Protokoll der Sitzung vom 14.09.2018

Meine Damen und Herren Abgeordnete, die Möglichkeit zur Speicherung personenbezogener Daten ist ein Grundpfeiler der Funktionsfähigkeit einer Verfassungsschutzbehörde. Der Verfassungsschutz in der Bundesrepublik Deutschland ist föderal organisiert. Dementsprechend existieren 17 Verfassungsschutzbehörden, ein Bundesamt und 16 Landesbehörden für Verfassungsschutz. Beim Bundesamt für Verfassungsschutz ist das Nachrichtendienstliche Informationssystem Wissensnetz angesiedelt. Dieses dient als zentrales Hinweis- und Verbundsystem der Verfassungsschutzbehörden des Bundes, der Länder und für Personen und Objekte. Die Verfassungsschutzbehörden sind berechtigt, auf die darin verfügbaren Daten zuzugreifen. Dabei dient die Speicherung unter anderem der Vernetzung und dem Informationsaustausch der Verfassungsschutzbehörden untereinander, der Erkennung von Kontaktpersonen beziehungsweise Netzwerken sowie der Nachvollziehbarkeit von Bewegungsprofilen.

Die Anpassung der Altersgrenze an die der anderen Verfassungsschutzgesetze ist auch im Hinblick auf dieses System angezeigt. Darüber hinaus soll etwa sichergestellt werden, dass die betreffenden Personen bei einem Umzug beziehungsweise Wohnungswechsel in ein anderes Bundesland im Blick der Verfassungsschutzbehörden bleiben.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, von rechtsextremistischen Bestregungen geht eine große Bedrohung für unsere Gesellschaft aus. Alarmierend ist hier die hohe Gewaltbereitschaft. Ziel sind insbesondere Menschen mit Migrationshintergrund, hinzukommen Hasskommentare im Internet, die Aggression und Gewalt gegenüber Flüchtlingen suchen und schüren. Nicht zuletzt bei den jüngsten Protesten gegen Flüchtlinge ist eine Entwicklung zu beobachten, die Anlass zur Besorgnis gibt. Der Rechtsextremismus ist weiterhin die größte Gefahr für unsere Demokratie. Nicht nur, aber gerade auch in diesem Bereich gilt es, einer Radikalisierung und Hinwendung zum Extremismus frühzeitig entgegenzuwirken. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 7/2582. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 7/2582 bei Zustimmung der Fraktionen von SPD, CDU, AfD und BMV sowie Gegenstimmen der Fraktion DIE LINKE angenommen.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das ist ja unglaublich.)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 31: Beratung des Antrages der Fraktion der AfD – „Ehe für alle“ verfassungswidrig, auf Drucksache 7/2558.

Antrag der Fraktion der AfD „Ehe für alle“ verfassungswidrig – Drucksache 7/2558 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Förster.

(Torsten Renz, CDU: Der ist ja Hauptakteur hier heute.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Ehe für alle – ja, mit einem Einschub von sieben Wörtern in Paragraf 1353 BGB wurde erstmals in der Menschheitsgeschichte die Ehe als etwas anderes als die Verbindung von Mann und Frau definiert. Aus dem Satz „Die Ehe wird auf Lebenszeit geschlossen.“ wurde „Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen.“

Man kann dafür oder dagegen sein, bemerkenswert ist der Weg bis dahin. Bis 1969 war Homosexualität noch strafbar und Paragraf 175 wurde damals entschärft. Strafbar blieb nur noch die Homosexualität mit Jugendlichen. Endgültig abgeschafft wurde die Vorschrift erst 1994. Seitdem hat sich die Gesellschaft verändert. Wir sind liberaler geworden, die Moralvorstellungen haben sich gewandelt. Es hat sich ein weitgehender Konsens dahin gebildet, dass niemand wegen seiner Homosexualität ausgegrenzt oder benachteiligt werden darf. Dazu steht auch die AfD und ich ganz persönlich ebenfalls.

Schließlich wurde 2001 mit dem Gesetz über die eingetragene Lebenspartnerschaft ein Institut geschaffen, dass homosexuellen Paaren eine weitgehende Gleichstellung mit Verheirateten gewährte. Doch eine Befriedigung trat dadurch nicht ein. Die Forderung einer Minderheit nach vollkommener Gleichstellung wurde immer vehementer erhoben und fand in den überwiegend linksliberalen Medien eine kräftige Unterstützung. Das Klima in der Gesellschaft oder besser das veröffentlichte Klima veränderte sich so, dass ein Festhalten an einem traditionellen Ehe- und Familienbild vielfach als unzeitgemäß angesehen wird. Letztlich wurde mit der Zauberwaffe „Diskriminierung“ die vermeintliche Ungleichbehandlung beseitigt und die Gleichstellung der bisherigen Lebenspartnerschaft mit der Ehe per Gesetz vollzogen.

(Thomas Krüger, SPD: Das ist auch gut so.)

Was ist davon zu halten? Gegen die Neuregelungen bestehen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken,

die sich aus Artikel 6 Grundgesetz ableiten. Nach diesem Artikel stehen Ehe und Familie „unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung“. Es dürfte außer Zweifel stehen, dass die Mütter und Väter des Grundgesetzes 1949 unter Ehe allein die Ehe von Mann und Frau im Blick hatten und eine Alternative überhaupt nicht in Erwägung gezogen haben. Bei einer historischen Auslegung, bei der streng auf den Willen des ursprünglichen Gesetzgebers abzustellen ist, kann es mithin kaum zweifelhaft sein, dass die Neuregelung verfassungswidrig ist. Allerdings ist die historische Auslegung nicht zwingend geboten. Die Gegenmeinung stellt deshalb darauf ab, dass der Wortlaut von Artikel 6, der nur von Ehe und nicht von Ehe zwischen Mann und Frau spricht, aufgrund der geänderten gesellschaftlichen Anschauungen, dahin ausgelegt werden könne, dass darunter auch gleichgeschlechtliche Beziehungen fallen. Mithin könne die sogenannte Ehe für alle durch einfache Gesetzesänderungen gewährleistet werden.

Der Verfassungsrechtler Volkmann spricht von einem Verfassungswandel infolge des Wandels der Grundüberzeugungen der Gesellschaft. Wie sieht aber die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu dieser Frage aus? Dieses hat seit 1993 in ständiger Rechtsprechung – zuletzt noch 2013 – entschieden, dass die Ehe allein die Vereinigung von Mann und Frau zu einer Lebensgemeinschaft sei, woraus folge, dass aus Artikel 6 Grundgesetz ein Recht auf Eheschließung mit einem gleichgeschlechtlichen Partner nicht hergeleitet werden könne. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht die Rechte gleichgeschlechtlicher Lebenspartner fortlaufend unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nach Artikel 3 Grundgesetz gestärkt, so zuletzt 2013 bei dem Ehegattensplitting. Dabei hat es jedoch stets am Grundsatz, dass die Ehe nur verschieden geschlechtlichen Partnern vorbehalten sei, festgehalten.

Ich zitiere aus der Entscheidung von 2002 zum Lebenspartnerschaftsgesetz, Zitatanfang: „Zum Gehalt der Ehe, wie er sich ungeachtet des gesellschaftlichen Wandels und der damit einhergehenden Änderungen ihrer rechtlichen Gestaltung bewahrt und durch das Grundgesetz seine Prägung bekommen hat, gehört, dass sie die Vereinigung eines Mannes mit einer Frau zu einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft ist, begründet auf freiem Entschluss unter Mitwirkung des Staates, in der Mann und Frau in gleichberechtigter Partnerschaft zueinander stehen.“ Und dann weiter: „Von diesem Schutz wird das Institut der eingetragenen Lebenspartnerschaft nicht erfasst.“ Zitatende. In der Entscheidung aus 2013 bekräftigt das Gericht diese Auffassung unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung wie folgt, Zitatanfang: „Die Ehe als allein der Verbindung von Mann und Frau vorbehaltenes Institut erfährt durch Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz einen eigenständigen verfassungsrechtlichen Schutz“. Zitatende.

Das Bundesverfassungsgericht müsste also seine bisherige Rechtsprechung aufgeben, um das Gesetz für verfassungsgemäß zu erklären. Es bestehen hiernach auf jeden Fall ernst zu nehmende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes. Dadurch besteht eine Unsicherheit auch für die Personen, die sich nach diesem Gesetz trauen lassen, wenn das Gesetz wegen Verstoßes gegen das Ehegrundrecht kassiert werden sollte. Es besteht deshalb auch aus der Sicht der Befürworter Grund, das Gesetz durch das Bundesverfassungsgericht im Wege einer Normenkontrollklage über

prüfen zu lassen. Die Landesregierung ist dazu nach Artikel 93 Absatz 1 Nummer 2, 76 Absatz 1 Grundgesetz befugt.

Die AfD teilt die Zweifel, die für eine Normenkontrollklage ausreichen. Sie ist sogar auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts von der Verfassungswidrigkeit überzeugt. Für dieses Gesetz besteht keine Notwendigkeit. Es ist ein weiterer Schritt auf dem Weg in eine Wertebeliebigkeit. Die Kampagne für die Einführung der Ehe für alle wurde vor allem mit dem Gleichheitsgrundsatz und besonders lautstark mit dem davon abgeleiteten Diskriminierungsverbot geführt. Eine rechtlich unzulässige Ungleichbehandlung beziehungsweise Diskriminierung liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aber gerade nicht vor, weil die Ehe gegenüber der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft ein Aliud, also etwas anderes, eben eigenständig, nur ein der Verbindung von Mann und Frau vorbehaltenes Institut ist.

Ein weiteres Schlagwort für die Begründung der Ehe für alle ist die Verantwortungsgemeinschaft. Dafür war aber bereits in der Lebenspartnerschaft ein bis auf die Bezeichnung gleichwertiges Institut geschaffen. Die Lebenspartnerschaft war bis auf die Adoptionsfrage der Ehe praktisch vollkommen gleichgestellt. Mit der Verantwortungsgemeinschaft als Begründung sind wir allerdings im Sackbahnhof der Beliebigkeit angekommen. Eine Verantwortungsgemeinschaft lässt sich für alles Mögliche begründen, am Ende auch für mehrere Ehefrauen. Aber die Ehe für alle ist nicht vom Himmel gefallen. Sie reiht sich ein in eine Entwicklung von Traditionsbrüchen, die von den Zeitgeistdenkern bejubelt, von anderen kaum noch verstanden werden.

Wer mit Blick auf die Schöpfung und deren Regeln daran festhält, dass die Ehe der Verbindung von Mann und Frau mit der Orientierung, Kinder zu bekommen, dient, hat es im öffentlichen Diskurs inzwischen schwer. Wer des Weiteren meint, dass Kinder grundsätzlich am besten behütet bei Mutter und Vater aufwachsen, begegnet dem Vorwurf, ein antiquiertes Weltbild zu vertreten. Entsprechend beginnt die staatlich verordnete Umerziehung bereits in der Grundschule, wenn nicht sogar im Kindergarten,

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

wo den Kindern die sexuelle Vielfalt beigebracht wird, was Herr Krüger offensichtlich hervorragend findet.

(Sebastian Ehlers, CDU: Wann waren Sie denn das letzte Mal in der Kita? Das habe ich schon mal gefragt. Meine Herren!)

Wer in der Ehe gar die Keimzelle eines Volkes sieht, läuft Gefahr, in die ganz rechte Ecke gestellt zu werden, denn wir respektieren andere Völker und streiten für deren Schutz,

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

das deutsche Volk ist jedoch aufgrund einer jahrzehntelang betriebenen Entnationalisierung ein verdächtiges Subjekt geworden.

(Thomas Krüger, SPD: Ach so!)

Es findet sich zwar noch als stolze Inschrift auf dem Reichstag und in den Eidesformeln der Regierenden, in deren Sprache kommt es jedoch kaum noch vor.

Werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, es ist Ihre Partei, die unter Führung der Kanzlerin Stück für Stück nach links gerutscht ist und diese Entwicklung befördert hat. Es war reiner Machterhalt, dass die CDU kurz vor diesem Gesetz von ihren bisherigen Auffassungen abgerückt ist

(Sebastian Ehlers, CDU: Ist sie ja nicht.)

und dann dieses Gesetz im Bundestag

(Sebastian Ehlers, CDU: Ist sie ja nicht.)

quasi in einer Nacht-und-Nebel-Aktion

(Sebastian Ehlers, CDU: Die Kanzlerin hat dagegen gestimmt. Erzählen Sie doch nicht dummes Zeug hier!)

durchgewunken wurde.

(Sebastian Ehlers, CDU: Die Kanzlerin hat gegen die Ehe für alle gestimmt.)

Kurzum: Es geht bei der Ehe um mehr als sieben Worte. Es geht um den Erhalt unserer Werte. Und es sollte doch zu denken geben, ob eine Neuregelung, die den intimsten Bereich menschlichen Zusammenlebens betrifft und für die es in der Menschheitsgeschichte keine Parallele gibt, wirklich richtig sein kann. Wo bleibt der Respekt einer Minderheit gegenüber dem, was seit Menschengedenken Gültigkeit hatte? Die Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Ehe für alle

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

und damit die Unsicherheit für die Betroffenen lässt sich nur durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts,

(Der Abgeordnete Sebastian Ehlers bittet um das Wort für eine Anfrage.)

die dann auch zu akzeptieren ist, egal, wie sie aussieht, ausräumen. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Herr Kollege Ehlers in der Einbringung sind keine Zwischenfragen gestattet.

Okay, also im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch dazu, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat zunächst die Justizministerin. Frau Hoffmeister, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag möchte die AfD-Fraktion die Lan

desregierung verpflichtet sehen, im Wege einer Normenkontrollklage die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 20. Juni 2017, der sogenannten Ehe für alle, durch das Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen. Der Landtag soll feststellen, dass gegenüber diesem Gesetz erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken bestünden, die eine Überprüfung des Gesetzes auf seine Verfassungsgemäßheit geboten erscheinen ließen.