungsprogramm mit den Landesschlössern und Weltkulturerbestätten beziehungsweise der Kulturlandschaft mit ihrem dichten Aneinanderreihen von Kulturparks auseinander. Der Planungsverband Vorpommern hat unterdessen sämtliche Guts- und Parkanlagen erfasst, einschließlich einer ersten Differenzierung in sanierte, teilsanierte und unsanierte Anlagen. Die Planungsverbände unterstützen dabei die Arbeit der unteren Denkmalschutzbehörde.

Mit Blick auf Ihre Katalogisierungsforderung kommt hinzu, dass auch die Mitarbeiter der unteren Denkmalschutzbehörde durchaus eine gute Übersicht über den Zustand ihrer Schützlinge haben. Wir als Land setzen unter anderem auf positive Beispiele und eine gute Öffentlichkeitsarbeit. Mecklenburg-Vorpommern beteiligt sich beispielsweise an einem deutsch-polnischen Projekt, in dem mehrere Bundesländer und Woiwodschaften eine Expertengruppe gebildet haben. Hier werden Objekte unterschiedlicher Erhaltungs-, Sanierungs- und Nutzungszustände exemplarisch vorgestellt und es entsteht eine Plattform innovativer Lösungen und Projekte. Im ersten Ergebnis dieser Arbeit ist eine Wanderausstellung entstanden, die auf der Leipziger Denkmalmesse 2016 mit einer Goldmedaille ausgezeichnet wurde.

Auch unsere Fachhochschulen widmen sich dem Denkmalschutz. In Neubrandenburg gibt es einen Forschungsschwerpunkt zur Gartendenkmalpflege. An der Fachhochschule Wismar beschäftigen sich Studenten und Wissenschaftler mit Mustersanierungen für Guts- und Herrenhäuser.

Zuletzt noch zu Ihrer wohlklingenden Idee, den unteren Denkmalschutzbehörden unbürokratisch Zugriff auf Fördermittel zu ermöglichen. Das halte ich für absolut kontraproduktiv, denn wenn wir aus diesem Topf die Mittel für Ersatzfonds schöpfen, bleibt weniger Geld für die überwiegende Mehrheit der Denkmaleigentümer, die ihren Pflichten mit großem eigenen Aufwand nachkommen. Hinzu kommen die gesetzlichen Hürden, von denen ich bereits sprach. Sie können aber sicher sein, dass das

Landesamt für Kultur und Denkmalpflege sich in seiner alltäglichen Arbeit darum kümmert, aufgeschlossenen Eigentümern aufzuzeigen, wie eine schrittweise Sanierung möglich ist, und sie so zu einem Handeln zu bewegen. Parallel unterstützt das Amt auch Kaufinteressen.

Ich komme zum Schluss: Ich muss ganz ehrlich sagen, wenn Sie meine Rede gehört haben, müssen Sie doch offensichtlich zu der Erkenntnis kommen, dass Ihr Antrag viel zu kurz gegriffen ist, wir im Bereich Denkmalschutz gut aufgestellt sind, vieles auch machen und vor allen Dingen viele engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich darum kümmern. Das zu reduzieren auf Ihren Antrag, wäre mir zu wenig. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Torsten Koplin.

(Torsten Renz, CDU: Dann wird es kurz. – Andreas Butzki, SPD: Das glaub ich auch.)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Rede hätte meine Kollegin, unsere Kulturpolitikerin Eva Kröger gern gehalten. Ich habe das übernommen, weil sie einen unabwendbaren Termin wahrnehmen muss, und habe auch eine Rede vorbereitet bekommen.

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

Ich möchte aber zunächst auf die Einbringungsrede eingehen, die mich doch ein Stückchen weit verwundert hat: Sie haben zu Recht auf die Haager Konvention verwiesen, diese zitiert und gesagt, das passt so schön. Ich finde, es ist in der Tat passend, darauf hinzuweisen, dass die Kulturdenkmäler – insbesondere ebenso gelistet sind auch die Guts- und Herrenhäuser –, die Schlösser zum kulturellen Erbe der Menschheit gehören. Die Haager Konvention stellt insbesondere darauf ab, dass durch militärische Gewalt eben dieses kulturelle Erbe zerstört werden kann oder zerstört wurde und zerstört wird, wenn man bedenkt, wie viele kriegerische Handlungen es weltweit gibt.

Nun schlage ich mal den Bogen zu unserer gestrigen Diskussion in der Aktuellen Stunde. Wenn ich es recht in Erinnerung habe, hatten Sie kein Problem damit, dass Rüstungsgüter in Kriegs- und Krisengebiete kommen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: So ist es.)

Wenn Sie damit kein Problem hatten, aber heute zitieren Sie die Haager Konvention, dass Rüstungsgüter angewandt kulturelles Erbe zerstören, dann ist es ein Widerspruch in sich. Da verstehe ich Ihre politische Position nicht ganz, muss ich Ihnen ehrlich sagen.