Protokoll der Sitzung vom 20.06.2019

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Für Länder, in denen beispielsweise hohe Arbeitslosigkeit herrscht, ist es natürlich vielleicht eine Chance, in Deutschland tätig zu werden, und umgekehrt, wie gesagt, auch. Ich kenne viele junge Leute, auch aus meinem Umfeld, die mittlerweile im Ausland leben und arbeiten. Und das hat dann wenig mit irgendwie auf Kosten der Armen an der Stelle zu tun.

Ich bin erst mal sehr dankbar, dass wir gemeinsam das Thema auf die Tagesordnung gesetzt haben. Das Thema …

(allgemeine Unruhe – Glocke der Vizepräsidentin)

Ich warte gern, bis sich die Gemüter wieder etwas beruhigt haben, aber ansonsten, glaube ich, ist meine Stimme auch laut genug an der Stelle.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Sonst müssen wir einen Arzt holen.)

Einen Arzt brauchen wir nicht, Herr Ritter.

(Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE)

Das geht auch so.

Ansonsten ist, glaube ich, richtig, dass wir heute über das Thema hier sprechen. Das Thema „Kinder- und Jugendmedizin“, das wissen wir, ist ein sehr emotionales Thema. Und wenn es dort jetzt zu Missständen gekommen ist – also statt dem Weg, hier das Parlament als Rahmen zu suchen, hätte man die Frage vielleicht auch im Ausschuss erörtern können, und ich bin dem Minister erst mal sehr dankbar, dass hier der Sachverhalt so dargelegt wurde, wie die Fakten sich in Parchim momentan darstellen.

Natürlich knüpft sich daran schon die Frage, wie gehen wir mit dem Thema Ärztemangel um. Wir haben da gleich noch eine folgende Debatte, wo es dann auch um Möglichkeiten geht, wie man Ärzte herbekommt. Am Ende ist natürlich eine der Ursachen für die jetzige Situation, dass wir da einen Krankenstand haben, der zu dieser kurzfristigen Schließung geführt hat. Der Minister hat, glaube ich, umfangreich dargestellt, dass die Situation jetzt kurzfristig behoben werden soll an der Stelle. Von daher bin ich recht dankbar für das Engagement.

Wichtig ist, glaube ich, auch, dass die Versorgung sichergestellt ist, Schwerin als Maximalversorger hier in der Region. Die Helios Kliniken spielen dort ja auch eine Rolle. In der Fachabteilung Kinder- und Jugendmedizin sind nach dortigen Angaben insgesamt 15 Fachärzte tätig, sodass also für schlimmere und größere Fälle dort die Versorgung trotz dieses Engpasses sichergestellt ist. Deswegen, glaube ich, sollten wir heute diesen Stand erst mal zur Kenntnis nehmen und ich wäre dafür, dass wir uns dann regelmäßig im Ausschuss weiter dazu informieren lassen.

Und, Herr Kollege Wildt, den zweiten Punkt Ihres Antrages zum Thema EU-Drittstaaten sehe ich jetzt nicht

zwingend als dringliches Thema heute hier. Der Minister hat die Zahlen ja bereits vorgetragen, was das Land angeht. Das will ich jetzt an der Stelle gar nicht wiederholen. Das ist ein wichtiges Thema, wo wir, glaube ich, auch noch ein Stück weit schneller und besser werden können. Das kann man auch sagen, aber ich glaube, Ihr Schwerpunkt war das erste Thema Parchim. Das ist heute hier umfangreich dargestellt worden. Deswegen würde ich darum werben, vielleicht einfach heute gar nicht darüber abzustimmen, weil der Antrag eigentlich, aus meiner Sicht zumindest, was den Teil angeht, für erledigt erklärt ist. Alles Weitere sollten wir dann im zuständigen Ausschuss besprechen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Philipp da Cunha, SPD)

Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt das Wort der Abgeordnete Koplin.

Ehe Herr Koplin sein Wort nimmt, habe ich jetzt die Gelegenheit, eine neue Besuchergruppe zu begrüßen, das sind Bürgerinnen und Bürger aus Schwerin. Herzlich willkommen!

Bitte, Herr Koplin.

Danke, Frau Präsidentin, für das Wort! Sehr geehrte Damen und Herren!

Herr Ehlers, wir sehen das Thema als dringlich an. Das beschäftigt Menschen sehr, wenn es die Mitteilung gibt, dass die Krankenversorgung nicht grundsätzlich und rund um die Uhr gesichert werden kann. Wir LINKEN haben uns zu jeder Zeit dafür ausgesprochen und dafür eingesetzt, dass wir eine flächendeckende, wohnortnahe, qualitativ hochwertige medizinisch-stationäre Versorgung in unserem Land haben, und das in Radien, wo die Bürgerinnen und Bürger gut in der Lage sind, bei akuten Fällen oder bei der entsprechenden notwendigen Behandlung rasch medizinische Hilfe zu erhalten.

Dass einzelne Stationen Überfüllung melden, wenn zum Beispiel Rettungshubschrauber in der Luft sind und mitgeteilt werden muss, ein anderer Standort muss angeflogen werden, ist nicht unüblich. Gleichwohl, dass sich ganze Abteilungen abmelden zeitweise, ist schon besorgniserregend. Das hatten wir, glaube ich, im Dezember vergangenen Jahres in Crivitz. Jetzt, anhand dieses Themas, ist es insbesondere auch vom Minister noch mal beleuchtet worden, dass es, wie im Fall von Crivitz, eine Geburtenstation und im Fall von Parchim die Kindermedizin ist. Das kommt auch nicht von ungefähr, dass gerade hier personelle Engpässe sind. Es ist spätestens seit Wolgast bekannt, dass es unterschiedliche Rahmenbedingungen für die einzelnen Abteilungen gibt. Das hat wiederum etwas mit der Ökonomisierung des Gesundheitswesens zu tun. Da stehen wir auch in der Verantwortung, den Riegel vorzuschieben.

Nun ist die Frage, wie mit dieser Situation umzugehen ist. Herr Minister Glawe hat ja einige Punkte genannt, die aus unserer Sicht zwar jetzt die Schritte waren und die Schritte sind, die Sie zunächst einmal leisten können aus politischer Verantwortung heraus, dabei können wir aber auch nicht stehenbleiben. Und wenn Herr Ehlers sagte, das ist ein Fall für die weitere Behandlung im Ausschuss, dann lassen Sie uns doch diesen Antrag zumindest in

den Ausschuss überweisen. Weitere Informationen sollen ja noch folgen.

Nun zu dem Antrag selbst. Sollte es zu der Abstimmung kommen, sprechen wir uns für den Antrag aus, auch wenn er sehr mager ist. Wenn wir uns nicht für den Antrag aussprechen würden, ihn sozusagen ablehnen würden, würden wir ja das Gegenteil behaupten.

(Heiterkeit bei Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das haben Sie gestern bei der Pflege aber so gemacht.)

Dann würden wir sagen, es sollte keine erforderliche Unterstützung geben, und wir würden sagen, wir wollten dem Ärztemangel nicht begegnen. Nun muss man aber noch ein paar Dinge dazusagen und da kann ich Ihnen kritische Punkte nicht ersparen.

Wir haben als LINKE mehrfach – Herr Dr. Jess hat darauf hingewiesen –angesprochen, dass wir uns über die Personalmindestbemessung in Krankenhäusern Gedanken machen müssen. Es gibt einige Bereiche, in denen das rechtlich festgelegt ist, in anderen noch nicht. Wir haben darauf gedrungen, dass wir nicht peu à peu, immer, wenn etwas Akutes ist, uns darum Sorgen machen müssen. Wir müssen langfristig und sehr vorausschauend dafür sorgen, dass Medizinerinnen und Mediziner in der erforderlichen Anzahl und bedarfsgerecht ihre Arbeit machen können. Das setzt voraus, dass man entsprechend Personalplanungen mitbegleitet, dass über die Krankenhauskoordinierung, letztendlich auch in Begleitung und mit maßgeblicher Präsenz des Gesundheitsministeriums, Vorsorge getroffen wird, das Bildungsministerium, was die Ausbildung betrifft, hier involviert ist, und haben deshalb, 2017 zum Beispiel, nicht nur dort, aber auch dort 2017 einen Antrag gestellt, in dem wir gesagt haben, der Landeskrankenhausplan muss fortgeschrieben werden. Im Übrigen ist dafür zu sorgen, ich lese das mal ganz kurz vor, es ist „sicherzustellen, … dass Bestand und Struktur bei dem ärztlichen und nichtärztlichen Krankenhauspersonal angemessen und ausreichend sind sowie bei der Pflege die dann geltenden bundesweiten Mindestkennzahlen eingehalten werden.“

Interessant ist nachzulesen, wie sich die einzelnen Fraktionen damals verhalten haben. Und selbst die BMV, die jetzt ja diese Situation akut in Parchim beklagt, wie wir alle, hat aber damals, wo es um das Grundsätzliche ging, dagegengestimmt. Das ist sehr bedauerlich, wir hätten also schon 2017 einige Pflöcke einschlagen können, um gar nicht erst da hinzukommen, wo wir heute sind.

(Der Abgeordnete Holger Arppe betritt den Plenarsaal. – Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Kollege Arppe hat ausgeschlafen. Fürs Protokoll!)

Insofern rufe ich dieses Thema noch mal auf, wenn es uns denn gelänge, und Sie können sich an der Stelle seitens der Koalition erwärmen, ich werbe dafür, dass hier nicht abgelehnt wird, sondern zumindest in den Wirtschaftsausschuss dieser Antrag überwiesen wird und wir uns dann weiter damit beschäftigen können, dass diese grundsätzlichen Fragen auf den Tisch kommen. Denn eines ist klar, Herr Glawe, Sie haben gesagt, es wird beim LAGuS zwei weitere Stellen geben. Was Sie noch

nicht gesagt haben beziehungsweise heute noch nicht sagen können, ist, für wie lange.

(Minister Harry Glawe: Ja, dauerhaft, dauerhaft!)

Also es gibt ja drei Wege, wo diese Anerkennung ausländischer Fachkräfte erfolgen kann, einmal in Bonn über eine zentrale Stelle. Dort arbeiten 16 Leute, losgelöst von irgendwelchen Behörden in einem Pilotprojekt. Da wäre auch von unserer Seite als Land die Frage, wie wir diese Stelle, die in Bonn diese Gutachterstelle für Gesundheitsberufe, die Gleichwertigkeitsprüfung vornimmt – das ist ja ein ganz wichtiger Punkt,

(Minister Harry Glawe: Ja, genau.)

wie die über dieses 3-Jahre-Pilotprojekt hinaus gesichert werden kann –, und wie wir diese Dienstleistung nutzen werden für unser LAGuS.

(Minister Harry Glawe: Die nutzen wir ja schon.)

Das LAGuS macht dann sozusagen dieses Defizitverfahren, und das ist nicht nur in den medizinischen Berufen, die für die Krankenhäuser relevant sind, sondern überhaupt auch für die Pflege relevant. Dass es da schon seit längerer Zeit Klagen gibt, dass diese Anerkennungsverfahren 12 Monate, 18 Monate und länger andauern, das ist nicht hinnehmbar. Das ist offensichtlich auch eine personelle Frage. Dann ist eben sicherzustellen, dass das LAGuS nicht nur temporär und schon gar nicht kurzzeitig nur diese zwei Stellen bekommt, sondern dass da langfristig gehandelt wird. Und die dritte Möglichkeit, die es gibt, ist an diesen beiden Gremien vorbei die direkte Kenntnisprüfung, die möglich ist. Aber das ist dann eine individuelle Entscheidung der Antragstellerinnen und Antragsteller.

Wir wollen, dass grundsätzlich geklärt wird, dass wir eine verbesserte Situation bei der Personalausstattung haben. Das setzt voraus, dass die Zahl der Studierenden ansteigt, denn Herr Dr. Jess hat gesagt, es ist ein Teil – das sind meistens erfahrungsgemäß so 25 Prozent der Absolventinnen und Absolventen –, die dann nicht in den Gesundheitsberufen landen, sondern in andere Bereiche gehen. Das müssen wir immer mit unterstellen. Insofern ist es wichtig, dass wir auch hier mit Augenmaß und vorausschauend die Studienplätze einrichten, die notwendig sind, damit wir nachher auf die Mindestzahlen in der Personalbemessung in Krankenhäusern kommen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Barlen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist selbstverständlich, dass die beste medizinische Versorgung für alle Menschen in unserem Bundesland einen hohen Stellenwert hat. Gerade, wenn es natürlich um die Kinder geht, dann ist das für alle Eltern, für alle Großeltern, für alle ein ganz besonders emotionales Thema und deshalb hat die Situation in Parchim unsere volle Aufmerksamkeit.

Zunächst ist die Tatsache, dass es keine Planung gibt, den Versorgungsvertrag der Kinder- und Jugendmedizin

dort nicht weiter zu erfüllen, eine gute Nachricht. Der Minister hat Maßnahmen beschrieben, damit die krankheitsbedingte Umleitung von Fällen für die kinder- und jugendmedizinische Notaufnahme schnell abgestellt wird. Da möchten wir Sie auch natürlich im Namen der SPDFraktion sehr herzlich bitten, da entsprechend dranzubleiben, dass dort schnell wieder eine Versorgung stattfinden kann. Der Einsatz von Ersatz- und Honorarärzten scheint dort der angezeigte Weg zu sein und dementsprechend möchten wir darum bitten, dass dort nicht nachgelassen wird, entsprechende Fachkräfte zu finden.

Es ist auch über die Anerkennung von ausländischen Abschlüssen gesprochen worden. Auch da möchte ich mir an dieser Stelle jetzt ein Koreferat ersparen. Trotzdem möchte ich aber die Redezeit hier am Pult nutzen, um doch das eine oder andere zu dem Thema hinter dem Thema zu sagen. Es geht nämlich natürlich um deutlich mehr an dieser Stelle, als darum, dass im Augenblick von fünf Ärzten in Parchim vier krank sind und dadurch die Versorgung nicht so stattfinden kann, wie sie stattfinden sollte.

Wir haben in Mecklenburg-Vorpommern ein Netzwerk von Profis, die heute die Versorgung in diesem Bundesland gewährleisten, und diesen Frauen und Männern gilt unser Dank. Das sind die Rettungsdienste, das sind die Kinderärzte, die Kliniken, die Hebammen. Zahlreiche weitere Heilberufe ziehen an einem Strang beim Thema Kindergesundheit, ambulant als auch stationär.

Die gute Nachricht, um das mal positiv auszudrücken, ist ja, dass wir auch in Zukunft alle Menschen, die in diesem Bundesland einen professionellen, aber auch ehrenamtlichen Beitrag dazu leisten, dass wir die medizinische und die pflegerische Versorgung aufrechterhalten, diese werden gebraucht, jede und jeder Einzelne. Das heißt, wir haben es mit einem Arbeitsmarkt zu tun, der dadurch geprägt ist, dass immer mehr Leute benötigt werden, die sich dort einbringen. Wir stehen aber vor der Herausforderung, dass dies nicht einfach sich im Selbstlauf organisieren kann, sondern wir müssen einen Gesamtplan haben, wie wir diese Profis hier in unserem Bundesland zum Einsatz bringen. Ansonsten wird nämlich, wie wir es eben hier erlebt haben, der Gesundheitsminister eher weniger als Gesundheitsminister wahrgenommen, sondern läuft in den nächsten 10/20 Jahren perspektivisch eigentlich eher selbst als Notfallretter quer durchs Land, von einem Problem zum anderen, und versucht …

(Harry Glawe, CDU: Ja, ich brauche einen Hubschrauber.)

Er leiht sich dann noch einen Hubschrauber beim Innenminister, genau, und muss irgendwie ein Problem nach dem anderen lösen.

(Unruhe auf der Regierungsbank)

Herr Barlen, einen Moment bitte!

Meine Herren auf der Regierungsbank, Sie wissen ganz genau, dass Sie nicht hier dazwischenreden sollen. Also ich bitte Sie doch, das zu berücksichtigen.