Was hier für Schlussfolgerungen gezogen werden, das finde ich schon ein bisschen abenteuerlich. Ich bin vor ein paar Jahren mal auf einer Veranstaltung der FriedrichEbert-Stiftung gewesen. Die Friedrich-Ebert-Stiftung machte eine Veranstaltung pro und kontra Wolf. Meine Rolle war dabei also, das Thema „pro“ zu übernehmen. Eins fand ich sehr überzeugend, das war eine sehr sachliche Veranstaltung und am besten hat mir jemand gefallen aus dem Schafzuchtverband, der da mal gearbeitet hat, mit dem Thema „Buchführung und Betriebswirtschaft“ vertraut war und in einer wunderbaren Art und Weise dargelegt hat, dass Schäfer also ohne den Wolf schon am Rande des Existenzminimums arbeiten. Wenn man dann noch hergeht und sagt, jetzt kommen zusätzliche Belastungen dazu wie Zäune und gegebenenfalls Herdenschutzhunde und was es da sonst noch alles gibt, muss man konstatieren, die Leute werden in einer Art und Weise belastet, das ist nicht zulässig.
Aber die Konsequenz zu ziehen und zu sagen, jetzt schießt man die Wölfe ab, ist meines Erachtens die falsche. Jeder, der sich mit dem Thema auskennt, weiß, dass es Schutzmöglichkeiten gegen Wölfe gibt, die gibt es: entsprechend hohe Zäune, Elektrogeräte an den Zäunen, Herdenschutzhunde und so weiter und so fort. Bevor man hergeht und sagt, ich schieße ein Tier ab, was hoch schützenswert ist, muss ich darüber nachdenken, wie ich hier zu ordentlichen Entschädigungen komme. Und wenn ich zu ordentlichen Entschädigungen kommen will, muss ich erst mal wissen, in welcher Höhe beziffert sich der Mehraufwand. Ich weiß, dass unser Landwirtschaftsminister Till Backhaus an der Stelle mithilfe der KTBL sehr aktiv ist und dass sie dabei sind, diese Kosten einfach mal zu quantifizieren, dass man weiß, wovon man redet.
Keiner hat was gegen Wölfe, hört man ja hier, die haben alle ihre Existenzberechtigungen, aber sie sollen sich in bestimmten Gebieten aufhalten. Wollen Sie die Gebiete alle einzäunen? Ich kenne diese Form von Gatterhaltung aus dem Harz. Da hat man Rotwildzäune gezogen durch den ganzen Harz, damit die in bestimmte Bereiche nicht mehr reinkommen, um Schaden in der Feldflur zu verhindern. Wie stellen Sie sich das vor? Also wollen Sie den Wölfen sagen, pass mal auf, hier ist die Grenze für euch, darüber hinaus dürft ihr nicht gehen? Oder soll das eingezäunt werden oder wie auch immer?
Sie können doch einem wild lebenden Tier nicht sagen, für dich ist da Feierabend, da darfst du nicht rauskommen. Das ist doch irgendwie übel.
Also was ich noch nie erlebt habe, ist, dass sich jemand wie Herr Strohschein hier vorne hinstellt und sagt, ich spreche einer Tierart ihr Existenzrecht ab, weil sie nicht tierschutzgerecht tötet.
Und ich bin schon auf mancher Veranstaltung gewesen. Das ist eine Sache, die kann ich echt nicht nachvollziehen.
Der Kollege Schulte, der jetzt gerade nicht anwesend ist, der sagt, in meinem Stadtteil in Rostock sind die Hells Angels, ich würde die gerne gegen ein paar Wölfe austauschen – also wenn man mal über Gefahren redet. Es gibt Zahlen, die auch nicht bestritten werden. Seit 1950 hat es in Europa neun bestätigte Fälle von Übergriffen von Wölfen auf Menschen gegeben. Fünf Wölfe davon hatten Tollwut. Das sind offizielle Zahlen, die verbreitet werden, die auch nicht bestritten werden.
können Sie sich noch in der Mediathek ansehen: „Familie Wolf – Gefährliche Nachbarn?“. Die gehen in einer sehr
ordentlichen und sachlichen Art und Weise damit um und stellen einfach dar, dass die Gefahr, die von Wölfen ausgeht, sehr, sehr gering ist. Jeden, der da zittert und Angst hat, würde ich davor warnen, in Schwerin auf die Straße zu gehen, denn die Gefahr, dass Sie hier vom Auto umgefahren werden, ist wesentlich größer, als dass Sie mal ein Wolf attackiert. Das muss man ja mal an der Stelle klar sagen.
(allgemeine Unruhe – Egbert Liskow, CDU: Ziehen Sie das doch nicht in die Länge! – Zuruf von Dr. Matthias Manthei, BMV)
So ist es. Die Gefahr, in der Bundesrepublik Deutschland vom Auto getötet zu werden, ist deutlich größer, als in der freien Landschaft vom Wolf attackiert zu werden,
Das ist eine Tatsache, das ist keine Frechheit. Das ist eine sogenannte Tatsache, Herr Liskow. Das können Sie sich mal auf der Zunge zergehen lassen!
Wenn Herr Borschke sich hinstellt und sagt, niemand will den Wolf ausrotten: Jede Art hat doch nur langfristig eine Existenz, wenn letztendlich die Anzahl so groß ist, dass sie genetisch nicht verarmen. Um genetisch nicht zu verarmen, brauchen Sie immer eine bestimmte Anzahl von Individuen, das Thema „günstiger Erhaltungszustand“. Und der günstige Erhaltungszustand ist nicht erreicht. Das sagen einem die Fachleute, Herr Borschke.
Ich finde, das ist schon witzig, dass der Landtag Mecklenburg-Vorpommern sich auf Betreiben bestimmter politischer Kräfte immer wieder mit dem Thema Wolf beschäftigt, wo völlig klar ist, es gibt hier einen europäischen Schutzstatus. Für das Thema Naturschutz ist der Bund verantwortlich. Vielleicht sollten Sie mal ein intensives Gespräch mit der Kanzlerin führen, Frau Schlupp. Vielleicht kommen Sie an der Stelle weiter.
Die hat auf Europa sicherlich wesentlich mehr Einfluss als hier der Landtag in Mecklenburg-Vorpommern. Vielleicht wäre das die richtige Ansprechpartnerin für Sie.
Also wir reden hier über ein Thema, wo wir im Augenblick quasi die Aufgabe haben, uns darum zu kümmern, wie das verträgliche Zusammenleben zwischen dem Wolf auf der einen Seite und dem Menschen auf der anderen Seite in Mecklenburg-Vorpommern organisiert werden kann und muss. Das geht meines Erachtens über entsprechende Beratung, es geht über Unterstützung und das geht über entsprechende Geldzahlungen,
und da weiß ich die Sache bei unserem Landwirtschaftsminister Dr. Backhaus in guten Händen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Minister Harry Glawe: Die Kanzlerin ist die falsche Adresse.)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Ich habe bis jetzt lediglich Zeitungswissen zu diesem Thema und das, was ich heute gehört habe. Trotzdem möchte ich mir anmaßen, auch ein paar Worte dazu zu sagen.
Herr Heydorn hat sicherlich recht, dass die Wahrnehmung des Risikos sehr unterschiedlich ist. Auch der Vergleich mit den Autos stimmt natürlich so auf einer Seite, aber andererseits merkt jeder, dieser Vergleich hinkt. Vielleicht ist der Vergleich schon etwas näher. Vor einigen Wochen stand in der Zeitung, jedenfalls bei uns in Neubrandenburg, dass ein Jäger auf der Nachsuche
oder angenommen worden sei, und ihm wurde die Schlagader aufgerissen, er starb dann. Das war also einen kleinen Balken wert, da hat man sich dran gewöhnt.
Also dieses Risiko schätzt man offensichtlich ganz anders ein, als – das waren nämlich damals meine Überlegungen – was hier wohl passiert, wenn das ein Wolf gewesen wäre. Das ist die eine Seite.
Aber andererseits, muss ich sagen, hat mich heute die Rede von Frau Schlupp eigentlich recht begeistert, weil einmal wurde deutlich, was das doch wert ist, das freie Wort zu praktizieren und ohne Vorgaben mal wirklich seine Meinung zu sagen. Zum anderen wurde auch deutlich, dass sie offensichtlich nicht bereit war, diese Ohnmacht, die am Ende dieser Debatte stand, einfach hinzunehmen.
Und was mir schon während der ganzen Debatte bewusst wurde oder die Frage, die mir auf den Lippen lag ist, war, in unseren Nachbarländern, vor allem im Osten, müssen die doch schon längst Erfahrung damit haben, wieso wird da nicht darüber berichtet. Dort leben dieselben Menschen, die Wölfe sind auch dieselben, also müssen die doch die Probleme alle schon gehabt haben.
Das hat Frau Schlupp auch angesprochen: Eins ist doch jedenfalls klar, dass man – Punkt eins, und das ist nicht populistisch – die Sorgen der Leute ernst nehmen muss. Ich mache viel Waldlauf und muss sagen, wenn ich ganz alleine mal so in der Dämmerung daherlaufe, wahrscheinlich völlig unberechtigt, kommt mir auch gelegentlich der Gedanke, nachdem ich bisher nur in Ueckermünde Wölfe wirklich gesehen habe, dort im Gehege, kam mir schon öfter der Gedanke, was wäre denn, wenn der plötzlich auftauchen würde.
Wenn ich das von Ueckermünde übertrage, bin ich sicher, dass mir schon recht komisch wäre. Und wenn Sie jetzt Ihre Kinder oder Enkelkinder morgens zur Schule bringen, etwas abgelegen wohnen und da der Wolf aufgetaucht ist, fängt man nicht mehr an zu lachen, dann muss man die Sorgen jedenfalls ernst nehmen. Das hat Frau Schlupp ja auch gesagt.