Ich habe doch gar nicht gesagt, wer es ist. Ich habe nur gesagt, von der Regierungsbank keine Zwischenrufe, egal von wem.
(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD – Minister Dr. Till Backhaus: Siehst du! Siehst du! Aber Harry war das doch!)
Ich kann die beiden Herren zu meiner linken Seite nur bitten, wenn Sie das ausdiskutieren wollen, bitte nicht von der Regierungsbank. Und wenn Sie insgesamt mitdiskutieren wollen, bitte von den Abgeordnetenbänken, auf denen Ihnen ja jeweils ein Platz zur Verfügung steht. Wer gemeint ist, das war, glaube ich, in diesem Saal ganz deutlich. Ich bitte doch, in Zukunft auf diese Hinweise wirklich zu achten.
Letzte Problemstellung, die sich mit dem Antrag aus unserer Sicht verbindet: Die Frage der vollständigen Aufhebung der Beitragsbemessung, wie Sie sie ja im Antrag stellen, hätte zwei Effekte, und zwar will ich dazu noch mal herleiten, warum die Krankenkassen einen solchen Mindestbeitrag gesetzt haben. Sie unterstellen, dass diejenigen, die selbstständig tätig sind, von dieser Arbeit auch leben können. Können sie es längere Zeit nicht oder arbeiten sich arm, was ja viele machen, dann spricht man im Steuerrecht zumindest von Liebhaberei. Nun ist die Frage, ob wir das politisch wollen, dass bei dieser Aufhebung und dieser Herabsetzung der Grenze gleichzeitig sanktioniert wird, dass viele Selbstständige lange Zeit, wenn nicht gar für die Zeit ihrer Tätigkeit, unterhalb der Armutsgrenze tätig sind. Das ist auch ein Gerechtigkeitsproblem, dem man sich stellen muss.
Wir sind der Meinung, diesem Antrag kann man nicht zustimmen. Er ist unausgegoren, er lässt viele Fragen, die geklärt werden müssen, offen, und wenn wir LINKEN sagen, wir wollen auch die Entlastung von Selbstständigen, genauso wie Sie, dann verfolgen wir dennoch unterschiedliche Ziele. Wir wollen die Stärkung der gesetzlichen Krankenversicherung bei Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Selbstständigen, jedoch nicht eine Sanktionierung von Sich-arm-Arbeiten. Sie – das hat den Anschein und vielleicht können Sie diesen Anschein noch widerlegen in der Erwiderungsrede –, Sie erwecken bei uns den Anschein, dass Sie die gesetzliche Krankenversicherung eigentlich unterminieren wollen, denn letztendlich, wenn Tausende weniger einzahlen, hat das bestimmte Auswirkungen auf das Solidarsystem. Wir wollen das Solidarsystem gestärkt sehen und nicht geschwächt. Das unterscheidet uns offensichtlich, und auch das ist ein Grund, warum wir Ihren Antrag ablehnen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Koplin, Sie haben den Antrag hier als wirr dargestellt. Ich glaube, Sie haben dabei viel mehr hineininterpretiert, als man da herauslesen kann. Gleichwohl haben Sie natürlich auch zu Recht gesagt, dass man diesen Antrag eigentlich nur ablehnen kann. Das ist in der Tat so, auch aus unserer Sicht.
Zunächst einmal, seit 2009 haben wir die Krankenversicherungspflicht für alle, also für jede und jeden in Deutschland. Das war vorher nicht so. Allein das ist schon ein Gewinn, dass auch Selbstständige – auch Selbstständige, die kein hohes Einkommen erzielen – sich krankenversichern müssen. Ich kenne genug kleine Krauter, die das vorher nicht gemacht haben. Allerdings haben sie natürlich auch immer die Möglichkeit gehabt, sich privat krankenzuversichern, und das kriegt man auch schon unter 100 Euro. Das ist aber nicht unser Ziel. Ziel ist es, sich solidarisch möglichst in der Gesetzlichen Krankenversicherung mitzuversichern, und da ist es in der Tat so, dass die Einstiegssätze unverhältnismäßig
hoch sind im Verhältnis zu den oftmals erzielten relativ niedrigen Gewinnen, die diesen Personen übrigbleiben.
Ich glaube, Herr Koplin hat Sie, Herr Professor Weber, falsch verstanden, was diesen Mindestbeitrag betrifft. Sie sprachen nämlich von 127 Euro, wenn ich das recht erinnere, und das ist der Mindestbeitrag ja nicht für Erwerbstätige oder Selbstständige, sondern für Personen, die man freiwillig mitversichert, zum Beispiel ältere Studenten, die kein Erwerbseinkommen haben, die also nicht über Arbeit ein Einkommen erzielen,
oder aber auch die Ehefrau nach dem alten – nein, gar nicht wahr, die ist meistens natürlich über die Familienversicherung versichert, also die fällt gar nicht mehr darunter. Und wenn Sie dann diese 127 Euro zugrunde legen und darauf hinweisen, dass wir 2,16 Millionen Selbstständige haben, die unter 1.000 Euro an Einkünften verzeichnen,
müssen wir mal gucken, wie viel, was bleibt denn davon, von diesen vielen Personen, übrig, die dann darunterfallen.
Jetzt haben Sie das gesagt, ein Drittel sind das ungefähr. Aber da möchte ich mich doch ausdrücklich Herrn Koplin so ein bisschen anschließen: Auf Dauer unterhalb des Mindestlohnes zu arbeiten, sich selber auszubeuten, sollte man nicht unbedingt unterstützen. Gleichwohl halte ich es dringend für geboten, dass bundesweit die Sätze für selbstständige Personen abgesenkt werden. Spitzgerechnet nach den Einkünften, das finde ich auch sehr schwierig, denn das könnte man immer erst nach der Steuerveranlagung im Nachhinein machen. Das wäre also ein ganz anderes System, was dabei dann herauskommen würde.
Von daher halte ich den Ansatz für richtig, den wir jetzt verfolgen, und das ist eben nicht so, wie Sie beschreiben, dass da nichts passiert, sondern das, was in der Koalitionsvereinbarung auf Bundesebene festgelegt ist, umzusetzen, das würde bedeuten, dass letztendlich ein Mindesteinkommen von 1.150 Euro zugrunde gelegt wird, und ich möchte mal daran erinnern, bei Erzielung in Vollzeit. Beim Mindestlohn würde man allein schon auf über 1.400 Euro Einnahmen im Monat kommen.
Die Argumente sind eigentlich ausgetauscht, die Bestrebungen auf Bundesebene, die bereits über den Koalitionsvertrag dokumentiert sind, zeigen für mich in die richtige Richtung, und dem Minister nach ist bereits ein Gesetzentwurf erarbeitet worden. Ich glaube, das ist ein riesiger Schritt in die richtige Richtung und deswegen werden wir Ihren Antrag guten Gewissens ablehnen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete und liebe Mitbürger! Zuerst möchte ich etwas zu den Fakten sagen und beziehe dabei die Arbeitnehmer kurz mit ein, da es sich ja im Kern um eine Gerechtigkeitsfrage handelt. Alle sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer sind in einer Krankenkasse versichert, der allgemeine Beitragssatz beträgt 14,6 Prozent und wird auf das tatsächliche Bruttoeinkommen bis zu der Höhe der Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 4.425 Euro monatlich erhoben. Der Beitrag wird zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber geteilt, weitergehende Zusatzbeiträge je nach Krankenkasse müssen vom Versicherten alleine getragen werden.
Alle Selbstständigen müssen sich ebenfalls in einer Krankenkasse versichern, für sie gelten grundsätzlich die gleichen Beitragssätze. Jedoch müssen sie den Arbeitnehmer- oder den Arbeitgeberanteil selbst zahlen, also den vollen Beitrag alleine aufbringen. Problematisch wird es insbesondere dann, wenn die selbstständige Tätigkeit finanziell nicht so erfolgreich ist und das Zahlen der Beiträge für die Selbstständigen eine überproportional große Last bedeutet.
Die Krankenkassen fordern selbst eine Reduzierung des Mindestbeitrags für Selbstständige, da sie nach zuletzt verfügbarem Stand etwa 6,15 Milliarden Euro Beitragsrückstände im Bereich der Selbstständigen zu verzeichnen haben. Die Folgen für die betroffenen Versicherten können dramatisch sein, da nur noch die medizinische Akutversorgung gewährleistet ist. Zahnersatz oder nicht absolut notwendige Operationen werden dagegen nicht gewährt.
Die Höhe der Beitragsbemessungsgrundlage für den Mindestbeitrag folgte bisher dieser Logik, das durchschnittliche Bruttoeinkommen der unselbstständig
Beschäftigten in Deutschland beträgt circa 3.000 Euro. Die Mindestbemessungsgrundlage für Selbstständige liegt bei circa 75 Prozent dieses Wertes, präzise derzeit bei 2.283,75 Euro. Bei diesem Gedanken geht man davon aus, dass eine selbstständige Tätigkeit nur angestrebt und durchgehalten wird, wenn mindestens 75 Prozent des Durchschnittseinkommens erzielt werden können. Das war in früheren Jahrzehnten auch regelmäßig der Fall. Damals gehörten Selbstständige eher der gehobenen Einkommensklasse an. Heute handelt es sich aber häufig um Selbstständige, die aus unterschiedlichen Gründen nur prekäre Einnahmen erzielen. Auf diese Gründe gehe ich später noch ein. Verschiedene Parteien und Organisationen, zum Beispiel die schon genannten Krankenkassen, aber auch Unternehmerverbände, die LINKEN, die FDP und so weiter fordern daher eine Absenkung der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage.
Die Regierungskoalition in Berlin hat ebenfalls reagiert und möchte die Mindestbeitragsbemessungsgrundlage auf 1.150 Euro in etwa halbieren. Damit würde sich für diejenigen, die genau 1.150 Euro pro Monat oder weniger verdienen, auch der Krankenkassenbeitrag halbieren. Für alle Einkommen unterhalb der alten Mindestbemessungsgrundlage entsteht ein nennenswerter Vorteil.
Bei der Diskussion der Frage, ob diese Maßnahme der Bundesregierung ausreichend ist oder nicht, sind folgende Aspekte zu berücksichtigen: Es entspricht der Tradition unseres solidarischen Sozialstaates, allen Bewohnern unseres Landes Zugang zu einer Krankenversicherung zu geben. Dieser Zugang muss wirtschaftlich leistbar sein. Das spräche unter Umständen für eine weitere Absenkung der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage. Aber kann es richtig sein, dass Selbstständige, die deutlich unter Mindestlohnniveau arbeiten – und das ist bei 1.150 Euro für einen in Vollzeit gearbeiteten Monat deutlich der Fall –, ermutigt werden, in dieser prekären Situation zu bleiben, indem die Solidargemeinschaft einen Teil ihres regulären Krankenkassenbeitrages übernimmt? Wenn Pflegekräfte, Tagesmütter, Taxifahrer oder Marktstandbetreiber so wenig Geld verdienen, beuten sie sich im Grunde selbst aus, und die Regierung sollte das nicht auch noch absegnen.
Anders sieht die Sache bei Existenzgründern aus. Hier gelten schon heute niedrige Sätze, die voraussichtlich konsequenterweise ebenfalls nach unten angepasst werden. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass die Anlaufphase eines Existenzgründers länger veranschlagt wird und der Selbstständige drei Jahre durch einen deutlich niedrigeren Satz unterstützt wird. Das würde dem Ziel entsprechen, dass deutlich mehr Menschen den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. Im vierten Jahr muss das Geschäft aber einen Ertrag abwerfen, der deutlich über dem Mindestlohn liegt, sonst ist die Selbstständigkeit wirtschaftlich sinnlos.
Einen besonderen Fall stellen die Lebenskünstler dar, die sich selbst verwirklichen und unter Umständen auch nur einen Teil der Zeit arbeiten können oder wollen. Bei allem Respekt und bei aller Anerkennung gerade auch bei künstlerischen Arbeiten muss aber auch hier ein minimaler wirtschaftlicher Erfolg erzielt werden. Schließlich wird das Geld, welches die Solidargemeinschaft zur Unterstützung dieser Selbstständigen aufwendet, von anderen Versicherten, die sehr hart für ihren Beitrag arbeiten, eingezahlt. Gerechtigkeit ist keine Einbahnstraße in Richtung der Leistungsempfänger, sondern muss auch für die Leistungsträger gelten, die sich aus Verantwortungsgefühl in Vollzeit als Arbeitnehmer engagieren.
Schließlich ist noch zu beachten, dass Selbstständige anders als Arbeitnehmer über Gestaltungsmöglichkeiten bei der Höhe ihres ausgewiesenen Einkommens verfügen, zum Beispiel über die Bildung von Rücklagen.
Die BMV ist der Auffassung, dass die beschlossenen Neuerungen der Bundesregierung erst einmal wirken müssen und eine Bundesratsinitiative zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu rechtfertigen ist. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Wir lehnen den Antrag ab.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Koalitionsvertrag auf Bundesebene hat im Bereich der Gesundheitspolitik viele gute Punkte. Ziffer 4.691 gehört dazu, ich zitiere: „Um kleine Selbstständige zu entlasten, werden wir die Bemessungsgrundlage für die Mindestkrankenversicherungsbeiträge von heute 2.283,75 Euro auf 1.150 Euro nahezu halbieren.“ Das geht den Kollegen der AfD hier im Landtag nicht weit genug, denn sie schlagen ja vor, dass diese Mindestbemessungsgrenze komplett abgeschafft werden soll. Das hat der Kollege hier deutlich gemacht.
Ich mache mir etwas Sorgen, und zwar darum, dass es auch ein Stück weit, was die Solidarität im Gesundheitssystem angeht, im Bereich der Krankenversicherung durchaus zu so etwas wie Akzeptanzverstimmungen, so würde ich es mal nennen, kommen kann, wenn wir hier auf der einen Seite noch mehr entlasten, als wir es jetzt schon tun. Und – deswegen war ich auch erstaunt, als ich den Antrag gelesen habe – selbst der Verband der Gründer und Selbstständigen hat das Vorhaben der Koalition im Bund nahezu überschwänglich begrüßt, also selbst von der Seite gibt es Unterstützung für das Vorhaben der neuen Bundesregierung.
Vor allem müssen wir mal die Frage stellen – wir hatten das ja eben gerade gehabt, wo es darum ging, Bundesratsinitiativen zu unterstützen, hier ist es ja ein komplett anderer Sachverhalt –, und da muss man sich mal die Frage stellen lassen als AfD, ob das hier heute der richtige Adressat ist, denn das Gesetzgebungsverfahren, wir haben es gehört, läuft im Bund und es handelt sich hier auch um ein Einspruchsgesetz. Das heißt, das Thema geht gar nicht in den Bundesrat und wir haben über diese Möglichkeit gar keine Chance, dort Einfluss zu nehmen. Deswegen, glaube ich, wäre es vielleicht sinnvoller gewesen, den Antrag, verpackt mit einem netten Anschreiben, an Ihre Kollegen der Bundestagsfraktion zu schicken, dass sie sich im Bundestag einsetzen für Ihre Position, und nicht uns hier heute damit zu beschäftigen.
Wie ich höre, und wir haben ja ganz gute Kontakte auch in den Gesundheitsausschuss des Bundestages, ist die AfD mit diesem Vorschlag dort bisher noch nicht vorstellig geworden. Vielleicht kommt das ja noch, kann alles noch passieren. Aber solange Sie dort im Bund nicht diese Position vortragen, werden wir den Antrag ablehnen. Ich glaube, das, was jetzt auf Bundesebene zu dem Thema gemeinsam beschlossen wurde, ist gut und vernünftig, entlastet die Selbstständigen, halbiert die Beiträge. Das ist, glaube ich, sehr vernünftig. Den Weg wollen wir gehen, das unterstützen wir auch als CDU-Fraktion hier im Landtag. – Herzlichen Dank.
Liebe Mitbürger aus Mecklenburg und Vorpommern! Frau Präsident! Werte Kollegen und liebe Gäste! Wir haben hier das gleiche Bild, das wir immer wieder haben. In der Sache, wird gesagt, ist das ja alles so weit in Ordnung und das Anliegen können wir verstehen,