Sie sehen, das Thema ist auch bei uns aktuell. Wie gesagt, eine leichte Lösung dafür gibt es nicht. Aus diesem Grund stimmen wir der Überweisung in den Ausschuss zu, wir würden aber den Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form ablehnen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Vorteil, wenn man zum Schluss redet, ist, dass man ein Stück weit auf die Dinge eingehen kann, die genannt wurden. Hier wurden einige Themen auf den Marktplatz geworfen, zuletzt von der Kollegin Bernhardt, wo es sich, glaube ich, lohnt, darauf einzugehen. Dazu komme ich später.
Werte Kollegen von der BMV, Sie schreiben in der Begründung Ihres Antrages, ich zitiere: „Eine lebendige Demokratie zeichnet sich durch Wandel aus.“ Ich glaube, diesen Satz können wir alle unterschreiben. Wenn wir uns das letzte Jahr, die letzten Monate anschauen, ich habe mal nachgezählt – ich würde jetzt die Bayern, den Kollegen Söder mit einbeziehen, weil ich glaube, die Mehrheiten sind da so stabil, dass der am Freitag gewählt wird –, dann haben wir in 6 von 16 Bundesländern neue Ministerpräsidenten gewählt. Neben Manuela Schwesig in Mecklenburg-Vorpommern waren das Daniel Günther, Armin Laschet, Michael Kretschmer, Tobias Hans und am Freitag Markus Söder. Das Schöne daran ist, fünf von sechs gehören der Union an.
Daran sehen Sie, dass wir ebenfalls einen Wandel haben in den Landesparlamenten. Da brauche ich gar nicht zurückzugucken bis Adenauer und Kohl und irgendwas zu erzählen, sondern wir reden über MecklenburgVorpommern, wir reden über die Landespolitik, und auch hier findet heute schon ein Wandel statt.
Ich habe mit Interesse gelesen, Sie wollen als BMV die CSU des Nordens werden. Das war schon der Wahlslogan der CDU zur Landtagswahl 1998, erinnere ich mich. Wenn Sie das konsequent umsetzen, ist es logisch, dass Sie jetzt die Forderung von Markus Söder aufgreifen. Dann müssten Sie aber konsequent sein. Bayern ist, glaube ich, das einzige Bundesland, wo es ein Mindestalter gibt für die Ministerpräsidenten, das wissen Sie. Man muss 40 sein, um Ministerpräsident zu werden. Dann wäre es konsequent, wenn man auch die Forderung, wenn jetzt Bayern Ihr Vorbild sein soll, hier an der Stelle mit aufnimmt.
Ich glaube, und die Justizministerin ist darauf eingegangen, dass es Unterschiede gibt. Man kann politisch argumentieren, wie es einige machen, man kann das auch demokratietheoretisch, verfassungstheoretisch diskutieren. Amtszeitbegrenzung gibt es in der Regel im präsidialen System – in den USA, in Frankreich – aus gutem Grund, denn dort haben die Staatsoberhäupter, Regierungschefs mehr Kompetenzen als beispielsweise in Deutschland. In Deutschland, das ist nun mal ein Wesensmerkmal der parlamentarischen Demokratie, ist es so, dass zunächst die Spitzenkandidaten von den Parteien nominiert werden und dann die Bürger entscheiden können, gebe ich dieser Partei das Vertrauen, soll diese Person Bundeskanzler, Ministerpräsident werden oder nicht mehr.
Bei den genannten Beispielen waren einige, wenn ich Schleswig-Holstein sehe oder Nordrhein-Westfalen, wo es amtierende Amtsinhaber nicht wieder geschafft haben, wo ein Wechsel stattgefunden hat. Auch heute gibt es die Möglichkeit einzugreifen. Da brauche ich gar nicht ins Grundgesetz zu schauen. Wir reden hier originär über die Landesverfassung. Der Artikel 50 Absatz 2 ist zitiert worden, ich darf es noch mal wiederholen an der Stelle: „Das Amt des Ministerpräsidenten endet, wenn ihm der Landtag das Vertrauen entzieht. Der Landtag kann das Vertrauen nur dadurch entziehen, dass er mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt.“ Also auch hier gibt es Möglichkeiten für das Parlament, wenn sich Mehrheiten ändern oder Dinge eintreten, die nicht planbar sind, einzugreifen.
Sie haben selbst Beispiele genannt für ehemalige Ministerpräsidenten. Ich habe mal die Zahl herausgesucht, ich hoffe, sie stimmt: Von allen Ministerpräsidenten seit 1949 beziehungsweise seit Gründung der Länder waren 47 länger als zwei Wahlperioden im Amt und das waren so beliebte Landesväter wie Willy Brandt, Lothar Späth, Edmund Stoiber, Johannes Rau, Bernhard Vogel, also Persönlichkeiten – mal losgelöst von dem, was man vielleicht im Einzelnen politisch von ihnen hält –, die wirklich beliebt waren beim Volk. Und Sie wollen erklären, dass ein beliebter Landesvater, eine beliebte Landesmutter nach zwei Perioden nicht wieder antreten
kann?! Das finde ich schwierig. An der Stelle bin bei ich der Kollegin Bernhardt, weil es war auch meine erste Reaktion zu fragen: Warum dann nicht Amtszeitbegrenzung ebenso für Abgeordnete? Das wäre nur logisch und konsequent an der Stelle. Natürlich hat sich auch bei mir so ein bisschen unterschwellig der Verdacht eingeschlichen, am eigenen Ast sägt man ungern, und die Aussicht, dass die BMV hier künftig einen Ministerpräsidenten stellt, würde ich sagen, ist eher im Promillebereich, ohne Ihnen da jetzt zu nahe zu treten.
Frau Kollegin Bernhardt hat es gerade angeführt, es gab die Modelle. Ich erinnere mich an die GRÜNEN, wo es eine Rotation gab, glaube ich, als die angefangen haben im Bundestag: nach zwei Jahren alle alten raus, neue wieder rein.
Dieses Projekt ist ohne Erfolg begraben worden, weil, und das wissen Sie selbst – ich bin auch neu gewählter Abgeordneter, genau wie Sie –, man braucht eine Weile, um hier reinzukommen. Wenn man ein Jahr braucht, um reinzukommen, und dann nach einem Jahr Arbeit wieder gehen muss, finde ich das etwas schwierig. Trennung von Amt und Mandat, ich glaube, das haben DIE LINKEN hier im Land zelebriert. Helmut Holter und andere mussten ihr Landtagsmandat abgeben.
Von irgendwelchen Rotationen halte ich nichts, weil ich glaube, ein Stück weit Erfahrung gehört dazu. Das System ist durchlässig. Es ist nicht Gott gegeben, dass man in seinem Wahlkreis von der Partei wieder nominiert wird, dass man wiedergewählt wird. Auch das zeigt ein Blick ins Parlament. Ich habe jetzt die aktuelle Zahl nicht, aber ich glaube, mehr als die Hälfte der Abgeordneten sind hier auf jeden Fall neue Abgeordnete.
Frau Kollegin Bernhardt, nach dem Lob muss ich noch auf zwei, drei Sachen eingehen. Das Thema Kinderrechte ist ein schlechtes Beispiel, weil da haben wir nun wirklich Seite an Seite hart gekämpft.
(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Na ja, unserem Antrag konnten Sie nicht zustimmen, da musste ein neuer her, eine Bundesratsinitiative.)
Nun ist es im Koalitionsvertrag verankert, Frau Bernhardt. Freuen Sie sich doch jetzt mal, dass Ihre Idee in Berlin aufgegriffen wurde und dass die Kinderrechte nun ins Grundgesetz kommen!
(Peter Ritter, DIE LINKE: Ist das als Quelle angegeben im Koalitionsvertrag?! – Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE)
Da können Sie sich auf die Schulter klopfen und sagen, Sie haben Ihren Teil dazu beigetragen. Das sei Ihnen gegönnt.
Mich kennen Sie dahin gehend, dass ich mich mit Ihren Anträgen inhaltlich auseinandersetze. Wenn ich dort wenig bis gar nichts an Zustimmungsfähigem habe – wir haben morgen oder Freitag das Thema Krankenhausgeräte –, dann ist es für mich schwierig, nur um der Opposition ein Zuckerle zu geben, da zuzustimmen.
Wir setzen uns, glaube ich, sehr intensiv mit Ihnen auch inhaltlich auseinander. Hier wird nicht pauschal irgendwas weggewischt. Am Ende entscheiden Mehrheiten, das ist das Wesensmerkmal der Demokratie.
Wenn Sie sagen, 90 Prozent Ihrer Anträge werden abgeschmettert, ich glaube, unter Rot-Rot, wenn ich mal zu den Kollegen gucke, die damals dabei waren, waren es 100 Prozent.
Also tun Sie bitte nicht so, als wenn Sie hier der Hütter der Demokratie wären und wir Ihnen was Schlechtes wollen! Das ist mitnichten so.
Aber zurück zum Thema. Ich glaube, die Fragen, die die BMV aufgeworfen hat, sind durchaus berechtigt. Sie sprechen von antidemokratischen Bewegungen und Vertrauensverlust in Demokratie. Wenn ich da mal in die Historie zurückgucke und mir die 68er-Bewegung anschaue – ich glaube, der Bundeskanzler, der damals im Amt war, war Kurt Georg Kiesinger, der war gerade zwei Jahre im Amt –,
da lag es zum Beispiel nicht an der Amtszeit des Bundeskanzlers, dass dort diese Bewegung entstanden ist. Von daher glaube ich, diese historischen Vergleiche hinken immer ein Stück weit. Ich bin der Meinung, wir würden den Wählerwillen ignorieren, wenn wir hier eine wie auch immer geartete Amtszeit für wen auch immer einführen würden. Deswegen werden wir Ihren Gesetzentwurf ablehnen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Vielen Dank für die anspruchsvolle Debatte.