Protokoll der Sitzung vom 14.03.2018

Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort die Abgeordnete Tegtmeier.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Erst einmal herzlichen Dank an die Justizministerin, dass sie einige Punkte, die Herr Wildt hier ausgeführt hat, nicht nur klargestellt, sondern auch ins rechte Licht gerückt hat, weil Sie ganz viele Dinge hier aufgezählt haben, die einfach mit unserem Wahlsystem gar nicht vergleichbar sind – Stichpunkt „direkte Wahlen“.

Was mir aber bei Ihrem Vortrag vor allen Dingen aufgefallen ist, ist, dass Sie zahlreiche Passagen zitiert haben, die ich in einer Publikation des Vereins „Mehr Demokratie“ genauso gefunden habe, nämlich beginnend in der Antike bis hin in die heutige Zeit. Auch dort ist darauf hingewiesen worden, dass man bei Begrenzung der Wahlzeiten verschiedener Gremien, auch der Parlamente, ebenfalls berücksichtigen müsste, dass da dann ein 2-Kammern-System zu beachten wäre, genau wie andere Dinge, wie beispielsweise die direkte Wahl in dem einen oder anderen Fall. Das haben Sie so ein bisschen

weggelassen. Aber na gut, das war zielgerichtet auf Ihren Antrag so gemacht.

Aber wenn Sie hier so viel aus dieser Publikation verwenden, möglicherweise waren auch nur die Quellen gleich, die Sie hatten, dann hätte ich allerdings erwartet, dass Sie das Fazit dieses doch sehr systemkritischen Vereins ebenfalls mit verwenden. Das ist gar nicht so negativ in Ihrem Sinne,

(Bernhard Wildt, BMV: Das haben wir noch gar nicht fertiggemacht.)

sondern die kommen lediglich zu der Auffassung, dass man dazu keine wirkliche Empfehlung abgeben kann, weil es in jedem Fall Vor- und Nachteile hätte. Ich werte das natürlich so: Da dieser Verein sehr systemkritisch ist, hätte er sich schon gewünscht, mehr Argumente für die Begrenzung der Wahlzeiten zu finden, was allerdings offensichtlich nicht der Fall gewesen ist.

Wenn Sie meinen Kollegen aus dem Bayerischen Landtag zitieren, der den Vorschlag von Herrn Söder – das war eine Ankündigung, die er in der Presse gemacht hat –, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen, den Ministerpräsidenten in seiner Wiederwahl zu begrenzen, dann hätten Sie aber auch sagen müssen, dass er sehr infrage gestellt hat, ob so ein Gesetzentwurf tatsächlich vorgelegt werden wird.

Aber ich denke, wir sollten auf den Kern Ihres Gesetzentwurfes zurückkommen, der unsere Verfassung ändern möchte. Wenn Sie so unterschiedliche Systeme vergleichen, kommt mir das ein bisschen so vor, als wenn Sie beim Sport zum Beispiel Volleyball mit Handball vergleichen. Bei dem einen gibt es zwei Halbzeiten, bei dem anderen gibt es Sätze. Ich glaube, dass gerade unsere Demokratie sich dadurch auszeichnet, dass die Wählerinnen und Wähler von vornherein wissen, wer die Spitzenkandidaten der Parteien sind, und dass von vornherein klar ist, dass sie wissen, wer der Ministerpräsident oder die Ministerpräsidentin dieses Landes bei einem entsprechenden Ergebnis wird. Für uns kommt es auf die freien Wahlen mehr an als auf eine eingeschränkte Zeit für entsprechende Wahlämter.

Um das ganz kurz zusammenzufassen: Sie wollen eine Beschränkung der Wiederwahlen, wir wollen das nicht und deswegen lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Bernhard Wildt, BMV)

Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt das Wort die Abgeordnete Bernhardt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Uns liegt heute der Gesetzentwurf der BMV zur Beschränkung der Amtszeit der Ministerpräsidentin vor. Die Begrenzung der Amtszeit für hochrangige Regierungsmitglieder wie etwa der Bundeskanzlerin oder hier im Land der Ministerpräsidentin ist eine Forderung, die immer wieder und aus allen Parteien erhoben wird. Auch bei Besuchergruppen, wenn man das Thema anspricht, ist die Zustimmung sehr schnell sehr groß. Das zeigt, wir haben ein Problem in der Demokratie. Nach Meinung der

BMV leidet die Demokratie an zu wenig neuem Schwung, so konnte ich Ihrem Gesetzentwurf entnehmen.

Ist dem so? Ist das Problem des zu wenigen Schwungs wirklich die Amtszeit der Ministerpräsidentin/des Ministerpräsidenten

(Bernhard Wildt, BMV: Sicherlich nicht alleine!)

oder ist liegt das Problem in Mecklenburg-Vorpommern nicht eher am Demokratieverständnis der Regierungsfraktionen,

(Marc Reinhardt, CDU: Das gilt dann auch für Landräte. – Torsten Renz, CDU: Landräte in Ludwigslust und Parchim.)

insbesondere der SPD, die alles, was von der Opposition im Landtag beantragt wird,

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

sei es die kostenfreie Kita oder die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz, ablehnt,

(Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

selbst die Befassung im Ausschuss,

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

nur, damit sich dann Frau Ministerpräsidentin vor die Presse stellen kann und zum zehnten Mal Worte folgen lassen kann und die kostenfreie Kita beispielsweise verkaufen kann? Ist aber das Problem bei uns in Mecklenburg-Vorpommern nicht eher, dass die Koalitionsfraktionen die Rollen von Legislative und Exekutive völlig vertauscht haben, dass nicht die Regierung die Beschlüsse des Landtages ausführt, sondern der Landtag die Vorgaben der Regierung in blindem Gehorsam abnickt? Das sind aus meiner Sicht die viel spannenderen Fragen, zu denen ich gerne im Ausschuss diskutieren würde.

Die Fragen machen deutlich, dass es keine einfache Debatte ist. Eine einfache Lösung, um Demokratie zu stärken, frischen Wind in unsere Debatten zu bringen, wobei die schon an einigen Stellen sehr lebhaft sind, gibt es nicht. Da bringt es auch nichts, allgemein Mecklenburg-Vorpommern als Vorreiter darstellen zu wollen. Ich sehe in anderen Landtagen einen anderen Umgang mit der Opposition, auch von SPD und CDU.

(Marc Reinhardt, CDU: Was?)

Unser Umgang mit Demokratie, die wir hier im Landtag erleben, ist anders als beispielsweise in Sachsen-Anhalt.

Es ist für unser Bundesland wichtig zu schauen, so meinen wir, was bei uns notwendig ist, um die Demokratie zu stärken. Dementsprechend sollte man es sich in dieser Debatte nicht zu leicht machen und sagen, unsere Demokratie leidet, weil die Ministerpräsidentin, die gerade mal ein Jahr im Amt ist, zu lange hier im Parlament säße. Obwohl Frau Schwesig nur ein Jahr im Amt ist, sind die Debatten im Landtag zwar oft schwungvoll, aber die Politik bleibt stehen. Oppositionsanträge, egal wie gut und sachlich sie begründet sind, finden nur in extremen

Ausnahmefällen die Zustimmung der Regierungsfraktionen von SPD und CDU.

(Martina Tegtmeier, SPD: Das ist ja wohl eine Frechheit, was Sie da sagen!)

Ich meine, das ist das Hauptübel der Demokratie hier in Mecklenburg-Vorpommern,

(Martina Tegtmeier, SPD: Dass der Wähler so will, wie er will?)

und nicht, dass unsere Demokratie zu wenig lebendig ist. Es sind die Regierungsfraktionen, die in ihrer Großherrlichkeit 90 Prozent der Oppositionsanträge ablehnen.

(Martina Tegtmeier, SPD: Soll ich Ihnen schon mal ein Taschentuch rausholen?! – Peter Ritter, DIE LINKE: Ach, Frau Tegtmeier!)

Es ist eine Ministerpräsidentin Schwesig, die die Demokratieverdrossenheit auch bei uns Berufspolitikern fördert, wenn sie bei einer öffentlichen Veranstaltung vor dem Schloss verlautbaren lässt, dass Opposition eh nichts bewirkt, obwohl sie noch zu Beginn ihrer Regierungszeit von einem neuen Umgang mit der Opposition sprach.

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

Ich denke, das Problem ist ein Umgang mit Demokratie von einigen Personen. Insofern kann ich in der Beschränkung der Amtszeit der Ministerpräsidentin keinen großen Vorteil für die Demokratiestärkung in Mecklenburg-Vorpommern erkennen. Ich erinnere mich an Ministerpräsident Ringstorff, der wesentlich länger hier war und der ein ganz anderes Demokratieverständnis im Landtag hatte.

(Andreas Butzki, SPD: Das hat die CDU anders gesehen.)

Wenn Oppositionspolitiker gefrustet zu den Bürgern gehen und diese Bürger erleben, dass sie mit ihrem Problem alleingelassen werden, dann fördert dies die Demokratieverdrossenheit der Bürgerinnen und Bürger, und da ist es egal, wie lange eine Ministerpräsidentin/ein Ministerpräsident im Amt sitzt. Da kommt es nur auf ihr Handeln, auf ihre Taten an und nicht auf ihre schönen Worte.

Sehr geehrte Dame und Herren der BMV, aber nicht nur deshalb überzeugt mich Ihr Gesetzentwurf nicht. Es geht noch weiter. Sie sprechen in Ihrer Begründung davon, dass regelmäßige Wahlen durch einen Austausch des politischen Personals für diesen Wandel und damit auch für immer neuen Schwung in den politischen Debatten und den gesellschaftlichen Diskursen sorgen sollen. Wenn dem so ist, und das gesamte politische Personal für einen neuen Schwung sorgen müsse, dann ist Ihr Gesetzentwurf unehrlich, wenn er nur die Beschränkung der Amtszeit der Ministerpräsidentin/des Ministerpräsidenten fordert.

(Sebastian Ehlers, CDU: Das stimmt.)

Warum fordern Sie entsprechend Ihrer eigenen Begründung nicht auch die Amtszeitbegrenzung des gesamten

politischen Personals, wozu ich mich auch zähle? Wenn Sie Ihre eigene Begründung ernst nehmen würden, warum fordern Sie dann nicht eine Amtszeitbeschränkung von uns Landtagsabgeordneten bis zu den Mitgliedern der Landesregierung einschließlich des Regierungschefs? Ich kann mir nur vorstellen, weil es dann auch um Ihre Jobs ginge, die so gefährdet wären.

(Bernhard Wildt, BMV: Da liegen Sie verkehrt.)

Auch aus diesem Grund ist der Gesetzentwurf aus unserer Sicht wenig überzeugend.

Im Übrigen sind mir die Debatten um die Begrenzung der Amtszeiten auch von uns Abgeordneten in meiner Partei nicht fremd, sondern allzu vertraut,

(Heiterkeit bei Christel Weißig, BMV)

machen wir uns doch stets Gedanken, wie wir die Demokratie in Deutschland und in Mecklenburg-Vorpommern weiter vorantreiben können. So streiten wir immer wieder für eine Begrenzung der Amtszeit von Abgeordneten. Der Bundestagsabgeordnete Jan van Aken schied beispielsweise freiwillig nach zwei Legislaturperioden aus, da er diese Begrenzung stets forderte.

(Egbert Liskow, CDU: Das habt ihr doch auch immer gefordert und dann nicht gemacht!)

Sie sehen, das Thema ist auch bei uns aktuell. Wie gesagt, eine leichte Lösung dafür gibt es nicht. Aus diesem Grund stimmen wir der Überweisung in den Ausschuss zu, wir würden aber den Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form ablehnen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.