Protokoll der Sitzung vom 23.01.2019

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

aber wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, für so einen konkreten Fall, wenn es ums Wahlalter 16 geht, dann würden Sie es eher ausschließen oder nicht machen.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Habe ich das falsch verstanden, ja? Sie müssten das vielleicht für mich noch mal deutlich machen, ansonsten werde ich beim nächsten Mal wieder irritiert sein.

Aber irritiert bin ich, dass wir noch mal so intensiv versuchen, Argumente auszutauschen, wobei ich mir dann sehr erhofft hätte, dass auch neue Argumente genannt werden, denn das konnte ich jetzt in diesem Fall überhaupt nicht erkennen, dass irgendeine Neuigkeit vom Antragsteller hier mit eingebracht wurde, eher noch knallharte Formulierungen gegenüber der SPD, so unter dem Motto: „Schlecht verhandelt“. Wie kann das sein, wenn Ihnen das so wichtig ist als SPD, dass das nicht im Koalitionsvertrag steht? Wobei ich noch mal deutlich sagen möchte, es gibt viele Themen in diesem Lande: Arbeitsmarkt, meinetwegen Rentenpolitik, Wohnraum ist auch so ein Thema. Das könnten wir unzählig fortführen, unter anderem gibt es auch ein politisches Thema: „Wahlalter mit 16“.

Und dann haben die Bürger entschieden, dann gibt es eine Wahl oder es gibt eine Wahl, da haben die Bürger entschieden, und dann geht es darum, Koalitionen zu bilden. Hier ist natürlich die Frage bei dieser Vielzahl von Themen: Was bekommt man in Koalitionsverhandlungen durch? Wenn Sie dran sind als LINKE – ich weiß nicht, Sie brauchen wahrscheinlich immer 51 Prozent und Sie wollen nie Kompromisse bilden, und das ist ein Prozess, der verantwortungsvoll durch die Parteien auf den Weg gebracht wird.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Da bin ich sehr froh, dass wir uns durchgesetzt haben beim Thema der inneren Sicherheit bei diesem Koalitionsvertrag, mit mehr Polizisten,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Mit den 555 Polizisten durchgesetzt, knallhart.)

bei Kommunen mit mehr Geld für die Kommunen. Und die SPD hat sich zum Beispiel ein Thema ganz oben auf die Agenda geschrieben: kostenlose Kita. Da steht im Koalitionsvertrag, es wird umgesetzt. Und jetzt ist die Frage in so einer Verhandlung, wenn man weiß, der Koalitionspartner wie die CDU hat da eine klare inhaltliche Position, Wahlalter mit 16 wird bei uns mit großer Mehrheit abgelehnt: Lässt man dann an dieser Frage – da können Sie für sich auch noch mal eine Rangfolge festlegen, wie wichtig dieses Thema als Verhandlungspartner ist – eine Koalition scheitern?

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Da, glaube ich, kann ich ganz persönlich für die SPD sprechen, wenn ich sage, es ist richtig, verantwortungsvoll eine Entscheidung zu treffen, einen Koalitionsvertrag abzuschließen, der eben nicht eine Regierungsfähigkeit der Koalition in diesem Land infrage stellt. Insofern ist es sogar noch ein Erfolg für die SPD, dass sie dieses Thema aufstellt, bei dem sie eine klare Position mehrheitlich in ihrer Partei hat, nämlich die Mehrheit der SPD – so habe ich es bis jetzt immer aufgenommen – will das Wahlalter mit 16.

(Thomas Krüger, SPD: Sehr richtig verstanden.)

Also jetzt kann ich auch nur bedingt verstehen, Frau Bernhardt, warum Sie sich so verausgaben, aber ich glaube, das war noch nicht alles, was Sie geben können, Sie haben ja noch einen zweiten Redebeitrag. Aber warum Sie sich so verausgaben und die SPD hier vorführen wollen,

(Jochen Schulte, SPD: Wollen, wollen!)

dass die möglicherweise irgendwann selbst noch glauben, dass sie gegen das Wahlalter mit 16 sind, das ist bei Weitem nicht so, die sind nämlich dafür.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ach, dann wollen Sie zustimmen? Dann können Sie heute ja zustimmen, Herr Renz.)

Insofern haben die dann auch gekämpft wie die Löwen in so einer Koalitionsverhandlung und haben mit uns gesprochen. Und wir haben gesagt, okay, das unterscheidet zum Beispiel auch die CDU von anderen Fraktionen

hier in diesem Landtag, wir haben keine festgelegte Meinung.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der AfD und DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Tja, das stimmt.)

Wir haben zwar eine Position, wir haben...

(allgemeine Unruhe)

Wir haben eine klare....

(allgemeine Unruhe)

Wenn Sie sich beruhigt haben, dann werde ich die letzten Zweifel auch noch ausräumen.

Wir haben eine klare Position, was das Wahlalter mit 16 betrifft, aber wir sind nicht solche Betonköpfe, dass wir sagen, wir können über nichts reden, sondern wir haben uns im Koalitionsvertrag vereinbart und gesagt, lassen wir doch mal in dieser Frage auch das Volk mitentscheiden.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Weil Sie genau wissen, wie es ausgeht.)

Jetzt sagen Sie, das Volk entscheidet hier nichts. Das habe ich schon in der letzten Lesung gesagt, in der letzten Debatte: Wenn wir das vereinbaren und so eine Befragung machen, dann ist es doch logisch, dass wir anschließend auch an die Umsetzung gehen. Wir sagen, wir sind bereit, den Souverän – und mehr als das Volk gibt es in diesem Falle nicht – entscheiden zu lassen, und dann werden wir politisch handeln. Bei Ihnen nämlich war die Position, Sie wissen in dieser Frage vorneweg alles besser, Sie wissen, die Mehrheit will das. Sie haben natürlich Angst vor der Befragung des Volkes, das passt jetzt nicht so rein, und wollen das im Parlament umsetzen, obwohl Sie ja in gewisser Weise gar nicht sicher sein können, auch anhand von Umfragen, wie das Volk entscheiden wird. Insofern frage ich mich schon, was dieser Antrag heute an dieser Stelle noch mal soll.

Ganz interessant war für mich – das ist auch eine neue Lebenserfahrung –, wie intensiv Sie die Reden aus so einer Debatte auswerten. Das bringt mich schon fast zu der Annahme, es macht richtig Sinn, linke Anträge immer zweimal hier zur Debatte zu stellen, damit Sie sich beim zweiten Mal – so wie heute – intensiv mit unseren Argumenten auseinandersetzen und versuchen, neue Argumente zu finden, um dann den Diskussionsprozess aufrechtzuerhalten, aber mit der Tatsache, es sind definitiv von Ihrer Seite keine neuen Argumente gekommen.

Insofern stellt sich für mich wieder die Frage, das wird heute wahrscheinlich mein Lieblingsthema: Sprechen wir über Inhalte oder sprechen wir über Politik? Und insofern mache ich Ihnen den Vorwurf oder die Feststellung, in diesem Punkt geht es der LINKEN gar nicht um Inhalt, sondern es geht Ihnen um Politik. Und zur Politik – wir haben jetzt unterschiedlichste Umfragen, die LINKEN können schon sehr selbstbewusst durch die Republik gehen, nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, sondern auch, was den Bundestrend betrifft. Möglicherweise erkennen Sie jetzt und sagen, Mensch, klare Position immer wiederholen, wiederholen, das bringt uns politisch

etwas. Wenn das der Weg hier ist, anders kann ich das nicht deuten, dann nehme ich das zur Kenntnis, will das hier aber so klar benennen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist so niveaulos, das Gefasel!)

dass es eben aus unserer Sicht keine inhaltliche, sondern eine politische Auseinandersetzung ist.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Machen Sie Politik ohne Inhalt? Sagen Sie doch mal was zum Inhalt! – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Wenn Sie aber in dieser politischen Auseinandersetzung über die Thematik „Spiegelfechterei“ – und wie das alles bezeichnet wurde – nicht hinauskommen und auch noch Dinge in den Raum stellen, die wir inhaltlich klarstellen müssen, und das will ich sehr gern tun, indem Sie nämlich sagen, es ist eine unverbindliche Volksbefragung, dann sage ich Ihnen: Stimmen Sie mit Zweidrittelmehrheit der Verfassungsänderung zu! Wir befragen das Volk. Sollte das Volk entscheiden, werden wir als Parlament wahrscheinlich dann mit einfacher Mehrheit auch wieder entscheiden. Also da wird nichts unverbindlich sein.

Sie sagen als Nächstes, es wird keinen Diskussionsprozess geben. Ich meine, jetzt müssen Sie sich langsam sputen. Hätten Sie das mit uns schon im Januar beschlossen, dann hätten Sie die Zeit bis zum Mai, bis zum Kommunalwahlkampf, wo Sie ja die Verfechter schlechthin sind für das Wahlalter mit 16, für einen Diskussionsprozess auf vielfältige Art und Weise nutzen können.

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Also auch diese Aussage, muss ich sagen, will ich einfach nur zurückweisen. Es ist aus unserer Sicht nicht richtig. Und ich kann noch mal auf das Agieren der CDU hier verweisen. Wir sagen, das Volk ist der Souverän, das werden wir befragen, und dann brauchen Sie nicht zu sagen – seien Sie mal ehrlich, mehr geht in diesem Punkt nicht –, wir wollen es inhaltlich nicht, wir wollen aber das Volk befragen. Und wenn das Volk Ja sagt, dann werden wir handeln. – Danke, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion Freie Wähler/BMV der Abgeordnete Herr Dr. Manthei.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Fraktion wird den Antrag auch ablehnen.

Ja, es gab keine Ausschussberatungen, sodass hier im Wesentlichen die Argumente die alten Argumente sind. Wir haben einmal das Gegenargument gehabt, dass das Wahlalter 16 willkürlich wäre. Ich habe bis heute noch nicht gehört, worauf das beruht. Warum nicht 14 oder 15 Jahre?

Das zweite Gegenargument von unserer Seite war und ist, dass wir meinen, dass das Wahlalter an die Volljährigkeit geknüpft werden sollte. Ich hatte auch in der ersten Rede oder in der Ersten Lesung schon an die Historie

erinnert. 1970 ist in der alten Bundesrepublik das Wahlrechtsalter auf 18 abgesenkt worden, und nach einer SPD-Forderung – Willy Brandt hatte es gefordert – ist dann auch die Volljährigkeit...

(Thomas Krüger, SPD: Damals war das ja auch noch nicht volljährig, das muss man ja auch sagen.)

Ja, genau, das wollte ich sagen.

Da hat Willy Brandt gesagt, die Volljährigkeit muss angepasst werden, um Volljährigkeit und Wahlrecht in Übereinstimmung zu bringen. Das ist dann 1975 erfolgt, als das Volljährigkeitsalter auch abgesenkt wurde. Seitdem haben wir da wieder einen Gleichklang und das halten auch wir, so wie Willy Brandt sozusagen, für sinnvoll.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Oh, vorsichtig! Sonst gibt es wieder neue Wahlen.)

Dann geht es natürlich auch um den erzieherischen Aspekt. Wir meinen, dass Jugendliche mit zunehmendem Alter auch Pflichten übernehmen müssen, und das geschieht dann weitgehend mit der Volljährigkeit. Wir meinen, das ist ein wichtiger Aspekt des Demokratieverständnisses, denn demokratische Mitsprache bedeutet eben nicht nur das Ausüben von Rechten, sondern auch die Übernahme von Verantwortung für sich und für das Gemeinwesen.

Aus gutem Grund sieht unsere Rechtsordnung ein abgestuftes System vor von verschiedenen Altersstufen, die verschiedene rechtliche Konsequenzen haben, und zwar entsprechend der Entwicklung der jungen Menschen. Zum Beispiel ist man mit 14 Jahren strafmündig, aber es bleibt bis zum Eintritt der Volljährigkeit, dass man bis auf Ausnahmen keine Rechtsgeschäfte eingehen kann. Deshalb muss man sich eben die Frage stellen, weshalb ein 16-Jähriger die Reife haben soll, ein Parlament zu wählen, aber nichts kaufen darf in der Regel, sage ich mal. Das ist eine Diskrepanz, die unserer Meinung nach nicht sinnvoll ist.

Abschließend noch das letzte Argument: Zum Vergleich mit den Kommunalwahlen, der auch immer gebracht wird, hatte ich beim letzten Mal schon gesagt, bei den Kommunalwahlen geht es um kommunale Vertretung und nicht um ein staatliches Gebilde. Es sind zwei unterschiedliche Sachverhalte. Nur bei den Landesparlamenten und beim Bundestag handelt es sich um Parlamente im staatsrechtlichen Sinne. Eine Kommunalvertretung ist eben kein Parlament,