Protokoll der Sitzung vom 28.06.2018

Stellungnahmen eingefordert zur Höhe der Ausgleichsleistungen. Unisono ist von allen, die wir angefragt haben, darauf hingewiesen worden, dass die Mittel nicht reichen. Die Folge ist dargestellt worden von den betroffenen Unternehmen, aber auch von den kommunalen Vertretern. Die Folge ist, die Kreise und kreisfreien Städte müssen tiefer in die Tasche greifen, und wenn sie das nicht können, dann führt das zu einer Verringerung des Angebotes. Das können wir doch nicht wollen!

Rebus Rostock zum Beispiel: Rebus Rostock steht hier exemplarisch für viele andere Beteiligte auch. Die Wegezeiten betragen 40 bis 60 Minuten pro Fahrstrecke, weil weniger Busse fahren. Sitz- und Stehplatzkapazitäten werden bis an die Grenze ausgelastet, manche Kinder stehen 60 Minuten lang. Optimierungen im Angebot bedeuten, dass Schülerinnen und Schüler zweimal umsteigen müssen, sie haben darüber hinaus Wartezeiten an den Haltestellen, oft ohne Bushalteunterstand, auch im Winter und an Regentagen. Nur nach dem Schulende fährt der Bus. Die Abdeckung fakultativer Angebote wurde eingestellt. Der Linienverkehr wurde teilweise eingestellt, vor allem im ländlichen Raum. Gegebenenfalls fährt der Bus ein- bis zweimal die Woche.

Ich denke, als Schilderung des Problems reicht es aus. Die Einsparpotenziale – das ist unisono die Aussage aller Kreise und kreisfreien Städte – sind in den vergangenen Jahren ausgeschöpft worden. Personalabbau hat es gegeben, Tarifzurückhaltung, Tausende Kilometer Linienverkehr wurden eingestellt. Die Buserneuerung läuft sehr schleppend und die Barrierefreiheit ab 2022 wird auf diesem Wege niemals umsetzbar sein. Das Land, das ist unsere feste Überzeugung, muss mehr unterstützen. Ein öffentliches Angebot gehört zur Daseinsvorsorge und da geht es überhaupt nicht, Herr Kollege Eifler, um 100 Prozent Abdeckung durch den öffentlichen Verkehr.

(Zuruf von Dietmar Eifler, CDU)

Das hat niemand von uns gesagt, nicht ein einziges Mal. Ich weiß nicht, was Sie hören. Das wollen wir auch gar nicht.

(Dietmar Eifler, CDU: Doch, das machen Sie aber!)

Nein, das mache ich überhaupt nicht. Das stimmt überhaupt nicht. Wer lesen kann, ist klar im Vorteil, Herr Eifler.

(Dietmar Eifler, CDU: Genau, das sage ich Ihnen auch immer.)

In Teilen erfüllt das Angebot nach meiner Auffassung jedenfalls diesen Auftrag der Daseinsvorsorge nicht mehr. Aufgabe wäre – ich habe es schon gesagt –, mehr Nutzer für den öffentlichen Nahverkehr zu gewinnen und den motorisierten individuellen Verkehr einzuschränken. Aber wie sollen die Kreise das denn machen, wenn sie keine Mittel dafür haben, das Angebot zu verbessern?

Über die Finanzen können wir lange und heftig hin und her reden.

(Dietmar Eifler, CDU: Wolkenkuckucksheim.)

Für meine Begriffe ist das kein Grund, ein solches Gesprächsangebot – was anderes ist es ja heute erst mal nicht – überhaupt abzulehnen. Wir wollen einen Quan

tensprung für den öffentlichen Nahverkehr. Vor allen Dingen brauchen wir das, um das Ausbluten der ländlichen Räume aufzuheben und dort auch für mehr wirtschaftliche Entwicklung sorgen zu können. Aber mehr Angebot braucht selbstverständlich mehr Fahrzeuge und mehr Personal.

Natürlich wollen wir auch alternative Angebote. Wir brauchen die Einbindung von Taxiunternehmen, anderen Dienstleistern, Zustelldiensten. Natürlich wollen wir Rufbusse.

Frau Dr. Schwenke, gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Herrn Dr. Jess?

Nein. Tut mir leid, Herr Dr. Jess, ich bin jetzt hier so in Fahrt, ich muss erst mal meine Rede …

(allgemeine Heiterkeit – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Das ist richtig bei dem Thema: in Fahrt.)

(Glocke der Vizepräsidentin)

Natürlich wollen wir auch Rufbusse und andere alternative Angebote, aber als Ergänzung und nicht als Allheilmittel. Wir brauchen die Abstimmung mit Rettungsdiensten, Arztpraxen und Rufbusse, die über die integrierten Leitstellen eingesetzt werden können. Der Landkreistag hat gesagt, er wünscht sich Rufbusse, sodass jeder Ort und Ortsteil angeschlossen werden. Aber natürlich erfordert das alles Geld und die Ministerpräsidentin Frau Schwesig fordert Geld vom Bund.

(Zurufe von Andreas Butzki, SPD, und Martina Tegtmeier, SPD)

Dem schließen wir uns sehr gerne an. Die Mittel aus dem Entflechtungsgesetz versiegen ab 2020. Die Länderkammer sollte sich bei der geplanten Änderung des Grundgesetzes wegen der weiteren Bundesunterstützung für die soziale Wohnraumförderung sputen und die weitere Förderung des sonstigen ÖPNV gleich vehement miteinfordern. Der Zeitpunkt angesichts des sich immer weiter ausweitenden Dieselskandals und weiterer Fahrverbote könnte nicht besser sein. Aber nicht nur das. Der Koalitionsvertrag, auf den Sie ja so stolz sind im Bund, bietet gute Ansatzpunkte, zum Beispiel für den Ausbau von Eisenbahnknotenpunkten und die geplante Förderung von Nebenstrecken als Zubringer für die Fernbahnen. Wenn Land und Kreise dann noch gemeinsam dafür sorgen, dass an solchen Knoten Busse, Radverkehr, E-Mobilität angedockt werden, dann wäre damit viel gewonnen. Die Bundesunterstützung eines attraktiven öffentlichen Nahverkehrs ist auch für uns ein Muss, das sehen wir so.

Zusammenfassend will ich Folgendes sagen: Mobilitätsfragen und dabei insbesondere das Angebot an öffentlichem Nahverkehr sind zu einem der drängendsten Probleme der Gegenwart und Zukunft im Flächenland Mecklenburg-Vorpommern geworden, und das für alle Bevölkerungsgruppen, unabhängig vom Alter des betreffenden Menschen. Das ist auch kein Wunder, denn Behörden, Schulen und Berufsschulen, Ärzte, Versorgung mit Waren des täglichen Bedarfs, kulturelle und

andere Freizeiteinrichtungen, all das und Weiteres für das Arbeitsleben ist in der Fläche kaum noch vorhanden und zwingt den Menschen größere Mobilität auf.

Die Kreise haben das erkannt und in jedem Kreistag gibt es Diskussionen darüber, wie das Angebot verbessert werden kann. Überall ist der erste Schritt Kostenfreiheit des Schülerverkehrs, unabhängig vom Kilometerabstand und auch für Kinder, die die nicht zuständige Schule besuchen. Es ist gut, dass die Kreise sich darüber Gedanken machen,

(Thomas Krüger, SPD: Das ist ja auch eine kommunale Aufgabe, ne?!)

aber ihre Lösungen enden an den Kreisgrenzen und manche müssen auch Nutzergruppen einschränken, ganz einfach, weil sie die Finanzen nicht aufbringen können. Wir haben einen Flickenteppich an Maßnahmen. Das findet der Minister ja schön, ich finde es nicht so schön, weil es nämlich darauf beruht, dass die Finanzen nicht ausreichen für ein besseres Angebot. Das ist weder gerecht noch sinnvoll.

Wir gehen nicht daher und wollen dem Land allein die Finanzlast aufbürden. Das ist einfach Unsinn, wenn das behauptet wird.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Natürlich wissen wir auch, dass es unterschiedliche Kompetenzen für Kommunen, Kreise, Land und Bund gibt.

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Selbstverständlich wissen wir das. Aber wissen Sie was, den Menschen ist es völlig egal, wer dafür zuständig ist. Die wollen, dass ihr Problem gelöst wird.

(Jochen Schulte, SPD: Ja, dann sollen die Kommunen das auch lösen, Frau Kollegin.)

Und wenn Kompetenzen, Herr Kollege Schulte,

(Jochen Schulte, SPD: Ja.)

dafür zum Hindernis werden, muss man sie infrage stellen.

(Jochen Schulte, SPD: Ja, dann machen Sie es doch mal!)

Ja, das mache ich hiermit.

(Andreas Butzki, SPD: Sie sitzen doch im Kreistag in Vorpommern-Greifswald. – Glocke der Vizepräsidentin – Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE)

Hindernisse müssen überwunden werden wollen.

(Andreas Butzki, SPD: Sind Sie Kreistagsmitglied?)

Nicht mehr.

(Andreas Butzki, SPD: Aber waren?!)

Ja, ich war das.

(Andreas Butzki, SPD: Dann hätten Sie ja alles schon regeln können.)

Das hätten wir regeln können?

(Peter Ritter, DIE LINKE: Was Herr Butzki bei uns alles regelt.)

Wir hätten abschaffen können, dass die Kommune dafür zuständig ist.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Herr Butzki regelt alles im Kreistag.)

Ja, ja, natürlich.