Protokoll der Sitzung vom 14.09.2018

Es gab in der Tat die Überlegung, den Plenarsaal zu nutzen, und es ist sehr bedauerlich, feststellen zu müs

sen – wir haben ja, Frau Friemann-Jennert ist darauf eingegangen, seit Ende Juli den Hinweis aus der Landtagsverwaltung –, dass wir für diesen Tag der Menschen mit Behinderungen diesen Plenarsaal so nicht nutzen können, unter anderem wegen der Zugänglichkeit der Behindertentoiletten und den Gefahren, die damit verbunden sind, wenn mehrere Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer hier wären. Es gibt viele Sachen in diesem Haus, im Schloss, die sich sehr fortschrittlich entwickelt haben hinsichtlich der Barrierefreiheit. Ich denke da nur an die taktilen Handläufe in der neuen weißen Treppe. Aber es gibt eben viele Sachen, die sind sehr bedauerlich, zum Beispiel, dass wir es eben hier nicht durchführen können. Ich sehe den Architekten und auch die Landtagsverwaltung in der Pflicht, wenn die neuen Beratungsräume eingerichtet werden, dass mehr als bislang auf Fragen der umfänglichen Barrierefreiheit – und da geht es ja nicht nur um Barrierefreiheit hinsichtlich etwaiger baulicher Barrieren, sondern im umfassenden Sinne geht es um Barrierefreiheit –, dass die dann endlich Berücksichtigung finden.

Wir haben aber von der Landtagsverwaltung auch an die Hand bekommen, dass es eben in der Nähe, Frau Friemann-Jennert ging darauf ein, bei der IHK die Möglichkeit gebe, barrierefrei eine solche Veranstaltung durchzuführen. Insofern haben wir auch die Möglichkeit, nunmehr in Alternativen zu denken und uns konkret darauf zu orientieren. Diejenigen Vertreterinnen und Vertreter von Betroffenenverbänden, mit denen ich sprechen konnte zu dieser Idee, die wir jetzt gemeinschaftlich haben, sagen, das ist gut, es ist schon lange fällig, was wir uns aber wünschen, ist neben einem Tag der Menschen mit Behinderungen, damit es keine „Eintagsfliege“ – in Anführungsstrichen gesprochen – ist, wünschen wir uns mehr Einfluss, mehr Mitwirkung, mehr Kooperation, mehr Gemeinsamkeit mit den Ausschüssen, nicht nur mit dem Sozialausschuss, den man für zuständig erklären kann – wir sind zuständig pro forma –, aber eben auch mit anderen Ausschüssen.

Lassen Sie uns auch darüber nachdenken, wie wir im politischen Alltag in unserem Zusammenwirken zwischen denjenigen, die in eigener Sache natürlich die besten Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter sind, und uns als gewählten Abgeordneten des Landtages Mecklenburg-Vorpommern hier besser zusammenkommen!

Ich möchte mich an dieser Stelle noch mal recht herzlich bedanken, Frau Friemann-Jennert, bei Ihnen persönlich, dass Sie diese Idee vorangetrieben haben. Ich bedanke mich sehr bei der SPD und bei der BMV, dass wir zu diesem Antrag kamen, als Grundlage, um weiterarbeiten zu können.

Und ich möchte auch noch mal gern die Gelegenheit nutzen, um auf ein paar Zahlen aufmerksam zu machen. Wir waren vor einiger Zeit als Sozialausschuss im LAGuS in Rostock, im Landesamt für Gesundheit und Soziales, und haben uns auch zu Fragen der Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen und Förderungen unterhalten. Die Zahlen, die dort genannt wurden, die uns aktuell vermittelt wurden, haben mich und auch unsere Fraktion schon beeindruckt. Menschen mit Behinderungen sind eine größer werdende Bevölkerungsgruppe. Im Moment leben 355.000 Menschen in Mecklenburg-Vorpommern, die als Menschen mit Behinderungen gelten, davon 218.000 als schwerbehindert. Allein die Anzahl der Men

schen mit Behinderungen, die über einen gültigen Schwerbehindertenausweis verfügen, stieg in Mecklenburg-Vorpommern von 1997 bis zum Jahr 2015 von 130.000 auf 180.000. Ziemlich gleich ist, mit Blick auf diese Anzahl, die Verteilung bei den Männern und Frauen.

Wir wissen statistisch sehr genau, wie viele Einzel- und Mehrfacherkrankungen vorliegen und wie viele Menschen in unserem Land welche Behinderungen haben. Wir wissen auch, dass die Anzahl der behinderten Menschen, die einer Beschäftigung nachgehen, in den letzten Jahren erfreulicherweise gestiegen ist. Dass wir aber gleichzeitig auch ziemlich stabil seit Jahren zwischen 4.000 und 5.000 schwerbehinderte Menschen zählen müssen, die arbeitslos sind, ist ein Umstand, der uns umtreiben muss, mit dem wir uns an keinem Tag abfinden dürfen. Die Schwankung hängt oft – zwischen 4.000 und 5.000, hatte ich gesagt –, die Schwankung hängt oft von Bundesprogrammen ab, die befristet durchgeführt werden und in deren Verlauf dann einige Menschen mit Behinderungen in Beschäftigung kommen, aber auch wieder herausfallen.

Was bei der Statistik oft verlorenzugehen scheint, ist, wie es den Menschen tatsächlich geht, mit ihren Sorgen und Nöten, mit der von uns verursachten Bürokratie und den vielen Formularen, mit ihren Unsicherheiten und ihren Zukunftsängsten. Über die haben wir ja in einem anderen Tagesordnungspunkt schon ausgiebig gesprochen, aber auch hier ist das ein Thema. Diese aufzunehmen und abzubauen und gemeinsam mit den Betroffenen und ihren Angehörigen sowie den Interessenverbänden und den Integrationsdiensten und der Wohlfahrt eine starke Gesellschaft zu formen, dazu sollte der Tag der Menschen mit Behinderungen des Landtags MecklenburgVorpommern beitragen, dazu sollten wir alle Interessierten einladen und dabei sollten wir alle Vorgenannten mitnehmen. – Ich danke Ihnen sehr für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Christiane Berg, CDU)

Ich begrüße auf der Tribüne eine Gruppe der Senioren-AG der IG Metall aus Wolgast. Herzlich willkommen!

Ich rufe auf für die Fraktion der BMV die Abgeordnete Frau Weißig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Werte Gäste! Sie wünschen einen Tag der Menschen mit Behinderungen. Die BMV wird Sie dabei unterstützen, denn auch wir möchten, dass Menschen mit Behinderungen im Parlament eine Plattform erhalten oder bekommen. Meines Wissens hat die Landesverwaltung gewisse Bedenken, ob im Landtagsschloss so ein Tag der Behinderten mit den Sicherheitsvorgaben in Einklang zu bringen ist. Da sage ich: Gibt es denn eine lebensnähere Möglichkeit, den nicht behinderten Gästen die typischen Probleme von Behinderten nahezubringen? Vielleicht kann man an diesem Tag ja auch einmal durchspielen, wo und wie wir Nichtbehinderte unseren behinderten Mitmenschen so helfen, dass im Evakuierungsfall alle sicher und wohlbehalten das Gebäude verlassen können.

Am 28.10.2011 fand hier im Parlament das erste und einzige Mal ein Tag der Menschen mit Behinderungen

statt. Eigentlich hätte sich daraus ein Automatismus entwickeln müssen und nicht wieder neu verhandelt werden sollen, Barrieren in den Köpfen abzubauen und mehr Offenheit zu leben. Dieser Tag bietet die Möglichkeit, gemeinsam mit der Politik und den Betroffenen direkt ins Gespräch zu kommen, um eine effiziente Politik zu machen. Es ist ein wichtiges Signal für alle Menschen, dass sie ein Recht auf gesellschaftliche Teilhabe haben. Die Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen und, wie man geschönt sagt, Handicap muss überwunden werden, indem wir ihnen diese Plattform im Parlament bieten.

Bis zu wirklicher Gleichberechtigung – wie beispielsweise die hohe Arbeitslosenquote unter Menschen mit Behinderungen bei gleichzeitigem Aufschwung am Arbeitsmarkt uns immer vor Augen führt – gibt es noch viel zu tun. Der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung ist ein von den Vereinten Nationen ausgerufener Gedenktag, der am 3. Dezember 1992 gefeiert wurde. Weltweit wird dieser Tag seit 2003 jährlich offiziell gefeiert und ich schlage vor, uns diesem anzuschließen, ein für alle Mal. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Ums Wort gebeten hat noch einmal für die Fraktion der CDU die Abgeordnete Frau Friemann-Jennert.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Sehr geehrter Herr de Jesus Fernandes! Ich habe das Protokoll der Sitzung vom 26.04.2018 auch noch einmal gelesen. Und soll ich Ihnen mal was sagen? Außer Kritik und null konstruktiven Vorschlägen habe ich in Ihrem Beitrag nichts finden können.

(Andreas Butzki, SPD: Das ist doch immer so. – Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist auch nicht überraschend.)

Ich bitte Sie sehr darum, dass bei der Konzeptionierung nicht von oben herab gearbeitet wird. Sie haben eben gefordert, wir sollen hier sagen, wie genau dieser Tag aussehen soll. Nein, das wollen wir gerade nicht.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Habe ich auch nicht gesagt.)

Es ist vielleicht hilfreich, nicht nur alte Protokolle zu lesen, sondern sich auch mit den aktuellen Entwicklungen zu befassen.

(Thomas des Jesus Fernandes, AfD: Das war ein Zitat von Ihnen, Frau Friemann-Jennert, nicht meine Worte.)

Insofern sehe ich viele Themen, die an diesem Tag, an einem Tag der Menschen mit Behinderungen, besprochen werden können und die auch einen besonderen Praxisbezug haben sollen.

(Minister Harry Glawe: Es geht um die Teilhabe.)

Ich freue mich sehr darauf, mich persönlich einzubringen und daran zu beteiligen, und das können Sie ja dann auch machen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU, SPD, DIE LINKE und BMV auf Drucksache 7/2580(neu). Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? –

(Unruhe bei Torsten Renz, CDU)

Damit ist der Antrag der Fraktionen der CDU, SPD, DIE LINKE und BMV auf Drucksache 7/2580(neu) einstimmig angenommen.

Herr Renz, ich gestatte mir den Hinweis, dass wir noch in der Abstimmung waren, und in der Abstimmung habe ich das Wort. Vielen Dank.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Beratung des Tagesordnungspunktes 33 entfällt, da die Fraktion der BMV zwischenzeitlich den Antrag auf Drucksache 7/2565 zurückgezogen hat.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 30: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Radikalisierung und Hinwendung zu Extremismus frühzeitig entgegenwirken – Altersgrenze für Erfassung personenbezogener Daten Minderjähriger anpassen, Drucksache 7/2582.

Antrag der Fraktionen der SPD und CDU Radikalisierung und Hinwendung zu Extremismus frühzeitig entgegenwirken – Altersgrenze für Erfassung personen- bezogener Daten Minderjähriger anpassen – Drucksache 7/2582 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Friedriszik.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Damen und Herren Abgeordnete! Verehrte Gäste! Der vorliegende Antrag hat eine kleine, aber nicht unerhebliche Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes zum Gegenstand. Die Altersgrenze für die Speicherung personenbezogener Daten Minderjähriger soll um zwei Jahre herabgesetzt werden. Das heißt, Speicherungen sollen statt ab Vollendung des 16. Lebensjahres zukünftig ab Vollendung des 14. Lebensjahres zulässig sein. Dabei sollen die spezifischen, bezüglich Daten Minderjähriger geltenden kurzen Überprüfungs- und Löschungsfristen sowie Übermittlungsverbote entsprechend angepasst werden. Entsprechend der Regelung des Bundesverfassungsschutzgesetzes sollen Daten über Minderjährige vor Vollendung des 16. Lebensjahres spätestens bereits nach zwei Jahren zu löschen sein, es sei denn, dass weitere Erkenntnisse angefallen sind.

Damen und Herren Abgeordnete, im Verfassungsschutzverbund sollen sich die 17 Bundes- und Landesgesetze möglichst im Einklang befinden, widerspruchsfrei und grundsätzlich inhaltsgleich sein. So sollten auch die Speichergrundlagen in den Verfassungsschutzbehörden der Länder und des Bundes in wesentlichen Punkten nicht voneinander abweichen. Bereits vor zwei Jahren haben sich SPD und CDU in ihrem Koalitionsvertrag zu einer Null-Toleranz-Politik gegenüber jeglichem politi

schen und religiösen Extremismus bekannt. Unter anderem wurde dort festgelegt, im Bundesrat für bundesweit harmonisierte Regelungen zu werben, ab welchem Alter die Verfassungsschutzämter gegenüber Jugendlichen tätig werden können. Das ist in Ziffer 388 geregelt.

Vor diesem Hintergrund ist auch der vorliegende Antrag zu sehen. Das Bundesverfassungsschutzgesetz und die übrigen Landesverfassungsschutzgesetze ermöglichen eine Speicherung personenbezogener Daten Minderjähriger ab der Vollendung des 14. Lebensjahres oder sogar darunter. Für die Verfassungsschutzbehörde in Mecklenburg-Vorpommern besteht dagegen keine Befugnis zur Speicherung von relevanten Daten, wenn die betroffene Person das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Mit dieser absoluten Altersgrenze sind die derzeitigen Speichervoraussetzungen im Verfassungsschutz des Landes enger gefasst als im Verfassungsschutzgesetz des Bundes und den anderen Landesverfassungsschutzgesetzen. Unser Bundesland hat im Vergleich zu den anderen Bundesländern mit Blick auf die Reichweite der Speicherbefugnisse für die Daten Minderjähriger derzeit die restriktivste Rechtslage. Mit der Absenkung der Altersgrenze soll unser Landesgesetz an die im übrigen Bundesgebiet geltenden Rechtslagen angepasst werden.

(Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren, als Altersgrenze für eine Speichermöglichkeit ist die Vollendung des 14. Lebensjahres auch insofern sachgerecht, als zu diesem Zeitpunkt die Schuldfähigkeit im strafrechtlichen Sinne und damit die Strafmündigkeit beginnt. Eine Übereinstimmung zwischen der Speichermöglichkeit beim Verfassungsschutz und der strafrechtlichen Verfolgbarkeit, die auch eine Speicherung bei der Polizei beinhaltet, ist konsequent. – Ich bitte um Ihre Zustimmung für den vorliegenden Antrag.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich kann Widerspruch dazu weder sehen noch hören, dann ist das so beschlossen und ich eröffne die Aussprache.

Für die Landesregierung hat ums Wort gebeten der Minister für Inneres und Europa. Herr Caffier, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Die Sicherheitsbehörden unseres Landes kämpfen heute an den unterschiedlichsten Fronten. Insbesondere der Islamismus stellt die Staatsschützer vor große Herausforderungen. Einige Extremisten radikalisieren sich relativ spontan, bei anderen passiert es heimlich und im Verborgenen, und dann haben wir noch das Phänomen der Hinwendung zum Islamismus bereits im Kindesalter. In der jüngeren Vergangenheit haben Minderjährige mehrfach islamistische Anschläge geplant, durchgeführt oder es zumindest versucht. So wurde die Nagelbombe am Rande des Weihnachtsmarktes in Ludwigshafen am 5. Dezember 2016 von einem 12-jährigen Jungen platziert. Der Sprengsatz konnte damals sichergestellt werden. Der Junge hatte sich zuvor bereits seit Jahren mit dem Bombenbau be

schäftigt. Das kann man sich kaum vorstellen bei einem 12-Jährigen.

Auch in unserem Land registrieren wir Fälle früher Islamisierung, wohlgemerkt, wir reden dabei auch von Kindern, die in die Kita gehen. In seiner Dimension ist ein solcher Fall zwar nicht vergleichbar mit anschlagsrelevanten Szenarien, aber wir dürfen vor solchen Entwicklungen nicht die Augen verschließen. Vielleicht kommen diese Kinder wieder zur Besinnung, vielleicht sind sie aber auch die Täter von morgen. Eine ernst zu nehmende Gefahr geht dabei nicht nur von Kindern,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wenn wir keine Prävention machen, kommen sie nicht zur Besinnung.)