Auch an anderen Stellen wird dieser Gesetzentwurf mit reinen Behauptungen gestützt, wenn er, ich zitiere, „mit geringeren Ausbaukosten“ rechnet, „da die Kommunen durch Beschränkung auf unbedingt notwendige Ausbauparameter möglichst geringe Ausgaben tätigen“. Ja, warum denn das? Wer bestimmt diese Parameter? Gelten sie für jede Gemeinde gleichermaßen? Wie verhält es sich mit historischen oder städtebaulichen Besonderheiten?
Der Hauptkritikpunkt an dem vorliegenden Gesetzentwurf ist allerdings rechtlicher Art. Durch die Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen will er Rechtsklarheit schaffen beziehungsweise Rechtsstreitigkeiten vermeiden. In seiner jetzigen Ausgestaltung allerdings würde er eine Rechtswüste hinterlassen.
Der Gesetzentwurf enthält keinerlei Verordnungsermächtigung zur Ausgestaltung des Verfahrens zur Aufteilung der jährlichen Erstattungszahlungen an die Gemeinden. Er bestimmt keinerlei Adressaten beziehungsweise Empfänger dieser Zahlungen, also etwa Gemeinden, Ämter oder Landkreise. Was geschieht, wenn die Erstattungsansprüche der Gemeinden die veranschlagten Mittel im Landeshaushalt übersteigen? Von einer Deckelung der Zuschüsse lese ich kein Wort. Warum wird der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes mit keiner Silbe begründet? Wie verhält es sich mit vertraglichen Verpflichtungen gegenüber Dritten, also Aufwendungen, die den Gemeinden durch Planung und Vorbereitung von Straßenausbaubeiträgen bereits vor Inkrafttreten dieses Gesetzes entstanden sind?
Meine Damen und Herren, der Fragenkatalog ließe sich fortsetzen. Lassen Sie mich abschließend aber etwas ganz anderes sagen. Seinem möglicherweise berechtigten Anliegen fügt der vorliegende Gesetzentwurf schweren Schaden zu, und zwar nicht dadurch, dass er nicht alle Fragen beantwortet, sondern vielmehr dadurch, dass diese Fragen nicht ansatzweise gestellt werden. Das ist oberflächlich und effektheischend, aber keine solide sachliche Gesetzgebung. Damit spielen Sie allen Gegnern einer Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen in die Hände und der Bürgerinitiative „Faire Straße“ legen Sie mit derart undurchdachten Vorlagen große Steine in den Weg. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Vincent Kokert, CDU: Da haben Sie recht, Frau Rösler, das stimmt.)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Innenminister hat sich zum Verfahren schon ausgiebig geäußert, darauf will ich gar nicht mehr weiter eingehen. Der große Wurf, Herr Borschke, ist es, denke ich, auch nicht geworden.
Jetzt haben Sie alle genug kommentiert, aber im Endeffekt trifft es ja die Sache. Der Antrag an sich ist, denke ich, sehr einfach gehalten und orientiert sich aus meiner Sicht nur an den Schwarz-Weiß-Argumenten, die bei der Thematik gerne plakativ ins Feld geführt werden.
Die wichtigste Frage bleibt dieser Gesetzentwurf schuldig: Wer soll in Zukunft die Straßen bezahlen? Es ist doch in der Realität so, dass das Geld bei den Kommunen sprichwörtlich eben nicht auf der Straße liegt. Den Vorschlag, das hat der Innenminister ausgiebig erklärt, das Geld aus den Sonderbedarfszuweisungen zu nehmen, halte ich für sehr schwierig.
Gerade vor einer Woche beispielsweise wurde in der Gemeinde Murchin, in dem Wahlkreis vom Abgeordneten Herrn Manthei, ein Förderbescheid für einen Mannschaftstransportwagen der Feuerwehr übergeben, der auch aus SBZ stammt,
oder in der Gemeinde Ganzlin im Landkreis LudwigslustParchim hat es einen Förderbescheid über 176.000 Euro
gegeben zum Neubau einer Kita. Das alles sind Projekte, die mit Ihrem Gesetzentwurf auf den Prüfstand gestellt werden würden und die zur Konkurrenz zum Straßenausbau stehen würden, ebenso die Frage: Was passiert, wenn wir das Geld aus dem Kommunalen Aufbaufonds nehmen, Geld, das für Investitionen in die Kommunen gedacht ist, auch für den Straßenbau, aber eben nicht ausschließlich? Sie nehmen bei Ihrem Vorschlag das Geld aus der kommunalen Ebene heraus.
Sie sehen, die einfache Lösung gibt es bei diesem Thema nicht, und deshalb ist es nur folgerichtig, dieses noch mal ausführlich in den aufgezählten Ausschüssen zu bereden und eine vernünftige und auf die Zukunft ausgerichtete Lösung zu finden. Meine Fraktion wird dieser Überweisung zustimmen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Als Erstes muss ich feststellen, alle haben die Wichtigkeit und das Problem erkannt und sind bereit, hier etwas zu machen und aktiv zu werden. Dafür schon mal danke schön an alle hier im Hause.
(Vincent Kokert, CDU: Das war aber nicht die Grundlage Ihres Antrages. Der hat damit gar nichts zu tun. – Peter Ritter, DIE LINKE: Vor einem Jahr haben wir den Antrag gestellt, vor einem Jahr!)
Herr Minister, zu Ihren Äußerungen: Erst mal muss ich sagen, die Abschaffung des Paragrafen 8 stand bisher nicht auf der Tagesordnung. Das haben wir erst auf die Tagesordnung gesetzt.
Weiterhin muss ich darauf verweisen, dass wir bereits in der vorletzten Landtagssitzung angekündigt haben, diesen Antrag zu stellen. Also der kam nicht aus dem blauen Himmel.
Ich möchte Ihnen ein Beispiel geben: Es geht um eine 75-jährige Frau. Bei ihr in der Kommune wurde die Straße saniert.
und sie zahlte für die Sanierung der alten Kanalisation. Dafür bezahlt sie heute noch Beiträge. Bei der Sanierung der Straße wurde die alte Kanalisation kaputtgemacht, zerstört und es wurde wieder eine neue Kanalisation gelegt. Jetzt zahlt sie noch für die alte, aber auch für die neue. Insgesamt zahlt diese Frau jetzt fünf Beiträge.
(Vincent Kokert, CDU: Was ist denn das für ein Beispiel?! – Bernhard Wildt, BMV: Ja, so ist die Realität in Mecklenburg-Vorpommern!)
Da hilft auch keine Berücksichtigung des Verkehrsaufkommens und des Verkehrswertes des Grundstückes bei der Bemessung der Beitragshöhe, denn die finanzielle und soziale Leistungsfähigkeit der Betroffenen bleibt unverändert und führt zu unterschiedlichen Belastungen.
Noch ein Wort zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Hier wurde lediglich entschieden, dass die Erhebung von Straßenbaubeiträgen nicht zu beanstanden ist. Es wurde nicht entschieden, dass die Nichterhebung zu beanstanden ist, im Gegenteil, Zitat: „Ob und inwieweit sich der zuständige Landesgesetzgeber darüber hinaus zu einer vollständigen oder teilweisen Abschaffung der Straßenbaubeiträge entschließe, sei eine rechtspolitische Frage, die das BVerwG nicht zu bewerten habe.“ Ende des Zitats. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.