Protokoll der Sitzung vom 12.04.2019

dem, was mir auch noch wichtig ist. Es gibt nämlich sehr wohl eine Möglichkeit, die Teilnahme an einer Demonstration legal zu ermöglichen,

(Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

indem man das nämlich quasi zum Teil des Unterrichts macht und auch mit dem Klassenverband teilnimmt. Ich weiß aus Diskussionen mit den Teilnehmern von „Fridays for Future“, dass sie das gerade nicht wollen, weil es ihnen eben wichtig ist zu zeigen, wir sind an dieser Stelle mal ungehorsam und schaffen so dann auch die Aufmerksamkeit. Zu mir haben Vertreter dann auch gesagt, Frau Hesse, wenn wir das nicht in der Schulzeit gemacht hätten, dann hätten wir nicht diese Aufmerksamkeit bekommen,

(Dr. Ralph Weber, AfD: Nee, dann wäre kein Aas gekommen! – Thomas Krüger, SPD: Falsch!)

wie wir sie haben.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Richtig!)

Insofern lassen Sie mich das kurz zusammenfassen, obwohl ich es eigentlich schade finde, dass wir bei dem eigentlichen Thema jetzt hier diskutieren über Schulpflicht ja/nein, wie ahnden, Konsequenzen oder nicht. Ich finde, wir sollten an dieser Stelle einfach auch noch mal wirklich ganz deutlich sagen, was die Schülerinnen und Schüler hier machen und welches Anliegen sie verfolgen, ist doch etwas, was wir unbedingt unterstützen sollten.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Sie sehen und spüren die Folgen des Klimawandels schon jetzt und werden noch jahrzehntelang das ausbaden müssen, was die Erwachsenen von heute tun und vor allem nicht tun. Von den Kindern, den Jugendlichen von heute können wir einiges lernen. Und es ist, finde ich, nicht irgendeine Meinungsmache, für die die Schülerinnen und Schüler sich da empören und engagieren, es geht auch nicht um die moralische Bewertung einer politischen Entscheidung, es geht schlichtweg – und das finde ich wichtig – um ihre Existenz, um ihre Lebensgrundlage und um unseren Planeten.

Das kann man jetzt pathetisch finden

(Dr. Ralph Weber, AfD: Ja, ist es.)

oder es zum Anlass nehmen, auch den eigenen Umgang mit Müll, Plastikverpackungen, unendlichen Ressourcen gründlich zu überdenken. Man kann sich an die eigene Nase fassen, seine Coffee-to-go-Gewohnheiten hinterfragen und überlegen, ob die geplante Fernreise wirklich sein muss, zumal es an Ostsee und Seenplatte doch genauso schön ist, und wenn das nächste Paket vom Onlineshopping eintrifft, mal nachverfolgen, wie weit der Weg war, den es hinter sich hat. Schließlich ist es unsere sorglose Art zu leben, die die Jugendlichen aufschreien lässt. Jetzt ausgerechnet eine Debatte darüber zu führen, ob dieser Aufschrei überall im Land zur gleichen Anzahl unentschuldigter Fehlstunden führt, ist vermutlich genau das, was die Schülerinnen und Schüler „von denen da oben“, also von uns, erwarten.

Indem wir Verwaltungsakte dramatisieren, verharmlosen wir das Inhaltliche. Dass die „Fridays for Future“Demonstrationen nicht nur von Freitag zu Freitag weiterleben, sondern sich auch nach und nach über den Globus verbreitet haben, unterstreicht die Dringlichkeit und die Aufrichtigkeit, mit der die Kids hier in MecklenburgVorpommern und andernorts auf die Straße gehen. Sie wollen gesehen werden, sie wollen gehört werden, sie wollen Druck erzeugen. Die Jugendlichen sind nicht naiv, denn „Fridays for Future“ parallel zur Schulzeit stattfinden zu lassen, ich sagte es bereits, lässt sich zwar als Akt zivilen Ungehorsams lesen, Greta Thunberg hat das so formuliert: „Wir können die Welt nicht retten, indem wir uns an die Spielregeln halten. Die Regeln müssen sich ändern, alles muss sich ändern, und zwar heute.“

Dass wir, die Erwachsenen, die Verantwortungsträger, die vermeintlich Handelnden, den Ernst und die Entschlossenheit der „Fridays for Future“-Kids wahlweise milde belächeln oder über das Für und Wider des Demonstrationszeitpunktes diskutieren, liegt vielleicht daran, dass diese Schülerinnen und Schüler uns etwas zeigen. Die „Zeit“ schrieb in der vergangenen Woche, und ich fand das Zitat beeindruckend: „Sie“, also die Schülerinnen und Schüler, „lassen uns echt alt aussehen“,

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

und meinte damit nicht nur, dass es Kinder sind, die da für unser Klima streiten, vielmehr beschämt uns ihr Engagement, weil wir es versäumt haben, diese Herausforderung wirklich anzupacken, und bis heute sogar den Minimalzielen des Pariser Abkommens hinterherschlurfen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, machen wir uns nichts vor, die „Fridays for Future“ haben das Zeug zu einem Generationenkonflikt. Es ist an uns, ihn zu lösen. Wir müssen zeigen, dass wir mit Ü30, Ü40 oder auch Ü50 noch lernfähig sind,

(Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU: Und dann ist Schluss, dann ist Schluss! – Martina Tegtmeier, SPD: Auch mit 60 noch.)

dass wir noch radikale Entscheidungen treffen können und handeln, denn die meisten von uns haben bei dem Thema Klimarettung lange genug unentschuldigt gefehlt. Darüber müssen wir reden,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Wie denn nun? Wie denn nun? Wie wird jetzt verfahren? Wo ist die Antwort?)

und zwar mit denen, die jetzt an unser statt rebellieren.

Die Landesregierung möchte genau das tun, deshalb waren die Ministerpräsidentin und andere Kabinettsmitglieder – auch ich, allerdings außerhalb der Schulzeit – bereits bei den Demos. Und – das möchte ich betonen – die Ministerpräsidentin hat gemeinsam mit dem Landwirtschafts- oder hier Umweltminister eingeladen, um letztendlich darüber zu reden.

Und ich möchte zum Abschluss eins noch ganz deutlich …

(Dr. Ralph Weber, AfD: Die ist mit zwei Dienstkarossen zur Demo gefahren.)

Ach, das tut doch hier nichts zur Sache!

(Dr. Ralph Weber, AfD: Doch! – Der Abgeordnete Bernhard Wildt bittet um das Wort für eine Anfrage.)

Herr Wildt, ich komme gleich zu Ihnen.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Genau darum geht es.)

Ich möchte noch eins ganz deutlich sagen,

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD – Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Dann war das ja Heuchelei, was Frau Schwesig gesagt hat.)

denn gerade von der rechten Seite kommen jetzt viele Zwischenrufe, weil oft die Demonstrationen gleichgesetzt wurden mit Schwänzen: Ich finde, das hat nicht die Qualität von Schwänzen, wenn junge Menschen sich einsetzen für dieses so wichtige Thema. – Vielen Dank.

Ach so, jetzt habe ich Herrn Wildt vergessen.

Frau Hesse, gestatten Sie eine Frage? Wie gesagt, die Redezeit beträgt oder die angemeldete Redezeit betrüge dann noch eine Minute.

Ich bin auch fertig.

Bitte schön, Herr Wildt.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Ministerin! Sie haben jetzt sehr ausgewogen sowohl als auch geantwortet.

(Andreas Butzki, SPD: Genau.)

Könnten Sie bitte meine aufgeworfene Frage im Antrag klarstellen: Wie ist jetzt die Haltung der Landesregierung konkret?

(Horst Förster, AfD: Ambivalent.)

Also ich kann Ihnen ganz klar sagen, wie die Rechtslage ist. Die Landesregierung ist an Recht und Gesetz gebunden und das habe ich bereits ausgeführt.

(Horst Förster, AfD: Und wir haben Wahlen demnächst.)

Ich finde, es ist aber durchaus bei diesem Thema legitim, auch darüber zu diskutieren, was eigentlich das Ziel dieser Initiative ist. Das habe ich versucht, hier auszuführen.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Darum geht es nicht.)

Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Dr. Ralph Weber, AfD: Also unterstützt man rechtswidriges Schulschwänzen, wenn man teilnimmt.)

Ich gehe davon aus, dass der Fraktionsvorsitzende Wildt damit seine Frage beantwortet bekommen hat, wie weit die Diskussion denn ausgedehnt werden kann. Ich habe aber auch das Bedürfnis der Fraktionen vernommen, dass es eine grundsätzliche Positionierung geben soll. Von daher ist der limitierende Faktor in dieser Diskussion schon das Thema und dann sicherlich auch die Redezeit in Anbetracht der Anzahl der angemeldeten Redner. Aber wie gesagt, selbst bei Weiterauslegung bitte ich doch, das Thema immer noch im Blick zu behalten.

Als Erster kann das versuchen für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Grimm.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wenn es noch eines Beweises dafür bedurft hat, dass diese Regierung in der Angelegenheit „Fridays for Future“ eine populistische Spagathaltung hinlegt, dann war das wohl sicherlich eben die Rede von Frau Hesse.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Martina Tegtmeier, SPD: Was für ein Unsinn! – Andreas Butzki, SPD: Das findet Ihr Altherrenklub so.)

„Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps“, weiß der gute alte deutsche Volksmund. Und ich möchte ergänzen: Schulpflicht ist Schulpflicht und Demo ist Demo. Die Bedeutung, meine Damen und Herren, von Disziplin und Ordnung, besonders in der Bildung, kann kaum unterschätzt werden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)