Protokoll der Sitzung vom 24.01.2019

Sehr geehrter Professor, nein, das haben Sie nicht erklärt.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Doch! – Wolfgang Waldmüller, CDU: Nein!)

Nein, das haben Sie nicht erklärt, weil Sie entweder keine Ahnung davon gehabt haben, dass es diese Bundesratsinitiative gibt, das ist dann schon traurig genug,

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

oder aber Sie haben gewusst, dass es diese Bundesratsinitiative gibt, und dann war es Ihnen nicht wichtig genug, hier die Landesregierung in Form eines Antrages noch mal aufzufordern, sich dazu klar zu positionieren. Hier eine Aussprache zu beantragen nach dem Motto, es schön, dass wir mal darüber geredet haben, das ist das, was ich Ihnen vorwerfe. Das ist die Unverschämtheit, weil es keinerlei Anhaltspunkte gibt, dass sich die Meinung in diesem Haus zwischen den Fraktionen seit dem 28. Juni dieses Jahres

(Rainer Albrecht, SPD: Letzten Jahres!)

in dieser Sache geändert hat. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Vereinbarungsgemäß rufe ich an dieser Stelle den Tagesordnungspunkt 35 auf: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Zielvereinbarungen rechtzeitig und zukunftsorientiert ausrichten – Schwerin als Hochschulstandort berücksichtigen, auf Drucksache 7/3058.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Zielvereinbarungen rechtzeitig und zukunftsorientiert ausrichten – Schwerin als Hochschulstandort berücksichtigen – Drucksache 7/3058 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Kröger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie wissen natürlich, dass für den Bereich Hochschule eigentlich der Kollege Karsten Kolbe zuständig ist. Wie Herr Ritter heute schon mitteilte, ist Karsten krank. Deshalb habe ich die Freude, hier seine Rede vorzutragen.

Am 31. Dezember 2020 enden die Laufzeiten der momentan geltenden Zielvereinbarungen des Landes mit den Hochschulen. Im Sommer sollen diese ihre Entwicklungspläne für den Zeitraum 2021 bis 2025 vorlegen. Spätestens im Frühjahr 2020 muss die Landesregierung dann dem Landtag ihre mit den Hochschulen abgestimmte Entwicklungsplanung zur Beschlussfassung vorlegen. Dabei gibt es etliche Herausforderungen, von denen ich an dieser Stelle nur einige aufzählen möchte: erstens die zukünftige Personalausstattung in der universitären Lehrerbildung, insbesondere im Bereich der Didaktik, zweitens die Verbesserung der wissenschaftlichen Karrierewege, insbesondere für Frauen, das Vorantreiben der akademischen Inklusion und eine klare Aufgabenzuweisung für die Universitätskliniken, welche die Versorgung der Bevölkerung ganz oben auf die Agenda setzt, statt die Boniregelungen für Vorstände.

Ähnliches gilt für die Eckwerte der Hochschulentwicklung für die Jahre 2021 bis 2025, die nicht nur den kommenden Herausforderungen in Lehre und Forschung, sondern auch den neuen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen inhaltlich und strategisch Rechnung tragen müssen, das heißt, eine Orientierung für die Entwicklung der Hochschullandschaft über das Jahr 2025 hinaus. Das gilt insbesondere für den Hochschulbaukorridor und den Hochschulfinanzkorridor.

Warum erwähnen wir ausgerechnet diese beiden Begrifflichkeiten? Weil beide das Kernelement dieses Antrages betreffen, der sich zum Ziel gesetzt hat, einen Mangel zu beseitigen, der bis heute vor allem die Entwicklung Westmecklenburgs und Schwerins hemmt: die Unvollständigkeit der Hochschullandschaft. Mit den Standorten Wismar und Güstrow unterhält das Land in Westmecklenburg bereits zwei Hochschulen, dazwischen klafft jedoch ein Loch, dessen Mitte ausgerechnet die Landeshauptstadt bildet, übrigens die einzige Landeshauptstadt in der Bundesrepublik, die keine eigene staatliche Hochschule hat.

Beklagt wird dieser Mangel seit Langem. Neben der ansässigen Wirtschaft und den sie vertretenden Verbänden gibt es nun selbst bei der privaten Konkurrenz schon Stimmen, die die Vorteile einer staatlichen Hochschule erkannt haben und einen Hochschulstandort Schwerin fordern. Dazu wird mein Kollege Herr Foerster sich nachher aber noch ausführlicher äußern.

Meine Damen und Herren, Hochschulen sind mit die größten Arbeitgeber in Mecklenburg-Vorpommern, und das gilt nicht nur für hoch qualifizierte Beschäftigung. Sie sind Entwicklungsmotor und Kooperationspartner für die Wirtschaft. In Rostock und Greifswald stellen außerdem die Unikliniken einen großen Teil der Gesundheitsversorgung sicher.

Doch der ökonomische Faktor ist nur ein Argument von sehr vielen, die für den Ausbau der Hochschullandschaft in Mecklenburg-Vorpommern sprechen. Wenn ich mir die Städte unseres Landes ansehe, die über staatliche Hochschulen verfügen, und in den dortigen Rathäusern nachfragen würde, ob die Hochschule vor Ort denn eigentlich eine Bereicherung ist, würde ich wahrscheinlich irritierte Blicke ernten: Ist das eine rhetorische Frage? Mecklenburg-Vorpommern freut sich über jeden jungen Menschen, der hier seine Ausbildung macht, der hier studiert, der hier seinen Lebensmittelpunkt findet. Wie könnte in einem Land, das kaum natürliche Rohstoffe und keine flächendeckende Industrie hat, die zusätzliche Möglichkeit für die Schaffung neuer Arbeitsplätze nicht begrüßt werden? Wie könnten wir einem Land und einer Landeshauptstadt – beide leiden unter wachsender Strukturschwäche – neue Ideen, neue Lebensentwürfe, neue Möglichkeiten verweigern?

Meine Damen und Herren, wir stellen diese Fragen, weil wir ausdrücklich klarstellen möchten, dass Hochschulen für uns als Fraktion weit mehr sind als nur Ausbildungsstätten, die Steuergeld beanspruchen. Den bereits erwähnten harten wirtschaftlichen Gründen und den weichen sozialen sind dabei natürlich die wissenschaftlichen anzufügen: Hochschulen schaffen und generieren neues, kurz- oder langfristig produktionsrelevantes Wissen in Form von Forschungsergebnissen. Sie engagieren sich im Wissens- und Technologietransfer. Sie sind wichtige Bestandteile wissenschaftlicher Netzwerke. Der freie

Geist, der an Hochschulen herrscht, befördert außerdem demokratisches und freiheitliches Denken und ist damit als gesellschaftliches Fundament von unschätzbarem Wert.

Da ich mir jedoch im Klaren darüber bin, dass Zahlen sehr überzeugend sind, will ich hier noch etwas zur wirtschaftlichen Bedeutung eines Hochschulstandortes sagen. Laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts eint alle Hochschulen eines: der sogenannte keynesianische Multiplikator, demzufolge höhere Staatsausgaben in einem Land zu einer überproportional hohen Steigerung der Produktion in eben diesem Land führen, in Bezug auf Hochschulen immer über dem Wert von 1,0. Oder vereinfacht gesprochen: Das, was man reinsteckt, kriegt man mindestens auch wieder heraus. Hochschulen sind also nicht nur kulturelle, wirtschaftliche und wissenschaftliche Schmelztiegel, die die Städte, in denen sie beheimatet sind, verjüngen und voranbringen, sie zahlen sich im wahrsten Sinne des Wortes auch aus.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was wir in Mecklenburg-Vorpommern brauchen, sind nicht weniger, sondern mehr Hochschulen. Sie sind Investitionen in die Zukunft des Landes. Im Rahmen der neuen Zielvereinbarungen muss daher Platz für eine staatliche Hochschule in der Landeshauptstadt geschaffen werden, und zwar so, dass sie sich nicht mit den bereits vorhandenen Standorten kannibalisiert. Dazu ist ein klarer Arbeitsauftrag dieses Parlaments an die Landesregierung notwendig, um den wir Sie heute bitten. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen und ich eröffne die Aussprache.

Zunächst hat ums Wort gebeten die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Bitte schön, Frau Hesse.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es freut mich, dass Sie mit diesem Antrag deutlich machen, wie viel an den Zielen und Plänen, die wir gemeinsam mit den Hochschulen im Land erarbeiten, hängt und mit wie viel Weitsicht wir die allermeisten Vorhaben und Vorgaben angehen müssen. Die Entwicklung von Wissenschaft und Forschung, Studium und Lehre lässt sich nicht abschließend in 5-Jahres-Zeiträumen denken. Deshalb gilt für die Etappen, die wir mit den Zielvereinbarungen beschreiben, selbstverständlich, was die Überschrift dieses Antrages vor dem Gedankenstrich fordert: Wir richten sie rechtzeitig und zukunftsorientiert aus. Das Verfahren dazu ist im Landeshochschulgesetz festgelegt, wonach das Land seine Planungen auf der Grundlage der Beiträge der Hochschulen entwickelt. Diese Planungen werden dann mit den Hochschulen rückgekoppelt und münden in die Zielvereinbarung.

Diese Zielvereinbarungen sind dem Landtag zu einem so frühen Zeitpunkt vorzulegen, dass sie nach dessen Zustimmung am 01.01.2021 in Kraft treten können. Und ich kann Sie beruhigen, wir liegen gut in der Zeit. Wir haben die Hochschulen bereits im vergangenen Dezember aufgefordert, ihre Beiträge bis spätestens Ende April

einzureichen. Die Eckpunkte der Hochschulentwicklung möchte ich möglichst noch in diesem Jahr dem Landtag vorlegen, womit ein komfortabler Zeitraum bliebe, um die Zielvereinbarungen zu erarbeiten.

Meine Damen und Herren, ich sagte es bereits, Wissenschaft lässt sich nicht in kurze Intervalle pressen. Das schließt übrigens auch Bau- und Investitionsvorhaben mit ein. Was wir heute planen und bauen, hat meist einen großen zeitlichen Vorlauf und ist darauf ausgerichtet, jahrzehntelang Bestand zu haben. Gemeinsam mit den Hochschulen blicken wir dort, wo es nötig ist, deutlich über 2025 hinaus und handeln damit überaus strategisch.

Wenn Sie nun in Ihrem Antrag auf die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfordernisse abstellen, so gestatten Sie mir zumindest den Hinweis, dass nach meinem Dafürhalten Wissenschaft ein Tätigkeitsfeld ist, das seinen Sinn zunächst in sich selbst hat. Dieses Verständnis lässt sich übrigens auch aus dem Grundgesetz ableiten. Aber nun gut, natürlich strahlt Wissenschaft und Forschung aus auf Gesellschaft und Wirtschaft, speist dort Entwicklung und Innovation, wir hörten es bereits. Dafür braucht Wissenschaft, dafür brauchen die Hochschulen Freiheiten und Spielräume. Wir wollen und brauchen die Strahlkraft und die Impulse, die die Hochschulen in unser Land, oft darüber hinaus, besonders aber in die jeweiligen Regionen senden. Nicht zuletzt hat deshalb die Ministerpräsidentin gerade vor Kurzem signalisiert, dass wir den Hochschulen bei der Forderung, ihre Mittel flexibler einsetzen zu können, entgegenkommen wollen. Dazu werden wir noch in diesem Jahr Vorschläge machen, die dann bereits mit dem Landeshaushalt 2020/2021 umgesetzt werden sollen.

Bei aller Freiheit und Flexibilität müssen umgekehrt Themen von großer allgemeiner Relevanz natürlich Einzug in die Zielvereinbarungen halten, wie etwa Digitalisierung, Wissenstransfer, Nachhaltigkeit und Gleichstellung. Auch Bereiche, an denen ein besonderes öffentliches Interesse besteht, müssen sich hier wiederfinden. Bestes aktuelles Beispiel ist da natürlich die Ausbildung junger Lehrkräfte. So viel, werte Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE, zum Teil vor dem Gedankenstrich.

Nun zum Teil dahinter. Und machen wir Schwerin mal nicht ärmer, als es ist. Aber ich denke, Herr Foerster wird darauf auch noch eingehen als örtlicher Abgeordneter.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nicht nur Herr Foerster!)

Die Landeshauptstadt hat einiges an wissenschaftlichem Potenzial zu bieten, und das auch jenseits der privaten Hochschulstandorte, zum Beispiel ein Klinikum oder das Technologiezentrum mit den dort ansässigen Firmen. Hinzu kommen eben jene privaten Hochschuleinrichtungen. Die Niederlassung der Fachhochschulen des Mittelstandes und der Hochschule der BA etwa sind weit über Schwerin hinaus bekannt und erfreuen sich großer Beliebtheit. Daneben gibt es weitere private Fachhochschulen, die auch in Kooperation mit ausländischen Hochschulen im Bologna-Raum ihren Studierenden ermöglichen, einen akademischen Abschluss in den Bereichen Soziales und Pflege zu machen.

Nichtsdestotrotz ist uns allen hier klar, dass wir – Frau Kröger hat es bereits gesagt – die einzige Landeshauptstadt haben, die ohne staatliche Hochschule dasteht. Sie

alle hier wissen so gut wie ich, dass jede Überlegung, daran etwas zu ändern, eines extrem sorgfältigen Abwägungsprozesses bedürfte.

(Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

Die Stichworte „Kosten“, „Personalausstattung“ und „Auslastung“ sollten an dieser Stelle genügen. Um das Stichwort „Kosten“ aufzugreifen, und ich finde, bei allem Wunsch, dass Schwerin vielleicht eine Hochschule bekommt, müssen wir das auch so ehrlich aussprechen, bedeutet das einfach Kosten. Nehmen wir mal das Beispiel der Hochschule Neubrandenburg. Allein der jährliche Landeszuschuss liegt hier bei fast 17 Millionen Euro. Bei der Gründung einer neuen Hochschule kommen Investitionen in Gebäude und Infrastruktur dazu. Um wettbewerbsfähig zu sein, reden wir hier von rund 50 Millionen Euro.

Auch an dieser Stelle gilt, wer solche Forderungen aufstellt, muss auch sagen, woher das Geld kommen soll, vor allem, wenn man gleichzeitig – wie Sie, werte Damen und Herren der Fraktion DIE LINKE – nach einer grundsätzlich komfortableren Ausstattung der Hochschulen im Land ruft. Statt immer nur mehr zu wollen, sollten wir hin und wieder auch mal würdigen – und das ist mein Appell heute in dieser Diskussion –, was wir haben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das ist mit Blick auf unsere Hochschullandschaft und den Wissenschaftsstandort Mecklenburg-Vorpommern ganz schön viel. Mit unseren Universitäten, den Fachhochschulen und den außeruniversitären Forschungseinrichtungen decken wir eine ganze Palette in Sachen Studium, Lehre und Forschung ab, und das in vielen Bereichen sehr erfolgreich und mit dem damit verbundenen Renommee.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe mich vor einiger Zeit sehr gefreut, dass der diesjährige OZNeujahrsempfang dieses Thema aufgegriffen hat und wir sehr deutlich vernehmen durften von unseren Rektorinnen und Rektoren – im Übrigen gratuliere ich noch einmal Frau Professorin Maier recht herzlich zum Amtsantritt in dieser Woche an der Hochschule Stralsund –,

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

wir konnten dort vernehmen, wie gut aufgestellt unsere Universitäten und Hochschulen sind, und ich möchte gerne einfach an dieser Stelle meinen Dank an die Rektorate, aber auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universitäten und Hochschulen richten für die gute Arbeit, die für Mecklenburg-Vorpommern geleistet wird, denn unser Wissenschaftsstandort strahlt über Mecklenburg-Vorpommern hinaus, und das ist richtig und das ist gut so. Wir sind eben mehr als Meer, Strandkorb und Fischbrötchen, sondern wir bieten auch hier eine attraktive Hochschullandschaft, und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollten wir in den Vordergrund stellen.

Sie sehen also, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Forderung einer zusätzlichen Hochschule ist leicht gemacht. Ich kann es im Übrigen nachvollziehen. Ich möchte an der Stelle auch betonen, dass der Oberbürgermeister Rico Badenschier dort sehr engagiert unterwegs ist. Wir müssen aber abwägen, was möglich und machbar ist.

Insofern, meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie uns darüber reden! – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Reuken.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE greift mit diesem Antrag ein Anliegen auf, das zurzeit in den Ausschüssen der Stadtvertretung Schwerin behandelt wird.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)