Protokoll der Sitzung vom 26.01.2018

„Mut zur Wahrheit“ – Herr Schneider, vier Jahre an der FH Güstrow, ohne Abschluss, fünf Jahre Uni Rostock, ohne Abschluss, drei Jahre Ausbildung, ohne Abschluss. Das war ein Auszug aus dem aktuellen Handbuch des Landtages.

(Zurufe von Christoph Grimm, AfD, und Stephan J. Reuken, AfD)

Sprachliche Fähigkeiten sind wichtig, sie sind der Schlüssel zur Integration.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Fangen Sie damit jetzt an?)

Ihr Antrag trägt nicht dazu bei, wir lehnen ab.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Sollen wir damit jetzt anfangen?)

Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Kröger.

Vielen Dank, sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Abgeordnete! Liebe Gäste! Ich denke, dass wir uns dahin gehend einig sind, dass die Sprache der Schlüssel für die Integration ist. Nichts anderes habe ich hier vorne heute auch gehört. Wer sich also integrieren möchte, möchte seinen Lebensunterhalt in absehbarer Zeit selbst verdienen und so die Existenzgrundlage für ein Leben in seiner neuen Heimat begründen. So sehen wir das zumindest.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Wer in dieser Richtung keine Anstrengungen erkennen lässt, der wandert bewusst in unser Sozialsystem ein. Und diesen Zustand zu verstetigen, ist nicht Basis für einen gesellschaftlichen Konsens.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Dieser kann nur auf Basis eines erkennbaren Willens zur Integration fußen. Das entscheidende Kriterium hierbei wird – und ich denke, auch daran besteht kein Zweifel – durch den Willen zum Erlernen der Sprache deutlich. Wer also keine ernsthaften Anstrengungen unternimmt, die Sprache seines Gastlandes erlernen zu wollen, dem unterstelle ich auch, dass er den Willen zur Integration nicht hat.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Christian Brade, SPD)

Und wer die Sprache nicht erlernt, dem bleibt der Arbeitsmarkt verwehrt, der wird nie seinen Lebensunterhalt selbst verdienen können.

Über diese Frage, inwieweit Menschen, insbesondere, wenn sie vielleicht nur subsidiären Schutz genießen, daraus vielleicht ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht bei uns noch mal begründen wollen, wenn dieser Wille nicht erkennbar ist zur Integration, werden Politiker wahrscheinlich noch mal entscheiden müssen. Ja, die Praxis sieht jedenfalls so aus, dass dieser erste Schritt des Erlernens der Sprache schon sehr oft scheitert. Umso unverständlicher ist es, denn Bildung ist Ländersache, das betrifft die Berufsausbildung, die weitergehende Bildung der hier Ankommenden, die sich gerne qualifizieren möchten. Und schon haben wir wieder die Schnittmenge. Wir müssen sehen, dass wir also auch die Daten zum Sprach- und Bildungsstand hier haben, weil die weitergehende Bildung nicht mehr vom Bund getragen wird, sie findet hier statt, im Lande.

Insofern verstehe ich das jetzt nicht, dass man sich so sträubt und sagt, das geht uns alles nichts an, es ist nicht unsere Sache, diese Daten zu erheben,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

das wird im Bund gemacht, das wird in der Arbeitsagentur gemacht, also auch in einer Bundesagentur. Wir brauchen doch diese Daten deswegen, um die Weiterbildung effizient gestalten zu können in den Bildungseinrichtungen, in den beruflichen Schulen, im dualen System, in dem wir weltweit führend sind, und so weiter. Also ich verstehe es nicht, dass man nichts unternehmen will in dieser Angelegenheit, es sei denn, dass die Ergebnisse tatsächlich so schlecht sind, dass die Zahlen eventuell den sozialen Frieden gefährden könnten hier im Land. Denn ansonsten macht es keinen Sinn, so eine Geheimniskrämerei zu machen um diese Zahlen.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Richtig!)

Ja, wie gesagt, solange wir diese Zahlen nicht haben, können wir uns auch nicht effektiv darauf vorbereiten, wie wir diesen Menschen weiterhelfen sollen in den beruflichen Schulen, was müssen wir vorhalten an Lehrkräften, an speziellen Lehrkräften und so weiter. Es können auch Hilfsangebote für Menschen mit subsidiärem Schutz davon betroffen sein, die an speziellen Kursen an den Berufsschulen so ausgebildet werden können, dass sie eine berufliche Existenz in ihrer Heimat wieder aufbauen können,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

wenn diese subsidiären Schutzzeiten abgelaufen sind und die Bedingungen dafür wieder gegeben sind, dass sie zurückkönnen. Also sie haben durchaus die Möglichkeit, dort wertvolle Glieder ihrer Gesellschaft zu werden und nicht weiter Anlass zu geben, über den sozialen Frieden hier im Lande nachzudenken.

Meine Damen und Herren, insofern denke ich, dass unser Antrag doch Sinn macht und dass Sie noch mal drüber nachdenken sollten, ihm zuzustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/1577. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/1577 bei Zustimmung der Fraktion der AfD, ansonsten Ablehnung abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 38: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Schutzkonzept für gemeinschaftlich genutzte Unterkünfte ausländischer Flüchtlinge vorlegen, Drucksache 7/1585.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Schutzkonzept für gemeinschaftlich genutzte Unterkünfte ausländischer Flüchtlinge vorlegen – Drucksache 7/1585 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Larisch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Immer dort, wo viele Menschen zusammenwohnen, kommt es zu Konflikten. In Wohnungslosen-Unterkünften, in Internaten, in medizinischen Einrichtungen und auch in JVAs. In all diesen Einrichtungen werden Frauen, LSBTI und Kinder besonders geschützt. Und das tun wir nicht, weil wir diese für schwach halten, sondern das tun wir, weil wir wissen, dass diese Menschen besonders häufig Opfer von Gewalt und Diskriminierung werden. Frauen mit Behinderungen werden im Übrigen am häufigsten Opfer von Misshandlungen, und Männer sind besonders häufig Täter. Nur in Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete wird darauf gesetzlich noch kein Wert gelegt. Dieses ist nach wie vor eine freiwillige Aufgabe.

Circa 4,3 Prozent der Menschen in Mecklenburg-Vorpommern sind Ausländerinnen und Ausländer. Das heißt, sie haben eine andere als die deutsche Staatsangehörigkeit. Sie kommen aus EU-Ländern, aus anderen europäischen, afrikanischen oder asiatischen Ländern, aus Übersee, sie arbeiten und leben hier mit ihren Familien für eine bestimmte Zeit, sie sind ausländische Studierende an unseren Hochschulen und Auszubildende in unseren Betrieben. Knapp ein Sechstel von ihnen sind Asylbewerberinnen und Asylbewerber im Verfahren oder mit einer Duldung, mit subsidiärem Schutz oder Flüchtlinge nach der Flüchtlingskonvention.

Die meisten Menschen kommen aus Syrien, Afghanistan und der Ukraine – aus Ländern also, in denen zumindest regional Krieg und Terror herrschen. Die Menschen kommen auch aus Ghana und Eritrea – Länder, in denen es Elend und Verfolgung gibt, oder aus Albanien und Serbien, wo noch immer ethnische und religiöse Konflikte schwelen und Menschen, die gleichgeschlechtlich leben wollen, keine Chance haben, ein normales und sicheres Leben zu führen.

Wie leben diese Menschen hier in Deutschland? Ich sage es Ihnen: Sie leben in Gemeinschaftsunterkünften – Frauen, Kinder, Jugendliche, Mädchen, Jungen, Ältere, Greise und Männer. Sie leben auf engstem Raum, denn ihnen stehen per Gesetz nur jeweils sechs Quadratmeter zu. Sie teilen sich Sanitäranlagen, Gemeinschaftsräume und Küchen. Die Wände sind dünn, die Stimmung ist angespannt. Es ist ein Mix aus Kulturen, Sprachen, Einstellungen, Ethnien und Religionen.

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Dieser Mix enthält zwangsläufig Reibungspunkte und birgt Konfliktpotenzial. Provokationen durch Gesagtes, Handlungen oder eine andere oder konträre Lebensweise können dazu führen, dass die Stimmung schnell kippt und ohne ausreichende Rückzugsmöglichkeit eskaliert. Leidtragende in einer solchen Wohnsituation sind jene, die wehrlos und schutzlos sind. Das sind besonders Frauen, Kinder, Jugendliche, aber auch homo-, trans- und intersexuelle Menschen, denn diese sind in einigen Ländern überhaupt nicht akzeptiert.

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

Sie werden verfolgt oder ihnen droht für ihre Lebensweise sogar die Todesstrafe. Diese Nichtakzeptanz setzt sich in einigen Kulturen hier leider dann fort. Geflüchtete werden auch in ihrem Wohnumfeld zu Opfern von Gewalt aus eben den genannten Gründen. Es handelt sich also um besonders schutzbedürftige Personengruppen, um die müssen wir uns verstärkt kümmern.

Die Gewaltbereitschaft von Männern gegenüber Frauen und LSBTI wird als problematisch angesehen. Das hat der Landesfrauenrat Mecklenburg-Vorpommern in einem Expertengespräch im Sozialausschuss des Landtages hervorgehoben. Ebenso bestätigen der Flüchtlingsrat M-V und der Landesverband der Lesben und Schwulen Gaymeinsam e. V. die Notwendigkeit, die Personengruppen mit verbindlichen Schutzkonzepten zu schützen.

Hinzu kommen spezielle ethnische und religiöse Gruppen, die in einer ungünstigen Situation mit räumlicher Nähe und ohne ausreichende Schutz- und Rückzugsmöglichkeiten besonders häufig und heftig Zielscheibe von Übergriffen werden. Übergriffe im Wohnumfeld von gemeinschaftlich genutzten Unterkünften sind nicht selten. Das geht von Einschüchterung über Handgreiflichkeiten bis hin zu körperlicher Gewalt, Missbrauch und ja, auch Vergewaltigung.

Wir verheimlichen das nicht, weil es ist passiert – auch in Mecklenburg-Vorpommern. Aber, meine Damen und Herren, dieses darf nicht passieren! Es ist unsere – und damit meine ich uns Landespolitikerinnen und Landespolitiker –, es ist unsere oberste Verantwortung, den Menschen, für die wir den Schutzauftrag haben, einhundertprozentige Sicherheit zu geben.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Dafür stellen wir, die Fraktion DIE LINKE im Landtag Mecklenburg-Vorpommern, heute diesen Antrag. Wir fordern ein landeseinheitliches Schutzkonzept und Standards für den umfassenden Schutz von Kindern, Jugendlichen, Frauen, LSBTI sowie Angehörigen religiöser und ethnischer Gruppen in gemeinschaftlich genutzten Unterkünften sowie im Wohnumfeld für ausländische Flüchtlinge.

Das Schutzkonzept und die Standards müssen im Landesrecht verankert werden. Dafür müssen das Flüchtlingsaufnahmegesetz und die dazugehörenden Richtlinien und Verordnungen überarbeitet werden. Wir wollen, dass die Menschen menschenwürdige, schützende und fördernde Rahmenbedingungen vorfinden. Es müssen erweiterte Standards an das Personal gestellt werden,

die über bisherige Regelungen hinausgehen. Dazu gehören nachweislich, und nicht wie jetzt wünschenswert – in der Richtlinie ist das Ziffer 5.1 –, interkulturelle und sprachliche Kompetenzen, Supervisionen und Weiterbildungen zu Konfliktprävention und -bewältigung. Das Personalmanagement, interne Strukturen und externe Kooperationen müssen so ausgestaltet sein, dass Gefahren ausgeschlossen werden können, dass Übergriffen vorgebeugt wird und im Fall einer Bedrohung schnell interveniert werden kann. Der professionelle Umgang mit Gewalt und Gefährdungssituationen muss in den Fokus rücken.

Abhängig vom Träger und Betreiber der gemeinschaftlich genutzten Unterkünfte gibt es diese Schutzkonzepte in einigen Einrichtungen schon. Das ist vorbildlich. Wir dürfen die Sicherheit der Geflüchteten aber nicht von der Initiative einzelner handelnder Personen abhängig machen. Im Sinne des Schutzauftrages und der Kontrolle müssen wir ein landesweites Schutzkonzept implementieren – für alle Einrichtungen. Entsprechende finanzielle sächliche und personelle Mittel müssen den Kommunen vom Land erstattet werden. Bewohnerinnen und Bewohner sollen sich in ihrem Wohnumfeld angstfrei bewegen können. Sie müssen umfängliche qualifizierte Betreuung sowie ausreichende Rückzugsräume vorfinden.

Um dieses geschützte Wohnumfeld zu realisieren, muss auch die Unterbringung außerhalb der von mehreren Hundert Menschen bewohnten Unterkünfte möglich sein. Insbesondere die dezentrale Unterbringung in Wohnungen oder in speziellen Wohngruppen mit Sicherstellung der fachlichen sozialen Betreuung und Beratung ist für die besonders schutzbedürftigen Personengruppen niedrigschwellig zu ermöglichen. Dazu gehört auch, die Frauenhäuser weiter zu stärken.

Gerade letzte Woche haben wir einen Hilferuf des Güstrower Frauenhauses auch aus der Presse vernommen. Ihnen fehlen jährlich mehr als 60.000 Euro, um ihre Arbeit auszuführen. Wie lange soll das noch so weitergehen? Die Frauenschutzhäuser sind unterfinanziert, reißen Löcher in ihre Kassen, die Gehälter sind auf dem Stand von 2004 eingefroren, es finden sich nur noch schwer qualifizierte Fachkräfte für diese Arbeit. Wir hatten einst 20 Frauenhäuser. Jetzt sind es nur noch 9. Die Frauenhäuser zu sichern, gehört selbstverständlich auch zu den Maßnahmen für mehr Schutz und Hilfe für geflüchtete Frauen und Kinder.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was wir hier fordern, ist nicht neu, nur verschließt die Landesregierung ihre Augen vor der Handlungsnotwendigkeit.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)