Protokoll der Sitzung vom 16.03.2018

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Glocke der Vizepräsidentin)

… „erreichten die großen Hallenbäder in beiden Jahren im Mittel Werte für 50 %. Einzelne große Hallenbäder sowie kombinierte Bäder erzielten auch Kostendeckungsgrade von 80 bis knapp unter 90 %.“

Laut der Zeitschrift „Kommunal“ sieht es für die bayerische und bundesweite Sicht wie folgt aus: „Auf 14 Milliarden Euro schätzen Experten den Sanierungsstau allein bei den öffentlichen Schwimmbädern in Deutschland. In Bayern wurden in den vergangenen 12 Jahren

über 60 Freibäder geschlossen, 50 weitere sind akut von der Schließung bedroht.“ Zitatende.

Es stellt sich daher die Frage: Wie tragfähig ist beispielsweise ein neues Schwimmbad längerfristig? Und als wäre es um die deutsche Schwimmstättenlandschaft nicht schon schlecht genug bestellt, kommt auch noch die EU daher, Stichwort „steuerlicher Querverbund“. Einige Städte und Gemeinden verrechneten die Verluste aus den defizitären Freibädern mit den Gewinnen aus den Versorgungsgesellschaften für eben diese und sparten so Steuern. Da stellt sich die Frage nach einem Verstoß gegen das EU-Wettbewerbsrecht. Das Bäderkonzept für Münster in Westfalen drohte dadurch zu kippen. Der Bundesfinanzhof rügte die Stadtwerke in einer kleineren Stadt bei Stade in Niedersachsen in einem ähnlichen Fall und die EU-Problematik geht weiter.

In einem Energieblog im Internet ist zu finden, und ich zitiere: „Die Europäische Kommission hat die reduzierte EEG-Umlage für KWK-Neuanlagen (§ 61b Nr. 2 EEG) beihilferechtlich nicht genehmigt … Damit besteht ab dem 1.1.2018 die volle EEG-Umlagepflicht insbesondere für KWK-Anlagen, die seit dem 1.8.2014 entweder als Neu- oder als ,Alt‘-Anlage erstmals für die Eigenversorgung eingesetzt wurden. Dies gilt, bis die Europäische Kommission eine Neuregelung hierfür billigt. Da die im steuerlichen Querverbund bei Schwimmbädern erforderliche technisch-wirtschaftliche Verflechtung regelmäßig mittels Blockheizkraftwerken … hergestellt wird, hat die veränderte EEG-Belastung gegebenenfalls auch Auswirkungen auf dessen Bestand.“ Zitatende.

Meine Damen und Herren, werte Kollegen, so sehr unserer Fraktion und mir selbst das Thema auch am Herzen liegt, sind wir hin- und hergerissen. Eines möchte ich aber auf gar keinen Fall: Ich möchte nicht, dass der Traum von einem Schwimmbad für unsere Bürger durch dieses Konzept zum Greifen nahe erscheint und wir am Ende einer möglichen Konzeptualisierung Hoffnungen in Aussicht stellen, die dann an der Realität wie Seifenblasen zerplatzen. Ich würde mich freuen, wenn wir im Bildungsausschuss Hilfen und Direktiven geben können, damit unsere Kinder und Jugendlichen zu sicheren Schwimmern werden. Ich würde mich freuen, mit den Landräten und Bürgermeistern hier im Landtag koordinierend zu einer Lösung zu kommen. Es sollte geklärt werden, ob interkommunale Kooperationen möglich und denkbar wären, ob eine landesweite Bäderplattform möglich wäre und schlussendlich, wie Synergieeffekte und Landesmittel bedarfsgerecht eingesetzt werden können.

Zum konkreten Antrag der BMV ist etwas Generelles anzumerken: Es gibt Anträge, die schwimmen mit dem Strom, es gibt Anträge, die schwimmen gegen den Strom. Dieser Antrag steht im Wald und findet den Weg zum Fluss nicht so recht. Eine konkrete Konzepterstellung birgt die Gefahr, den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen. Zusammenarbeit mit den Kommunen – ja, Finanzhilfe aus Landesmitteln – ja, mit dem Ziel eines Konzeptes, wie von der BMV gefordert, das ist äußert fraglich und in Abhängigkeit von einer gemeinsamen Evaluation mit unseren Kommunen und den Bürgern dieses Landes. Da wir sehen, dass es Bedarf gibt, wollen wir diesen Antrag auch nicht in Bausch und Bogen verdammen, allerdings enthalten wir uns aufgrund der vorgenannten Bedenken zu diesem Antrag. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort die Abgeordnete Tegtmeier.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Herr Dr. Manthei, hätten Sie in Ihren Antrag geschrieben, was Sie hier begründet haben oder was auch in Ihrer schriftlichen Begründung vorliegt, wäre das vielleicht etwas anderes gewesen, aber Sie sagen etwas ganz anderes, als das, was hier steht. In Ihrem Antrag steht drin, dass die Bürger dieses Landes wohnortnah zu einer Schwimmhalle kommen sollen.

Erst mal: Nach unserer Kommunalverfassung sind Bürger alle Menschen, die das Wahlrecht haben. Alle anderen subsumieren wir unter Einwohnern, das sind also alle Kinder und alle anderen, die in unseren Gemeinden wohnen, das sind Einwohnerinnen und Einwohner, die auch noch nicht die vollen Bürgerrechte haben, aber das ist ja nur Nebenschauplatz. Das Thema „wohnortnah“ ist eben zu Recht kritisiert worden, denn wenn wir von öffentlicher Daseinsvorsorge sprechen, sprechen wir davon, was wir unseren Bürgern, aber auch Einwohnerinnen und Einwohnern zumuten können.

Was ist wohnortnah? Da kann man zu vollkommen unterschiedlichen Meinungen gelangen. Wir haben gesagt, für die Grundversorgung muss es das nächste Grundzentrum sein. Zentren insgesamt haben wir ungefähr 100 im Land, also Ober-, Mittel- und Grundzentren, und wenn man das soweit unterbrechen wollte, was natürlich sicherlich nicht Ihr Anliegen ist, hätten wir da ein dickes, dickes Problem, das man auf keinen Fall lösen könnte, auch nicht landesseitig und auch gar nicht flankiert durch kommunale Mitarbeit, weil das absolut nicht leistbar wäre, denn nicht zu Unrecht hat der Minister gesagt, was so eine Errichtung eines Hallenbades kosten würde, und dass hinterher die Betriebskosten, die laufenden Unterhaltskosten über Gemeindekategorien dieser Größe irgendwie aufzufangen wären. Also diesen Begriff muss man schon mal konkretisieren, was damit gemeint ist, wenn man von „wohnortnah“ spricht.

Hätten Sie in Ihrem Antrag gefordert, dass alle Schülerinnen und Schüler oder Grundschülerinnen und -schüler schwimmen lernen sollen, wäre das eine vollkommen andere Grundlage gewesen.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Dann hätten Sie ihn auch abgelehnt. – Zuruf von Dr. Matthias Manthei, BMV)

(Dr. Matthias Manthei, BMV: Das ist ja geltendes Recht, dass alle Schüler schwimmen lernen. – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Nee, das wird aber nicht umgesetzt.)

Also das ist eine Frage der Organisation. Mein Jüngster hatte hier auch Schwimmunterricht, obwohl das schwierig war, eine Kooperation mit einem Schwimmbad herzustellen, weil ich in keiner Gemeinde wohne, die selbst ein Schwimmbad unterhalten kann. Allerdings haben wir einige Badestellen, was für die erwachsenen Leute in der Gemeinde vollkommend ausreichend ist, um ihrem Schwimmsport zu frönen. Wir sind ein Land der Seen.

Wir haben in ganz vielen Gemeinden Schwimmmöglichkeiten, ich sage mal – in Anführungszeichen – ohne Ende, aber es geht hier ja konkret um Schwimmhallen und es geht nach Ihren Ausführungen um Schülerinnen und Schüler, die Zugang zu diesen Hallen haben sollen. Aber wie gesagt, das spiegelt sich überhaupt nicht in Ihrem Antragstext wider, möglicherweise in der schriftlichen oder auch in Ihrer mündlichen Begründung.

Und was Sie vorhin zitiert haben aus Ihrem eigenen Antrag, das war auch nicht richtig, weil Sie gesagt haben, dass das Land zusammen mit den Kommunen und Landkreisen ein Konzept entwickeln soll, aber in Ihrem Antrag selbst ist nur von Kommunen die Rede, obwohl ich die Kreisebene eigentlich auch mit dazurechne.

Also ich bin der festen Überzeugung, dass es nicht Aufgabe des Landes ist, ein Konzept auf Grundlage Ihres Antrages in Zusammenarbeit mit der Gemeinde zu entwickeln, da müssen Sie schon mindestens ein ganzes Stück konkreter werden und sich auf eventuell Machbares reduzieren, aber insgesamt ist natürlich die Unterhaltung einer Schwimmhalle kommunale Selbstverwaltung, und das können Kommunen nur tun, wenn sie das auch können, wie das so schön heißt, man muss es sich auch leisten können. Wenn es nur darum geht, den Schwimmunterricht flächendeckend zu gewährleisten …

(Dr. Matthias Manthei, BMV: Warum „nur“? Das ist doch eine ganz schöne Aufgabe.)

Das ist eine ganz schöne Aufgabe, aber da ist Ihr Antrag vollkommen fehl am Platze. Ihr Antrag ist in dieser Richtung überhaupt nicht dienlich, weil er im Antragstext gar nicht das aussagt, was Sie offensichtlich wollen. Er ist vollkommen anders abgefasst. Daraus könnte man genauso hervorlesen, dass Sie in Sorge um die Seniorinnen und Senioren sind, wenn man nur den reinen Antragstext hier betrachtet. Von daher ist der Antrag vollkommen unklar und unspezifisch und deswegen kann man ihn einfach nur ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Marc Reinhardt, CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt das Wort der Abgeordnete Koplin.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Rede hätte jetzt gern mein Freund und Kollege Karsten Kolbe gehalten, er ist aber gesundheitlich außer Gefecht gesetzt. Gute Besserung von hier aus!

Bevor ich vortrage, was er Ihnen und uns gern gesagt hätte, möchte ich auf zwei Dinge eingehen, die hier eine Rolle gespielt haben in der Debatte:

Zunächst Sie anschauend, Frau Tegtmeier, Sie hatten jetzt den Eindruck vermittelt, wenn die Einreicherin nur bestimmte Aspekte berücksichtigt hätte,

(Martina Tegtmeier, SPD: Nicht nur nicht berücksichtigt, sondern nicht benannt.)

die Sie aufgezählt ober umschrieben haben, mit Ausnahme Ihrer letzten Sätze, dann hätte eventuell die Koalition zustimmen können.

(Martina Tegtmeier, SPD: Nein, nein, das habe ich niemals gesagt!)

Den Eindruck machen Sie aber bei anderen Anträgen nicht und wir haben ja dieses Thema nicht zum ersten Mal hier.

(Martina Tegtmeier, SPD: Das habe ich nicht gesagt, Herr Koplin.)

Wir haben uns mit Fragen des Schwimmunterrichts zum Beispiel auch an vielen Stellen befassen können, weil die jeweilige Opposition etwas dazu vorgetragen hat, aber entschlossen haben Sie sich nicht dazu, dem zuzustimmen oder geschweige denn zu überweisen.

(Andreas Butzki, SPD: Das ist für die Kommunen auch sehr schwierig.)

Eine zweite Sache, die ich gern ansprechen möchte: Wir haben Ihnen, Herr Dr. Manthei sehr aufmerksam zugehört, und Frau Oldenburg und ich haben noch mal Revue passieren lassen, was Sie gesagt haben. Sie haben den Antrag, den Sie eingereicht haben, vor allen Dingen damit begründet, dass es vor allem um den Schwimmunterricht, also Hauptakzent Schwimmunterricht geht,

(Martina Tegtmeier, SPD: Das steht aber nicht im Antrag.)

und da möchten wir seitens der LINKEN schon darauf verweisen, dass der Schwimmunterricht Bestandteil des Lehrplans der 3. Klasse ist und insofern pflichtig. Es gibt viele Möglichkeiten, Schwimmen zu erlernen, vorzugsweise in Schwimmhallen, aber es gibt auch andere Möglichkeiten, andere Anbieter – Hotels, Freibäder –, da wird vieles genutzt. Wir sind der Meinung, dass der Schwerpunkt, das Wichtigste in Betracht kommen muss angesichts der Tatsache, dass es tausend Möglichkeiten gibt, Schwimmen zu erlernen, dass Rettungsschwimmerinnen und Rettungsschwimmer ausgebildet werden,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Genau.)

weil die Schwimmlehrerinnen und Schwimmlehrer diese Qualifikation haben müssen.

Wenn Sie sich mal die Kleinen Anfragen anschauen, die Frau Kollegin Oldenburg zu dem Thema gestellt hat, diese weisen aus, dass der Schwimmunterricht so nicht stattfand oder das Schwimmen nicht erlernt werden konnte, hat in hohem Maße etwas damit zu tun, dass die Rettungsschwimmerinnen und Rettungsschwimmer oder diejenigen, die das Schwimmen faktisch lehren, nicht da sind.

(Dr. Matthias Manthei, BMV: Auch die brauchen Schwimmhallen.)

Das ist das Problem. Das ist der eine Aspekt, der hier eine Rolle spielt, und das wollten wir unbedingt sagen.

Was mir Karsten Kolbe noch an die Hand gegeben hat, und zwar ähnlich, wie es hier auch schon vorgetragen wurde, ist, dass der Ansatz Ihres Antrages wahrlich gut gemeint ist, der Antrag aber nicht gut ist, weil er einen wichtigen Aspekt nicht berücksichtigt, nämlich die kommunale Selbstverwaltung. Sie möchten in die kommunale Selbstverwaltung eingreifen auf diesem Wege,

(Dr. Matthias Manthei, BMV: Nein!)

so nehmen wir Ihren Antrag hier entgegen.

Die Förderung des Breitensports gehört zu den klassischen sogenannten freiwilligen Aufgaben der kommunale Ebene. Hier gibt es die volle Gestaltungsfreiheit der Städte und Gemeinden. Neben dem Ob kann an dieser Stelle auch über das Wie ganz konkret und selbstbestimmt vor Ort entschieden werden. Bäder, seien es Schwimmhallen oder Freibäder, sind für meine Fraktion integraler Bestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge.

Um es gleich vorwegzunehmen: Damit möchte ich nicht sagen, dass auch das Land gefordert ist, wenn es darum geht, Sanierungen bestehender Anlagen oder auch Neubau finanziell mit Fördermitteln zu unterstützen. Dieser Aufgabe wird das Land im Grundsatz schon heute gerecht, auch wenn wir uns sicherlich trefflich darüber streiten können, ob angesichts des hohen Überschusses auch hier noch mehr gemacht werden könnte. Das soll jetzt aber nicht das Thema der Debatte sein, sondern der Antrag selbst.

Beginnen möchte ich mit einem scheinbar untergeordneten Fakt. Sie fordern von der Landesregierung, dass diese in spätestens sechs Monaten das Konzept auf den Tisch legen soll. Jeder, der schon einmal das Glück hatte, auf kommunalpolitischer Ebene die Erstellung und Beratung eines Sportstättenentwicklungsplans begleiten zu dürfen, weiß, wie zeitaufwendig so eine Planung ist. Da ist es nicht damit getan zu sagen, wir bauen eine neue Schwimmhalle, und gut ist es. Da gilt es, sich demografische Entwicklungen anzuschauen, die Entwicklung des organisierten Sports und des Freizeitsports zu betrachten. Sie müssen die Auslastung genauso untersuchen wie den baulichen Zustand der Anlagen. Das alles passiert ja nicht im luftleeren Raum, sondern in enger Abstimmung mit dem Nutznießer dieser Anlagen, mit dem Sport. Sie schreiben zwar, dass das Land mit den Kommunen sprechen soll, Sie schaffen es jedoch, in Ihrem Antrag weder den Landessportbund noch Stadtsportbünde oder Kreissportbünde als wichtige Gesprächspartner zu benennen. Diese wollen Sie offensichtlich schlicht und einfach gar nicht beteiligen und das kann doch nicht Ihr Ernst sein!