Protokoll der Sitzung vom 15.03.2018

Die Frage der Gewerbesteuer wird im Übrigen erst dann spannend bei der Verteilung, wenn ich mehrere Standorte habe. Das ist sehr unterschiedlich und auch deshalb ist der Schmerzimpuls in den Bundesländern sehr unterschiedlich. Sie werden Bundesländer finden, wo Investitionen in Wind, Solar, in Biomasse sehr oft von einem regionalen Unternehmen, von einem regionalen Investor passieren. Dann hat der im Regelfall seinen gewerbesteuerlichen Firmensitz auch ausschließlich in dem Bundesland, hoffentlich in der Gemeinde, die da jeweils an dieser Energieerzeugung beteiligt ist, und dann ist es natürlich ein Stück weit leichter, in der Gemeinde auch die gewerbesteuerlichen Wirkungen zu entfalten.

Wir haben hier im Bundesland nicht wenige Punkte, an denen durchaus externe Investitionen – die im Übrigen, um da kein Missverständnis aufkommen zu lassen, hochwillkommen sind, jede Wirtschaftsinvestition von außen ist hochwillkommen – nicht selten dazu führen, dass ich einen zweiten Firmensitz habe, nämlich den an der jeweiligen Adresse des Investors. Das können Städte sein, die weit außerhalb unseres Bundeslandes liegen. Und dann wird es spannend. Wie teile ich eigentlich eine Gewerbesteuer auf, die auf zwei Standorten entstanden ist, zwischen dem, wo das Geld herkommt, und dem, wo die Anlagen stehen? Wie teile ich auf?

Der Verteilungsmaßstab der Gewerbesteuer in der Vergangenheit, der klassische Aufteilungsmaßstab, wenn ich eine Firma habe, aber mehrere Firmensitze in verschiedenen Gemeinden, regelt sich nach den Einkommenssummen der Arbeitnehmer, der Beschäftigten an den jeweiligen Standorten. Und dann ist der denkbar ungeeignet, beispielsweise für Fotovoltaikanlagen, für Biomasseanlagen, für Windkraftanlagen, weil Sie normalerweise keine Beschäftigten vor Ort haben. Warum nicht? Weil ich typischerweise Servicedienstleistungen brauche – Pflege, Wartung –, die ich nicht durch eigenes Personal abbilde, sondern die ich meist als Dienstleistung einkaufe bei entsprechenden Serviceunternehmen, die im Regelfall an dem jeweiligen Ort des Geschehens einen Firmensitz haben.

Es gibt in diesem Bundesland eine Vielzahl von kleineren Unternehmen oder von Niederlassungen, die diesen Service und die Wartungen durchführen, beispielsweise bei Windkraftanlagen, die aber eben nicht demjenigen gehören, der Windkraftanlageneigentümer ist, sondern das ist ein drittes Unternehmen, und das wird für 20 Jahre beauftragt, genau diesen Service sehr routinierlich durchzuführen. Da es aber auch bei der Gewerbesteueraufteilung auf die Lohnsumme meiner Beschäftigten ankommt und nicht der Beschäftigten von Unternehmen, die ich beauftragt habe, haben wir also beim Aufteilungsmaßstab nach Beschäftigten in der Vergangenheit einen erheblichen Nachteil gehabt. Herr Liskow hat zu Recht darauf hingewiesen, dieser Aufteilungsmaßstab ist verändert worden vor einigen Jahren und greift jetzt auf bilanzielle Positionen zurück, die aber ebenfalls relativ unglücklich sind und nicht dazu führen, dass das eingetreten ist, was wir uns erhofft haben.

Deshalb hat die Finanzministerin in der letzten Legislaturperiode im Bundesrat nachhaltig für eine Veränderung geworben, und im Übrigen haben wir sogar eine Mehrheit der Bundesländer in der Länderkammer auf unsere Seite gebracht. Es hat eine klare Beschlussfassung gegeben, die den Bundesfinanzminister und den Bundestag gebeten hat, an der Stelle Veränderungen des Gewerbesteueraufteilungsmaßstabes für Erneuerbare-Energie-Anlagen vorzunehmen.

Das ist bis heute nicht zum Tragen gekommen. Da macht es auch wenig Sinn, darüber politisch zu debattieren. Gleichwohl, noch mal, mit dem jetzigen Bundeskoalitionsvertrag gibt es nicht nur ein Wollen-, sondern ein Werden-Versprechen und deshalb werden diese Fragen erneut aufgerufen. Ich glaube aber, dass man gleichberechtigt neben der Gewerbesteuer – die eben immer noch den Haken hat, dass überhaupt erst mal Steuer entstehen muss, damit ich dann über die Verteilung nachdenke – auch über abstrakte Alternativen nachdenken muss. Ich würde mir wünschen, das habe ich auch in

der AG Energie des Koalitionsvertragsverhandlungsprozesses gesagt, dass man über ein bundesweites Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetz nachdenken möge. Das würde im Übrigen die Kritik an der Wettbewerbsunterschiedlichkeit zwischen den Bundesländern aufheben. Ich kann aber genauso gut mit einem Gedanken der Grundsteuer leben, weil auch der in der Tat regional was ließe und eben nicht an einzelne gewerbesteuerliche Erträge anknüpfte, sondern Grundsteuer fällt unabhängig von den Unternehmensgewinnen an.

Wir werden dann allerdings bei der Grundsteuer einen längeren Prozess vor uns haben. Die Grundsteuer ist ja an sich zurzeit verfassungsrechtlich nicht ganz unproblematisch. Man wird dort,

(Jochen Schulte, SPD: Das ist ein Euphemismus!)

man wird dort in eine komplette Neugestaltung eintreten müssen, und wenn ich es richtig wahrnehme vom Finanzministerkollegen, dann ist die Auffassung der Bundesländer, wie man damit umgeht, momentan sehr unterschiedlich. Man ist also schon bei der Frage, wie man den Status quo der derzeitigen Grundbesteuerung aufrechterhält, die in den Gemeinden nicht unerhebliche Einnahmen generiert, zurzeit nicht eins. Man wird da ranmüssen, und zwar zeitnah, damit dieses Gesetz nicht verfassungswidrig wird. Vor dem Hintergrund ist das auf der einen Seite eine Chance, genau so eine Grundsteuer E einzubringen, auf der anderen Seite macht es den Prozess nicht leichter, wenn zu dem tradierten System, das zu retten ist, weitere hinzukommen.

Ich freue mich aber, dass wir an der Stelle gemeinsam Dinge einbringen. Und das vielleicht zum Abschluss meines Beitrages hier, mit der Bitte in alle Fraktionen hinein: Das ist, wenn Sie in die bundesweiten Debatten schauen, im Übrigen weniger eine Frage von SPD, CDU, LINKEN, AfD oder GRÜNEN, FDP, sondern es ist oft ein Unterschied, eine Differenz in den Parteien zwischen Regionen, weil es zurzeit Bundesländer gibt, die wenig Anlagen haben, aber nicht wenig Investitionskapital in diesen Anlagen in anderen Ländern, und es gibt diese anderen Länder, bei denen die Anlagen stehen, wo aber häufig das Kapital nicht herkommt, mit dem investiert wurde. Und genau das ist angesprochen. Das führt dazu, wenn man solche Maßstäbe verändert, dass am Ende des Tages die einen etwas weniger haben werden – Klammer auf, die heute im Übrigen im Regelfall nicht schlecht dastehen, auch losgelöst von diesen Gewerbesteuereinnahmen oder anderen Einnahmen, Klammer zu – und unsere norddeutschen Bundesländer, die nordostdeutschen Bundesländer, an der Stelle ein Mehr hätten. Aber wenn man insgesamt aufkommensneutral denkt, wird es darum gehen, dass wir in den Parteien jeweils für die Interessen dieser Anlagenbundesländer, Standortbundesländer werben. Und noch mal: Das ist weniger eine parteipolitische Differenz, sondern mehr eine regionale, die wir dann jeweils in unseren Parteien aushalten sollten und müssten.

Ich freue mich auf den weiteren Prozess. Ganz einfach wird er nicht, denn es ist am Ende ein Verteilungskampf. Er ist auch deshalb nicht einfach, weil auf Wunsch der weiteren Beteiligten in der eben genannten Unterarbeitsgruppe Energie ein kleiner Halbsatz an dem von mir zitierten Satz dranhängt, und der lautet, das Ganze möge kostenneutral passieren. Also es soll nicht dazu führen,

dass die EEG-Vergütungssätze anziehen. Von daher wird man nur zwischen den verschiedenen betroffenen Kommunen die Verteilung solcher steuerlichen Einnahmen anders gestalten können. Es wird nicht funktionieren, dass das einfach obendrauf kommt. Das wird so wohl mit dem Koalitionsvertrag nicht zu vereinbaren sein, ich glaube aber, auch mit den Diskussionen, die wir an anderer Stelle zu Recht über Strompreise führen, nicht vereinbar sein. Ich freue mich auf die weitere Diskussion in diesem Hohen Hause. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Obereiner.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Standortgemeinden der Erneuerbare-Energie-Anlagen sollen also finanziell bessergestellt werden. Ziel ist natürlich, der sinkenden Akzeptanz der Bürger für den weiteren Ausbau etwa der Windkraft, aber auch von Biomasseanlagen, die sich im Lande immer weiter ausbreitet, entgegenzuwirken. Das soll geschehen durch entweder eine Umverteilung der Steuereinnahmen oder durch Steuererhöhungen, auch wenn der Herr Minister, das ging jetzt aus dem Antrag nicht hervor, aber im letzten Satz gesagt hat, dass eben nicht beabsichtigt sei, das obendrauf zu satteln.

Die bereits erwähnte Gewerbesteuerzerlegung, die es seit 2009 gibt, hat ja den gewünschten Erfolg so nicht gebracht. Die Gründe wurden auch genannt. Es ist in jedem Bundesland unterschiedlich. Schleswig-Holstein fährt damit recht gut, Brandenburg recht schlecht. Jedes Bundesland hat da natürlich andere Interessen, allein aufgrund der Standorte der Unternehmen und natürlich auch der Windkraft- und sonstigen Erneuerbare-EnergieAnlagen. Die seit 2017 gültige Ausschreibungspflicht führt auch bei den Unternehmen zu einem Zwang, stärker wettbewerblich zu kalkulieren. Die Margen sind sehr klein, sodass sich eine rein länderbezogene Regelung verbietet, aber das ist ja mit dem Antrag auch nicht gewollt. Das macht insofern natürlich Sinn.

Die im Antrag auch erwähnte Wirtschaftsministerkonferenz präferiert also folgerichtig eine bundeseinheitliche Regelung, gegebenenfalls durch Änderung des EEG-Gesetzes und durch die Einführung von Sonderabgaben, sei es nun eine Grundsteuer C oder Grundsteuer E, wie man sie auch immer nennen möchte. Der Bericht des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages von 2016 hat ja gesagt, das sagte der Kollege Liskow schon, dass eine Umverteilung der Gewerbesteuer zu 100 Prozent auf die Standorte der Windkraftanlagen möglich sei. Das wäre natürlich eine Möglichkeit. Dann würde man umsortieren, hat aber wieder die Verteilungskonflikte, die bereits erwähnt wurden. Allerdings gäbe es keine zusätzliche Belastung der Steuerzahler. Die vom Minister angesprochene Tatsache, dass Gewerbesteuer nur dann anfällt, wenn überhaupt ein Gewerbeertrag vorliegt, ist klar, nur, wenn man eine andere Steuer nimmt, etwa eine Grundsteuer, entsteht natürlich die Gefahr einer Substanzbesteuerung. Die kann man ja auch nicht von der Hand weisen.

Ich denke allerdings, dass auch dieser Weg die schwindende Akzeptanz der Bürger für die Energiewende nicht

beheben wird. Da sind wir anderer Meinung als die die Regierung tragenden Fraktionen. Und die im Antrag genannte Prüfung des Grundsteuerrechts bietet eben doch die Gefahr, dass am Ende wieder draufgesattelt wird und die zusätzlichen Steuereinnahmen zu einer steigenden EEG-Umlage führen, die dann durch die Haushalte zu tragen ist, und das vor dem Hintergrund, ich habe das gestern noch mal nachgesehen, dass Deutschland einen Anteil von 2,2 Prozent an den weltweiten CO2-Emissionen hat. Wir betreiben hier mit einem riesigen finanziellen Aufwand die Senkung dieses verschwindend kleinen Anteils. Selbst, wenn der morgen null wäre, würde sich das auf die weltweiten CO2-Emissionen kaum auswirken. Aus diesem Grund lehnen wir Ihren Antrag ab. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr da Cunha.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten!

Ich würde gern einmal ganz kurz am Anfang auf Herrn Obereiner eingehen. Ich glaube, zu den konkreten Sachen, die Sie gerade gesagt haben, was die weltweite CO2-Emission angeht, werden wir heute im Laufe des Tages noch sprechen bei der Aussprache der Fraktion der BMV

(Zuruf von Ralf Borschke, BMV)

zum Thema Energiewende.

(Ralf Borschke, BMV: CO2 kommt darin mit keinem Wort vor.)

Doch, Umwelt- und Klimaschutz steht mit drin. Das steht in Ihrem Titel der Aussprache mit drin. Zumindest habe ich das so gelesen, aber ich könnte Ihnen das gerne nachher noch mal rüberreichen.

(Ralf Borschke, BMV: Wir warten auf die Aussprache.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind uns einig – zumindest habe ich es gerade so vernommen bei den bisherigen Rednern –, dass Gemeinden steuerlich profitieren sollen, wenn sie erfolgreiche Unternehmen vor Ort haben. Das ist, denke ich mal, ein Grundsatz, den wir so weitertragen sollten. Dort, wo Werte erschaffen werden, sollen auch Steuern bezahlt werden.

Fakt ist, dass wir im Bereich von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien noch weit entfernt sind von diesem Grundsatz. Ich habe mir das gestern noch mal angeguckt, was es da für Zahlen gibt. Es ist eine schwierige Datenlage. Ich möchte Sie jetzt auch nicht mit Zahlen nerven, aber gerade die Gewerbesteuer, wir haben es eben schon bei den Vorrednern gehört, ist ein schwieriger Fall. Wenn man sich zum Beispiel Brandenburg anguckt, da hat der Städte- und Gemeindetag einmal ausrechnen lassen und in den Gemeinden abgefragt, was das betrifft. Von über 700 Millionen Einspeisevergütung betrug die Gewerbesteuer 3 bis 7 Millionen Euro.

Wir haben hier im Land im Rahmen unserer Gesetzgebungskompetenz mit dem Bürger- und Gemeindenbetei

ligungsgesetz schon das, was wir als Landesgesetzgeber machen können, ausgeschöpft. Wir haben gerade dafür gesorgt, dass Gemeinden an der Wertschöpfung von Windkraftanlagen in Zukunft teilhaben können. Noch besser ist es aber, wenn es eine bundesweit einheitliche Regelung gibt und Gemeinden an den wirtschaftlichen Erträgen von Anlagen zur Nutzung beziehungsweise Erzeugung erneuerbarer Energien teilhaben können. Wenn der Windpark vor den Toren der Gemeinde die Sanierung der Schule und die Weiterbildung bei der Jugendfeuerwehr oder die Bioenergieanlage den neuen Spielplatz mit bezahlt, dann wird auch die Akzeptanz steigen und wir haben vor Ort andere Diskussionen, denn wir können darüber sprechen, was uns gerade vor Ort erzeugte Energie, vor Ort erzeugte Wertschöpfung bringt.

Bisher gibt es große Unterschiede, welche Steuern eine Standortgemeinde durch einen Windpark und andere Erneuerbare-Energie-Anlagen einnimmt. Mit dem vorliegenden Antrag soll die im Rahmen der Wirtschaftsministerkonferenz gestartete Initiative, hier zu einer bundeseinheitlichen Lösung zu kommen, aus Sicht unseres Bundeslandes noch einmal mit Nachdruck versehen werden. Es kann schließlich nicht sein, dass Gemeinden, die Atomkraftwerke oder Kohlekraftwerke haben, steuerlich sehr stark profitieren, Gemeinden mit Anlagen für grüne Energie aber gar nicht profitieren oder sehr wenig profitieren. Deswegen werbe ich um Ihre Zustimmung und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Dr. Schwenke.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung. Nach der Rede von Herrn Liskow musste ich dann doch wieder schmunzeln. Also die Rede vom Minister hat gezeigt, dass die Landesregierung schon unterwegs ist und kräftig arbeitet.

(Andreas Butzki, SPD: Ja, weil das so ist!)

Ich sage das auch nur, weil das ja regelmäßig ein Grund für eine Ablehnung von unseren Anträgen ist,

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

wenn wir sozusagen der Landesregierung Rückenwind geben wollen. Aber wie gesagt, ich bin ja nicht gegen Rückenwind, insofern einfach nur eine Vorbemerkung.

(Torsten Renz, CDU: Aber mehr für Gegenwind, ne? – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Ja, Gegenwind soll es natürlich auch geben,

(Bernhard Wildt, BMV: Von der Seite.)

aber nicht unbedingt in dieser Frage.

(Torsten Renz, CDU: Rückenwind ist SPD und CDU und Gegenwind DIE LINKE.)

Gut, vielleicht hören Sie jetzt erst mal zu, Herr Renz.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Das kann er ganz schlecht.)

Das kann er ganz schlecht? Gut, okay.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)