Protokoll der Sitzung vom 20.06.2019

(Jens-Holger Schneider, AfD: So ist es.)

Die Schiene gilt als umweltfreundliche Alternative zum Individualverkehr und passt somit hervorragend in den Aktivitätenkoffer zum Klimaschutz. Dennoch kommen Fahrgäste und Güter nicht von Zauberhand auf die Schiene. Attraktive Angebote müssen hier her. Streckenreaktivierung wäre sicher eine gute Möglichkeit, wenigstens eine Bewegung in die richtige Richtung der doch sehr hoch angelegten Messlatte auszulösen. Wie bereits erwähnt, befürworten wir das Anliegen und werden dem Antrag folgerichtig zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Eifler.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zwei Verbände haben sich zur Reaktivierung des Eisenbahnstreckennetzes positioniert: der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen mit einem Positionspapier am 20. Mai. Das war eine gute Voraussetzung für die Fraktion DIE LINKE, das heute hier per Antrag auf die Tagesordnung zu setzen,

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Sie sagen es!)

um das Thema hier im Haus noch mal zu debattieren und für Mecklenburg-Vorpommern zu beraten. Ich habe also nichts anderes erwartet, Frau Schwenke, aber so ist das nun mal.

Gleichzeitig fordert man in dem Positionspapier, dass ein entsprechendes Bundesprogramm aufgelegt werden soll. Sie, Frau Schwenke, gehen mit Ihrem Antrag so weit, dass also ein Bundesinvestitionsprogramm aufgelegt werden soll. Ich halte das für wenig Erfolg versprechend. Erst vor wenigen Jahren, ich glaube, vor zwei Jahren ist der Bundesverkehrswegeplan beschlossen worden, wo also auch die Prämisse des Bundes sehr deutlich zum Ausdruck kommt, dass man sagt, also der Schwerpunkt liegt bei der Streckenbetrachtung insgesamt auf dem Erhalt der vorhandenen Strecken vor dem Neubau.

Und das hat auch ganz bestimmt einen wirtschaftlichen und finanziellen Hintergrund, weil – das ist hier auch schon angesprochen worden – eine Streckenreaktivierung mit hohen Investitionen verbunden ist. Das ist also nicht nur der Umstand, dass Gleise, Nebenanlagen, Sicherungstechnik installiert und aufgebaut werden müssen, sondern die gesamte Peripherie, die Bahnhöfe, das ist alles dort miteinbezogen. Dann reden wir also über eine doch beachtliche Summe von Geld.

Ausgeblendet, Frau Dr. Schwenke, lassen Sie den Umstand, weshalb sind die Strecken ursprünglich stillgelegt worden. Nämlich genau aus dem Grund, was auch im vorhergehenden Tagesordnungspunkt angesprochen worden ist, als es um den ÖPNV ging und gefragt wurde, wer hat denn von Ihnen ein Ticket und fährt denn mit dem öffentlichen Verkehrsmittel. Und auch das ist ein Grund, ein wirtschaftlicher Grund letzten Endes, wenn sich ein Verkehrsträger dazu entscheidet, eine Strecke nicht mehr zu bedienen, weil sie unwirtschaftlich ist.

Nun komme ich auch noch mal auf die Sicht des Bundes zurück, wo also immer wieder der Kosten-Nutzen-Faktor auch ins Gespräch gebracht wird. Und wenn in der Prognose ein Kosten-Nutzen-Faktor von unter 1,0 am Ende auf dem Papier steht, dann ist der Bund auch nicht bereit – verständlicherweise –, Geld in die Hand zu nehmen, um neue Strecken zu bauen und in Betrieb zu nehmen, wobei der Bund ja auch den Betrieb nicht macht, das ist ja auch gesagt worden. Wenn, dann werden die Strecken ertüchtigt und der Betrieb auf den Strecken wird wieder über die Regionalisierungsmittel finanziert, also auch weiteres Geld, und das ist nun mal endlich. Und wie auch schon gesagt, wenn ich etwas umverteile, dann entsteht irgendwo etwas und irgendwo fällt etwas weg. Dessen muss man sich auch ganz klar bewusst sein.

Sie haben ja verschiedene Strecken angesprochen, da ist ja sehr viel dazu gesagt worden. Deshalb will ich mich

an dem Punkt und das alles nicht noch mal wiederholen. Insofern ist das unter dem wirtschaftlichen Aspekt im Wesentlichen sehr kritisch zu sehen, was die Verbände hier in das Positionspapier hineingeschrieben haben. Es ist also genau zu schauen, wie verantwortlich geht man mit dem zur Verfügung stehenden Geld, mit den Steuergeldern um, um Infrastruktur – noch mal den Schwerpunkt, den der Bund gesetzt hat –, um vorhandene Infrastruktur zu ertüchtigen, zu erhalten und dann den Neubau in Betracht zu ziehen.

Vor all dem, was ich jetzt gerade dazu gesagt habe, werden wir Ihren Antrag ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Ich möchte an dieser Stelle auf der Besuchertribüne Schülerinnen und Schüler des Regionalen Beruflichen Bildungszentrums aus Greifswald begrüßen und rufe auf für die Fraktion Freie Wähler/BMV den Abgeordneten Herrn Borschke.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrtes Präsidium! Den Antrag der Fraktion DIE LINKE können wir grundsätzlich unterstützen, er geht aber an den strukturellen Grundproblemen vorbei.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Okay.)

Die Reaktivierung der angesprochenen Strecken wie der Darßbahn muss eingebettet werden in ein größeres Konzept über Verkehrspolitik und Förderung von Infrastruktur im ländlichen Raum in Mecklenburg-Vorpommern.

Wie vor wenigen Tagen veröffentlicht, sind in Mecklenburg-Vorpommern 299 Kilometer Bahnstrecke stillgelegt worden. Dies sind rund vier Prozent der in ganz Deutschland stillgelegten Strecken seit 1990. Mag die Zahl auch klein sein, so sind die Auswirkungen doch groß. Wir sprechen immer wieder die Probleme der Abwanderung und der maroden Infrastruktur auf dem Land an. All dies gehört aber zusammen und muss auch als Gesamtaufgabe des Staates betrachtet werden. Streckenstilllegungen leisten einen Beitrag zum Ausbluten des ländlichen Raums. Wie jetzt bekannt wurde, sind wir auf dem Bevölkerungsstand von 1905 zurückgefallen.

Meine Damen und Herren, es ist natürlich klar, dass hier das Argument der Wirtschaftlichkeit solcher stillgelegten Strecken als Begründung herangezogen wird. Aber es ist nicht die Hauptaufgabe eines Staates, seine Handlungsweise ausschließlich an der Wirtschaftlichkeit auszurichten, wie Aristoteles schon sagte: „Der Zweck des Staates ist jedoch die Verschönerung des Lebens.“ Der Staat kann nicht nur betriebswirtschaftlich denken, sondern muss sich auch um die Daseinsvorsorge für die Menschen kümmern.

(Beifall vonseiten der Fraktion Freie Wähler/BMV)

Und dazu gehört auch die Frage der Mobilität im ländlichen Raum. Aufgabe eines Staates ist unter anderem die Schaffung und die Aufrechterhaltung einer Infrastruktur, um Möglichkeiten und Voraussetzungen für die wirtschaftliche Entwicklung zu schaffen. Sie schafft erst die Voraussetzung für eine positive Entwicklung der ländlichen Räume.

Meine Damen und Herren, nehmen wir die Darßbahn. Die Darßbahn ist keine Streckenstilllegung, sondern eine Reaktivierung. Sie soll hier aber beispielhaft für den Regionalverkehr stehen. Inzwischen hat das Oberverwaltungsgericht Greifswald die Klage der Gemeinde Pruchten gegen die Darßbahn zurückgewiesen. Sofort geht die Diskussion um die Finanzierung los. Der Steuerzahlerbund geht von rund 115 Millionen Euro Baukosten aus.

Meine Damen und Herren, es geht also um die Anbindung einer touristisch herausragenden Region in unserem Land. Es ist schon beachtlich, dass die Stilllegung der einzigen Bahnstrecke, die an die Region heranführt, in Erwägung gezogen wurde.

Ja, die rote Lampe geht an. Da weiß ich jetzt auch nicht, warum.

(Tilo Gundlack, SPD: Wahrscheinlich, weil die Zeit vorbei ist. – Zuruf von Jochen Schulte, SPD – Heiterkeit und Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Offensichtlich, weil drei Minuten abgelaufen sind, und das ist die Redezeit Ihrer Fraktion.

(Zuruf von Stephan J. Reuken, AfD)

Acht Minuten waren.

(Zuruf von Dietmar Eifler, CDU)

Also hier steht, drei Minuten.

Da hat irgendwer nicht aufgepasst.

(Minister Dr. Till Backhaus: Der läuft einfach weg. – Torsten Renz, CDU: Block III. – Peter Ritter, DIE LINKE: Block III. Eisenbahn nur Block III. – Zuruf von Thomas Schwarz, SPD)

Also, ich habe noch mal nachgefragt: Es sind drei Minuten. Von daher sind die drei Minuten abgelaufen.

(Tilo Gundlack, SPD: Wie bei der Bahn, da geht auch das Signal an.)

Jetzt hat ums Wort gebeten für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Schulte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Kollege Ritter! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube jetzt nicht, dass ich drei Minuten brauche.

(Susann Wippermann, SPD: Sondern zehn.)

Meine Damen und Herren, wir haben dieses Thema, um das es hier heute geht, „Nahverkehr in MecklenburgVorpommern“ ich weiß nicht, wie oft in den letzten zehn Jahren diskutiert. Vor dem Hintergrund dieser Strecke, vor dem Hintergrund jener Strecke: Darßbahn, Karniner Brücke, Südbahn. Ich kann sie gar nicht alle nennen.

(Unruhe bei Andreas Butzki, SPD, und Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

Ich habe in all den Debatten, in all den Debatten habe ich nicht ein einziges neues Argument gehört. Dass der VDV sich jetzt hinstellt und sagt, ja, man müsste aber mal tatsächlich diese Strecken alle wieder instand setzen, damit hinterher dort auch gefahren werden kann, ist letztendlich auch kein neues Argument. Der Minister hat darauf hingewiesen, der VDV – und das ist sein gutes Recht – vertritt die Interessen als Lobbyvertretung der Bahnunternehmen, auch der Bahnunternehmen, und dass die daran interessiert sind, die entsprechenden Leistungen, die sie bezahlt bekommen, zu erbringen, das ist, glaube ich, kein Wunder.

Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, da der Finanzminister keinen Farbdrucker in seinem Keller stehen hat, er ohnehin nicht das Geld zusätzlich kopieren oder drucken dürfte, wir heute Morgen alleine schon beim Thema ÖPNV darüber diskutiert haben, ob man 20 Millionen vielleicht mal einfach für einen Verbundtarif ausgibt – ich will das jetzt gar nicht werten, Herr Reuken, weil Sie mich so entsetzt angucken –,

(Stephan J. Reuken, AfD: Ja, alles klar.)

da war einfach nur die Tatsache, dass wir das machen wollen, 20 Millionen Landesmittel an jener Stelle. Wir diskutieren darüber, wo wir auf der anderen Seite noch Geld ausgeben. Ich erinnere mich daran, dass momentan wohl gerade noch eine Prüfung läuft. Ich weiß gar nicht – das endgültige Ergebnis liegt noch nicht vor –, inwieweit Mittel zur Verfügung gestellt werden können, sollen. Ob das sinnvoll ist, ist wieder eine andere Frage. Für einen Beitritt des Bereiches westliches Mecklenburg zum Verbundgebiet HVV wird das auch, wenn es denn kommen sollte, wahrscheinlich ein erklecklicher Betrag sein, den das Land dafür bezahlen müsste.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das ist schön, wenn man das alles fordert. Das ist auch das gute Recht, liebe Mignon Schwenke, der Opposition, aber auf der anderen Seite muss man irgendwo auch mal gucken, wo das Geld herkommt. Und da wir das Geld nicht, wie bereits gesagt, selber drucken, kopieren oder sonst etwas machen können, macht das am Ende keinen Sinn, immer wieder über das gleiche Thema zu diskutieren. Wer das auf die Tagesordnung setzt, der muss auch fairerweise sagen, an welcher Stelle er dann sparen will.

Und jetzt bin ich bei 2 Minuten 26 und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Peter Ritter, DIE LINKE)

Das Wort hat noch einmal für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Dr. Schwenke.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Nicht, dass ich was anderes erwartet hätte, aber zunächst, ehe ich dann noch ein paar inhaltliche Dinge sage, wenn meine Zeit dafür noch reicht, will ich auf das eingehen, was jetzt hier in der Diskussion gesagt wurde.