Protokoll der Sitzung vom 14.03.2018

Für die Fraktion DIE LINKE hat noch einmal das Wort der Abgeordnete Foerster.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Ich verzichte.)

Nicht mehr, okay. Dann liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor und ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Einzelberatung über den von der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Sonn- und Feiertage auf Drucksache 7/1322.

Ich rufe auf die Artikel 1 und 2 sowie die Überschrift in der Fassung des Gesetzentwurfes. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit sind die Artikel 1 und 2 sowie die Überschrift in der Fassung des Gesetzentwurfes der Fraktion DIE LINKE bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE,

ansonsten Gegenstimmen aller anderen Fraktionen abgelehnt.

Somit ist der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/1322 mit diesem Stimmverhalten abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 4: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes, auf Drucksache 7/1320(neu), hierzu die Beschlussempfehlung und den Bericht des Innen- und Europaausschusses auf Drucksache 7/1875.

Gesetzentwurf der Landesregierung Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 7/1320(neu) –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innen- und Europaausschusses (2. Ausschuss) – Drucksache 7/1875 –

Das Wort zur Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort für die Fraktion der SPD hat die Abgeordnete Frau Tegtmeier.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Gehen euch die Redner aus?)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Angesichts der Sicherheitslage in der Bundesrepublik Deutschland scheint es erforderlich, auch hier zügig zur Abwehr von terroristischen Gefährdungslagen Befugnisse zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung und für Aufenthaltsge- beziehungsweise -verbote zu schaffen.

Der vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes wurde nach der Ersten Lesung im Dezember mehrfach beraten und federführend an den Innen- und Europaausschuss, wie Sie alle wissen, und mitberatend an den Rechts- und Finanzausschuss überwiesen. Es wurde auch eine öffentliche Anhörung durchgeführt, wie das üblich ist.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, was hier üblich ist, darüber können wir uns dann nachher unterhalten.)

Neben dem Städte- und Gemeindetag, dem Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit – ja, Herr Ritter, wie das so üblich ist –

(Peter Ritter, DIE LINKE: Jaja! Eben nicht, eben nicht.)

und der Gewerkschaft der Polizei wurden Vertreter aus Polizeibehörden, Professor Schwarz von der Uni Würzburg und so weiter zum Sachverhalt gehört. Auf dieser

Grundlage hat der Innen- und Europaausschuss den Gesetzentwurf unverändert angenommen. Also damit hat der Innenausschuss die Notwendigkeit der Erhöhung der Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes anerkannt.

Die Landespolizei soll zukünftig Maßnahmen treffen dürfen, damit sie bei Vorliegen entsprechender Erkenntnisse über terroristische Gefährdungslagen schon früher als bisher eingreifen kann, um Gefahren und Straftaten zu verhindern. Es gibt im SOG bisher keine spezielle Befugnis, die eine elektronische Aufenthaltsüberwachung von gefährlichen Personen zulässt. Auch sind die rechtlichen Möglichkeiten für Aufenthaltsgebote und -verbote nicht speziell im Zusammenhang mit terroristischen Gefahren ausgestaltet. Auf Bundesebene sind solche Regelungen bereits in Kraft und deswegen lag uns etwas daran, das flächendeckend zu gewährleisten, weil andere Bundesländer hier bereits nachgezogen haben.

Also Ziel ist es, im Einzelfall eine langanhaltende Überwachung der als gefährlich einzuschätzenden Personen aus dem terroristischen Spektrum zuzulassen, auch wenn noch keine konkreten Straftaten einschließlich strafbarer Vortaten gesichert nachgewiesen werden können oder ihre Verurteilung bereits zurückliegt. Das ist eine wirklich fundamentale Änderung der Rechtslage, wie wir sie bisher hatten.

Im Einzelnen wird eine Ermächtigungsnorm zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung im SOG aufgenommen. Es wird für die Polizei die Möglichkeit geschaffen, eine Aufenthaltsanordnung zu erlassen. Diese darf ausschließlich die Leitung der zuständigen Polizeibehörde für die Dauer von höchstens drei Monaten treffen. Eine Verlängerung dieser Maßnahme bedarf einer gerichtlichen Entscheidung. Das war zunächst ein sehr kritisch gesehener Punkt.

Es wird weiterhin normiert, welche Straftaten im Sinne des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes als terroristische Straftat überhaupt gelten. Und es wird erstmals eine Strafvorschrift aufgenommen, um ein spezielles Sanktionierungsinstrument bei Verstößen gegen angeordnete elektronische Überwachungsmaßnahmen oder gegen die Aufenthaltsanordnung zu schaffen. Die vorgesehenen Regelungen orientieren sich dabei an den Formulierungsvorschlägen durch eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, damit das auch nicht als Flickenteppich, sondern bundeseinheitlich in allen Bundesländern so gehandhabt wird.

Darüber hinaus ist, wie auch schon im Koalitionsvertrag verankert, eine gesetzliche Norm im Sicherheits- und Ordnungsgesetz vorgesehen, um den pilotweisen Einsatz von Bodycams zu ermöglichen. Auch über diesen Punkt wurde lange diskutiert. Da wurden Bedenken vorgetragen, was die Aufnahmezeit angeht, was die Löschzeit angeht und so weiter. Aber der jetzt vorliegende Gesetzentwurf hat eine breite Unterstützung durch den Innenausschuss erfahren.

Der Einsatz von Bodycams soll in erster Linie zur Sicherheit von Polizeivollzugsbeamten und Dritten beitragen, um beim Einsatz an öffentlich zugänglichen Orten Bild- und Tonaufzeichnungen offen zu erheben und sie auch für eine bestimmte Zeit durchaus zu speichern. Unter engen Voraussetzungen ist der offene Einsatz der Geräte auch in Wohn- und Geschäftsräumen und befriedeten Gelände zugelassen. Insgesamt erwarten wir, dass der

Einsatz von Bodycams spürbar zur Erhöhung der Sicherheit unserer Polizistinnen und Polizisten beiträgt und gleichzeitig zu einer qualifizierten Beweissicherung im Einzelfall führen wird.

Das sind die Schwerpunkte dieses Gesetzentwurfes. Ich bitte Sie um Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort der Fraktionsvorsitzende Herr Kramer.

Verehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Abgeordnete! Liebe Landsleute!

Frau Tegtmeier, wichtig ist mir, dass Sie betont hätten, dass der Innenausschuss mehrheitlich zugestimmt hat und nicht einstimmig. Das kam so rüber, weil Sie sagten, der Innenausschuss hätte zugestimmt.

(Martina Tegtmeier, SPD: „Einstimmig“ habe ich nicht gesagt, ich habe gesagt, „mit großer Mehrheit“.)

Ich weiß nicht, in welcher Innenausschusssitzung, in welcher Anhörung Sie gewesen sind. In den Anhörungen, in denen ich dabei gewesen bin, war Herr Professor Schwarz nicht zugegen. Er hat lediglich eine Stellungnahme abgeliefert.

Die Landesregierung hat sich mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Terrorismusbekämpfung befassen wollen und sich gleichzeitig für sogenannte Bodycams in der Landespolizei ausgesprochen. Das finden wir sehr gut. In der Folge werde ich noch auf unseren Änderungsantrag zurückkommen. Zunächst werde ich kurz auf das Thema Bodycams eingehen, um dann zur Bekämpfung eines sich ausbreitenden Terrorismus zu sprechen.

Mit der heute zu behandelnden gesetzlichen Regelung zum Einsatz von Bodycams geht die AfD-Fraktion konform. Vor dem Hintergrund des seit vielen Jahren kaputt gesparten Polizeiapparates sehen wir den besseren Schutz unserer Beamten als unerlässlich an.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Auch die positiven Erfahrungen anderer Länder bestärken uns darin, Bodycams als ein notwendiges Instrument für mehr Aufklärung, Abschreckung und vor allem Beweissicherung zu etablieren. Gleichwohl haben wir einen Änderungsantrag zur konkreten Ausgestaltung der Bodycams gestellt. In diesem fordern wir, die Voraufzeichnungsfunktion von 60 auf 120 Sekunden zu erhöhen. Ginge es nach mir, hätte ich auch gern 180 Sekunden, denn es ist zu erwarten, dass bei längerer Voraufzeichnung die Aufklärung der Straftaten noch weiter erhöht würde.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

So ein Ereignis, welches der Polizeibeamte zur Dokumentation und Beweissicherung als aufzeichnungsfähig erachtet, was auch in klare, enge Grenzen und in diesem Sicherheits- und Ordnungsgesetz festgeschrieben werden soll, fällt ja nicht vom Himmel. Wir haben auch eine

Vorgeschichte. Nach meinem Empfinden ist es gerade wichtig, diese Vorgeschichte, nicht nur den Moment der Eskalation, sondern auch die Vorgeschichte, die ursächlich für dieses Verhalten ist, mit aufzuzeichnen, und deswegen mindestens 120 Sekunden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Meine Damen und Herren Abgeordnete der Regierungsparteien, die hierzu geleistete Ausschussarbeit mit Ihnen ist wirklich ernüchternd. Anstatt unseren Verbesserungsvorschlag und auch den konträren Vorschlag der Partei DIE LINKE ernsthaft zu diskutieren, haben Sie beide Änderungsanträge fast kommentarlos abgelehnt. Das scheint sich mittlerweile bei Initiativen vonseiten meiner Fraktion regelmäßig zu wiederholen, denn auch, als wir im Sinne des zweiten wichtigen Themas dieses Gesetzes, den Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung, den Vorschlag für eine Anhörung von Terrorismusexperten gemacht haben, winkten Sie mit oberflächlicher Begründung ab. Ihr Einwand lautete, es gebe ausreichend Kapazitäten in den Programmen des Landes. Mal abgesehen davon, dass diese Programme eine schwere Schlagseite nach links haben, ging es uns nicht darum zu wissen, wer eventuell präventiv handelt, wir wollten die offene Diskussion über den Prozess der Radikalisierung selbst. Das haben Sie bis heute nicht verstanden.

Wir haben im Anschluss an Ihre Ablehnung noch einmal mit einer Kleinen Anfrage nachgehakt. Darin antwortet die Landesregierung, ich erlaube mir zu zitieren: „Im Rahmen des Nationalen Präventionsprogramms gegen islamistischen Extremismus ist eine Aufstockung der Jugendmigrationsdienste in Mecklenburg-Vorpommern … vorgesehen. … In Abstimmung mit den Schulen hat die Landeszentrale für politische Bildung ein Angebot der politischen Bildung für jugendliche Geflüchtete an beruflichen Schulen … entwickelt.“ Zitatende.

Liebe Bürger dieses Landes, merken Sie auch etwas? Scheinbar hat die Landesregierung insgeheim erkannt, dass mit der Migrationskrise auch ein nie da gewesenes Terrorpotenzial existiert. Im Hintergrund werden vereinzelte Präventionsmaßnahmen beschlossen. Über die wirkliche Lage, über das Ausmaß der Gefahr und die tieferen Ursachen der Radikalisierung wollen Sie mit verschiedenen Experten aber nicht sprechen. Das ist entlarvend. Sie halten das Thema bewusst klein, Sie beschwichtigen und lenken ab. Vermutlich wissen Sie in Ihrem Inneren, dass durch offene Grenzen zugelassene Armutszuwanderung mit unserer hochkomplexen Arbeitswelt nicht zusammenpasst. Das ist alles unbestritten und wurde nicht erst von dem Schriftsteller Uwe Tellkamp kürzlich benannt.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Sie verweigern hier Ihre eigentliche politische Arbeit. Anstatt sich an den Prozessen der Radikalisierung öffentlich abzuarbeiten und eine Debatte mit uns zu führen, verstecken Sie sich vor der neuen Realität. Sie lassen doppelt die Merkelʼsche Verantwortungslosigkeit über sich ergehen und nehmen Terror und Kriminalität einfach hin. Das ist katastrophal. Diese Realität ist es aber, die hier auf den Tisch gehört, die hier in diesen Plenarsaal gehört.

(Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Sehr richtig!)

Es ist unbestreitbar, dass Ihre Politik zu einem stark angewachsenen Radikalisierungspotenzial geführt hat. Mit Radikalisierungspotenzial meine ich im Übrigen nicht nur Salafisten, deren Zahl sich mittlerweile auf über 10.000 Personen in ganz Deutschland vergrößert hat. Vor wenigen Jahren lag diese Zahl noch bei unter 4.000. Dieser Salafismus ist es, dem eine Verantwortung für die gesellschaftliche Abkapslung und eine damit geförderte Terrorgefahr innewohnt. Auch wenn nicht jeder Salafist ein Terrorist ist, müssen uns gestärkte Strukturen große Sorgen bereiten. In Mecklenburg-Vorpommern hat sich die Zahl der Salafisten in wenigen Jahren verzehnfacht. Hinzu kommt der Personenkreis, dem unser Staat mit ebenso besonderer Wachsamkeit begegnen muss und der ebenso deutlich anwächst. Aktuell leben in Deutschland etwa 1.800 gewaltbereite Islamisten. 1.800 gewaltbereite Islamisten!

(Ann Christin von Allwörden, CDU: Aber Sie reden schon noch zum SOG, ja?)