Protokoll der Sitzung vom 29.06.2018

stehenden finanziellen Regelungen ergänzt,

das Mecklenburgische Staatstheater wird in die Trä

gerschaft des Landes übernommen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Hört, hört!)

die Theaterförderung wird dynamisiert,

schrittweise Annäherung an tarifgerechte Löhne.

Liest sich wie der Theaterpakt.

(Beifall und Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Sie erkennen, das sind also keine oppositionellen Klagelieder, die Ihren mit großem Tamtam präsentierten Pakt begleiten. Nein, es sind eher mahnende Worte der Erinnerung, da Sie bereits vor vielen Jahren einen wesentlichen Schritt hätten zugunsten der Theater und Orchester gehen können, wenn Sie unsere Ideen ernst genommen hätten. Hätten!

Stattdessen kam Metrum. Metrum – da gruselt es noch viele Theateraktive im Land, mich auch. Mit dem MetrumGutachten 2012 wurde eine Zeit eingeläutet, auf die viele betroffene Kulturschaffende an den Theatern sowie unzählige ehrenamtliche Kommunalpolitiker/-innen und Einwohner/-innen Mecklenburg-Vorpommerns gerne verzichtet hätten. Ich möchte Ihnen ins Gedächtnis rufen, was in den letzten Jahren in diesem Land passiert ist, und ich möchte Sie bitten, diese Ereignisse nicht zu verdrängen, sondern als Mahnung mitzunehmen für alle noch folgenden Reformprozesse, die Sie im Land anstoßen möchten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, etliche von Ihnen waren und sind kommunalpolitisch aktiv. Sie erinnern sich hoffentlich, dass sehr viele Kommunalpolitiker/-innen sich in unzähligen Gremiensitzungen mit der Theaterreform gequält haben, viele Jahre lang immer und immer wieder. Es ist teilweise auch zu schwerwiegenden Konflikten gekommen, manchmal mündeten sie in langlebigen Verwerfungen, nicht nur zwischen, sondern eben auch innerhalb von Fraktionen und Parteien. Diese Debatte hat etwas mit uns gemacht und sie hat keine guten Spuren hinterlassen, ganz zu schweigen von den Brüchen, die es vielerorts zwischen Kommunalpolitiker/-innen und ihren Verwaltungsvertreterinnen und -vertretern, Bürgermeistern und Landräten gegeben hat.

Der immense Druck aus Schwerin auf das Ehrenamt, das Androhen gekürzter Zuschüsse, das mitunter erpresserische Zustandekommen der Zielvereinbarungen, Fusio

nen und GmbH-Gründungen, die Schlacht über die Medien, ganz wichtig: die besorgten bis verängstigten Theatermitarbeiter/-innen, verärgerte Betriebsräte, kopfschüttelnde Gewerkschaften, Theatergipfel hier, Krisensitzungen dort, geheime Verhandlungen hinter verschlossenen Türen, Aufsichtsratsvorsitzende, die aus Pressekonferenzen geworfen werden, die aufgebrachte Zivilgesellschaft, das verlorene Vertrauen in die Landesregierung und das für die Demokratie so gefährliche Gefühl, die da oben machen ja sowieso, was sie wollen. Wann entschuldigt sich jemand dafür? Die Folge: Proteste auf der Straße und vor der Staatskanzlei, angestoßen durch engagierte Fördervereine, leidenschaftliche Freundeskreise, mehrere Bürgerinitiativen, das TheaterNetzwerk, Aktionsgruppen vor Ort, Bürgerbegehren, Petitionen und, und, und.

Ich finde, an dieser Stelle sollten wir alle zusammen das unermüdliche Engagement der Bürgerinnen und Bürger würdigen und uns bedanken für ihren jahrelangen Einsatz zugunsten der Theater und Orchester. Hut ab, liebe Einwohnerinnen und Einwohner!

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, Sie sagten, mit Abschluss des Theaterpaktes nehmen Sie die Menschen ernst, Sie berücksichtigen den Willen der Bürgerinnen und Bürger, der Kommunalpolitiker/-innen. Mal abgesehen davon, dass Ihre Regierung jahrelang eben diese Menschen und Akteure überwiegend ignoriert oder übergangen hat, ist auch jetzt die Beteiligung der Aktiven mehr Schein als Sein. Bürgerbeteiligung war bei Metrum nicht vorgesehen, jetzt leider auch nicht. Ich weiß, eine Pressekonferenz, die stolz einen neuen Pakt verkündet, wäre natürlich deutlich weniger dramatisch und öffentlichkeitswirksam, wenn ein gewisser Überraschungseffekt gefehlt hätte.

Aber das ist eben die Krux an Beteiligung: Man kann wesentliche Entscheidungen nicht mehr nur für sich allein verbuchen, man muss Erfolge dann auch teilen. All die Theateraktiven, all die ehrenamtlichen Kommunalpolitikerinnen, die sich so viele Jahre diese Reform um die Ohren geschlagen haben, mit Metrum und Zielvereinbarungen, mit Modellen und Fusionsdebatten, hätten sich sicher wertgeschätzt und beteiligt gefühlt, wenn sie einbezogen worden wären. Ein Papier als Entwurf beispielsweise, das in die Kommunen und Gremien gegeben wird zur Bearbeitung und Kommentierung – bestimmt hätten Sie gute Hinweise erhalten und vor allem hätte es weniger offene Fragen gegeben und ein hohes Maß an Identifikation mit dem neuen Pakt. Hätte! Stattdessen haben Sie die Aktiven ausgeschlossen, von oben herab gehandelt und folgende Botschaft ausgestrahlt: Danke für eure harte Arbeit in den letzten Jahren, aber jetzt entscheiden wir ohne euch!

Und dabei hätten wir uns vor Ort in den Kommunen über einige Aspekte auch gefreut:

(Manfred Dachner, SPD: Ui!)

Es gibt mehr Geld. Endlich! Es wird dynamisiert. Endlich!

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

In Rostock, …

So hört sich Jubel an.

… und in Rostock hören wir gerne, dass es auch mehr Zuschüsse für den dringend notwendigen Neubau geben soll.

(Manfred Dachner, SPD: Na, dann freuen Sie sich doch mal! – Heiterkeit und Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

Ein neues Grundverständnis für die Bedeutung der Theater in Mecklenburg-Vorpommern, wie der Neustrelitzer Bürgermeister es sogar zu erkennen glaubt, kann ich jedoch nicht sehen.

(Andreas Butzki, SPD: Na, na!)

Nach wie vor ist es eben nicht die Qualität, sind es eben nicht die tatsächlichen Bedarfe heutiger Stadttheater, sind es keine längst notwendigen Aufwüchse im künstlerischen Bereich oder die Hausaufgaben bei den Investitionen, die Grundlage Ihres Theaterpaktes sind. Er beruhigt etwas und lindert, heilen tut er nicht.

Dies hat auch der Besuch des Mecklenburgischen Staatstheaters bewiesen, den einige Kolleginnen und Kollegen aus dem Landtag in diesem Monat erlebt haben. Die Botschaft während des Rundgangs durch das Haus und die Abteilungen war folgende: Ja, der Theaterpakt ist ein Schritt in die richtige Richtung, längst überfällig. Aber: Beachten Sie den Abbau am Haus in den letzten Jahrzehnten! Beachten Sie den Investitionsstau! Beachten Sie, dass es an vielen Stellen zwickt und kneift, dass wir eigentlich nicht nur Geld bräuchten, um den Status quo zu erhalten und nicht weiter abbauen zu müssen! Nein, wir müssten eigentlich wegrationalisierte Stellen wiedereinrichten! Wir müssten Arbeitsbedingungen schaffen, beispielsweise in der Schlosserei, die nicht zulasten der Gesundheit der Mitarbeiter gehen! Müssten!

Aber eine Stärkung des Theaters durch den Aufbau von Strukturen, die eingespart wurden und fehlen, ist trotz Theaterpakt mehr als fraglich. Abzuwarten bleibt auch, wie die Kofinanzierung in Vorpommern klappen wird, offen sind noch Fragen in Bezug auf die Einstufung der Orchester und Chöre. Letztlich sendet der Pakt einfach nur die Botschaft: Wir hören jetzt auf, euch weiter weh zu tun, aber mehr eben auch nicht.

Am Ende möchte ich noch mal betonen, dass wir nicht bei null starten, nur, weil es den Theaterpakt gibt. Die Häuser im Land haben einen zwei Jahrzehnte andauernden Sparkurs in den Knochen. Einsparungen bei Personal und Ausstattung beschränken die künstlerische Freiheit, Haustarifverträge wurden durchgeboxt, Mitarbeiter/-innen verzichteten auf Gehalt. Die Theater und Orchester in Mecklenburg-Vorpommern haben einen Aderlass erlebt, denn viele Stellen wurden abgebaut, Verträge nicht verlängert. Und diese Künstler/-innen hat das Land verloren. Diese Künstler/-innen haben Sie verloren.

Wir finden, wir sollten es in Zukunft besser machen und auf die Theaterexpertinnen vor Ort hören, auch in Bezug auf den neuen Pakt. Beteiligen Sie die Ehrenamtler/-innen in den Kommunen und beweisen Sie, dass Sie aus Fehlern lernen können! Ich finde nicht, dass man die Fehlpolitik der letzten Jahre einfach mit einer Pressekonferenz und einem neuen Papier übertünchen kann. Ich finde, es sollte eine Entschuldigung für diese Politik der letzten Jahre geben. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Ums Wort gebeten hat die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Frau Hesse.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Bevor ich zu meinem eigentlichen Inhalt dieser Aussprache komme, gestatten Sie mir, einmal kurz Bezug zu nehmen auf meine Vorrednerin.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Das wollten Sie die ganze Zeit machen!)

Erstens. Ein Blick nach hinten ist, finde ich, absolut unnötig, weil es geht klar nach vorne,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ja, weil da nur Fehler passiert sind.)

es geht klar nach vorne und das muss auch unser Ziel sein. Das ist der erste Punkt.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Vincent Kokert, CDU – Zuruf von Jeannine Rösler, DIE LINKE)

Und der für mich

(Unruhe vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Zurufe von Torsten Koplin, DIE LINKE, und Eva-Maria Kröger, DIE LINKE)

auch wirklich wichtige zweite Punkt …

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE – Glocke der Vizepräsidentin)

Einen Moment, Frau Ministerin.

Also jetzt möchte ich mich doch mal an die Fraktion DIE LINKE wenden,

(Eva-Maria Kröger, DIE LINKE: Bitte.)

die diese Aussprache beantragt hat.

(Manfred Dachner, SPD: Genau.)

Wenn sie denn eine Aussprache führen will, muss sie natürlich auch die Argumente aller anderen anhören.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Das sind keine Argumente.)