Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten beziehungsweise die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler. Die Amtszeitbegrenzung kennen wir nur aus dem Amt des Bundespräsidenten, der eine Amtszeit von fünf Jahren hat. Durch die fünfjährige Amtszeit, die ein Jahr länger ist als die Legislaturperiode des Bundestages, soll eine Wahl von Bundespräsident, Bundestag und Bundeskanzler weitgehend verhindert und entzerrt werden. Seine anschließende Wiederwahl ist nur einmal zulässig. Der Bundespräsident ist damit das einzige oberste Verfassungsorgan des Bundes, bei dem das Grundgesetz eine Amtszeitbegrenzung in der Form vorsieht, dass nur zwei aufeinanderfolgende Amtszeiten zulässig sind. Auf diese Weise soll eine zu lang dauernde, ununterbrochene Einflussnahme einer einzelnen Präsidentenpersönlichkeit auf die Staatspolitik verhindert werden.
Solche Erwägungen sind auf die vorliegende Debatte um eine Wiederwahlsperre aber aus meiner Sicht nicht übertragbar. Auch die Amtszeitbegrenzung aus Frankreich oder den USA können auf die Wahl einer Ministerpräsidentin oder eines Ministerpräsidenten nicht ohne Weiteres übertragen werden, denn es gibt in Deutschland keine direkt gewählte Ministerpräsidentin oder Ministerpräsidenten.
Meine Damen und Herren, brauchen wir in unserem Bundesland eine Wiederwahlsperre – so würde ich es mal nennen – für das Amt des Ministerpräsidenten, wie es die BMV-Fraktion vorschlägt? Ich meine, nein. Eine Begrenzung der Amtszeit des Ministerpräsidenten ist nach bisherigen Erfahrungen nicht notwendig und auch aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht geboten. Schauen wir uns die vergangenen Amtszeiten der Ministerpräsidenten des Landes Mecklenburg-Vorpommern seit 1990 an, so stellen wir fest, unsere bisherigen Ministerpräsidenten waren maximal neun Jahre, elf Monate, drei Tage im Amt. Die längste Amtszeit von Dr. Harald Ringstorff als Ministerpräsident dauerte vom 3. November 1998 bis zum 6. Oktober 2008.
Meine Damen und Herren, wir stellen also fest, rein faktisch ist bislang kein Ministerpräsident länger als zehn Jahre im Amt gewesen.
Von quasi monarchischen Erbhöfen einzelner Ministerpräsidenten kann mit Blick auf die wechselnden Mehrheiten jedenfalls im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern und die unterschiedlichen Regierungsbildungen in unserem Land keine Rede sein. Verfassungsrechtliche Argumente sprechen ebenfalls nicht für, sondern eher gegen eine Amtszeitbegrenzung.
Die Landesverfassung in Artikel 3 und in Artikel 20 gibt als Staatsform die repräsentative Demokratie vor. Der Landtag ist die unmittelbar gewählte Vertretung des Volkes. Er wählt ohne Aussprache mit der Mehrheit seiner Mitglieder die Ministerpräsidentin/den Ministerpräsidenten. Die Amtszeit endet mit dem Zusammentritt des neuen Landtages. Die Abhängigkeit der Landesregierung vom Landtag drückt sich vor allem in der Wahl des Ministerpräsidenten aus. Sie oder er ist auf das Vertrauen des Landtages angewiesen. Das Amt des Ministerpräsidenten oder der Ministerpräsidentin endet daher, wenn ihm/ihr der Landtag in der laufenden Legislaturperiode das Vertrauen entzieht. Dieses konstruktive Misstrauens
votum ist in Artikel 50 Absatz 2 unserer Verfassung geregelt und ein Ausdruck der Akzessorietät des Ministerpräsidenten/der Ministerpräsidentin vom Vertrauen des Landtages. Es ist daher die Aufgabe des vom Volk gewählten Landtages, darüber zu befinden, ob die Amtszeit des Ministerpräsidenten vorzeitig endet.
Für eine vom Vertrauen des Landtages losgelöste Amtszeitbegrenzung besteht keine verfassungsrechtliche Notwendigkeit. Sie passt nach meiner Überzeugung auch nicht gut in das System der repräsentativen Demokratie, eher wirkt sie dort wie ein Fremdkörper.
Eine Amtszeitbegrenzung trägt entgegen der Begründung des Gesetzentwurfes ebenfalls nicht besonders zur lebendigen Demokratie bei. Richtig ist zwar, dass sie mit dem Zusammentritt des neuen Landtags und dem Ende der Amtszeit der Ministerpräsidentin oder des Ministerpräsidenten Ausdruck des Demokratieprinzips ist, es gehört jedoch nicht zum demokratischen Selbstverständnis, dass der bisherige Amtsinhaber vom neuen Landtag nicht wiedergewählt werden kann. Die Wiederwahl eines bisherigen Amtsinhabers ist genauso demokratisch legitimiert, wie die Wahl einer anderen Person durch den Landtag. Würde dem Wähler und dem von ihm gewählten Abgeordneten die Wiederwahl des bisherigen Amtsinhabers genommen, würde das Demokratieprinzip eher geschwächt als gestärkt.
Meine Damen und Herren, zu guter Letzt ist noch zu sagen, dass der Gesetzentwurf der BMV handwerklich nicht überzeugt.
Die Regelung in Artikel 54 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes, auf die ersichtlich abgestellt worden ist – Sie haben es auch so gesagt –, kann nicht als Vorlage dienen, denn während zwischen der fünfjährigen Amtszeit des Bundespräsidenten und der Legislaturperiode des Bundestags kein unmittelbarer Zusammenhang besteht, wird die Dauer der Amtszeit des Ministerpräsidenten maßgeblich durch den Landtag, durch die Wahlperiode des Landtages bestimmt.
Beispiel: Tritt etwa der gewählte Ministerpräsident während einer fünfjährigen Wahlperiode zurück und wird vom Landtag, sagen wir, beispielsweise für ein verbleibendes Jahr der Legislaturperiode ein neuer Ministerpräsident oder eine neue Ministerpräsidentin gewählt, so würde im Fall einer nur einmaligen Wiederwahlmöglichkeit die insgesamt mögliche Amtszeit nicht zehn Jahre, sondern lediglich sechs Jahre betragen.
Meine Damen und Herren, die bisherigen Regelungen haben stets für stabile Regierungsbildungen in Mecklenburg-Vorpommern gesorgt und sich bewährt. Es sollte auch zukünftig dem Wähler überlassen bleiben, sich für eine Kontinuität im Amt zu entscheiden oder aber einen Wechsel herbeiführen zu wollen, denn das Wahlvolk ist der Souverän, von dem die Staatsgewalt ausgeht. Ihm sollte man die Wahl selbst überlassen und ihn nicht durch eine verfassungsrechtliche Begrenzung der Amtszeit in seiner Wahlentscheidung einschränken.
Insgesamt komme ich deshalb zu dem Schluss: Diesen Gesetzentwurf brauchen wir nicht, weil er ein Problem lösen will, das wir im Land Mecklenburg-Vorpommern nicht haben,
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! In der bisherigen Diskussion hat es für mich kein Argument gegeben, dass nur die eine oder die andere Seite hier recht haben könnte. Ich glaube, man kann feststellen, dass beides möglich ist. Man kann in der bisherigen Situation weiterleben, die Verfassung so lassen, wie sie ist. Man kann sie aber auch ändern, ohne alles umzuwerfen.
Ich denke, es ist ebenso richtig, dass man sich freimachen soll zunächst einmal von den konkreten Personen, weil es vor allem dazu verleiten könnte, vorschnell für diese Regelung zu sprechen. Wir müssen zunächst, wenn man sich der Sache ganz nüchtern und unvoreingenommen nähert, darauf abstellen, wie die menschliche Natur ist. Wenn man zehn Jahre in einem solchen Amt ist, dann ist man, ganz gleich, wie die Ausgangsdisposition war, irgendwo schon ein bisschen verbraucht. Der Zenit …
Ich sage in der allgemeinen Erfahrung, wenn man zehn Jahre in einem solchen Amt ist, das schlaucht einen
(Thomas Krüger, SPD: Zehn Jahre als Richter schlauchen doch auch. Muss man da auch wechseln? – Marc Reinhardt, CDU: Aber auch zehn Jahre als Dachdecker schlauchen einen.)
Es ist natürlich richtig, dass das eine allgemeine Prognose ist, die im Einzelfall widerlegt werden kann. Es kann sein, dass sich da ein Landesvater oder eine Landesmutter, wie immer man das nennen will, entwickelt hat, der/die dermaßen beliebt ist, dass man sie gerne zwei oder drei Perioden hier als Landesmutter/Landesvater hätte. Aber wenn wir jetzt auf die Erfahrungen zurückblicken – gerade auf Bundesebene –, dann ist doch unverkennbar, dass, jedenfalls in den langen Amtsperioden, im Grunde am Schluss ein deutlicher Verschleiß auf allen
Ebenen erkennbar war. Das war bei Adenauer so, das war bei Kohl so und das scheint jetzt nicht sehr viel anders zu sein.
Wenn man eine solche Machtposition erstritten hat, dann tritt eine gewisse Monopolisierung der Macht ein, und dann fällt es schwer, rechtzeitig nein zu sagen. Das sind zunächst mal persönliche Aspekte, die aber, denke ich, der menschlichen Natur und der Erfahrung entsprechen.
Oder noch ein Argument: Es wurde eben von der Ministerin gesagt, dass hier im Lande bisher diese Frist von zehn Jahren nicht überschritten wurde. Ich habe das so verstanden, ungefähr in dem Sinne, dass es gut war, es ist ja gar nicht passiert.
Wenn das aber im Grunde dafür spricht, dass es vernünftig ist, faktisch gelebt oder wie auch immer, diese Frist nicht zu überschreiten, dann spricht nichts dagegen, Vorsorge zu treffen, dass die Frist unangemessen überschritten wird. Wir würden also faktisch, wie Sie selbst sagen, nicht so viel ändern.
In der Sache selbst, denke ich, ist ein wesentliches Merkmal etwas zurückgekommen. Der Kern der Demokratie besteht in der Vergabe von Herrschaft oder Macht auf Zeit. Das ist das ganz große Element dessen, was Demokratie ausmacht. Insofern, denke ich, ist unbestritten, dass, wenn man eine zeitliche Begrenzung vornimmt, es letztlich der Lebendigkeit der Demokratie dient, weil dann ein Personalwechsel stattfinden muss. Ein Personalwechsel führt dazu, dass neue Ideen sich damit entfalten können und mehr Lebendigkeit passiert.
Dieses, denke ich, ist ein wichtiges Argument, das auch dann gilt und nicht verfassungsfremd ist, wenn Sie, Frau Ministerin, einwandten, das würde wesentlich nur gelten bei einer Direktwahl. Wieso eigentlich? Bei der Direktwahl ist die betreffende Amtsperson dem Souverän, nämlich dem Volk, viel näher, und wenn das Volk direkt wählt und den zwei-, dreimal oder viermal wählt, ist viel weniger dagegen zu sagen als in der parlamentarischen Demokratie, wo eine bestimmte Person – es wäre hier die Ministerpräsidentin oder die Kanzlerin – in der Partei die Macht gebündelt hat. Wie schwer die Macht in einer Partei gebrochen werden kann, das haben wir oft genug erlebt. Das ist genau diese Machtmonopolisierung, dass an sich die Zeit reif ist und es passiert nichts. Ich denke, das ist ein Argument, das man genau von der anderen Seite her sehen muss, dass gerade in der parlamentarischen Demokratie unter dem Gesichtspunkt „Macht auf Zeit und rechtzeitige Beendigung der Machtposition“ vieles dafür spricht, diese Macht zeitlich zu begrenzen. Es ist richtig, das wurde mit vielen Beispielen gebracht, dass es im Grunde nichts Neues ist, dass es viele Beispiele dafür gibt, die will ich nicht alle wiederholen.
Es würde sich sicherlich, wenn man das mal rundum diskutiert, natürlich auch die Frage stellen, inwieweit Kabinettsmitglieder Parlamentarier sein sollten, ob man auch die Amtsperiode der Parlamentarier begrenzen könnte. In Amerika ist das so. Jedenfalls würde der Trend zum Berufspolitiker, der von der Jugendorganisation einer Partei angefangen die Leiter der Politkarriere
Im Ergebnis meine ich jetzt die aktuelle Situation in Deutschland, wo Herr Söder, designierter Ministerpräsident, sich festgelegt hat, dass er für Bayern eine solche Regelung einführen will. Dann ist die Prognose nicht schwierig zu sehen, dass die ganze Debatte dadurch belebt würde. Ich meine deshalb, dass es heute darum geht, das in den Ausschuss zu überweisen. Ich halte das für sehr vernünftig, denn ein Schnellschuss ist nicht angebracht, man muss das von allen Seiten betrachten.
Man kann das nicht nach Augenblickseindrücken, insbesondere der personellen Situation, entscheiden, aber die Sache ist es wert, darüber nachzudenken.
Ich komme noch mal darauf zurück. Wenn das in Bayern passiert, dann könnte ich mir vorstellen, wenn wir hier zu dem Ergebnis kämen, dass das sehr sinnvoll und gut ist, auch hier in Mecklenburg-Vorpommern das mehrheitsfähig wäre, dann wäre das für die gesamte Republik eine interessante Situation, die würde man gewissermaßen in eine Klammer nehmen, Nord–Süd, und da würde es vielleicht zu sinnvollen Änderungen kommen.
Fazit: Wir haben uns mehrheitlich – wir waren auch nicht ganz einer Meinung – dazu durchgerungen, dass wir diesen Vorschlag gut finden, wir könnten uns damit anfreunden.
Wir stimmen hier vielleicht einheitlich ab, weil wir zunächst für die Überweisung abstimmen und Weiteres heute nicht auf der Tagesordnung steht. Im Übrigen ist es tatsächlich bei uns so, dass wir nicht nur eine Einheitsmeinung haben. – Vielen Dank.