Zum ersten Punkt: Die Frage ist, ob die Einführung der Möglichkeit der Ableistung des Vorbereitungsdienstes im Beamtenverhältnis auf Widerruf das Referendariat in Mecklenburg-Vorpommern attraktiver macht. Diese Frage muss man nach der Anhörung bejahen. Das zeigen die Zahlen aus anderen Bundesländern. Wichtig ist für uns – und deshalb auch die Beschlussempfehlung –, dass die angehenden Referendare umfänglich über die Vor- und Nachteile sowie die Auswirkungen einer solchen Verbeamtung aufgeklärt werden sollen. Aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen sagen, dass sie nicht nur Vorteile hat.
Zum zweiten Punkt, dem optionalen Verbesserungsversuch: Ich denke, es ist in der Anhörung deutlich geworden, dass ein solcher die Attraktivität des juristischen Studiums in Mecklenburg-Vorpommern steigen lässt. Ich glaube, da sind wir uns alle einig. Was für mich in der Anhörung jedoch nicht entkräftet werden konnte, waren die Bedenken, die wir bereits von Anfang an bezüglich der Sicherstellung des Studentenstatus bis zum Verbesserungsversuch hatten. Dort hieß es in den Stellungnahmen, die Universität Greifswald handhabe es so, dass der Studentenstatus entweder bis zum Verbesserungsversuch erhalten bleibe oder die Studenten sich für dieses eine Jahr immatrikulieren könnten. So würde man die entsprechenden Regelungen verstehen. Wirklich geschrieben steht es aber nirgends, deswegen ist es unser Appell, den wir auch aus der Anhörung mitgenommen haben, dies im Hochschulgesetz klarzustellen. Nur so besteht aus unserer Sicht Rechtssicherheit.
Eine entsprechende Beschlussempfehlung mit diesen drei Punkten haben wir im Rechtsausschuss vorgelegt. Leider wurde das mehrheitlich abgelehnt, leider wurde dieser Empfehlung nicht gefolgt. Bemerkenswert war die Rolle der AfD-Fraktion, die zwar unser Ansinnen geteilt hat, aber keinen Handlungsbedarf sah, da man vollstes Vertrauen darin habe, dass die Regierung diese Fragen von sich aus angehe. Meine Herren von der AfD, wenn Sie vollstes Vertrauen in die Regierung haben, dann frage ich mich, welche Aufgabe Sie als Opposition hier wahrnehmen!
Lassen Sie mich noch zum dritten wesentlichen Punkt des Gesetzentwurfes kommen und damit zu dem Punkt, weshalb wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen werden. Das ist die Kostenpflichtigkeit des optionalen Verbesserungsversuches. Es ist für meine Fraktion ein Dogma, dass Bildung kein Geld kosten darf. Das beginnt in der Kita und hört in der Hochschule auf. Das meint den Beginn der Ausbildung bis hin zur Prüfung. Jeder muss die Möglichkeit einer kostenfreien Bildung haben. Gerade vor dem Hintergrund der Wichtigkeit dieses Abschlusses für den zukünftigen Berufsweg muss der Verbesserungsversuch kostenfrei sein. Auch die Studenten in der Anhörung haben auf Nachfrage erklärt, dass ein kostenfreier Verbesserungsversuch die bessere Alternative wäre.
Die Argumentation des Justizministeriums im Rechtsausschuss, wonach kostenfreie Verbesserungsversuche schlechter planbar seien, weil man nie wisse, wie viele Studenten letztlich teilnehmen würden, überzeugt uns nicht.
Auch der Vergleich mit der Kostenpflichtigkeit des Verbesserungsversuches beim zweiten Examen hinkt. Da kommen die Prüfungskandidaten schließlich aus einem zweijährigen Angestelltenverhältnis oder – zukünftig – Beamtenverhältnis, in dem sie bereits ein Einkommen bezogen haben. Mit der Situation von Studenten ist das nicht vergleichbar. Hier hätten Studenten aus finanziell bessergestellten Elternhäusern immer einen Vorteil.
Lebenschancen dürfen nicht sozial vererbt werden, zumindest ist das die Forderung der SPD-Bundestagsfraktion, und in dem Sinne möchte ich an einen SPDWahlkampfslogan der letzten Bundestagswahl erinnern:
„Bildung darf nichts kosten, außer etwas Anstrengung!“ Leider endet sozialdemokratische Politik der SPD mit jeder Regierungsverantwortung.
Zum Schluss noch ein allgemeiner Hinweis: Der Gesetzentwurf steht unter dem Zeichen der Personalentwicklung in der Justiz. Nur, mit einer Änderung des Juristenausbildungsgesetzes ist dies an der Stelle nicht getan, deshalb auch der Hinweis in unserer Beschlussempfehlung. Das allein greift zu kurz. Wir hatten die Probleme gehört in der Anhörung. Beim Referendariat gibt es noch Nachbesserungsbedarf, was die Anrechnungszeiten bei auszubildenden Richtern auf ihre Pensen betrifft. Es müssen weiterhin die Arbeitsbedingungen der Proberichter und vor allem der Lebenszeitrichter betrachtet werden. Es bedarf aus unserer Sicht eines gut abgestimmten Konzeptes, um dem Personalmangel der Zukunft entgegenzuwirken und eine voll funktionierende Justiz den Bürgerinnen und Bürgern auch in Zukunft zu gewährleisten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Verehrte Gäste! Der demografische Wandel macht auch vor der Justiz nicht halt. Dass die Altersstruktur in der Justiz problematisch ist, ist nicht neu, auch, dass es in den nächsten Jahren eine ganze Reihe von Altersabgängen geben wird, ist bekannt. Dabei handelt es sich nicht um ein landesspezifisches oder ostdeutsches, sondern um ein bundesweites Problem.
Bundesweit ist bis zum Jahr 2030 mit einer Pensionierungswelle in der Justiz zu rechnen. Ab dem Jahr 2021 werden wir in Mecklenburg-Vorpommern wie nahezu in ganz Deutschland im Bereich der Richter und Staatsanwälte hohe Altersabgänge haben. Bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften unseres Landes gehen bis 2027 rund 300 der heute tätigen Richter und Staatsanwälte in Pension. Das heißt, wir brauchen Nachwuchs an den Gerichten und in den Staatsanwaltschaften, denn in rund einem Jahrzehnt wird fast die Hälfte der Richter und Staatsanwälte von heute in Pension sein.
Meine Damen und Herren, überhaupt zeichnet sich in allen Bereichen der Justiz ab, dass der Wettbewerb um qualifizierten Nachwuchs in den nächsten Jahren zunehmen wird. In Mecklenburg-Vorpommern brauchen wir auch künftig motivierte Frauen und Männer, die als Richter, Staatsanwälte, Verwaltungsjuristen oder Rechtsanwälte tätig sind. Es ist daher ausgesprochen zu begrüßen, dass hier sowohl die Rechtsanwaltskammer wie auch die Notarkammer gemeinsam an einem Strang ziehen, um juristischen Nachwuchs nach MecklenburgVorpommern zu holen.
Kolleginnen und Kollegen, dabei stellt sich die Frage: Wie kann man diesem Aderlass begegnen? Wie kann Mecklenburg-Vorpommern in diesem Wettbewerb mit anderen Bundesländern bestehen? Woher soll der juristische Nachwuchs kommen? Eine Antwort lautet: Potenzieller Nachwuchs muss schon in der Phase der Ausbildung im Land gehalten werden oder zu einem Wechsel ins Land motiviert werden. Darum gilt es, die Rahmenbedingungen für den juristischen Vorbereitungsdienst weiter zu verbessern und die Vorbereitung auf die Zweite juristische Staatsprüfung noch attraktiver zu gestalten.
In Mecklenburg-Vorpommern gibt es keine Wartezeiten für die Aufnahme in das Referendariat. Allen Interessierten kann zum gewünschten Einstellungstermin ein Platz angeboten werden. Bereits in der letzten Legislaturperiode hat das Justizministerium zusammen mit dem Oberlandesgericht einen Maßnahmenkatalog erarbeitet, um die Vorbereitung auf die Zweite juristische Staatsprüfung zu verbessern. Im Jahr 2016 wurde die Unterhaltsbeihilfe für die Referendare um knapp 20 Prozent angehoben, der Freibetrag für die Nebeneinkünfte der Referendare wurde ebenfalls erhöht. Auch wurde eine digitale, praxisorientierte Lernplattform eingeführt. Diese Software enthält Lernmodule für die Ausbildungsstationen.
Meine Damen und Herren, nunmehr soll ein weiterer Baustein zur Steigerung der Attraktivität der juristischen Ausbildung bei uns im Land umgesetzt werden. Gegenwärtig wird das Referendariat im öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis absolviert. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll die Möglichkeit geschaffen werden, den juristischen Vorbereitungsdienst im Beamtenverhältnis auf Widerruf abzuleisten.
Ein weiterer Gegenstand des Gesetzentwurfes ist die Einführung eines optionalen Notenverbesserungsversuches unabhängig von den Voraussetzungen des sogenannten Freiversuches. Derzeit ist eine Wiederholung zur Notenverbesserung nur dann möglich, wenn die Prüfung im Freiversuch bestanden wurde.
Darüber hinaus enthält der Gesetzentwurf Änderungen im Hinblick auf die Datenschutz-Grundverordnung.
Mit dem vorliegenden Änderungsgesetz wird die Attraktivität der juristischen Ausbildung in unserem Land weiter erhöht. Die SPD-Fraktion stimmt dem Gesetzentwurf zu. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die BMVFraktion wird dem Gesetzentwurf zustimmen.
Die Gesetzesänderungen sollen helfen, hoch qualifizierte Mitarbeiter für unser Land im Bereich der Justiz zu gewinnen. Eine gute Justiz ist wesentlicher Bestandteil des Rechtsstaates und damit unbedingt zu unterstützen.
Es besteht dringender Handlungsbedarf. Eine Pensionierungswelle rollt auch auf die Justiz zu. Stand Ende 2016 haben in Mecklenburg-Vorpommern 602 Richter und Staatsanwälte gearbeitet. Wie die Landesregierung auf eine Kleine Anfrage von mir mitteilte, werden bis 2030 über die Hälfte, konkret 321 Staatsanwälte und Richter, pensioniert oder, anders ausgedrückt, durchschnittlich 25 pro Jahr. Zu diesem altersbedingten Bedarf kommt ein ohnehin schon bestehender Bedarf hinzu.
Besonders hervorheben möchte ich den dringenden Personalbedarf bei den Staatsanwaltschaften. Hier ist die Mehrbelastung so hoch, dass wir schon jetzt 20 Prozent mehr Staatsanwälte benötigen. Das bedeutet bei den vorhandenen 146 Staatsanwälten, dass 29 Staatsanwälte fehlen. Diesen Bedarf können wir aktuell nicht durch die Ausbildung im eigenen Land decken. Es gibt zu wenige Absolventen mit der notwendigen Qualifikation. Im Jahr 2016 hatten wir ganze 6 Referendare, die das sogenannte Prädikatsexamen erreichten. Selbst wenn alle diese 6 Assessoren sich entschieden hätten, als Staatsanwalt oder Richter zu arbeiten, wären es immer noch viel zu wenig, um den Bedarf zu decken.
Es ist zu begrüßen, dass die Ausbildung attraktiver gestaltet wird und Referendare nunmehr verbeamtet – man müsste eigentlich einfügen, wieder verbeamtet – werden. In früheren Jahren war das so üblich.
Noch einen Satz zu dem Geld. Es wurde schon gesagt, dass sie mehr Geld bekommen. Ich würde das etwas relativieren. Der Referendar muss sich jetzt zu 50 Prozent selbst krankenversichern. Im Gesetzentwurf sind ungefähr 323 Euro Mehrverdienst genannt. Der Gesetzentwurf hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Krankenversicherungsbeiträge davon noch abzuziehen sind. Das heißt, unterm Strich ist es individuell unterschiedlich, wie viel Mehrverdienst dabei wirklich am Ende herauskommt.
In jedem Fall ist es aber erfreulich, dass unser Land hier eine bundesweite Vorreiterrolle einnimmt. Ich bin gespannt, wie die anderen Bundesländer darauf reagieren werden.
Letztlich ist die Einführung einer Wiederholungsmöglichkeit für das erste Examen zu begrüßen. Auch hierdurch wird eine Ausbildung in Mecklenburg-Vorpommern womöglich für den einen oder anderen attraktiver. – Vielen Dank.
Wir kommen zur Einzelberatung über den von der Landesregierung eingebrachten Entwurf des Dritten Gesetzes zur Änderung des Juristenausbildungsgesetzes auf Drucksache 7/1800. Der Rechtsausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf der Landesregierung entsprechend seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 7/2283 anzunehmen.
Ich rufe auf die Artikel 1 und 2 sowie die Überschrift entsprechend der Beschlussempfehlung. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit sind die Artikel 1 und 2 sowie die Überschrift entsprechend der Beschlussempfehlung bei Zustimmung der Fraktionen von SPD, CDU, AfD und BMV und Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE angenommen.
Wer dem Gesetzentwurf im Ganzen entsprechend der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses auf Drucksache 7/2283 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf entsprechend der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses auf Drucksache 7/2283 bei gleichem Stimmverhalten angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 4: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung vergaberechtlicher Vorschriften, Drucksache 7/1931, sowie Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Fraktion DIE LINKE – Entwurf eines Gesetzes über die Sicherung von Tariftreue und Mindestarbeitsbedingungen sowie fairen Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, Drucksache 7/1992, hierzu die Beschlussempfehlung und den Bericht des Wirtschaftsausschusses auf Drucksache 7/2284.
Gesetzentwurf der Landesregierung Entwurf eines Gesetzes zur Änderung vergaberechtlicher Vorschriften (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 7/1931 –
Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE Entwurf eines Gesetzes über die Sicherung von Tariftreue und Mindestarbeitsbedingungen sowie fairen Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (Tariftreue- und Vergabe- gesetz Mecklenburg-Vorpommern – TVgG – M-V) (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 7/1992 –