Protokoll der Sitzung vom 13.12.2018

Ja, und das waren auch Leute in der AfD, da haben Sie recht, Herr Reinhardt.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

... ob es nun um Erste-Hilfe-Kurse, Noteneinsicht für die Eltern, Schwimmzeugnisse, Schulgärten oder jetzt um Präventionsarbeit gegen Computerspielsucht geht.

(Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV: Nehmen Sie sich mal ein Beispiel dran, was man alles so machen kann, wenn man im Landtag ist.)

Mit Letzterem hat die Fraktion nun ein weites Feld für künftige Anträge eröffnet, denn es gibt noch viele andere Süchte – die Ministerin hat zu Recht darauf hingewiesen –, die in Einzelanträgen jetzt im nächsten Kalenderjahr behandelt werden könnten. Wir dürfen gespannt sein.

Mit dieser Karikatur, um nun wieder ernst zu werden, haben wir bereits unseren Hauptkritikpunkt an dem Antrag umrissen. Computerspielsucht ist tatsächlich nur eine Erscheinung vielfältiger Formen von Sucht und damit immer in einem größeren Zusammenhang zu sehen.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Sehr richtig!)

Ein mit der Computerspielsucht eng verwandtes Problem ist die Mediensucht, bei der es um die sozialen Medien geht. Diese Thematik wird im Antrag der Freien Wähler/BMV nur am Rande erwähnt, ohne sie in die Forderungen des Abschnitts II einzubinden. Dort geht es in Ziffer II Punkt 4 nur um eine Zusammenarbeit von Projekten beider Themen. Wie eine Studie des DRK zur Abhängigkeit 12- bis 17-Jähriger von sozialen Medien kürzlich zeigte, verbringen Jugendliche dieser Altersgruppe im Durchschnitt zweieinhalb Stunden mit sozialen und in den sozialen Medien, Mädchen zwischen 16 und 17 sogar fast dreieinhalb Stunden. Das birgt natürlich auch viele Gefahren, die es in sich hat, zum Beispiel das Cybermobbing, Cybergrooming, diese ganzen Gefahren, die es dort gibt. Das darf man natürlich nicht außer Acht lassen.

Jetzt wieder zurück zu den Tatsachen, dass nach den in der Studie zugrunde gelegten Kriterien 2,6 Prozent der Kinder und Jugendlichen in dieser Altersklasse als süchtig nach sozialen Mädchen,

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Medien gelten, bei Mädchen sind es 3,4 Prozent. Das klingt erst mal relativ niedrig. Auf Deutschland hochgerechnet wären das aber um die 100.000 Betroffene. Diese Studie ergab aber auch, dass jeder dritte von dieser Mediensucht betroffene Jugendliche Anzeichen einer Depression zeigt, und das ist dann ein ernsteres Thema. Auch Computerspielsucht geht übrigens mit Symptomen der Depression einher. Medien- und Computerspielsucht sollten als verwandte Phänomene und nicht nur isoliert betrachtet werden, handelt es sich doch in beiden Fällen um ein Abtauchen in eine virtuelle Welt bei gleichzeitiger Vernachlässigung der realen Welt. Hier entsteht ein Teufelskreis, wenn ein Jugendlicher aufgrund persönlicher Probleme die Flucht in eine Onlinewelt ergreift und dann von dieser virtuellen Welt so gefangen genommen wird, dass er die reale Welt, zum Beispiel die Schule, noch mehr vernachlässigt.

Wie relevant das Thema Medienkompetenz ist, konnte man auch im Grundsatzprogramm des Projekts „Jugend im Landtag 2018“ nachlesen. Den Umgang mit individuellen Suchtgefahren von Jugendlichen sehen wir in erster Linie in der Verantwortung der Eltern. Wir können der Schule tatsächlich nicht alles aufbürden,

(Beifall Horst Förster, AfD)

zumal sie mit Themen wie Inklusion und Integration bereits erheblich belastet ist.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD)

Natürlich hat die Schule im Rahmen ihres Bildungsauftrages auch allgemein über Suchtgefahren zu informieren und aufzuklären. Dies tut sie auch und dies geschieht allerdings bereits auf vielfältige Weise. So ist Suchtprävention beispielsweise schon ein Thema des Rahmenlehrplans Sachunterricht an der Grundschule, des Rahmenlehrplans Biologie an Regionalen Schulen und Gesamtschulen, des Kerncurriculums Biologie für die Sekundarstufe II.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Hört, hört!)

In den Rahmenlehrplänen Sozialkunde und selbst in den Rahmenlehrplänen Englisch sind für alle Schularten bis auf die Grundschulen Suchtproblematiken thematisiert. Computerspiele werden bereits im Rahmenlehrplan Informatische Grundbildung für die 5. und 6. Klasse behandelt.

Noch ausführlicher gehen dann die fachübergreifenden Rahmenpläne Digitale Kompetenzen und Gesundheitserziehung auf die verschiedenen Suchtgefährdungen ein. So geht es in der 9. Klasse um die Einschätzung und Vermeidung von Suchtgefahren durch den Konsum digitaler Medien. Für das Fach Sozialkunde wird die Behandlung von Fallstudien zu Onlinespielsucht und Internetsucht angeregt. Der Rahmenlehrplan Gesundheitserziehung hat einen eigenen Abschnitt zur Sucht- und Drogenprävention, auch in Bezug auf elektronische Medien.

Kurzum, das Thema ist bereits umfangreich in die Rahmenpläne integriert und wir können uns sicher sein, dass verantwortungsbewusste Lehrkräfte das Thema auch außerhalb des Curriculums behandeln,

(Beifall Horst Förster, AfD)

sodass sich die Frage stellt, warum es nun noch eines zusätzlichen Antrages Ihrer Fraktion bedarf. Auch außerhalb der Schule wird einiges an Präventionsarbeit geleistet. Darauf ist hingewiesen worden. Darauf haben Sie auch hingewiesen, Herr Wildt, ich will es aber noch mal wiederholen.

Der Bericht des Landesbeauftragten für Datenschutz vom 17. Mai des Jahres nennt eine ganze Reihe von Aktivitäten und Initiativen zur Entwicklung der Medienbildung und zur Förderung der Medienkompetenz, die auch Schulen und Lehrkräften zur Verfügung stehen. Aus der Vielzahl der in diesem Bericht aufgeführten Projekte, Workshops und Veranstaltungen sei in diesem Zusammenhang das Projekt Medienscouts erwähnt, das unter anderem von der Landeskoordinierungsstelle für Suchtthemen (LAKOST MV) – die im Übrigen eine sehr unterstützenswerte und dankenswerte Arbeit übernommen hat und der man tatsächlich nicht genug danken kann –

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Sehr richtig!)

unterstützt wird, die auch Computerspiele im Blick hat. Hier wurden in unserem Bundesland bisher 350 sogenannte Medienscouts ausgebildet. Das sind Jugendliche, aber auch Erwachsene, darunter vorwiegend Schulsozialarbeiter, die als Multiplikatoren der Präventionsarbeit an den Schulen wirken.

Anlass für den vorliegenden Antrag der Freien Wähler/BMV ist nun wohl die Entscheidung der Weltgesundheitsorganisation WHO, Computerspielsucht (Gaming Disorder), als Krankheit anzuerkennen. Das hat vor allem Bedeutung für ihre Behandlung. Allerdings hat die WHO auch erklärt, dass nur ein kleiner Teil der Computerspieler tatsächlich von dieser Krankheit betroffen ist. Und das relativiert die Problematik doch erheblich.

Überdies haben Computerspiele keineswegs nur negative Auswirkungen auf die Spieler. Sie fördern unter anderem Teamfähigkeit, strategisches Denken, Koordinations-, Reaktions- und Interaktionsfähigkeit. Schädlich werden sie erst, wenn soziale Beziehungen, die Schule, eine gesunde Lebensweise vernachlässigt werden. Auch hier gilt, allein die Dosis macht das Gift.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Und das gilt eben auch für die digitale Mediennutzung. Die kritische Dosis ist wiederum auch hier individuell verschieden.

Schwierig ist in dem Zusammenhang auch die Abgrenzung zum Hobby. Viele Hobbys sind sehr zeitintensiv, ohne deshalb zur Sucht zu werden. Das wird jeder wissen, der ein Hobby intensiv und auch ausgeprägt betreibt. Auch das Computerspiel hat in den meisten Fällen einen Hobbycharakter und ist deshalb nicht per se abzulehnen, solange es nicht psychische oder physische Störungen hervorruft. Junge Menschen, die E-Sports als Sportart betreiben, sind damit auch nicht automatisch süchtig.

Angesichts der Wichtigkeit dieses Themas halten wir das Grundanliegen des Antrages der Freien Wähler/BMV für berechtigt. Wir sind keine Spielverderber, werden uns wegen der genannten Kritikpunkte allerdings bei der Abstimmung enthalten. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Reinhardt.

(Beifall Sebastian Ehlers, CDU – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Oh Gott! Herr Ehlers!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der letzte Tagesordnungspunkt für heute. Die Frage ist, wo beginnt Spielsucht oder wo fängt sie eigentlich an.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Das ist das Gleiche wie bei „beginnt“. Beginnt und anfangen.)

Ist man schon gefährdet, wenn man wie ich eine PlayStation 4 zu Hause hat, oder ist man, wenn man hier im Saal rumguckt, viele von uns sind ja auch...

Ach, ja, Frau Bernhardt legt es noch rechtzeitig weg.

(allgemeine Heiterkeit)

... mit den digitalen Endgeräten unterwegs oder spielen mal, die Kollegen von mir da hinten, eine Runde Skat auf dem I-Pad, ist das nachher...

(allgemeine Unruhe – Zurufe vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, AfD, DIE LINKE und Freie Wähler/BMV: Oh! – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Das machen die?)

Habe ich gehört! Habe ich gehört!

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Beruhigen wir uns wieder!

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Herr Kokert, da müssen Sie mal eingreifen!)

Wir wissen ja alle, jeder kann sich selber einschätzen, wie gefährdet er da ist.

(Zurufe von Patrick Dahlemann, SPD, Sebastian Ehlers, CDU, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Aber, Herr Wildt, die Bildungsministerin hat es ja gesagt, eine weitere Studie dazu, da ist jetzt wirklich fraglich, ob die den Erkenntniswert zu Computerspielen tatsächlich steigert. Wir haben gehört, es gibt einige Studien dazu.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Wir haben auch den Rahmenplan Medienerziehung, so, wie er früher bei uns hieß, umgetauft, das ist jetzt der Rahmenlehrplan Digitale Kompetenzen. Es gibt ja auch Vereinbarungen dazu in der KMK und es wird ausführlich in diesem Rahmenplan auf die Suchtgefahren hingewiesen.

Ich kann jetzt nicht sagen – da sind Sie vielleicht dichter dran –, ob das ausreichend in der Schule passiert. Aber wir haben ja auch – auch von der Bildungsministerin – gehört, wir haben hier immer mal ein isoliertes Problem und wir dürfen am Ende nicht dafür sorgen, die Schule ist ja am Ende nicht der Reparaturbetrieb der Gesellschaft. Es ist klar,...