Das würde aber bedeuten, dass wahrscheinlich der Fraktionsvorsitzende nachher noch spricht. Wir werden ja sehen, ob das dann wirklich so ist.
Ich wunderte mich so ein bisschen, Sie haben kurz vor Weihnachten Ihre App vorgestellt – Mobilfunklöcher melden. Sie haben gerade erzählt, 9.000 Funklöcher sind es schon. Es ist hier die Frage, wer die alle gemeldet hat und wo.
Das kann an vielen Stellen gerade den Frust, den wir in der Bevölkerung haben, gut widerspiegeln. Ich habe mich nur gewundert, warum Sie die App nicht fertig hatten, als Sie vor zwei Jahren, zweieinhalb Jahren noch selbst für das Thema zuständig waren im Wirtschaftsministerium.
Ein schönes Thema, diese Funklöcher, jeder kann mitreden, man ärgert sich, wenn man eins findet, und irgendwie hat man immer das Gefühl, dass es in anderen Ländern etwas besser läuft als bei uns in MecklenburgVorpommern. Schaut man sich an, warum das so ist, dann kann man die Lizenzversteigerung der Sendefrequenzen als eine Ursache ausmachen,
angefangen bei der UMTS-Versteigerung im Jahr 2000, die im damaligen Umfeld wohl jede Bundesregierung, unabhängig von ihrer Zusammensetzung, durchgeführt hätte. Der damalige Haushaltsexperte der Union zum Beispiel, Dietrich Austermann, forderte nach der UMTSVersteigerung, dass wir noch weitergehende Privatisierungen staatlicher Infrastruktur durchführen sollten. Diese Sichtweise teile ich nicht und ich bin froh, dass wir es nicht getan haben.
Wer sich heute die Mobilfunknetze in unterschiedlichen Ländern anschaut, der stellt fest, dass der Auktionsan
satz, den wir damals von Großbritannien übernommen haben, im Rückblick betrachtet, der falsche Ansatz war. Im Rückblick sind einfach viele Punkte deutlicher geworden. Auf jeden Bundesbürger umgerechnet, hat diese UMTS-Versteigung knapp 620 Euro bedeutet, 620 Euro, also eine Hypothek auf jeden einzelnen Mobilfunkkunden. Das Geld fehlt dann natürlich bei dem Ausbau guter Infrastruktur in den ländlichen oder gerade in Flächenregionen. Dieses Schließen der Funklöcher würde bei uns im Bundesland allein pro Bürger wahrscheinlich so um die 250 Euro pro Kopf bedeuten. Ich habe gerade gesagt, 620, 250, das heißt, gerade da ist auch noch ein großer Spielraum, den man angeben kann.
Die Lizenzvergabe war von Anfang an mit Rahmenbedingungen für den Ausbau versehen. Diese orientieren sich aber immer an der Bevölkerung beziehungsweise den Haushalten und nicht an der Fläche. Auch bei den anstehenden 5G-Versteigerungen sollen wieder die Haushalte der Maßstab sein und nicht die Fläche. Und da liegt unser Problem, denn die Mobilfunkunternehmen stellen beim Faktor Haushalt natürlich auf Wohnungen, nicht aber auf den natürlichen Lebensraum der Menschen ab. Mobilfunkabdeckung an der Wohnung zu garantieren, nicht aber an allen Plätzen, die man sonst den Tag über aufsucht, führt den Begriff „Mobilfunk“ ad absurdum und müsste eher „Immobilienfunk“ heißen, was wir natürlich nicht wollen.
Die Konzentration auf die Versorgung von Haushalten führt dazu, dass wir in Ortschaften – auch in Mecklenburg-Vorpommern – eine verhältnismäßig gute Abdeckung haben. Wir reden immer noch von der flächenmäßigen Versorgung von 97 Prozent bundesweit, die dann so bis zu 70 Prozent führt, also 70 Prozent gerade da, wo wir auch Immobilien haben, wo wir Leute haben, aber zwischen den Ortschaften klaffen ganz große Lücken auf, von denen wir deutschlandweit gesehen sehr viele haben, und da gerade diese Funklöcher.
Es gibt eine Reihe von Apps, die die Signalstärke von Mobilfunkanbietern messen. Ich zum Beispiel habe im letzten Jahr – ich glaube, im Sommer ist die rausgekommen – relativ häufig die App der Bundesnetzagentur benutzt. Die Bundesnetzagentur ist vorher schon aufgefallen. Sie hat eine App rausgebracht, wo man die Geschwindigkeiten messen kann, um auch Werte zu haben, die man vergleichen kann, Werte, die einer gewissen Regel unterliegen. So ist es dort möglich, man startet diese App und es wird anhand des aktuellen Standorts eine Bestimmung durchgeführt, welche Sendestärke anliegt. Man kann diese App nicht manipulieren, zumindest ist es mir in den ersten Momenten auch als jemand, der im Informatikbereich etwas versierter ist, nicht möglich gewesen, Standort und Signalstärke zu manipulieren im Gegensatz zu anderen Angeboten.
Auch OpenSignal ist eine solche App, die den großen Vorteil hat, dass sie vergleichbare Daten für viele Länder auf der Erde bietet, die alle nach dem gleichen Prinzip erhoben werden. Schaut man die Netzabdeckung bei OpenSignal einmal an und vergleicht sie mit unseren Nachbarn zum Beispiel in Polen oder Frankreich, dann ist das Netz selbst in Mecklenburg-Vorpommern gar nicht so schlecht, wie wir uns manchmal so fühlen hier, zumindest, was den vor allem ländlich geprägten Raum angeht.
Also wir merken, wir brauchen Apps, die man nicht manipulieren kann, wo man nicht auf der Couch sitzen kann und einfach vor Ort irgendwelche Muster auf die Karte zeichnen kann. Klar, wir können nicht mit Südkorea, mit seinem hervorragenden LTE-Angebot mithalten, aber im Durchschnitt. Auch auf der koreanischen Halbinsel ist das Mobilfunkangebot wohl eher durchwachsen.
Wir haben im vorigen Jahr bereits über das Thema „Nationales Roaming“ gesprochen. Zur Technik von Mobilfunkabdeckungen habe ich dabei ausführlich ausgeführt, wie auch solche Probleme auftreten. Ich lasse diese technischen Aspekte daher lieber beiseite und möchte etwas anderes in den Mittelpunkt rücken, und zwar die Zukunft des ländlichen Raumes. Wir wissen, dass wir uns mitten in der Digitalisierung der Gesellschaft befinden. Wenn es einen Faktor gibt, der darüber entscheidet, ob die ländlichen Räume eine Zukunft haben werden, dann ist es in der digitalen Gesellschaft die Frage, ob es im ländlichen Raum schnelles Internet gibt, mobil genauso wie kabelgebunden. Daher fordern wir, und das finden Sie auch in unserem gemeinsamen Antrag wieder, dass der Ausbau der 5G-Netze sich nicht nach den Marktbedingungen und Haushaltszahlen richten soll, sondern dass wir schnelle mobile Netze als eine Grundvoraussetzung für die Gesellschaft, für die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse vor allem auch im ländlichen Raum begreifen wollen.
Wir als SPD-Fraktion können es uns deshalb sehr gut vorstellen, dass wir auf Versteigerungserlöse gerade im Rahmen dieser Mobilfunkversteigerung der 5GFrequenzen verzichten und dafür lieber für einen flächendeckenden Ausbau auch der 4G-Netze sorgen, denn, ich hatte es vorhin ausgeführt, Sie haben gehört und gemerkt, wie viele Milliarden die Konzerne jetzt schon auf der hohen Kante haben, die bisher für die Versteigerungen vorgesehen sind. Wenn diese in den Ausbau investiert werden, dann hätten wir in kurzer Zeit wahrscheinlich eine sehr große Möglichkeit, um Lücken zu schließen.
Von der Idee, dass der Staat dort, wo es die Wirtschaft nicht macht, Funkmasten baut, um Funklöcher zu stopfen, halten wir nur bedingt viel. Sicher ist es immer noch besser, als Funklöcher zu haben, aber es ist nicht im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger, dass wir Gewinne der Mobilfunkanbieter privatisieren und die Folgekosten der Funklochbeseitigung vergesellschaften. Daher ist auch der aktuelle Vorschlag aus Berlin für eine bundeseigene Gesellschaft zur Funkmasterrichtung aus unserer Sicht nur die zweitbeste Lösung. Die beste wäre es, die drei großen Mobilfunkanbieter würden sich ein perfektes Netz aus einer Hand geben, und das bitte auch zu günstigen Preisen, wie es in anderen Ländern schon möglich ist. In unserem Nachbarland Österreich können Sie Mobilfunktarife zwischen 15 und 20 Euro im Monat buchen, die neben unbegrenzten Freiminuten und SMS auch 20-Gigabyte-Highspeed-Internet im 4G-Netz haben. Von solchen Preisen können wir in Deutschland nur träumen.
Man könnte versuchen, die durchaus nutzerfreundlichen Roamingregelungen der EU zu nutzen, um mit mehreren
ausländischen Telefonverträgen günstiger unterwegs zu sein. Aber das wäre umständlich und unpraktisch. In den hohen Mobilfunkkosten liegt doch vor allem der Frust bei den Bürgerinnen und Bürgern. Sie zahlen europaweit die höchsten Preise,
erhalten im Vergleich dazu aber nur ein mittelmäßiges Angebot, welches je nach Region auch mangelhaft ausfällt, siehe unsere heutige Diskussion. Ich kann daher nur an die Unternehmen Telekom, Vodafone und Telefónica appellieren, also die drei tatsächlichen Netzbetreiber: Sorgen Sie dafür, dass Ihre Produkte zu Premiumpreisen auch wirklich mit Premiumleistungen unterfüttert sind, in Hamburg und München genauso wie bei uns in Torgelow, Wolgast oder in Ludwigslust!
Für den Fall, dass wir an der Front des flächendeckenden Netzausbaus nicht weiterkommen, ist die Option eines regional begrenzten nationalen Roamings sicherlich ein sehr sinnvoller Weg. Ich würde mir für diesen Fall aber wünschen, dass der Kunde das automatische Recht erhält, sich in das Netz einzubuchen, wo er gerade die höchste Leistung hat, wo er gerade die höchste Geschwindigkeit entsprechend seines Mobilfunkvertrages angeboten bekommt, und das natürlich zu angemessen hohen Gebühren durch das Mobilfunkunternehmen, denn dann würde jeder Roamingkunde dem Anbieter, der sein Netz nicht vernünftig ausbaut, wirtschaftlich schaden, wirtschaftlich wehtun. Nur so würde es möglich werden, den notwendigen wirtschaftlichen Druck für einen flächendeckenden Ausbau des mobilen Internets auf alle Netzanbieter auszubauen.
Ich würde mich freuen, wenn der Landtag unserem Antrag mit einer breiten Mehrheit folgen würde, um mit so einem Signal nach Berlin, denn beim dortigen CSUMinister ist das Thema zuallererst angesiedelt, den notwendigen Nachdruck zu verleihen. Es geht am Ende bei der Frage des Mobilfunkausbaus nicht nur um Mecklenburg-Vorpommern, es geht letztendlich um die Frage, ob wir den ländlichen Raum gerade in Zeiten, wo wir die Digitalisierung, den digitalen Wandel der Gesellschaft haben, abkoppeln wollen, ob wir unsere Dörfer nicht verlorengehen lassen wollen, denn in Vorpommern genauso wie in Mecklenburg, in Holstein oder Franken, überall müssen unsere Dörfer, muss der ländliche Raum eine Zukunft haben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe jetzt noch nicht mit der Glocke geläutet, aber das Gemurmel ist doch immer lauter geworden. Ich bitte Sie darum, dass wir ein bisschen mehr Disziplin wahren.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit zwei Zitaten beginnen. Die Präsidentenkammer der Bun
desnetzagentur entschied wie folgt, ich zitiere auszugsweise: „Deutschland soll Weltspitze bei der digitalen Infrastruktur und Leitmarkt für 5G“ in Europa „werden. Die neue Mobilfunkgeneration 5G soll die Entwicklung innovativer Dienste und Anwendungen … fördern. Dafür“ müssen „Frequenzen … bedarfsgerecht“ vergeben werden, „damit Deutschland bei diesem Technologiesprung voranschreitet.“ Zitatende.
Ich finde, das klingt schon mal ganz hübsch – eigentlich. Noch besser klingt der dazu passende Auszug aus dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, und ich glaube, auch darüber müssen wir nachher noch mal reden.
Ich zitiere erneut: „Wir gestalten den Weg in die GigabitGesellschaft mit höchster Priorität. Deshalb wollen wir den“ – Achtung! – „flächendeckenden Ausbau mit GigabitNetzen bis 2025 erreichen. … Wir forcieren den Ausbau der Mobilfunkversorgung und entwickeln Deutschland zum Leitmarkt“ – da ist er schon wieder, dieser Leitmarkt – „für 5G.“
„Die Frequenzpolitik“ muss „sicherstellen, dass es zu einer verlässlichen und“ – Obacht! – „lückenlosen Mobilfunkversorgung insbesondere im ländlichen Raum kommt.“
Große Worte, da sind sich Politik und Ministerium offensichtlich einig. Die Digitalisierung ist das neue Vitamin C. Minister Caffier würde sagen, „C wie Zukunft“.
(Torsten Renz, CDU: Da hat jetzt keiner gelacht und geklatscht! – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)
Schnell, schneller, am schnellsten – 5G, so klingt diese Zukunftsmusik. Aber Anspruch und Wirklichkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, klaffen hier heftig auseinander. Die Mobilfunkanbieter haben sich mit Händen und Füßen gegen einen flächendeckenden Ausbau auf 5GNiveau gewehrt. Ihr Hauptargument ist die fehlende Wirtschaftlichkeit – da ist sie wieder –, zu hohe Investitionen, zu wenig Gewinn. Da verwundert es umso mehr, wie der Beirat der Bundesnetzagentur empfehlen kann, die Nutzung der vorhandenen Netze durch alle am Markt vertretenen Anbieter abzulehnen. Dieses nationale Roaming wäre für die Bürgerinnen und Bürger sicher ein Fortschritt gewesen. Telefónica-Deutschland-Chef Markus Haas übertrieb gleich richtig und meinte, verpflichtendes Roaming käme einer Enteignung gleich.
Stattdessen wurden die Marktteilnehmer nur zu maximaler Kooperation aufgerufen. Kooperation! Der Kollege da Cunha richtete ja auch einen Appell an eben diese Marktteilnehmer.
Ich glaube, Appelle werden da gerne überhört. Das hat uns beim Ausbau des 4G-Netzes schon nicht überzeugt. Die Forderung, bundesweite Anbieter grundsätzlich dazu zu verpflichten, eine lokale Mindestversorgung abzusichern, war und ist richtig. Regionale oder lokale Anbieter müssen die Infrastruktur bundesweiter Akteure, sofern sie denn existiert, zu fairen und diskriminierungsfreien Bedingungen nutzen können.
Natürlich ist allen bewusst, wie groß die Infrastrukturbedarfe sind, sofern wir eine hundertprozentige Netzabdeckung anstreben, und so, wie Herr Minister sich anhörte, ist das auch der Fall. Ein engmaschiges Netz an Funktürmen wird benötigt, 5G braucht Masten. Bundesweit sollen es 750.000 Stück sein.
Ein weiteres Problem: Der Zugang zum 5G-Netz, so sich Netzbetreiber und Serviceanbieter darauf einigen, könnte nicht diskriminierungsfrei sein. Noch vor einem Jahr war es Kunden von Discountanbietern gar nicht möglich, ins 4G-Netz einzusteigen, später dann erst durch das Zubuchen einer kostenpflichtigen Option. Aus Verbrauchersicht könnten also durchaus weiterhin Ungleichbehandlungen passieren. Will ich 5G nutzen, muss ich eventuell einen teuren Tarif bei einem der großen Anbieter buchen. Wir finden, wir haben ohnehin schon ein Oligopol auf dem Mobilfunkmarkt, das im internationalen Vergleich – der Kollege da Cunha sprach es auch an – zu teuren Tarifen mit weniger Leistungsumfang führt.