Protokoll der Sitzung vom 21.06.2019

Drücken Sie mal bitte die Stoppuhr, und ich gebe den Hinweis, wenn es da noch Abstimmungsprobleme bezüglich des Vorschlages gibt, dann nicht an der Regierungsbank, sondern woanders.

Jetzt können Sie fortfahren, Herr Borschke.

Gut, ja.

Herr Minister, eine umweltverträgliche Landwirtschaft, da hat doch niemand was dagegen, das wollen wir doch alle. Aber dass die Landwirte für jede Wetterkapriole hinhalten müssen, das geht nicht. Wir können nicht ein

Feindbild „Landwirt“ aufbauen, dass die an allem Möglichen schuld sind. Das, denke ich, das will auch niemand.

(Andreas Butzki, SPD: Wer hat das gemacht?)

Ich sagte, ich denke, das will auch niemand.

(Andreas Butzki, SPD: Nein.)

Meine Damen und Herren, ich würde dann auch die Überweisung in den Ausschuss beantragen und verzichte auf weitere Ausführungen. – Danke.

(Beifall Andreas Butzki, SPD, und Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV)

In den Agrarausschuss natürlich.

(Beifall Andreas Butzki, SPD, und Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion Freie Wähler/BMV auf Drucksache 7/3715 zur Beratung an den Landwirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU und DIE LINKE...

(Dr. Ralph Weber, AfD: Herr Brodkorb hat für die Überweisung gestimmt. – Andreas Butzki, SPD: Für die Selbstbefassung.)

Dann frage ich den Abgeordneten Brodkorb, wie er bei der Überweisung gestimmt hat: für oder gegen den Überweisungsvorschlag?

(Mathias Brodkorb, SPD: Dagegen. Dagegen.)

Gut, dann haben wir das hier klargestellt. Gibt es noch weitere Zweifel am Abstimmungsergebnis?

Ich habe also festgestellt, die Fraktion der SPD, der CDU und DIE LINKE haben gegen den Überweisungsvorschlag gestimmt, bei Zustimmung der Fraktionen Freie Wähler/BMV und AfD. Und das Ergebnis ist: Der Überweisungsvorschlag ist abgelehnt.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion Freie Wähler/BMV auf Drucksache 7/3715. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion Freie Wähler/BMV auf Drucksache 7/3715 bei gleichem Stimmverhalten abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt …

Nein, stopp, es gab einen Antrag auf Auszeit von der Fraktion DIE LINKE, eine Unterbrechung für fünf Minuten. Die Sitzung ist unterbrochen bis 12.20 Uhr.

Unterbrechung: 12.14 Uhr

__________

Wiederbeginn: 12.15 Uhr

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor die letzten Abgeordneten das Parlament verlassen, würde ich fragen, ob Sie mit mir auch dahin gehend übereinstimmen würden, dass wir die fünf Minuten als erledigt betrachten und die Sitzung fortsetzen können?

(Zurufe aus dem Plenum: Ja.)

Das scheint der Fall zu sein.

Von daher eröffne ich die unterbrochene Sitzung und rufe den Tagesordnungspunkt 31 auf: Aussprache gemäß Paragraf 43 Nummer 2 der Geschäftsordnung des Landtages zum Thema „Einrichtungssterben stoppen – Zukunft des Kinder- und Jugendtourismus in MecklenburgVorpommern sichern“.

Aussprache gemäß § 43 Nummer 2 GO LT zum Thema Einrichtungssterben stoppen – Zukunft des Kinder- und Jugendtourismus in Mecklenburg-Vorpommern sichern

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Foerster.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist jetzt anderthalb Jahre her, dass meine Fraktion das Thema hier ins Plenum holte. Damals schloss ich die Aufzählung der geschlossenen Einrichtungen mit der Naturoase Schönhof (86 Plätze), dem Schullandheim Dabel (60 Plätze) und dem Schullandheim Plau am See (34 Plätze).

Heute muss ich nun leider weitermachen mit dem Schullandheim Dierhagen (52 Plätze), dem Schullandheim Zislow (99 Plätze) , der Jugendherberge Beckerwitz (136 Plätze), der Jugendherberge Zielow (98 Plätze), der Jugendherberge Barth (172 Plätze) und der Jugendherberge Feldberg (87 Plätze). Das sind die weiteren Einrichtungen, die geschlossen worden sind. Zuletzt war den regionalen Medien im Osten des Landes zu entnehmen, dass mit der Jugendherberge Bellin (115 Plätze) schon die nächste Einrichtung krachen zu gehen droht.

Wie Sie sehen, meine Damen und Herren, handelt es sich also nicht um eine Erfolgsstory der Marke „Harry wirkt“ aus dem Wirtschaftsministerium,

(Minister Harry Glawe: Ah, das ist ja toll! – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

nein, was ich verlesen habe, ist die ungeschönte Wahrheit oder, anders ausgedrückt, das amtliche Sterberegister vieler Einrichtungen im Bereich des Kinder- und Jugendtourismus.

(Andreas Butzki, SPD: Harry, Harry!)

Wir müssen feststellen, dass seit 2013 mittlerweile fast 2.000 Betten verschwunden sind. Und was tut die Landesregierung des gern gefeierten Tourismuslandes Nummer eins? Sie verfährt nach dem Motto der drei Affen: „mizaru, kikazaru, iwazaru“ oder auf Deutsch: „nichts sehen, nichts hören, nichts sagen“. Dafür Worte zu finden, ist schwierig. Es ist traurig, skandalös, unverantwortlich und beschämend zugleich.

Dieses Bundesland war einst Vorreiter im Kinder- und Jugendtourismus. Das kann man gar nicht oft genug betonen. Heute dagegen wird eine Einrichtung nach der anderen geschlossen. Meine Fraktion hat daher in den vergangenen Jahren auch mehrfach Initiativen ergriffen, doch egal, ob Anträge im Plenum, Änderungsanträge zum Doppelhaushalt oder zuletzt auch eine Expertenanhörung im Wirtschaftsausschuss – alles war vergebens oder blieb zumindest ohne erkennbare Auswirkungen im Sinne eines Kurswechsels.

Es scheint auch egal zu sein, was anerkannte Tourismusexperten dazu sagen.

So haben Stefan Baerens, Vorsitzender des Schullandheimverbandes, und Tobias Woitendorf vom Tourismusverband M-V in besagter Anhörung darauf verwiesen, dass der Kinder- und Jugendtourismus endlich mehr Unterstützung braucht, nicht nur politisch, sondern vor allem auch finanziell und personell. Herr Woitendorf machte deutlich, dass zumindest Häuser, die Potenzial aufweisen, gefördert werden müssen. Um das tun zu können, müsste jedoch erst einmal erhoben werden, welche das eigentlich sind. Wie genau gefördert werden könne, müsse politisch geklärt werden. Er erwähnte eine gemeinsame Arbeitsgruppe zwischen Wirtschafts-, Bildungs- und Sozialministerium, die zwar tage, aber bislang keine Antworten auf die Herausforderungen gefunden habe.

Nun ist Herr Woitendorf nicht nur ein in Tourismusfragen kompetenter, sondern offenbar auch ein sehr höflicher Mensch. Was er so nett ausgedrückt hat, würde ich so formulieren: In Sachen Kinder- und Jugendtourismus gibt es keine Strategie, hier herrscht politischer Stillstand, denn seitens der Landesregierung hat sich bislang noch niemand aus der Deckung gewagt. Der Tourismusminister sitzt sprichwörtlich eingemummelt im Strandkorb und will ungestört sein.

(Egbert Liskow, CDU: Aha!)

Das Sozialministerium hat zwar das Ohr an der Muschel, aber außer einem Grundrauschen ist in Sachen Kinder- und Jugendtourismus von dort auch nichts zu vernehmen. Und das Bildungsministerium entscheidet sich sogar dazu, den Schullandheimen und Co das Leben noch schwerer zu machen. Dort rührt man nicht nur die Werbetrommel für die Jugendherbergen, sondern verschafft diesen durch die Zahlung der Mitgliedsbeiträge für die Schulen auch noch finanziell Vorteile.

Verstehen Sie mich bitte richtig, das kann man machen und für die Schulen ist das auch nicht schlecht, ich habe auch nichts gegen Werbung für unsere Jugendherbergen. Aber was bitte schön ist mit all den anderen Übernachtungsstätten, die keine Mitgliedsbeiträge haben? Was bekommen die denn vom Bildungsministerium? Ich kann es Ihnen sagen: keine Werbung und kein Geld. Und das geht doch so nicht. In der Anhörung haben uns die Experten die ganzen Probleme noch einmal auf den

Tisch gekippt, und zwar nicht zum ersten Mal, bestimmt schon zum zehnten Mal. Und Auswirkungen? Null!

Meine Damen und Herren, daher versuche ich es jetzt auch noch mal ganz in Ruhe. Herr Waldmüller, bei allen Differenzen und zuweilen auch unterhaltsamen Wortgefechten über die Tarifautonomie kann ich sagen, dass ich Sie als Person durchaus achte, aber als graue Eminenz des Tourismusverbandes habe ich tatsächlich mehr von Ihnen erwartet und bitte Sie daher darum, sich das Ganze auch noch einmal im Detail anzuschauen, angefangen von der Bedeutung des Kinder- und Jugendtourismus für die Kinder- und Jugendhilfe über das wirtschaftliche Potenzial, die aktuellen Entwicklungen und Probleme und schließlich die notwendigen und möglichen Auswege.

Was ich und was vor allem auch die Beschäftigten in den Einrichtungen draußen nicht mehr hören wollen, sind die sattsam bekannten Phrasen über die Kinder und Jugendlichen von heute als potenzielle Gäste von morgen, ebenso wenig übrigens wie den Verweis auf den Hochglanzkatalog mit den noch bestehenden Einrichtungen. Herr Woitendorf sagte es im Wirtschaftsausschuss unmissverständlich, es muss mehr passieren, und selbst eine zusätzlich im Tourismusverband angesiedelte Stelle wird für sich allein betrachtet die Probleme nicht lösen können.

Gerade die vielen Einrichtungen im ländlichen Raum, wo es nicht nur an Investitionen in die Bausubstanz oder die Innenausstattung fehlt, sondern wo auch wenig bis gar keine Mittel für ein professionelles Marketing vorhanden sind, brauchen wieder eine bessere Vernetzung. In der Expertenanhörung ist auch noch mal an die AG „Junges Land für junge Leute“ mit der Vernetzungsstelle erinnert worden. In anderen Bundesländern wurde das Modell kopiert, hier abgewickelt. Und damit fehlt eben nun ein wichtiger Mosaikstein für ein funktionierendes Gesamtgefüge.

Wenn die Sprache auf die dringenden Investitionsbedarfe kommt, geht Minister Glawe, um beim schon gemalten Strandbild zu bleiben, regelmäßig mit Anlauf hinter die Kleckerburg in Deckung. Der Wind von See trägt dann sogleich ein leises „EU-Beihilferegeln beachten“ an den Strand. Dazu möchte ich dann auch noch etwas sagen. Ja, es gibt Beihilferegeln, aber es gibt eben auch Ausnahmen. Schauen Sie doch bitte einmal nach Sachsen! Dort hat man den konkreten Investitionsbedarf von Häusern analysiert und anschließend eine Investitionsoffensive gestartet. Ich habe mir die Ergebnisse der Förderung über meinen Referenten mal von meiner Kollegin aus dem Sächsischen Landtag geben lassen. Da wird regelmäßig über die 200.000-Euro-Beihilfegrenze in drei Jahren hinaus gefördert. Und warum? Weil man politisch entschieden hat, dass der Kinder- und Jugendtourismus wichtig ist und nach entsprechenden Lösungen gesucht hat. Man ist also sprichwörtlich „aus dem Strandkorb gesprungen“ und hat sich an die Arbeit gemacht.