und wahrscheinlich habe ich eine andere Wahrnehmung. Ich fand da kein Entsetzen und gefrustete Leute, sondern ich fand da Menschen, die auf ihre Situation aufmerksam gemacht haben und die gesagt haben, wir würden gerne sehen, dass ein verbindlicher Personalschlüssel im Land zur Anwendung kommt. Und ich kann Ihnen sagen, Frau Bernhardt, ich weiß nicht, ob Sie noch da waren, dass sowohl unsere Ministerpräsidentin als auch ich für die SPD-Fraktion gesagt haben, dafür haben wir großes Verständnis und diese Geschichte werden wir unterstützen.
(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ich habe nur zu Recht wahrgenommen, dass Sie den Personalschlüssel ändern wollen.)
Wir haben in der Vergangenheit nicht untätig rumgesessen. Wir haben das Thema „Rahmenverträge im KiföG“ doch implementiert, wir haben die Schiedsstellenlösung implementiert und wir müssen heute feststellen, dass das Ganze letztendlich nicht zum gewünschten Ergebnis geführt hat.
Wenn man politisch schon vor Jahren gesagt hat, wir wollen einheitliche Personalschlüsselanwendungen in Mecklenburg-Vorpommern haben, und man muss feststellen, dass das, was man gemacht hat in der Vergangenheit, nicht ausgereicht hat, dann muss man doch die Bestrebung haben, es künftig besser zu machen. Das werden wir aufgreifen und da werden wir in die Richtung gehen, das werden Sie erleben bei der nächsten Kitanovelle. Das hat die Ministerpräsidentin heute deutlich gemacht und auch ich habe mich in dieser Richtung geäußert.
Was das Thema Qualitätsverbesserung und was die von Ihnen vorgetragene Unverbindlichkeit im Sozialausschuss angeht, das Thema Qualitätsverbesserung – das hat die Ministerin noch mal ganz klargemacht – reduziert sich nicht auf einen Personalschlüssel. Ich sage Ihnen, einen Personalschlüssel verbessern Sie nicht dadurch, dass Sie jetzt eine Bedarfsplanung machen. Sie müssen heute dafür auch die Leute haben. Wenn Sie Leute einstellen wollen, müssen Sie die Leute zur Verfügung haben. Als wir das Thema „Praxisintegrierte Ausbildung“ eingeführt haben, sind wir die Bäume rauf und runter gelaufen und haben zu hören bekommen, unmöglich, das kann doch nicht sein.
(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ja, natürlich ist das ein Unding, Herr Heydorn! Das sind keine Fachkräfte, das sind Auszubildende!)
Wir haben das Thema „Qualitative Verbesserung“ im Sozialausschuss offengehalten, weil es ein ganzes Bündel von Dingen gibt, die man da betrachten muss. Sie können davon ausgehen, dass wir das machen werden, meine Damen und Herren. Das ist uns ein wichtiges Anliegen und deswegen auch die Entschließung in dieser Richtung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist nicht einfach, nach diesen ganzen Rednern jetzt hier zu sprechen.
Die Fraktion Freie Wähler/BMV wird dem Entwurf der Landesregierung bei aller Kritikwürdigkeit zustimmen,
denn mit ihm sollen die ersten Voraussetzungen für eine finanzielle Entlastung von Eltern mehrerer Kinder geschaffen werden. Im Grunde könnten wir uns ja freuen,
denn der jährliche Ländermonitor „Frühkindliche Bildungssysteme 2017“ der Bertelsmann Stiftung bescheinigt Mecklenburg-Vorpommern einen Qualitätssprung. In keinem anderen Bundesland hat es eine so evidente Verbesserung des Personalschlüssels gegeben. Und in der Tat, der Schlüssel veränderte sich in fünf Jahren rein rechnerisch von 14,7 Kindern auf 13,4 je Fachkraft.
Nun aber der Tropfen Essig im Wein: Trotzdem bleibt Mecklenburg-Vorpommern Schlusslicht, denn die Bertelsmann Stiftung empfiehlt bereits seit 2008 für die Krippengruppen einen Personalschlüssel von 1 : 3 sowie für die Kindergartengruppen von 1 : 7,5, und zwar als bundeseinheitliche Standards, und für jedes Kind – unabhängig von seinem Wohnort – die strukturellen Rahmenbedingungen für eine wirklich gute Kitaqualität zu ermöglichen, Seite 9 des Ländermonitors. Wenn also MecklenburgVorpommern im Länderranking aufschließen und die von der Bertelsmann Stiftung empfohlene Betreuungsquote umsetzen wollte, dann wären allein im Kitabereich 6.700 neue Erzieherinnen und Erzieher erforderlich.
Die Ergebnisse der Bertelsmann Studie sind auch ein deutlicher Beleg dafür, dass die Bildungs- und Betreuungsqualität in den Bundesländern weiterhin äußerst unterschiedlich ist. Bildungschancen von Kindern hängen nach wie vor in einem hohen Maße von ihrem Wohnort ab. Wenn das Gute-KiTa-Qualitätsgesetz des Bundes unverändert in Kraft treten sollte, werden die Länderunterschiede noch weiter verfestigt, denn mit diesem Gesetz sollen die Bundesmittel nach Anzahl der Kinder insgesamt anstatt nach der Anzahl der tatsächlich betreuten Kinder verteilt werden. Die Länder Thüringen und Sachsen haben bereits einen entsprechenden Vorstoß im Bundesrat zur Abänderung unternommen. Die Landesregierung ist aufgefordert, sich dieser Initiative anzuschließen, sonst würde Mecklenburg-Vorpommern mit einer vergleichsweise weitaus höheren Betreuungsquote erst recht direkt benachteiligt, denn auch dieses Gesetz legt keinen bundesweiten verbindlichen Betreuungsschlüssel fest.
Die Beitragsfreiheit aber ist nur eine, nämlich die quantitative Seite der Medaille. Ohne wesentliche Verbesserung der Qualität der Betreuung, insbesondere drastischer Verbesserung des Betreuungsschlüssels nach den Empfehlungen der Bertelsmann Stiftung, läuft diese Gesetzesnovelle vollständig ins Leere. Angesichts der Kassenlage ist es auch möglich, Quantität und Qualität gleichlaufend wesentlich zu verbessern, um eine bestmögliche Entwicklung der Kinder und eine spürbare Entlastung der Familien zu gewährleisten.
Es ist eine Plattitüde, aber an dieser Stelle betone ich: Geld allein arbeitet nicht – für manchen, ja –, es sind die Erzieherinnen und Erzieher, die täglich statt mit der empfohlenen Höchstzahl in der Regel mit der doppelten Anzahl von Kindern arbeiten müssen. Ihnen gebührt an dieser Stelle Respekt und Anerkennung, weil sie unter diesen bundesweit schlechtesten Bedingungen dennoch das Bestmögliche für die ihnen anvertrauten Kindern leisten. Für diese Erzieherinnen und Erzieher müssen die Bedingungen schnell verbessert werden, jetzt sofort und nicht irgendwann. Eine entsprechende Vision finden wir im Gesetz aber nicht. Solange hier im Lande irrrationale Einkommensunterschiede von bis zu 700 Euro im Vergleich zwischen öffentlichen und den freien Trägern bestehen, ist mit diesem Gesetz gar nichts gewonnen.
Die Landesregierung ist aufgefordert, diese Ungleichheiten unverzüglich auszumerzen und Tarifentlohnung zur Grundlage der Finanzierung zu machen, denn viele Träger nutzen bereits jetzt die neue Lage, um sich über erhöhte Elternbeiträge massiv fehlendes Geld zu beschaffen. So lieferte in der „Ostsee-Zeitung“ vom Montag Rostocks Sozialsenator Bockhahn die Begründung: Gutes Personal koste Geld. Das erstaunt einen wirklich, also da kommt man ins Grübeln. Diese Begründung ist ein öffentliches Eingeständnis dafür, dass in der Fläche massiv unter Tarif bezahlt wird. Da hält sich meine Verwunderung über den Mangel an Erzieherinnen und Erzieher wahrlich in Grenzen.
Zum Schluss möchte ich noch auf eine wohl unbekannte Ungleichheit deutscher Kitas hinweisen. Männer bekommen in den deutschen Kitas seltener unbefristete Verträge – eine systematische Ungleichbehandlung.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mich gemeldet in dem Moment und um das Wort gebeten, als der Widerspruch zwischen den Ausführungen von Frau Ministerin Drese und Herrn Heydorn offenkundig wurde. Frau Ministerin Drese hat völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass das, worüber wir heute diskutieren, was aufgegleist ist und letztendlich zur Kostenfreiheit der Kindertagesförderung führen soll, schon lange vorbereitet wurde.
Ich darf darauf als Zeitzeuge reagieren. Jemand fragte, ob es Zeitzeugen gebe. Herr Renz, einige sind noch im Saal.
In der Tat war das ein Anliegen von SPD und PDS damals noch, 1998 beginnend. Wir haben das auch auf kommunaler Ebene thematisiert. Ich erinnere mich selbst an meinen Oberbürgermeisterwahlkampf 2001. Anfänglich ist das alles noch verlacht worden, weil einige die Notwendigkeit nicht erkannt haben.
Es ging nicht nur um die Umstellung des Finanzsystems, Herr Heydorn, sondern es gab zwei Komponenten, die uns sehr am Herzen lagen. Vordergründig ging es uns nach Jahren der Verächtlichmachung von Kindertagesstätten darum, die frühkindliche Bildung wieder zu implementieren in dem Bereich der Jungen und Mädchen in diesem Alter.
Ja, und es kam maßgeblich von der SPD auf, wenn sich Herr Brodkorb noch erinnern mag und Sie selbst ja auch und Herr Dr. Nieszery, wenn ich die noch mal namentlich erwähnen darf, die sich damals im Sozialausschuss auch dafür engagiert haben. Wir haben damals als LINKE, damals als PDS, um die Kostenfreiheit gerungen und haben dafür gekämpft.
Letztendlich war es Spitz auf Knopf in einem 4-AugenGespräch zwischen Dr. Harald Ringstorff und Peter Ritter, in dem geklärt wurde, dass das Vorschuljahr kommt und da ein Kompromiss gefunden wurde, weil klar war, wenn das nicht kommt, steigt DIE LINKE, damals PDS, aus. Uns war das immer wichtig, das will ich damit betonen, und es ist letztendlich auch Anerkennung von Realitäten.
Es ging einiges nicht, und zwar aus einem ganz traurigen, aber profanen Grund: Wir sind als Land Mecklenburg-Vorpommern mit unserem Haushalt Anfang der 2000er-Jahre Opfer der Unternehmenssteuerreform der Regierung Schröder, SPD, und Fischer, DIE GRÜNEN, geworden.