Protokoll der Sitzung vom 30.05.2018

Bitte schön.

Das geht ja von meiner Zeit ab, aber...

Danke, Herr Minister.

Herr Minister, Sie sagten, dass jetzt durch die wiedervernässten Flächen weniger Methan und CO2 austritt. Aber Sie wissen doch, dass gerade durch wiedervernässte Flächen bei Moorstandorten sehr viel mehr Methan jetzt austritt als vorher. Und ich habe ja auch dargestellt, wie man dem begegnen kann.

Also wissenschaftlich bewiesen ist tatsächlich, dass, wenn man jetzt völlig vernässt – und deswegen sage ich noch mal, bitte noch mal, als ich 2006 den Bereich übernommen habe, habe ich diese Initiative gestartet. Herr Dr. Permien sitzt ja da hinten auch mit dabei, der hört sich das genau an. Als wir das 2006 übernommen haben, der Ministerpräsident a. D. nickt schon mit dem Kopf, haben wir gesagt, wir wollen die Strategie verändern, wir wollen nicht mehr unter Wasser setzen, denn das stimmt, wenn das komplett unter Wasser gesetzt ist, findet dieser Fäulnisprozess statt. Das führt natürlich zu einem höheren Ausstoß von Methan und damit CO2-Äquivalenten. Und genau deswegen haben wir gesagt, nein, wir werden diese Strategie, die meine Vorgänger entwickelt hatten, verlassen. Wir machen eine wissenschaftliche, neue Grundlage. Dabei ist deutlich geworden, wenn wir sukzessive diesen Schwamm – wenn man so will, kann man Moor als Schwamm betrachten –, wenn wir langsam den Wasserstand anheben und dieser schwammartige Charakter

entwickelt wird, dann findet dieser enorme Methanausstoß, CO2-Äquivalentausstoß, nicht statt, und auch das ist bewiesen worden.

Deswegen sage ich auch noch mal, ich bin sehr stolz darauf, dass wir ein Ökosystemdienstleistungsprogramm angefahren haben, das werden Sie hoffentlich wissen, die MoorFutures, die wir verkaufen. Wir können heute beweisen, dass wir pro Hektar einen geldwerten Vorteil von 80 Euro erwirtschaften können, wenn wir diese Flächen langsam vernässen und damit der CO2-Ausstoß reduziert wird. Er wird nicht vollständig aufgelöst, aber er wird deutlich reduziert, und das ist mittlerweile weltweit anerkannt worden. Auch das will ich noch mal ausdrücklich unterstrichen haben.

Danke schön.

Also, wir setzen nicht mehr – dann komme ich auch zum Schluss –, wir setzen also nicht mehr die Flächen generell unter Wasser, sondern wir erhöhen den Wasserstand sukzessive und versuchen, darauf eine neue Wirtschaftsform, nämlich Paludikultur, zu entwickeln. Das ist die sogenannte nasse Landwirtschaft, Rohrkolbenanbau, um neue Produkte zu entwickeln, oder auch den Erlenanbau, also dieses Gesamtkonzept „nasse Landwirtschaft“.

Ich bin sehr froh drüber, das will ich ausdrücklich sagen, dass wir mit der Bundesregierung jetzt den Prüfauftrag endlich umsetzen werden, ob dieses gesamte Vorhaben, das ja dem Natur- und Umweltschutz, dem Klimaschutz, aber auch der Artenvielfalt und dem sauberen Wasser dient, ob das nicht in das Konzept der europäischen Agrarförderung aufgenommen werden kann und diese Flächen dann auch einer zusätzlichen Förderung bedürfen. Da gehe ich davon aus, dass wir das in Kürze erfahren werden.

Insofern gehe ich davon aus, dass das Moorschutzprogramm, das ein Alleinstellungsmerkmal des Landes Mecklenburg-Vorpommern ist, weltweit, dass Sie das bitte akzeptieren, dass hier wirklich verantwortungsbewusst mit dem Boden, aber auch mit den Dörfern und mit den Menschen umgegangen wird. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister.

Der Minister hat die angemeldete Redezeit um sechs Minuten überschritten.

(Minister Dr. Till Backhaus: Ja, weil ich so viele Fragen gekriegt habe.)

Diese...

(Heiterkeit auf der Regierungsbank)

Auch für Minister gilt, dass Sie meine Anmerkungen hier nicht zu kommentieren haben.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Kurze Antworten! Kurze Antworten!)

Es ist auch üblich – zur Erläuterung –, dass Zwischenfragen der Redezeit angerechnet werden. Das ist bei Abge

ordneten so, das ist bei Ministern so. Es sind zehn Minuten Redezeit angemeldet. Die Redezeitüberschreitung beträgt sechs Minuten

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

und nach Paragraf 85 unserer Geschäftsordnung steht diese Zeit den nicht an der Regierung beteiligten Fraktionen zusätzlich zur Verfügung. Diesen Hinweis möchte ich noch geben.

Und ich rufe jetzt auf für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Dr. Schwenke.

(Minister Dr. Till Backhaus: Versuchen Sie das noch mal zu erklären! – Peter Ritter, DIE LINKE: Ich glaube, das ist vergossene Milch.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Das Thema dieser Aussprache ist durchaus in der öffentlichen Diskussion, und das seit vielen Jahren und nicht erst, seitdem auch meine sehr geehrte Kollegin Vizepräsidentin Schlupp die Wiedervernässung mit der kaputten A 20 bei Triebsees in Verbindung gebracht hat. Sie haben das ja heute auch gemacht, Herr...

(Marc Reinhardt, CDU: Und die Mücken!)

Und die Mücken natürlich auch, ja.

Aber, und jetzt kommt das Aber, die gewählte Überschrift dieser Aussprache suggeriert von vornherein, dass Mecklenburg-Vorpommern Moorschutz- und Wiedervernässungsprojekte um jeden Preis – also koste es, was es wolle – durchsetzt. Dies, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist mitnichten so. Und, verehrter Herr Minister, das war auch nicht so, bevor Sie das Umweltressort übernommen haben.

Ich bin froh, in einem Bundesland zu leben, das schon ziemlich lange bemüht ist, die Sünden und Fehler der Vergangenheit zumindest zum Teil zu korrigieren. Damit meine ich hier die Trockenlegung und Entwässerung unserer Moore. Bereits im Dezember 1995 hatte der Landtag die Landesregierung beauftragt, ein wissenschaftliches Konzept zum Bestand und zur Entwicklung der Moore in Mecklenburg-Vorpommern vorzulegen. In der Folge entstand das Moorschutzprogramm, umgesetzt erstmals richtig unter der ersten rot-roten Landesregierung. Und es ist richtig, es war ein etwas anderer Ansatz, aber auch damals wurden nicht auf „Teufel komm raus“ einfach irgendwelche Flächen überflutet.

Wir haben daraus gelernt. Auch das Konzept ist verändert worden. Heute geht es um langsame Vernässung, nicht mehr so auf einen Schlag, wie das am Anfang probiert wurde. Aber bis heute ist aus unserer Sicht dieses Programm eine Erfolgsgeschichte, eine Erfolgsgeschichte, die auch ihresgleichen sucht und international – das hat der Minister schon betont und wird es nicht müde immer wieder zu betonen – ein großes Vorbild ist. Über 80 einzelne Renaturierungsprojekte gibt es in der Umsetzung dieses Programms.

Highlight ist dabei sicher das größte Projekt, nämlich der Naturpark Flusslandschaft Peenetal mit einer Kernzone von circa 20.000 Hektar. Bereits bis 1998 wurden auf 12.000 Hektar Mooren wieder naturnähere Wasser

verhältnisse geschaffen. Diese Renaturierungen waren zumeist durch EU-LIFE-Projekte finanziert worden. Daraus ergaben sich Probleme, insofern, dass die Projekte zuerst geplant wurden, dann ist das Geld geflossen, aber wenn die Eigentümer der Flächen nicht einverstanden waren, sind Schwierigkeiten in der Umsetzung aufgetreten.

Beim neuen Moorschutzkonzept schaffte man eine freiwillige Teilnahme der Landwirtschaftsbetriebe als Anreiz. Die Ziele sind klarer ausgewiesen, es steht auch mehr Geld zur Verfügung, und es ist eine differenzierte Vorgehensweise möglich. So weit, so gut. Natürlich darf man an dieser Stelle nicht verschweigen, dass es in der Folge bei einigen Projekten kleinere und größere und manchmal auch große Konflikte gab und teils noch immer gibt. Das ist aus meiner Sicht auch völlig normal, wenn man gezielte Eingriffe des Menschen in den Naturhaushalt zurückdrehen möchte und an wenigen Stellen die Natur wieder Natur sein lassen will. Das überdeckt leider in der öffentlichen Diskussion, dass die allermeisten Projekte ziemlich geräuschlos und sehr konfliktfrei abgelaufen sind.

Den größten Ärger gibt es da, wo Menschen und ihr Eigentum direkt betroffen sind. Dabei kommt es immer darauf an, ob und wie miteinander gesprochen wird. Gerade in den ersten Jahren war die Kommunikation davon gekennzeichnet, dass mehr übereinander als miteinander gesprochen wurde. Das ist klar, das schafft Frust und produziert Widerstand und es hat auch dem Image des Moorschutzes geschadet.

Auch wenn die vor allem lokale Kritik nicht immer berechtigt war, so war auch das Handeln der Landesregierung und des LUNG nicht immer glücklich und gelungen. Hier sehe ich das größte Defizit. Natur- und Umweltschutz funktioniert nur mit den Menschen und nicht gegen sie. Eine solche Diskussion, wie wir sie heute führen, ist deshalb richtig und wichtig. Am Ende darf aber nicht stehen bleiben, dass in Mecklenburg-Vorpommern Wiedervernässung um jeden Preis durchgezogen wird. Das ist nicht so! Alle Projekte – ich betone es noch einmal: alle Projekte – erfolgen freiwillig in Absprache mit den Menschen und landwirtschaftlichen Unternehmen vor Ort. Wenn Schäden bei der Umsetzung eintreten, zum Beispiel vollgelaufene Keller oder nicht mehr wirklich nutzbare Ackerflächen, dann müssen diese Schäden schneller und unbürokratischer reguliert werden. Die Begleitung vieler dieser Projekte muss sich nach unserer Auffassung auch – mitunter zumindest – verbessern. Dazu gehört, dass Kommunen, die zum Beispiel eine touristisch nutzbare Infrastruktur für Moorwanderungen und Ähnliches erhalten haben, auch bei deren Erhaltung und Instandhaltung unterstützt werden.

Trotz allem steht meine Fraktion hinter dem Moorschutzprogramm von Mecklenburg-Vorpommern, nicht „Koste es, was es wolle“, aber das passiert auch nicht. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Aßmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu der Thematik ist jetzt viel gesagt und der Kern, glaube ich, der Botschaft in erster Linie war, dass doch unumstritten ist,

dass trockengelegte Moore, Herr Strohschein, CO2 in großen Mengen ausstoßen. Das haben ja selbst Sie erkennen müssen und einräumen müssen. Und Sie haben gesagt, Wiedervernässung darf nur dort gemacht werden, wo sie angebracht ist. Ja, da steht auch keiner vor der Landkarte von Mecklenburg-Vorpommern mit einem Dartpfeil in der Hand, wirft den mal an die Wand und sagt, oh, klasse, da machen wir jetzt Renaturierung.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Nee, Dartpfeil wird woanders geworfen.)

Also da können Sie sich mit Sicherheit drauf verlassen, dass wir eine Reihe von Expertinnen und Experten haben, die genau mit Augenmerk darauf schauen, wo machen diese Maßnahmen Sinn...

(Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD)

Herr Dr. Jess, das war auch in der Vergangenheit so, dass man geschaut hat, wo kann das gemacht werden.

(Vizepräsidentin Dr. Mignon Schenke übernimmt den Vorsitz.)

Wo ich Ihnen recht gebe, ist, dass die Renaturierungsmaßnahmen in der Vergangenheit mit deutlich größeren Konflikten behaftet waren, ja, weil eben auch die Folgenabschätzung nicht immer so gut passiert ist, wie sie jetzt passiert, und weil auch die Mittel für Folgekosten nicht da waren. Ja, das stimmt, und trotzdem war es so, dass man sich aus naturschutzfachlicher Sicht Gebiete gesucht hat, die eben geeignet waren. Da stand trotzdem keiner mit dem Dartpfeil vor der Landkarte, das können Sie mir glauben.

Wenn man sich mit Renaturierungsmaßnahmen beschäftigt – ich selber bin ja im Peenetal großgeworden –, dann weiß man, dass man als Einwohner erst mal akzeptieren muss, dass sich die Landschaft eben auch verändert. Da ist die Landschaft nicht mehr so offen, da werden Gräser höher, da sterben Bäume ab, da gibt es plötzlich Tiere, die es vorher nicht gab, oder es gibt Tiere nicht mehr, die es vorher gab. Und natürlich ist das auch emotional behaftet. Ich weiß zum Beispiel von einer Familie aus Lübtheen, wo der Ururgroßvater eine Eiche gepflanzt hat, die es mittlerweile nicht mehr gibt, weil sie nasse Füße gekriegt hat. Ja, auch das passiert. Das ist emotional behaftet und da ist es ganz, ganz schwierig, bei jedem Einzelnen die Akzeptanz zu schaffen.

Und wenn man dann im Hintergrund hat, es gibt renommierte Umfragen, wo immer wieder herauskommt, dass die Bürgerinnen und Bürger schon sehen, dass wir global ein klimatisches Problem haben, aber sie sehen diese Herausforderung gar nicht so sehr bei sich vor der Haustür, sondern sie sehen es als globales Problem, und wenn dann natürlich bei mir vor der Haustür renaturiert wird und ich werde öfter von Insekten gestochen oder bei mir sterben Bäume ab oder wie auch immer, dann kann das natürlich nicht jeder so akzeptieren.

Von daher bin ich sehr froh, dass in der Kommunikation im Vorfeld von Renaturierungsmaßnahmen das Land deutlich besser geworden ist, dass viel mehr im Vorfeld aufgeklärt wird, dass aber auch Folgeabschätzungen mittlerweile viel besser passieren, dass Maßnahmen angegliedert werden an bereits bestehende Projekte und dass dieser Hauptkritikpunkt von den Anfängen abge

schaltet wurde, nämlich, dass wir nicht mehr Flachwasserseen infolge von Renaturierungen haben, sondern dass wir wirklich so herangehen, dass wir deutlich angehobene Wasserstände haben, dass man schaut, okay, was passiert eigentlich mit erhöhten Schöpfwerkskosten, wenn eben Wohnbebauung auch geschützt werden muss, wie kann man es schaffen, dass langfristig wirklich CO2 gebunden und nicht etwa Methan ausgestoßen wird und so weiter und so fort.