Protokoll der Sitzung vom 26.04.2018

(Zurufe vonseiten der Fraktion der SPD und Minister Harry Glawe: Oh!)

Auf der anderen Seite hat ganz bescheiden Platz genommen Frau Drescher, die Landesbeauftragte, über deren Bericht wir heute gerade diskutieren. Ich freue mich, dass Sie gekommen sind, und rufe jetzt auf, damit Sie dann der Debatte auch folgen können, für die Fraktion der CDU den Fraktionsvorsitzenden Herrn Kokert.

(Vincent Kokert, CDU: Ich habe noch gar nicht damit gerechnet, dass ich dran bin. – Peter Ritter, DIE LINKE: Unverhofft kommt oft.)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie dürfen sich jetzt bei mir bedanken, denn es war meine Idee, diesen Bericht mal in diesem Parlament zu diskutieren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Peter Ritter, DIE LINKE: Wieso „mal“?)

Herr Kollege, Herr Kollege …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wieso „mal“?)

Ja, sonst ist er immer in den Ausschüssen diskutiert worden.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ach, ist doch Quatsch!)

Ich werte die Ausschüsse damit nicht ab. Ich finde aber, dass man diesen besonderen Bericht durchaus mal hier im Parlament besprechen kann, Herr Kollege Ritter.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Na, da haben Sie recht, aber es ist nicht „mal“!)

Ich treffe mich regelmäßig mit Frau Drescher. Ich will an dieser Stelle auch sagen, dass es nicht immer nur Freunde davon gab, dass wir uns gerade mit dem Thema „Doping in der DDR“ auseinandergesetzt haben. Da gab es auch viele einflussreiche Verbände, die das nicht so witzig fanden. Trotzdem haben wir es gemacht, und nachdem ich die Publikation darüber lesen konnte, welche zum Teil schrecklichen Schicksale sich da abgespielt haben, war es richtig, das einmal für die Nachwelt aufzubereiten.

Und, liebe Frau Drescher, dass Sie das in aller Deutlichkeit so geschrieben haben und sich mit den Betroffenen unterhalten haben, die das mal erzählen durften, trägt wahrscheinlich auch heute dazu bei, dass man seine ganze Historie ein bisschen verarbeiten darf. Somit darf ich Ihnen auch von dieser Stelle dazu gratulieren, dass Sie gestern den Anti-Doping-Preis der Doping-Opfer-Hilfe verliehen bekommen haben. Herzlichen Glückwunsch, vielleicht darf ich das auch im Namen des Parlaments sagen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, AfD, DIE LINKE, BMV und Torsten Renz, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Weil wir alle uns darauf verständigt haben, nur fünf Minuten zu reden, möchte ich ein Schicksal herausgreifen, was ich in der Publikation gefunden habe, wo es sich einfach lohnt, mal darüber nachzudenken, wenn man weiß, dass sich mittlerweile 25.000 haben beraten lassen von Frau Drescher und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Mir ging das Schicksal einer Frau besonders nahe, hier Frau A. genannt: „Frau A. wurde von der Mutter und dem älteren Bruder misshandelt. Als sie 2 Jahre alt war, sperrte die Mutter Frau A. in den Waschkeller und fuhr mit dem älteren Bruder zu ihrer Mutter. Die Kleine wurde durch ihr Schreien nach 3 Tagen von Nachbarn bemerkt. Das Jugendamt schaltete sich ein, sie kam in ein Heim. … Frau A. wurde im Oktober 1977 das erste Mal nach Ueckermünde in die Psychiatrie eingewiesen. Sie kam als Kind auf eine gemischte Erwachsenenstation und war dort die jüngste Patientin. Zunächst wurde sie im Bett wie in ein Fischernetz fest eingeschnürt und damit stundenlang fixiert. Sie hat geweint und sich wild gewehrt und dabei um sich getreten. Wegen der Fixierung konnte sie nicht austreten und war gezwungen einzunässen. Das war ihr mit ihren 14 Jahren sehr peinlich.“

Ich will Ihnen den Rest und den Fortgang der Geschichte hier im Parlament nicht deutlich machen und nicht weiter vorlesen, weil er einem wirklich so ans Herz geht. Aber das zeigt, wie wichtig es ist, dass die Opfer die Möglichkeit haben, über ihr eigenes Schicksal zu reden, und dass dort kompetente Ansprechpartner sind, die auch dabei helfen. Wenn Sie die Lebensgeschichte – und damit wollte ich Sie ein bisschen neugierig machen, wenn Sie das noch nicht getan haben – von Frau A. weiterlesen, werden Sie feststellen, dass gerade das Beratungsgespräch bei Frau Drescher dazu geführt hat, dass sie heute ein einigermaßen normales Leben führen kann.

Meine Damen und Herren, deswegen sollte es uns das auch wert sein, über den Bericht hier mal im Parlament zu reden, uns auszutauschen und ihn vielleicht ein bisschen in das Licht der Öffentlichkeit zu rücken, weil wir am Ende zu dem Schluss kommen müssen, dass ein Staat, der so etwas zulässt, kein Rechtsstaat gewesen sein kann. – Haben Sie vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, AfD, BMV und Egbert Liskow, CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Bernhardt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen!

Auch von uns, Frau Drescher, noch mal herzlich nachträglich alles Gute zu dem gestern gewonnenen AntiDoping-Preis der Doping-Hilfe. Ich glaube, das hat auch mit der Aufgabe, die wir Ihnen vor drei Jahren hier als Landesparlament übertragen haben, zu tun, die Sie, wie gestern gewürdigt, mit großem Engagement umgesetzt haben, Beratungsstellen geschaffen haben. Dafür unser herzlicher Dank! Herr Kokert hat es gesagt und wir können uns dem als Fraktion nur anschließen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Sehr geehrte Damen und Herren, auch wir finden es richtig, dass wir heute die Unterrichtung zum Anlass nehmen, über die Behörde zu sprechen. Die Landesbeauftragte für die Unterlagen des Staatsicherheitsdienstes nimmt aus Sicht meiner Fraktion eine wichtige Aufgabe wahr, deshalb auch dafür danke an Frau Drescher. Sie berät die Bürgerinnen und Bürger bezüglich Einsichtsverfahren in die Akten des Staatssicherheitsdienstes oder in Rehabilitationsverfahren. Hinzugekommen ist die Betreuung in den Themenfeldern „Heimerziehung in der DDR“ und des „Doping in der DDR“. Gerade die letzten beiden Themenfelder nehmen mittlerweile sehr viel Zeit in Anspruch. Selbstverständlich sind das alles Bereiche, die zum einen aufgearbeitet werden müssen, wo man sich aber andererseits auch um die betroffenen Menschen kümmern muss, denn letztendlich geht es dabei um sie.

Das bringt mich zu einem wichtigen Punkt, der mir in den bisherigen Diskussionsbeiträgen ein bisschen zu kurz gekommen ist. Es gilt heute nicht nur die Aufgaben darzustellen, sondern auch aus dem Bericht heraus Probleme und Herausforderungen der Landesbehörde mit aufzunehmen. Ich denke da an die Personalausstattung der Behörde. Wenn man einer Behörde neue Aufgaben überträgt, was der Landtag mit dem Beschluss zu den DDRDopingopfern getan hat, dann muss man sie natürlich auch personell entsprechend ausstatten. Das ist leider nicht geschehen. Hierzu heißt es in der Unterrichtung – und das habe ich leider in Ihrer Darstellung vermisst –: „Zeitweilig unterstützen … externe Mitarbeiter und Wissenschaftler die Arbeit der Landesbeauftragten. Die Arbeitsbelastung für die Mitarbeiter der“ Landesbehörde „ist sehr hoch.“ Das haben wir auch im Rechtsausschuss festgestellt und dieser Umstand besteht seit mehreren Jahren. Leider ist personell noch nicht viel geschehen. Deshalb sollte man es heute nicht beim Dank an Frau Drescher belassen, sondern die Probleme auch mit in die Ausschüsse nehmen und dort gemeinsam weiterhin beraten.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Vincent Kokert, CDU)

Für uns war es deshalb wichtig, in den Haushaltsberatungen die Mittel für eine zusätzliche Stelle E12 bereitzustellen. Nur so sind aus unserer Sicht und auch nach Auffassung der Landesbeauftragten die Aufgaben zu bewältigen. Nach dem damaligen Stand hätten sich über 200 Sportlerinnen und Sportler bei der Landesbeauftragten gemeldet und es wäre zu erwarten gewesen, dass die Zahl sich noch mal um knapp 1.000 erhöhen würde. Der Antrag wurde sowohl im Rechtsausschuss als auch hier im Landtag leider abgelehnt. Deshalb noch mal die eigene Position überdenken, nicht nur danken, sondern auch handeln!

Man muss jedoch sagen, dass letztes Jahr 50.000 Euro aus dem Strategiefonds an die Landesbeauftragte einmalig ausgereicht wurden. Das finde ich schon sehr sonderbar, wenn Stellen, die im Haushalt sogar ein eigenes Kapitel haben, nebenbei aus dem Strategiefonds – wie gesagt einmalig – finanziert werden. Mich würde einmal die Begründung für dieses Vorgehen interessieren,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

aber vielleicht können wir das näher in den Ausschüssen besprechen.

Ein zweites Thema, das ich noch kurz ansprechen möchte, ist die Frage der Umbenennung der Behörde.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig!)

Auch dieses Thema steht schon seit Jahren in den Ausschussberatungen auf der Tagesordnung. Auch davon habe ich leider von Ihnen heute nichts gehört. Die Arbeitsaufgaben gehen längst über die Stasiunterlagen hinaus und wir haben auch im Ausschuss darüber diskutiert, ob eine solche Umbenennung nicht Sinn machen würde. Herr Ehlers hatte sich in der Presse auch dafür ausgesprochen. Bisher sind wir aber leider da noch nicht weiter.

Insofern bin ich gespannt auf die Diskussion in den Ausschüssen, und noch mal einen ganz herzlichen Dank an Frau Drescher und ihre Mitarbeiter. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der BMV der Abgeordnete Herr Dr. Manthei.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit geht weiter und muss weitergehen. Heute bekräftigen wir hier im Parlament wieder, wie wichtig diese Arbeit ist. Wir sind uns einig, dass die Behörde der Landesbeauftragten eine gute Arbeit leistet.

Bis heute kristallisieren sich neue Aufgabenschwerpunkte für diese Behörde heraus. Einer davon ist die bereits angesprochene Beratung und Unterstützung von Opfern des DDR-Staatsdopings. Der Landtag hat am 28. Januar 2016 beschlossen, dass die Landesbeauftragte auch für diese Fälle zur Anlaufstelle wird. Die Landesbeauftrage geht von etwa 1.000 Geschädigten aus. Über 220 Opfer sind bereits beim Verein Doping-OpferHilfe e. V. registriert. Zum Stichtag 13. Februar 2018 teilte die Landesregierung auf meine Kleine Anfrage hin mit, dass 63 Ersuchen um Beratung und Unterstützung vorlagen. Das sind 63 Einzelfälle, die einer sehr speziellen Beratung bedürfen. Ein Fallbeispiel befindet sich in der Unterrichtung – empfehle ich jedem einmal nachzulesen.

Doping hat vielfach schwerwiegende körperliche, psychische und soziale Folgen. Eine Fachkraft ist nötig, um jedes einzelne Opfer angemessen beraten zu können. Frau Bernhardt hatte das Problem hier gerade auch schon angesprochen und wir bedauern, dass bisher der politische Wille fehlte, die nötige, gegebenenfalls zeitlich befristete Beraterstelle zu schaffen. Auch wir als BMVFraktion hatten in den Haushaltsberatungen einen entsprechenden Antrag eingebracht, der leider abgelehnt wurde, aber diese Stelle ist nach wie vor erforderlich.

Hier steht Aussage gegen Aussage von Landesbeauftragter und Landesregierung. Die Landesbeauftrage wiederholt ihre Bitte, eine entsprechende Personalstelle zu schaffen, damit eine Fachkraft die Dopingopfer bera

ten kann und die sonstige Beratungsarbeit der Behörde in angemessener Weise fortgeführt werden kann. Alles andere ginge zulasten der Beratung und der Mitarbeiterin. Dem entgegen behauptet die Landesregierung, die Behörde komme der Aufgabe der Beratung und Unterstützung aller Betroffenen uneingeschränkt nach. Sie ist der Ansicht, die der Behörde übertragene Aufgabe werde mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen in ausreichender Weise bewältigt.

Nach Ansicht der Regierung gibt es also keinen Handlungsbedarf. Dass insgesamt weiterhin Beratungsbedarf besteht, weiß die Landesregierung. Sie macht sich etwa für die Entfristung von Rehabilitierungsanträgen stark, und das begrüße ich ausdrücklich. Aber unsere Reden hier nützen den Opfern nicht viel. Sie brauchen individuelle Unterstützung und kompetente Beratung, und die kann die Behörde der Landesbeauftragten in angemessener Weise leisten, wenn wir sie auch entsprechend stärken.

Wie bereits angesprochen, möchte ich auch noch erwähnen, dass Frau Drescher gestern diesen Anti-DopingPreis vom Verein Doping-Opfer-Hilfe e. V. verliehen bekommen hat. Damit hat der Verein das Engagement der Landesbeauftragten für die Sportgeschädigten speziell gewürdigt. Auch ich möchte mich den Gratulationen anschließen und Frau Drescher für ihre Arbeit danken, möchte aber die übrigen Fraktionen noch mal bitten, es eben nicht bei Dankesworten zu belassen, sondern vielleicht doch in sich zu gehen und zu prüfen, inwieweit hier vielleicht interfraktionell eine weitere Stelle in Betracht kommt für die Landesbeauftragte. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Ums Wort gebeten hat für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Kröger.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete!

Sehr geehrte Frau Drescher! Auch die Fraktion der AfD wertschätzt Ihre Arbeit über alle Maßen. Wir freuen uns auch, dass Sie sich jetzt insbesondere des Themas Doping angenommen haben. Ich möchte gar nicht im Einzelnen wiederholen, was hier schon von allen anderen Fraktionen gesagt wurde, wie wertvoll Ihre Arbeit ist, welchen Aufgabengebieten Sie sich widmen. Der Opferschutz ist eine ganz wichtige Angelegenheit, die sehr oft in unserer Gesellschaft zu kurz kommt. Die Täter haben alle Rechte, die Opfer haben fast keine, muss man manchmal annehmen.

Deswegen denke ich, dass Ihre Einrichtung und Ihre Person von unserer Seite aus auch alle Unterstützung erfährt. Wir sind dafür dankbar, dass das in dieser Form einmal vor dem Landtag debattiert und ausgesprochen wird und dieser Bericht hier heute vorgetragen wird.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Mit diesen Worten möchte ich eigentlich schon meinen sehr kurzen Vortrag beenden, denn es ist alles gesagt worden. Es nützt nichts, noch mal alles zu wiederholen, auch wenn man es nicht oft genug sagen kann. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.