Protokoll der Sitzung vom 08.12.2016

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Die bei der Landesjugendhilfeplanung fehlt.)

Ich möchte dafür werben, dass wir als Erstes den Fokus auf die Frage richten, warum Schulsozialarbeit so wichtig für die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen ist. Schulsozialarbeit ist ein Unterstützungsangebot für die Schülerinnen und Schüler, aber auch für die Erziehungsberechtigten und die Lehrkräfte. Als schulbezogene Jugendsozialarbeit ist sie inzwischen wesentlicher Bestandteil der kommunalen Jugendhilfe und hat sich als Bindeglied zwischen Schule und Jugendhilfe vor Ort etabliert.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Und welche Standards? Die gehören auch dazu!)

Sie bietet sozialpädagogische Hilfe für sozial benachteiligte und individuell beeinträchtigte Schülerinnen und Schüler, um deren Schulerfolg zu verbessern und einen erfolgreichen Schulabschluss zu erzielen. Somit erhöht sie deren Chancen zur beruflichen und gesellschaftlichen Integration. Die Schulsozialarbeit fördert die individuelle und soziale Entwicklung von Schülerinnen und Schülern. Unter Berücksichtigung ihrer vielfältigen Lebenslagen unterstützt sie diese in der beruflichen Orientierung und in der Gestaltung des Übergangs von der Schule in die Ausbildung.

Die Fachkräfte der Schulsozialarbeit bringen sozialpädagogische Ziele, Methoden, Prinzipien und Angebote in die Schule. Schulsozialarbeit als präventive und niederschwellige sozialpädagogische Hilfestellung ist zugleich Bindeglied zu Einrichtungen der örtlichen Jugendhilfe. Wird im Rahmen der Betreuung der Schülerinnen und Schüler beziehungsweise deren Eltern ein Hilfebedarf deutlich, vermitteln die Fachkräfte der Schulsozialarbeit an die entsprechenden Experten in der Jugendhilfe, um deren persönliche Lebensbedingungen und Entwicklungsmöglichkeiten zu verbessern sowie soziale Benachteiligungen ausgleichen zu können. Das ist letztlich auch oft ein sehr niedrigschwelliger Beitrag, um kostenintensive Hilfen zur Erziehung zu vermeiden. Durch die intensive und verbindliche Zusammenarbeit der Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter mit den Lehrerinnen und Lehrern vor Ort werden die Lehrkräfte zweifellos entlastet und können sich folglich stärker auf ihre unterrichtsbezogenen Aufgaben konzentrieren.

Vor dem Hintergrund der regionalen Vernetzung mit den örtlichen Trägern der Jugendhilfe und regionalen Partnern in der Wirtschaft und Verwaltung trägt die Schulsozialarbeit als Mittler dazu bei, den Informationsaustausch verschiedener gesellschaftlicher Bereiche anzuregen, Bildungs- und Förderangebote zu vernetzen, Hemmschwellen gegenüber Institutionen zu überwinden

und Bildungsbenachteiligung abzubauen. Hierzu arbeiten die Fachkräfte der Schulsozialarbeit außerhalb der Schule eng mit potenziellen Arbeitgebern und Arbeitgebervertretern, der Agentur für Arbeit, den Trägern der Grundsicherung, diversen Einrichtungen des Gesundheitswesens, der Polizei sowie Freizeiteinrichtungen zusammen. Zusätzlich nutzen sie die Träger der Jugendhilfe zum internen und externen fachlichen Austausch.

Eine Schulsozialarbeiterin aus Neubrandenburg hat es einmal so auf den Punkt gebracht: „Ich erkenne schon an den Schuhen meiner kleinen Kunden, ob die Socken Löcher haben.“

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Mit meinen Worten: Wie viele Kinder mag es wohl geben, die ihrer Schulsozialarbeiterin Dinge von zu Hause oder von Mitschülern anvertraut haben, die Eltern oder Lehrern verborgen geblieben sind, und so dennoch zu geeigneten und notwendigen Hilfen führen konnten?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Schulsozialarbeit als Handlungsfeld der Jugendsozialarbeit gemäß Paragraf 13 SGB VIII ist eine kommunale Pflichtaufgabe der Jugendhilfe und liegt demnach in der Verantwortung der Landkreise und kreisfreien Städte.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: So viel zur gemeinsamen Verantwortung, von der Sie immer erzählen!)

Aufbauend auf die Landesinitiative „Jugend- und Schulsozialarbeit“ unterstützt das Land seit 2007 die Kommunen anteilig bei der Finanzierung der Jugend- und Schulsozialarbeit und setzt dafür in erheblichem Umfang Mittel des Europäischen Sozialfonds ein. Betrachtet man den Förderzeitraum von 2007 bis 2020, so stellt das Land aus Mitteln des ESF allein für die Schulsozialarbeit insgesamt 55 Millionen Euro zur Verfügung. Gemeinsam mit der kommunalen Mitfinanzierung werden damit im Jahr 2020 insgesamt 110 Millionen Euro für sozialpädagogische Arbeit an den Schulen zur Verfügung gestellt worden sein. So wurde und wird von Land und Kommunen ein wesentlicher Beitrag geleistet, um die Schulsozialarbeit weiter zu verstetigen und zu entwickeln.

Nicht zuletzt die vielen Gespräche, Briefe und Positionierungen der letzten Wochen und Monate haben uns einmal mehr gezeigt, dass die Schulsozialarbeit als Brücke zwischen Schule und Jugendhilfe nicht mehr aus dem Schulalltag wegzudenken ist. Wenn wir alle Kinder und Jugendlichen erfolgreich mit auf den Weg durch die Schule und in das berufliche Leben nehmen möchten, dann benötigen wir dazu auch eine bedarfsgerechte Schulsozialarbeit.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ja, definieren Sie das mal!)

Die Feststellung der Bedarfe für diese Jugendhilfeleistung liegt in den Händen der kommunalen Selbstverwaltung.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Und wie sieht es mit der Landesjugendhilfeplanung aus? Nichts!)

Die Landesregierung wird hier auch in Zukunft keine Einschränkungen der kommunalen Selbstverwaltung,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Keine Standardsätze!)

zum Beispiel über gesetzliche Vorgaben des KJSG, vornehmen. Die Regierungskoalition hat sich zur gemeinsamen Verantwortung für die Schulsozialarbeit bekannt und darauf verständigt, die ESF-geförderte Schulsozialarbeit auf dauerhaft stabile Füße zu stellen. So ist die Finanzierung der Schulsozialarbeit aus ESF-Mitteln bis 2021 gesichert und es besteht auf lange Sicht Planungssicherheit. Auch darüber hinaus hat die Förderung in diesem Umfang oberste Priorität. Das begrüße ich als Jugendministerin ausdrücklich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, über die landesseitige Unterstützung aus Mitteln des ESF hinaus finanzieren die Kommunen bei entsprechenden Bedarfen Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter aus eigenen Mitteln. Um die Kommunen auch bei der Bewältigung dieser Aufgabe zu entlasten, hat sich der Bund 2011 bis 2013 mit einem erhöhten Betrag an den Kosten für Unterkunft und Heizung nach SGB II beteiligt. Auf Initiative des Landes wurde vereinbart, dass diese BuTMittel auch im Bedarfsfall für die Schulsozialarbeit eingesetzt werden können. Wir sind das einzige Bundesland, das diese Mittel mit einer Zweckbindung versehen hat. Damit bleiben auch vorhandene Restmittel unter anderem für die Schulsozialarbeit nutzbar.

Diese indirekte Unterstützungsmöglichkeit haben die Kommunen in sehr unterschiedlicher Intensität genutzt. Der Großteil der Kommunen hat diese Mittel über einen längeren Zeitraum verteilt und in die kommunale Finanzierung der Schulsozialarbeit eingebunden. Andere Kommunen haben für sich entschieden, entstandene Restmittel verstärkt in einem kurzen Zeitraum einzusetzen. Dementsprechend stehen den Kommunen die Restmittel zukünftig in unterschiedlicher Höhe zur Verfügung und werden im Verlauf der nächsten Jahre sukzessive verbraucht sein. Dies, meine Damen und Herren, ist keine böse Überraschung, sondern allen Beteiligten lange bekannt.

Ich betone noch einmal, dass es sich hier um kommunale Entscheidungen handelt, aber ich betone ebenfalls, auch die mit Unterstützung der Restmittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket finanzierten Stellen in der Schulsozialarbeit sind inzwischen unverzichtbarer Bestandteil der kommunalen Jugendhilfe in der Schule und sollten möglichst langfristig erhalten bleiben. Vor Ort spielt es nämlich keine Rolle, aus welchen Mitteln die Schulsozialarbeiter und Schulsozialarbeiterinnen finanziert werden. Nicht nur die Kommunen, sondern auch das Land müssen ein großes Interesse daran haben, diese inzwischen etablierten Angebote weiterhin aufrechtzuerhalten. Aus diesem Grund begrüße ich die Initiative der Regierungsfraktionen, dass das Land auch hier die Kommunen dauerhaft finanziell unterstützen und jährlich 1,8 Millionen Euro zur Verfügung stellen soll. Zudem unterstütze ich den Ansatz, dass sich die gemeinsame Verantwortung auch in einer hälftigen Finanzierung ausdrücken und die Mittelverteilung zwischen den Landkreisen und kreisfreien Städten in bewährter Weise anhand des Anteils an den 10- bis 26-jährigen Einwohnerinnen und Einwohnern im Land vorgenommen werden soll.

Ich möchte auch den vielfach artikulierten Wunsch der Kommunen aufgreifen, mit diesem Unterstützungsangebot keine neuen oder anderslautenden Förderkonditionen

einzuführen, sondern das bereits im Land etablierte System fortzuführen. Damit sind den Landkreisen und kreisfreien Städten bereits jetzt alle Rahmenbedingungen für die geplante Förderung bekannt. Wie weit dabei Schulsozialarbeiter, die an Grundschulen tätig sind, auch anteilig an Horten zur Inklusion eingesetzt werden können, wird im Einzelfall im Rahmen der Jugendhilfeplanung vor Ort zu entscheiden sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss noch einmal an den Anfang meiner Rede zurückkehren. Ich möchte nochmals unterstreichen, wie wichtig es mir ist, die Qualität und Weiterentwicklung der Schulsozialarbeit in den Fokus zu nehmen. Ich möchte die vor uns liegenden Jahre dafür nutzen, wieder stärker in die Diskussion über die qualitative Entwicklung der Schulsozialarbeit einzutreten.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Wie? Wie?)

Als einen ersten Schritt werde ich in den fachpolitischen Dialog mit der Schulsozialarbeit eintreten und plane daher im Herbst nächsten Jahres einen gemeinsamen Fachtag mit den Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Den hätten wir im Mai schon gebraucht, als es die Probleme gab.)

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Ritter? (Zustim- mung)

Bitte schön, Herr Ritter.

Schönen Dank, Frau Ministerin! Sie haben eben ausgeführt, dass die Entscheidung vor Ort getroffen werden muss, ob die Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter, die jetzt über das Förderprogramm gefördert werden sollen, auch andere Aufgaben übernehmen können/sollen, zum Beispiel die Hortbetreuung. Der Jugendhilfeausschuss des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte hat gestern Abend schon die Beschlussfassung herbeigeführt, obwohl die Beschlüsse heute erst hier im Landtag gefasst werden. Dort wurde geäußert, ganz genau wisse man das aber erst alles, wenn die Zuwendungsbescheide auf dem Tisch liegen. Wann ist damit zu rechnen, dass die Landkreise alles ganz genau wissen? Wann ist mit den Zuwendungsbescheiden zu rechnen?

Ich habe eben gerade ausgeführt, dass die Landkreise großen Wert darauf gelegt haben, dass sie die Förderung in den Rahmenbedingungen, wie sie bisher vorliegt, weiterführen können. Die 1,8 Millionen an Mitteln stehen zur Verfügung. Das werden wir den Landkreisen mitteilen. Es kommen keine neuen Förderrahmenbedingungen auf die Landkreise zu.

Danke.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Arppe.

Sehr geehrtes Präsidium! Werte Kollegen! Liebe Bürger da hinten auf der Tribüne und

auch draußen im Lande! In einem vernünftigen und gesunden Bildungswesen würde es überhaupt keiner Sozialarbeiter an den Schulen bedürfen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ach, Sie haben doch keine Ahnung!)

Ich sagte ja …

(Thomas Krüger, SPD: Von welchem Land reden Sie denn?)

Ja, ja, ja, ich weiß, ich weiß. An Ihren Zwischenrufen und Ihrem Gezeter sehen wir nur, dass wir recht haben mit unserer Kritik.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Thomas Krüger, SPD: Beantworten Sie uns doch mal die Frage! – Peter Ritter, DIE LINKE: Ach was! Sozialarbeit ist unabhängig vom Schulsystem.)

In einem Land mit intakten Familienstrukturen …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sie wissen doch gar nicht, was Sozialarbeit bedeutet! – Ralf Borschke, AfD: Bei Ihnen hätten die Sozialarbeiter viel zu tun. – Zuruf von Jörg Heydorn, SPD)

In einem Land mit intakten Familienstrukturen, die von Ihrer Partei und auch von der SPD in Teilen bekämpft werden, wären die Eltern,

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

wären die Eltern, meine lieben Kollegen, erste und primäre Ansprechpartner für ihre Kinder. Natürlich sind die Realitäten andere. Das erkennen auch wir als AfD an und wir schließen davor keinesfalls die Augen.

(Thomas Krüger, SPD: Boah, so großzügig!)

Unsere Schuld ist es natürlich nicht, dass an den Schulen Zustände herrschen, die Schulsozialarbeiter erforderlich machen.

(Andreas Butzki, SPD: Wann waren Sie das letzte Mal in der Schule?)

Das war zu jener Zeit, als Herr Ritter noch bei der NVA diente