Protokoll der Sitzung vom 24.05.2019

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

wo wir für gute Arbeit sorgen müssen, sondern gehört eben auch der Mensch, der Hartz IV bezieht

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

und wo wir schauen müssen, wie es diesem Menschen im Hartz-IV-Bezug geht.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Deswegen machen Sie die Tankfüllung um 25 Euro teurer?!)

Deshalb gehören Menschen hier im Land, alle …

(allgemeine Unruhe – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD – Glocke der Vizepräsidentin)

Und für die Menschen im Land, insbesondere auch für die Empfänger von Hartz-IV-Leistungen werden wir nicht müde werden – und das kann ich Ihnen heute versprechen –, weiterhin Anträge zu dem unsäglichen Hartz-IVSystem zu stellen, weil es uns um die Menschen unter Hartz-IV-Bezug geht und eben nicht,

(Horst Förster, AfD: Und wer es bezahlen soll.)

dass Sie hier alles beschönigen und dass es überhaupt keine Probleme gebe.

(Horst Förster, AfD: Sagen Sie, wer es bezahlen soll!)

Denn das stellt man bei Ihnen fest – wie zum Beispiel bei Herrn Glawe, der sich nur darauf bezog, wie toll wir uns im Land entwickelt haben. Ja, Herr Glawe, unser Arbeitsmarkt ist besser geworden, aber wir haben immer noch 132.000 Menschen, die im Hartz-IV-Bezug leben. Ist es nicht wert, auch diese Menschen in den Blick zu nehmen, wie es ihnen geht, was wir für ihre Situation verbessern können?

(Manfred Dachner, SPD: Sicher.)

Das wurde beispielsweise heute aus dem Redebeitrag von Herrn Glawe überhaupt nicht irgendwie mal angesprochen, sondern er bezog sich nur auf die tolle Konjunktur. Das ist für uns zu kurz gegriffen.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Nein, wir müssen auch schauen, was wir dazu beitragen können, um das Hartz-IV-System zu verbessern, denn wir müssen schauen, wie es den Menschen geht.

Leider gibt es aus unserem Land keine Studien darüber. Es gibt die Studie der AWO über Aspekte von Armut in Mecklenburg-Vorpommern, die wir unter anderem auch im Sozialausschuss behandeln wollten, was aber mit den Stimmen von SPD, CDU und den übrigen abgelehnt wurde, sich mit der Situation von Armut in MecklenburgVorpommern zu beschäftigen. Das ist sozusagen immer wieder Ihre Meinung. Sie ignorieren das Problem, schieben es weg, wollen lieber nichts damit zu tun haben, als sich damit auseinanderzusetzen.

(Manfred Dachner, SPD: Das ist ja falsch, Frau Bernhardt.)

Zum Glück gibt es viele, viele Menschen, die sich dennoch auf den Weg machen und immer wieder auf ihre Probleme aufmerksam machen. Ich erinnere da an die Landesarmutskonferenz des Landes, den Erwerbslosenbeirat, das 21. Erwerbslosenparlament. Und wenn Sie meinen, es geht uns so gut in der Bundesrepublik Deutschland, und nur sozusagen die in Arbeit befindlichen Menschen in Betracht ziehen, dann fallen eben die Arbeitslosen hinten runter, und das wollen wir nicht, denn das ist auch ein schlechter Schritt. Es führt dazu, dass sich insbesondere diese Menschen von Politik abgehangen fühlen, sich von Politik verlassen fühlen. Wozu das führt, sehen wir auf der rechten Seite. Ich muss Ihnen sagen, für so arrogant möchte ich Sie nicht halten. Lassen Sie uns damit beschäftigen, wie es den Menschen in der Situation geht!

Ich möchte da ganz herzlich Herrn Glawe ausnehmen. Ihr Engagement, Ihr Programm für Langzeitarbeitslose und Ihre neue Arbeitsmarktstudie sind hier zum Beispiel ein gutes Beispiel.

(Patrick Dahlemann, SPD: He! – Peter Ritter, DIE LINKE: Haben wir gerade gehört.)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich würde aber doch noch mal, weil Sie es nicht getan haben, auf einige Aspekte in unserem Antrag eingehen. Es ist Punkt 1: die Verfahrensdauer von Klagen an den Sozialgerichten bezogen auf das SGB II.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und AfD – Glocke der Vizepräsidentin)

Seit beinahe 20 Jahren ist die Sozialgerichtsbarkeit das Sorgenkind der Justiz in Mecklenburg-Vorpommern. Das spiegelt sich auch in den Petitionen im Petitionsausschuss und in der Arbeit des Bürgerbeauftragten wider. Die Belastung der Sozialgerichte wurde mit der Einführung von Hartz IV noch einmal verschärft und steuert auf unhaltbare Zustände zu, wie wir meinen.

Erst seit 2012, also sieben Jahre nach der Hartz-IVReform – die Ursache für den Anstieg an sozialgerichtlichen Klagen war, dass die Personalverwendung in der Sozialgerichtsbarkeit höher als der Personalbedarf ist –, erst seit diesem Zeitpunkt bestehen bei den Richterinnen und Richtern überhaupt erst freie Kapazitäten, um sich mit dem Abbau der Bestände zu beschäftigen. Und erst seit 2014 wird die Zahl der Richterinnen und Richter in den Sozialgerichten wieder langsam erhöht. Herr Glawe führte hierzu aus, dass Verbesserungen vorgenommen wurden. Ja, das ist richtig, aber das ist nicht ausreichend, wenn wir uns auch die Verfahrenszahlen anschauen.

Ende 2018 befanden sich mehr als 17.000 Fälle im Bestand der Sozialgerichte und des Landessozialgerichts – mehr als 17.000 Fälle, die teilweise seit mehreren Jahren auf ihre Bearbeitung warten, mehr als 17.000 Fälle, in denen es für die Betroffenen um existenzielle Dinge geht wie zum Beispiel Sozialleistungen, Hartz IV, wie Rente, Krankenversicherung, Hilfsmittel et cetera. Und hier finden wir es einfach unverständlich, wenn diese Menschen, die auf diese Dinge angewiesen sind, über zwei Jahre warten müssen. Da sagen wir, das ist so nicht hinzunehmen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Deshalb verstehe ich auch Sie nicht, Herr Heydorn, wenn Sie meinen, das wäre der zweite vor dem ersten Schritt, wenn wir bei der Sozialgerichtsbarkeit mit mehr Richterinnen und Richtern für Verbesserung gerade bei den Verfahrenslaufzeiten sorgen würden. Herr Heydorn, wir haben jetzt die Probleme an den Sozialgerichten, dass Menschen mehrere Jahre auf ihre Urteile warten müssen, wie gesagt in existenziellen Dingen. Und wir finden es für nicht hinnehmbar, sozusagen hier auf den zweiten Schritt zu warten, sondern da können wir konkret jetzt bei den Haushaltsberatungen zum nächsten Haushalt Maßnahmen schaffen und für mehr Stellen in der Justiz sorgen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Und noch zum zweiten Punkt, den wir in unserem Antrag drin haben: Meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, keinen Plan brauchen Sie auch für die Einleitung von Normenkontrollklagen bezogen auf die Ermittlung und die Höhe der Regelsätze sowie die Leistungserbringung über das sogenannte Bildungs- und Teilhabepaket in seiner Ermittlung und Höhe. Herr AfD meinte, Herr Weber von der AfD meinte – Entschuldigung –,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der AfD, DIE LINKE und Ministerin Stefanie Drese – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

dass wir hier sozusagen bei diesem Antrag keine Handlungsmöglichkeiten hätten,

(Zuruf von Henning Foerster, DIE LINKE)

um irgendetwas auf Landesebene zu tun. Herr Weber, Sie sind Juraprofessor und wissen sehr wohl, dass ein Normenkontrollverfahren vorm Bundesverfassungsgericht natürlich auch durch die Landesregierung eingeleitet werden könnte. Wenn Sie der Meinung sind, dass bestimmte Verfahren, bestimmte Regelungen wie zum Beispiel bei Hartz IV verfassungswidrig sind – gerade im Bereich von Hartz IV gab es bereits ein Bundesverfassungsgerichtsurteil, was Anlass bietet, noch mal erneut auf diesen Weg zu gehen.

Ich erinnere da an das Bundesverfassungsgerichtsurteil von 2010, wo es auch hauptsächlich um Nachbesserungen ging. Es wurde damals ausgeführt, dass die Berechnung der Regelleistung für ALG-II-Empfänger als verfassungswidrig beanstandet wurde. Das Gericht sagte dem Gesetzgeber, er solle Neuregelungen finden, dass ein nachvollziehbares Verfahren zur Berechnung der Regelsätze zugrunde gelegt wird. Ebenfalls sollten die besonderen Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen bei der Berechnung Berücksichtigung finden. Es war sozusagen der Schritt zur Einführung des Bildungs- und Teilhabepaketes, was allen Kindern und Jugendlichen, die darauf angewiesen sind, zugutekommen soll.

Welche Situation haben wir heute, also acht Jahre danach? Wir bekommen als Mecklenburg-Vorpommern 15 Millionen Euro Mittel an Bildungs- und Teilhabepaketen, Mittel vom Bund. 7 Millionen Euro alleine gehen in den Verwaltungen unter für Verwaltungskosten, Sachkosten, Personalkosten – Gelder, wo wir meinen, das müsste direkt bei den Kindern ankommen

(Manfred Dachner, SPD: Dann machen Sie doch mal einen Vorschlag!)

und darf nicht in dieser Höhe zur Hälfte der 15 Millionen

(Manfred Dachner, SPD: Machen Sie doch mal einen Vorschlag!)

sozusagen untergehen in den Verwaltungen.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Herr Dachner, weil Sie von Vorschlägen sprechen, damit werden wir uns in der nächsten Landtagssitzung beschäftigen.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Ich sage nur „Kindergrundsicherung“, aber damit können wir uns das nächste Mal beschäftigen.

Allein diese Zahlen zeigen, dass die Gelder eben nicht bei allen Kindern und Jugendlichen, die darauf angewiesen sind, ankommen,

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

dass wir auch hier Maßnahmen als Land treffen können, um diese Verwaltungskosten zu senken, um ein Normenkontrollverfahren gegen die Regelungen des SGB II in Bezug auf das Bildungs- und Teilhabepaket einzuführen. Insofern stehen wir nach wie vor dazu, dass auch wir hier im Land Möglichkeiten haben und diese ergreifen sollten.

Und noch ein letztes Wort zur AfD, zu Herrn Weber, Herrn Förster und wer noch gesprochen hatte: Sie gaben sich heute …

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Frau Bernhardt, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Weißig?