Protokoll der Sitzung vom 21.11.2018

(Dr. Ralph Weber, AfD: Nee, leider nicht.)

Ich bin davon überzeugt, dass dieser Pakt einen richtigen Weg der Weltgemeinschaft beschreibt, der auch angesichts weiterer Herausforderungen, wie zum Beispiel der Auswirkungen des Klimawandels auf Migrationsfaktoren, engagiert und beharrlich weiterverfolgt werden muss.

(Beifall Peter Ritter, DIE LINKE)

Wer sich jetzt pauschal abwendet, wendet sich vom zentralen Aufgabenfeld internationaler Politik ab und stellt sich selbst ein intellektuelles Armutszeugnis aus. Man muss sich nicht mit allem einverstanden erklären, was im Migrationspakt steht,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, richtig.)

aber man sollte die globale Dimension der Migrationsfrage erkennen und für eine sichere, geordnete und regulä

re Migration kämpfen. Die Weltgemeinschaft kommt ohne gegenseitige Unterstützung, ohne internationale Verständigung und Regelung nicht aus. Die Bekämpfung von Fluchtursachen, die geordnete Steuerung von Migration, der weltweite Schutz vor Diskriminierung, Ausbeutung und Menschenrechtsverletzungen ist eine globale Herausforderung. Ich wünsche mir daher eine sachliche Debatte, in der wir Fehlinformationen und Panikmache keinen Raum geben sollten. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Dr. Ralph Weber, AfD: Keine Panikmache, Realität!)

Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt das Wort die Abgeordnete Larisch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Artikel 13 der Allgemeinen Menschenrechte, Absatz 1: „Jeder hat das Recht, sich innerhalb eines Staates frei zu bewegen und seinen Aufenthaltsort frei zu wählen.“

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Eines Staates!)

Absatz 2: „Jeder hat das Recht, jedes Land, einschließlich seines eigenen, zu verlassen und in sein Land zurückzukehren.“ In Artikel 12 Absatz 2 des UN-Zivilpaktes ist diese Auswanderungsfreiheit aufgegriffen und in Absatz 3 mit Einschränkungsvorbehalt für die Vertragsstaaten geregelt. Und genau darüber wird im Pakt für Migration beraten, über nicht mehr und nicht weniger. Aber wie so oft wird hier alles von Ihnen durcheinandergeworfen.

(Heiterkeit bei Nikolaus Kramer, AfD)

Flucht und Migration, das sind grundsätzlich unterschiedliche Gründe für Menschen, ihr Land zu verlassen. Flüchtlinge haben Rechte. Diese sind unverhandelbar in der Genfer Flüchtlingskonvention geregelt.

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

Damit die Vertragsstaaten diese Konvention umsetzen und einhalten, wurde der UN-Flüchtlingspakt geschlossen. Die Genfer Flüchtlingskonvention fand in Deutschland Eingang in Artikel 3 Asylgesetz. Flüchtlinge im Sinne der Konvention, unseres Grundgesetzes und des Asylgesetzes sind verfolgte Menschen, wegen Herkunft, Ethnie, Religion, Nationalität, Geschlecht, sexueller Orientierung und politischer Überzeugung. Um Flüchtlinge geht es im Migrationspakt also nicht. Es geht um Menschen, die aus anderen Gründen ihr Land verlassen müssen. Es geht um die globale Frage der Migration, es geht um die Einhaltung von Mindeststandards, es geht um Menschenrechte. Wer Menschenrechte für Flüchtlinge und auch für Einwanderer ablehnt – bitte, werte AfD, verzichten Sie demnächst auf das Fest Thanksgiving. Denn wissen Sie, was das bedeutet? Das war das Dankesfest, als die Native People die Einwanderer vor dem Verhungern schützten.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Ich feiere nicht Thanksgiving.)

Und dort haben sie alles ausgegeben. Verstehen Sie das?

(Dr. Ralph Weber, AfD: Das ist viel älter.)

Vergessen Sie das, Herr …!

(Dr. Ralph Weber, AfD: Das hat germanischen Ursprung, aber das brauchen Sie nicht zu wissen.)

Kritik am globalen Migrationspakt ist zulässig und nicht per se fremdenfeindlich. Kritische Positionen lassen sich parteiübergreifend festmachen. Ein Ja zur Meinungsvielfalt, wie wir es kürzlich hier auch diskutiert haben, heißt, Sorgen, Ängste, Ungewissheiten – etwa zu Globalisierung und Migration – ernst nehmen. Auftrag der Politik ist dann aber Meinungsbildung, das heißt Aufklärung, und zwar faktenbasiert. Unsere AfD müsste danach also sagen, sie habe Angst vor Migration. Punkt, aus und Schluss!

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Wir haben keine Angst!)

Meine Damen und Herren, die AfD macht nun aber etwas ganz anderes. Sie zeichnet das Bild hinter oder über den Nationen wirkender Kräfte. Und um diesem unsichtbaren Treiben in den Arm zu fallen, gelte es jetzt, ich zitiere, „die nationalen Gremien einzubinden“. Und an dieser Stelle fördert der Faktencheck Interessantes zutage. Das nationale Gremium Deutscher Bundestag hat sich mit dem globalen Migrationspakt mehrfach befasst –

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Auf Antrag der AfD.)

Aussprachen, Antworten der Bundesregierung auf Kleine Anfragen aller Fraktionen, Ausarbeitungen des Wissenschaftlichen Dienstes und umfangreiche Protokolle. Ich will zwar nicht von Arbeitsverweigerung der AfD sprechen, aber ein überschäumendes Interesse an der Mitarbeit in den nationalen Gremien ist nicht gerade erkennbar.

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage...

... des Abgeordneten Weber?

Die Bundesregierung hat die Fraktionen über die Möglichkeit informiert, an den Beratungen zum globalen Migrationspakt in New York teilzunehmen. Die Fraktion DIE LINKE hat hiervon durch ihre stellvertretende Vorsitzende Sevim Dağdelen mehrfach Gebrauch gemacht. Von der AfD habe ich dort nichts gehört und nichts gesehen.

Darüber hinaus fanden mehrere interparlamentarische Ausschusssitzungen des Europäischen Parlamentes mit Vertreterinnen und Vertretern der nationalen Parlamente statt – diesmal unter Teilnahme der AfD – und die Einbindung der nationalen Gremien in Brüssel. Nach ihrer Behauptung allerdings, der Bundestag würde mit dem globalen Migrationspakt entmündigt, wurde der AfD im Bundestag die berechtigte Frage gestellt, ob sie denn nur körperlich anwesend war, ob sie in Brüssel nicht zugehört hätte.

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Diese Frage stelle ich mir in diesem Parlament auch so manches Mal. Wenn Sie, geehrte AfD-Fraktion, durch das Land reisen und den Migrationspakt als „toxisches Papier“ bezeichnen, dann ist das fahrlässig

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Ein „Pakt der Wölfe“, hat Israel gesagt.)

und brandgefährlich.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Ein „Pakt der Wölfe“!)

Es ist Stimmungsmache und Brunnenvergiftung mit Worten. Die Menschen in diesem Land haben dies nicht verdient. Der globale Migrationspakt ist das Eingeständnis beziehungsweise die Anerkenntnis, dass die mit globaler Migration verbundenen Herausforderungen nur in internationaler Kooperation bewältigt werden können.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Migration ist seit Jahrhunderten normal und es ist ein Menschenrecht – Artikel 13 der Allgemeinen Menschenrechte.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Dann kommen Sie nämlich täglich mit Ihren Antiarmutsanträgen nachher.)

Der Pakt zielt auf den Schutz der Sicherheit, der Würde und der Menschenrechte von Migrantinnen und Migranten sowie deren Grundfreiheiten. Das sind Dinge, die eigentlich selbstverständlich sein sollten.

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Länder, die eine große Zahl von Migrantinnen und Migranten aufnehmen, sollen laut Pakt bei deren Integration Unterstützung finden. Rassismus und Diskriminierung sollen bekämpft werden.

Drittens will der Pakt Ursachen von Armut und Ausgrenzung, Krieg und Vertreibung, Verfolgung und Folter, also von Flucht und Migration bekämpfen. Hier greift er nach unserer Auffassung deutlich zu kurz. Weder ein Stopp der Rüstungsexporte noch ein Stopp der neoliberalen Ausbeutung des Südens oder die Zerstörung der Umwelt durch rücksichtslosen Abbau der Ressourcen haben in den Pakt Eingang gefunden.

Meine Damen und Herren, die Bundesregierung muss sich zum Schluss den Vorwurf gefallen lassen, durch eine katastrophale Informationspolitik selbst den Boden für die schäbigsten Angstkampagnen und Verschwörungstheorien bereitet zu haben. Wie ich Ihnen eingangs in Erinnerung rief, es gibt keine illegale Migration. Es gibt Menschen, deren Aufenthalt in einem Land illegalisiert wurde und wird.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

In arabischen Golfstaaten wird ostasiatischen Haushälterinnen der Pass weggenommen. In Spanien werden eritreische Arbeitssklaven zur Erdbeerernte eingesetzt. Sie essen diese auch alle in Ihrem Joghurt.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Sie auch!)

In Deutschland werden osteuropäische und afrikanische Frauen als Sexsklavinnen in Bordellen gehalten. Wie viele weiße Männer interessiert das überhaupt?

(Jens-Holger Schneider, AfD: Bitte, was?)

Der Pakt ist ein weiches Gesetz, das moralischen Druck aufbaut.