Protokoll der Sitzung vom 29.06.2018

Ich rufe auf für die Fraktion der AfD den Abgeordneten Herrn Kröger.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Vincent Kokert, CDU: Oh, dann mache ich mir mal langsam einen Stichwortzettel.)

Sehr geehrtes Präsidium! Liebe Gäste!

Besonders begrüßen möchte ich Herrn Dr. Jungrichter, den Vorsitzenden des Schweriner Theatervereins, der hier oben Platz genommen hat. Für ihn ist dieses Thema eine Herzensangelegenheit.

Ja, ein bemerkenswertes Thema, nach dem Eigenlobauftakt der SPD unter anderem zu diesem Thema,

(Torsten Renz, CDU: Hat die SPD denn schon gesprochen?)

das schon fast aus meiner Sicht

(Andreas Butzki, SPD: Die hat doch noch gar nicht gesprochen.)

postkommunistisches Kolorit hatte.

(Torsten Renz, CDU: Die haben doch noch gar nicht gesprochen.)

Und eben haben wir den Teil zwei hierzu gehört.

(Manfred Dachner, SPD: Wissen Sie überhaupt, was das ist?)

In der Tat, dieses Thema hat mehr Facetten, als die Ergebnisse des Theatergipfels darstellen, auf den der Blick der Öffentlichkeit gerne fokussiert werden soll. Und jetzt geht es weiter in der Molltonlage, die wir hier ganz am Anfang von Frau Kröger schon gehört haben. Es sind 25 Jahre vergangen, die geprägt waren von gewollter und verordneter Sparpolitik, nur die letzten sechs Jahre davon fallen in die Laufzeit der sogenannten Theaterreform.

Vordergründig sind einige Linderungen mit dem jüngsten Theatergipfel für die Maßnahmen dieser Theaterreform angeschoben worden. So ist der Status quo der nicht vollendeten Reformvorgaben nun festgeschrieben und die künstlerische Abwärtsspirale ist fast zum Stillstand gekommen. Es müssen nur noch die restlichen altersbedingten ersatzlosen Stellenabbauten in den Häusern und Orchestern vollzogen werden. Dann ist die stabile Ausgangslage erreicht, die durch die angekündigte Dynamisierung der Finanzierung für die nächsten Jahre abgesichert ist. Aber was spielte und spielt sich hinter den Kulissen ab? Hier werde ich meine Ausführungen exemplarisch auf Schwerin beschränken.

Zunächst möchte ich Sie mit einigen Zahlen konfrontieren, die einen Überblick zu den Veränderungen im personellen Bereich über den gesamten Zeitraum, also zwischen den Spielzeiten 1991/1992 und der aktuellen, belegen.

Die Mitarbeiterzahl ist von insgesamt 433 auf 291 ge-

sunken hier in Schwerin.

Vom Musiktheater, das gehört ja dazu, ist die Zahl

der festangestellten Chormitglieder von 37 auf 25 gesunken, die Zahl der Solisten von 25 auf 10.

Die Staatskapelle hat sich nunmehr auf 61 Stellen

reduziert und fällt damit eigentlich in den Bereich eines klassischen C-Orchesters.

Das Schauspiel ist von 30 Schauspielern und 4 festen

Regisseuren auf 17 Schauspieler und 1 festen Regisseur, der auch noch Schauspieldirektor ist, geschrumpft.

Das Ballett ist von 16 auf 12 Stellen, die Fritz-Reuter

Bühne von 9 Schauspielern mit 2 festen Regisseuren auf 5,5 geschrumpft, denn eine Schauspielerin ist auch noch gleichzeitig Dramaturgin.

Bühnen- und Kostümbildner gibt es gar nicht mehr.

Sekretärinnen und Mitarbeiter/-innen sind von 5 auf

1,5 geschrumpft.

Um das Bild auf der Personalseite noch etwas abzurunden, werfen wir noch einen Blick auf die Gehälter oder besser Gagen, denn für das Theaterpersonal – also neben dem künstlerischen Personal auch das für den

Spielbetrieb notwendige Personal wie Bühnentechniker, Maskenbildner und so weiter – gilt immer noch ein unserer Meinung nach völlig aus der Zeit gefallener Tarifvertrag, der sogenannte „Normalvertrag Bühne“. Für Künstler wird die Mindestgage, also das Einstiegsgehalt, seit diesem Jahr immerhin auf 2.000 Euro brutto festgeschrieben. Dazu gilt aber eine Wochenarbeitszeitgrenze von 48 Stunden und eine Vertragslaufzeit von einem Jahr, die beliebig oft verlängert werden kann, ohne jemals daraus den Status einer Festanstellung zu begründen.

(Zuruf von Minister Harry Glawe)

Sicherlich kann man das unter der Überschrift „Tarifautonomie“ ausblenden, nur ändert das nichts an der Situation für die Menschen. Aus diesem Blickwinkel betrachtet reden wir bei der Besoldung von Grundschullehrern über Luxusprobleme. Und trotzdem hatte der Schweriner Intendant zum letzten Theaterfest den Akteuren und Mitarbeitern jegliche Kritik in Richtung der Landespolitik untersagt. Oh Mann, hat der Humor, habe ich so gedacht! Ich habe auch die Gelegenheit genutzt, mich mit Herrn Tietje, der gestern Abend Gast des Sommerfestes war, ausführlich zu unterhalten.

(Minister Harry Glawe: Nicht alles ausplaudern. – Vincent Kokert, CDU: Haben Sie ihn auch das Richtige gefragt?)

(Vincent Kokert, CDU: Und was hat er gesagt? – Minister Harry Glawe: Nicht alles ausplaudern.)

Richtig, nicht alles ausplaudern.

(Unruhe vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, die Personalsituation spiegelt aber nur eine Seite der rigorosen Sparpolitik wider. Auf der anderen Seite ist gleichzeitig ein Investitionsstau entstanden. Die krassesten Beispiele hierfür sind die in diesem Zeitraum unrettbar verrotteten Theatergebäude in Parchim und Rostock. An beiden Standorten freuen wir uns jetzt auf teure Ersatzinvestitionen. Das Große Haus hier in Schwerin ist nicht so marode wie andere Häuser. Das hat es seinem herausragenden Denkmalstatus zu verdanken und nicht zuletzt auch einem überaus rührigen Theaterverein,

(Tilo Gundlack, SPD: Ich würde nicht so oft nach oben gucken, das geht aufs Genick nachher.)

der aktiv wichtige Impulse gesetzt hat und so auch Restaurierungs- und Modernisierungsprojekte angeschoben hat und begleiten konnte. Mein Dank auch noch mal in diese Richtung!

Aber nehmen wir einmal die anderen Gebäude in den Blick. Es klang schon an, da ist zunächst das Eckgebäude Theaterstraße/Kleiner Moor. Hierin befindet sich unter anderem das Büro des Orchesterdirektors Lutz de Veer im Dachgeschoss, also eine durchaus repräsentative Position im Hause.

(Andreas Butzki, SPD: Kennen Sie eigentlich auch andere Theater außer Schwerin?)

Ich habe ja gesagt, ich beziehe mich exemplarisch hier auf Schwerin.

Vor seiner Tür,

(Vincent Kokert, CDU: Das ist doch wirklich ein Witz!)

vor seiner Tür aufgerissene Fußböden mit offenem Schwammbefall bis in den Dachstuhl.

(Andreas Butzki, SPD: Traurige Bilanz!)

Um die Ecke in diesem Gebäudekomplex ist die Schlosserei des Theaters. Sie ist nicht beheizbar. Dafür stehen die sanitären Anlagen in einem katastrophalen Zustand. Toilette und Dusche sind nur improvisiert.

(Andreas Butzki, SPD: Gucken Sie sich mal die anderen Theatergebäude an!)

Die Dusche ist praktisch nicht nutzbar, da wegen fehlender Heizung auch kein Warmwasser verfügbar ist. In Tischlerei, Schneiderei und Malsaal kommt zu den Auswirkungen des Renovierungsstaus, die ich hier nicht weiter vertiefen will, noch das Problem fehlender Rettungswege hinzu. Ein Nebeneffekt der nicht getätigten Investitionen in die Infrastruktur ist, dass sich kein Nachwuchs findet, der sich unter solchen Bedingungen, wie er sie hier vorfindet, zu einer Ausbildung entschließt, denn in nahezu jedem privaten Handwerksbetrieb, und sei er noch so klein, findet er bessere Arbeitsbedingungen vor und hat auch als Berufseinsteiger eine bessere Entlohnung zu erwarten.

(Susann Wippermann, SPD: Belegen Sie das mal!)