Protokoll der Sitzung vom 14.03.2019

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Grimm.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Tolle Wahlkampfrede!)

Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste!

Sehr geehrte Herrschaften von der Fraktion der LINKEN,

(Zuruf vonseiten der Fraktion DIE LINKE: Wir haben auch Frauen. – Torsten Koplin, DIE LINKE: Im Unterschied zu Ihnen.)

ein bisschen Polemik muss vielleicht mal sein – ich werde gleich sachlich, keine Angst –: Aber wovon träumen Sie eigentlich nachts?

(Zurufe vonseiten der Fraktion DIE LINKE: Von Ihnen nicht!)

Das möchte ich Sie mal fragen, denn wovon Sie am Tag träumen, das merkt man wohl ganz deutlich an diesem Antrag. Offenbar ist es Ihnen entgangen, aber in der EU sind schon lange die Ziele der Angleichung von Lebensverhältnissen nichts Neues. Bereits mit Gründung der EU 1963 wurde doch das Sozialabkommen im Vertrag von Maastricht vereinbart und darin heißt es, dass sozialpolitische Gemeinschaftskompetenzen insbesondere zur Setzung arbeitsrechtlicher Mindestnormen ausgeweitet werden sollten.

Aber, meine Damen und Herren, das war vor 25 Jahren. Das muss man sich doch noch mal vergegenwärtigen. Geschehen ist seitdem nicht viel, vor allem erfolgte keine Angleichung der Verhältnisse in den EU-Ländern, wie folgende Beispiele, glaube ich, gut zeigen. Jugendarbeitslosigkeit: Die Jugendarbeitslosigkeitsquote in der EU liegt bei 14,8 Prozent, innerhalb der Eurozone ist es sogar mehr, da sind es 16,8 Prozent und in Griechenland sind es 39,1 Prozent. Die geringste Quote dagegen weist Deutschland auf mit 6,2 Prozent.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Anderes Thema: Mindestlöhne. Noch schwieriger ist die Situation hier. Werden in Luxemburg 11,55 Euro pro Stunde gezahlt, so sind es in Bulgarien nur 1,57 Euro, und das nicht erst seit gestern. Die Unterschiede waren bereits bei der Gründung der EU bekannt und sie sollten natürlich aktiv angegangen werden, bloß nicht mit den Methoden, die Sie hier ganz offenbar im Schilde führen. Die Bemühungen der EU, diese Zustände zu beenden, waren ja nicht gering dotiert. Allein im Haushalt 2014 bis 2020 wurden 1.082 Milliarden Euro für kohäsionspolitische Projekte wie EFRE oder Europäischer Sozialfonds, ESF, und den Kohäsionsfonds eingestellt. Genutzt hat

das offenbar wenig in diesen 25 Jahren, wie gesagt, es ist nicht viel passiert in dieser Zeit.

Und nun rufen Sie mit Ihrem Antrag nach noch mehr europäischer Solidarität. Was bitte meinen Sie damit eigentlich? Ist es die Solidarität der vermeintlich reichen EU-Staaten, die gefälligst noch mehr Geld für ärmere Länder in die Hand nehmen sollen? Soll etwa Deutschland noch mehr zahlen, obwohl es bereits seine D-Mark geopfert hat, dafür zur Rettung des Euro eine Agendapolitik auf sich nehmen musste, seit Jahrzehnten höchster Nettozahler der EU ist und darüber hinaus TARGETRisiken in schwindelerregender Höhe tilgt? Soll die deutsche Bevölkerung noch mehr Wohlstand verlieren?

(Thomas Krüger, SPD: Deutschland hat aber auch Wohlstand gewonnen.)

Ist das diese Art von Angleichung, die Sie wünschen? Nein, meine Herrschaften von den LINKEN, nein und nochmals nein.

Ihr Ziel laut Antragsbegründung lautet „Angleichung der Arbeits- und Lebensbedingungen“ aller EU-Mitgliedsstaaten. Das gilt dann sicherlich auch für Deutsche. Dann bitte ich Sie einmal folgende Verhältnisse auch aneinander anzugleichen: Renteneintrittsalter: in der EU im Durchschnitt 62,4 Jahre, in Deutschland 65,5 Jahre, Renteneintrittsniveau: EU-Durchschnitt 70,6 Prozent, Deutschland 50,5 Prozent,

(Thomas Krüger, SPD: Die Frage ist, wovon.)

Nettovermögen der Bürger: EU-Durchschnitt etwas geringer als 100.000 Euro, Deutschland knapp 55.000 Euro, Wohneigentum am Bevölkerungsanteil: EU-Durchschnitt 71 Prozent, Deutschland 51,7 Prozent, Armutsrisiko: EUDurchschnitt 22,5 Prozent, Deutschland 19 Prozent – der einzige Punkt, in dem Deutschland einmal ein wenig besser dasteht. Es geht weiter mit durchschnittlicher Steuerlast: EU-Durchschnitt 35,9 Prozent, Deutschland 49,7,

(Thomas Krüger, SPD: Dabei sind wir ja ein Sozialstaat.)

staatliche Pro-Kopf-Verschuldung: EU-Durchschnitt 24.286, Deutschland 26.046,

(Thomas Krüger, SPD: Dafür haben wir ja ein höheres Bruttoinlandsprodukt.)

EU-Haushaltsbeiträge: EU-Durchschnitt 3,36 Prozent, Deutschland 19,59 …

(Thomas Krüger, SPD: Das ist Quatsch.)

… Milliarden Euro, nicht Prozent. Entschuldigung!

(Thomas Krüger, SPD: Ja, sehen Sie!)

Ich komm gleich drauf.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Warten Sie mal!

TARGET2-Forderungen: EU-Durchschnitt 119,32 Milliarden, Deutschland 872,7 Milliarden, Strompreise: EUDurchschnitt 20,5 Prozent, Deutschland 30,4 Cent, Anteil

Niedriglohnsektor: EU-Durchschnitt 17 Prozent, Deutschland 22,5 Prozent und jetzt – einen habe ich noch – Lebenserwartung der Männer, allerdings im Westen aller EUStaaten: Durchschnitt 79,5 Jahre, Deutschland 78,2 Jahre bei den Männern, bei den Frauen: EU-Durchschnitt 84,2 Jahre, Deutschland 83 Jahre. So, und jetzt sagen Sie mir bitte nicht, das kommt von NOx oder Feinstaub, sondern das hat bestimmt auch was mit Stress zu tun. Lebensstress, lange Arbeitszeit, 45 Jahre, und danach die Aussicht auf Altersarmut, so etwas macht krank und führt dazu, dass die Menschen früher sterben.

Dieser Vergleich zeigt doch, wie unehrlich Ihr Antrag im Kern eigentlich ist. Die von Ihnen geforderte Angleichung und Solidarität sollte für alle gelten, aber nicht für das eigene Volk. Im Europawahlkampf werden Sie von uns noch hören. Sie haben eigentlich überhaupt nichts verstanden. Die Menschen in Europa wollen das alles nicht mehr. Sie wollen keine weitere Bevormundung,

(Thomas Krüger, SPD: Sie sprechen mit Menschen von Europa?!)

sie wollen keine zusätzliche Souveränität nach Brüssel abgeben.

(Thomas Krüger, SPD: Wie kommen Sie darauf, „die Menschen“ zu sagen?)

Ja, das werden immer mehr.

(Thomas Krüger, SPD: Ich bin auch ein Mensch Europas.)

Gucken Sie doch mal die Befragungen an!

(Thomas Krüger, SPD: Wie können Sie von „den Menschen“ reden? Schwachsinn!)

Da werden Sie sehen, wo Ihre Partei steht und wo andere Kräfte stehen.

(Thomas Krüger, SPD: Sie reden über „die Menschen“?! Das ist doch Schwachsinn! – Peter Ritter, DIE LINKE: Thomas, reg dich nicht auf!)

Herr Renz hat es gestern getan. Er hat – da ist er ja –, Herr Renz, Sie haben gestern genüsslich nach England gezeigt und haben gesagt, gucken Sie mal …

(Torsten Renz, CDU: Was habe ich?)

Genüsslich haben Sie nach England gezeigt und gesagt, gucken Sie mal das Chaos da an

(Torsten Renz, CDU: Das habe ich nicht gemacht.)

infolge des Brexit, ja?!

(Torsten Renz, CDU: Das verwechseln Sie.)

Das ist …

(Torsten Renz, CDU: Ich war das nicht.)

Nein, nein, ich meine, das haben Sie gesagt. Das sei die Folge,

(Zuruf aus dem Plenum: Erzählen Sie nicht solche Märchen!)

das sei die Folge,