Protokoll der Sitzung vom 26.01.2017

Sie formulieren nämlich unter Punkt 4 Ziffer 8: „Welche Maßnahmen wurden seitens der in Ziffer 5 genannten Personen ergriffen …?“ Also ich zumindest kann – das ist mein erster Eindruck – unter Ziffer 5 gar keine Personen erkennen, sondern ich würde vermuten, Sie meinen die Personen der Landesregierung, Minister, Staatssekretäre, die Sie unter Ziffer 7 in Punkt 3 in Ihrem Änderungsantrag formuliert haben.

Insofern, Herr Manthei, würde ich Sie bitten, die Zeit noch mal zu nutzen, möglicherweise Ziffer 4 durch eine neue Beschlussvorlage zu ersetzen, dass das bei den Maßnahmen dann „unter 7 genannte Personen“ heißen müsste und in der weiteren Formulierung sich die Maßnahmen auf „unter Ziffer 5“ beziehen. Also das wäre wichtig – nicht, dass wir gleich in diesem Untersuchungsausschuss einen Start erleben, den wir alle so nicht wollen und wo es dann fachlich sehr schwierig sein wird, diese handwerklichen Missstände zu beseitigen.

Aber ich will auch die Gelegenheit nutzen, um kurz zum Ausdruck zu bringen, was mir Sorge bereitet, wenn ich Ihre Tätigkeit in den letzten Monaten hier erlebe. Es bereitet mir Sorge, weil ich glaube, dass Sie nicht so richtig wissen, was Sie tun. Ich will das auch anhand von Beispielen unterlegen. Zu Beginn der Legislaturperiode waren Sie nicht in der Lage, beim Abgeordnetengesetz

(Dr. Matthias Manthei, AfD: Reden Sie doch mal zum Thema!)

innerhalb von vier, fünf Wochen Änderungsanträge zu formulieren.

(Tilo Gundlack, SPD: Macht er doch! Sie müssen einfach mal zuhören! Na, so ein Murks!)

Wenn ich mich an die letzte Debatte erinnere, wo Sie einen Stopp des Personalabbaus bei der Polizei gefordert haben, der gar nicht stattfindet, dann stelle ich inhaltlich fest, Sie haben versucht, über ein Sicherheitskonzept zu diskutieren, was es nicht gibt. Wenn ich den gestrigen Tag nehme – das ist auch schon ein einmaliger Vorgang –, wo eine Fraktion einen Antrag stellt und die gleiche Fraktion, nämlich Sie, die, die ihn machen wollen, auch noch das Thema der Aktuellen Stunde zu einem Thema benennen, was Sie selbst in einem Antrag benannt haben, und das dann noch toppen durch Ihre Redner,

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Vincent Kokert, CDU – Heiterkeit bei Andreas Butzki, SPD)

indem es Ihnen gelingt, in der Aktuellen Stunde nicht ein Mal das Thema zu benennen, dann muss ich Ihnen sagen, das macht mir ernsthaft Sorgen. Ich mache mir auch für Sie ein bisschen Gedanken, woran das liegen kann, möglicherweise daran, dass sich der Vorsitzende und der Stellvertreter gedanklich gar nicht mehr in diesem Landtag befinden, sondern schon die Postenverteilung in Berlin vornehmen.

(Andreas Butzki, SPD: Und Wahlkampf.)

Insofern glaube ich, wenn das alles ist, was Sie hier machen, sollten Sie Ihre Arbeitsweise extrem ändern, zumindest erst mal hinterfragen, dann extrem ändern.

(Dr. Matthias Manthei, AfD: Kommen Sie mal zum Thema! – Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

Das, was Sie mit diesem Antrag fortführen, nämlich einzig und allein Polemik zu betreiben und Ihr eigenes Profil schärfen zu wollen, ist, glaube ich, für die Arbeit in einem Landtag, auch wenn Sie immer wieder von den Wählern und Steuerzahlern sprechen, vor denen wir Bilanz ablegen müssen, genau der falsche Weg. Wenn Sie, Ihre beiden Redner, immer wieder versuchen, Ihre Aussagen kurz mit zwei, drei Sätzen zu relativieren, dann sage ich, solange Sie Ihr Wahlprogramm – das habe ich Ihnen letztes Mal schon beim Thema der Polizei gesagt –, solange Sie dieses Wahlprogramm als Ihre Arbeitsgrundlage nehmen und wir hier gemeinsam reinschauen und Ihr Einstiegssatz bei der Thematik, zu der wir uns jetzt verständigen, lautet: „In unserem Land hat sich eine Sozialindustrie mit Selbstbedienungsmentalität entwickelt“, dann ist das eine pauschale Verurteilung, ein Generalverdacht, unter den Sie diesen gesamten Bereich stellen.

Das ist das, was zählt, und nicht, dass Ihr letzter Redner wiederkommt und versucht zu suggerieren, das ist alles nicht so gemeint. Es sind Fakten, die zählen. Das Ganze geht weiter mit Geschäftsführern einiger Wohlfahrtsverbände – nicht eines, sondern einiger. Auch hier kommen Sie mit Pauschalkritik, tragen die vor sich her und versuchen, die Sachen in Ihrem Sinne zur eigenen Profilierung zu nutzen.

Da ich nun selbst Mitglied in einem Untersuchungsausschuss war und schon einmal sozusagen das Vergnügen hatte, immer wieder mit dem Vorwurf in der Öffentlichkeit konfrontiert zu werden, das Ganze kostet 1 Million Euro, was bringt das und so weiter und so fort, sage ich, schauen Sie – und damit meine ich alle – sich doch mal an, was das Ergebnis dieses letzten Untersuchungsausschusses war, was LINKE und GRÜNE in diesem Lande betrieben haben. Es wurde über Monate hinweg eine gesamte,

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Über Jahre.)

oder über Jahre hinweg eine gesamte Industrie an den Pranger gestellt, und das Ergebnis:

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Ich habe in den letzten Wochen, Monaten nichts mehr gehört.

(Jeannine Rösler, DIE LINKE: Erzählen Sie doch nicht so einen Blödsinn!)

Was ist das Ergebnis dieser rausgeworfenen 1 Million Euro gewesen?

(Andreas Butzki, SPD: Oh ja!)

Da frage ich jetzt auch Sie, ob es keine anderen Wege und Möglichkeiten gibt, um Aufklärung zu betreiben, so, wie wir sagen, so, wie wir es in unserem Koalitionsvertrag festgelegt haben, nämlich, dass die Prüfungsrechte des Landesrechnungshofes erweitert werden. Sollte es nicht zu den gewünschten Ergebnissen kommen, dann können wir gerne über weitere Maßnahmen diskutieren.

Aber nein, ohne Rücksicht auf Verluste sprechen Sie die gesamte LIGA an und stellen sie an den Pranger. Davon kommen Sie auch nicht weg, und das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen.

Und ich glaube, was Sie nicht berücksichtigen, ist, ähnlich wie beim letzten PUA, dass Sie hier einen gesamten Bereich benennen. Herr Schulte hat das noch mal anhand einer Zahl zum Ausdruck gebracht: 150.000 Beschäftigte – ich gehe davon aus, dass diese Zahl stimmt –,

(Jochen Schulte, SPD: Herr Scriba sollte das wissen.)

da hängen Familien dran. Und wenn Sie dann – zurzeit sind uns nur Einzelfälle bekannt –, wenn Sie dann so agieren, wie Sie es tun, glaube ich gar nicht, dass Sie in der Lage oder gewillt sind, die Auswirkungen richtig abschätzen zu können, was Sie diesem gesamten Bereich antun.

Deswegen möchte ich – wir werden den Weg ja auch frei machen, und wir lassen uns hier nicht unterstellen, dass wir diesen Untersuchungsausschuss, der Ihnen sozusagen gesetzlich zusteht, irgendwie boykottieren wollen – jetzt schon den Wunsch äußern, dass Sie über die eine oder andere Sache doch noch mal nachdenken und diesen Profilierungsdrang zulasten dieser Mitarbeiter in der Gesamtheit einfach nur ignorieren und nicht vorantragen, um sich selbst, um Ihre Partei, Ihre Fraktion hier in den Vordergrund zu schieben. Ich glaube nämlich, es ist nicht das geeignete Mittel, in dieser Art und Weise zu agieren. Wir werden selbstverständlich kritisch, aber auch konstruktiv mit unseren Vertretern diesen Untersuchungsausschuss begleiten. Dort, wo Vergehen aufgetreten sind, ist ganz klar Aufklärung erforderlich mit entsprechenden Konsequenzen, und dafür steht die CDUFraktion zur Verfügung. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Dr. Manthei.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Land überweist jährlich Steuergeld in Millionenhöhe an die in dem Verein LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Mecklenburg-Vorpommern e. V. organisierten Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege. Mitglieder dieses Vereins, die sogenannten Spitzenverbände, sind die Arbeiterwohlfahrt Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e. V., die Caritas Mecklenburg e. V., der Caritasverband für das Erzbistum Berlin e. V., der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband, Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e. V., das Deutsche Rote Kreuz, Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e. V., das Diakonische Werk Mecklenburg-Vorpommern e. V. und abschließend die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e. V.

Im Haushalt 2016 zum Beispiel hat das Land für diese Spitzenverbände der LIGA nach unserer vorläufigen Prüfung ungefähr dreieinhalb Millionen Euro ausgewiesen. Diese Summe ist verteilt auf verschiedene Haushaltstitel. Zuständig für die Bewilligungen ist das Landesamt für Gesundheit und Soziales MecklenburgVorpommern, ein Amt im Geschäftsbereich des Ministeriums für Soziales, Integration und Gleichstellung. Der

Staat will damit besondere soziale Maßnahmen der sogenannten Spitzenverbände fördern.

Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin aus der Nummer 1.1 der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen, die im Jahr 2014 geschaffen wurde als Verwaltungsvorschrift: „Das Land Mecklenburg-Vorpommern gewährt nach Maßgabe dieser Verwaltungsvorschrift und der Verwaltungsvorschriften zu § 44 der Landeshaushaltsordnung Mecklenburg-Vorpommern Zuwendungen für die aktive Mitgestaltung sozialpolitischer Prozesse durch die in der LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege e. V. … zusammengeschlossenen Landesverbände“ – und jetzt kommt das Entscheidende – „mit dem Ziel der Entwicklung sozialpolitischer Initiativen und Lösungsansätze.“

Man könnte es auch so bewerten, dass Sozialverbände einen Zuwendungszweck erfüllen müssen, der dahin gehend lautet: Du sollst soziale Dinge erledigen. Der Zuwendungszweck ist – vorsichtig formuliert – weit gefasst. Man könnte auch sagen, es ist eigentlich überhaupt nicht konkret ersichtlich, was damit gemeint ist. Der gesamte Geschäftsbereich ist damit abgedeckt. Das wird sich noch auswirken, worauf ich im Folgenden eingehen werde.

Die erste Frage, die sich hier stellt, ist, wie das Geld unter den Spitzenverbänden aufgeteilt wird. Das geschieht nicht etwa durch die Bewilligungsbehörde, sondern die Spitzenverbände entscheiden selber, welcher Spitzenverband wie viel Geld bekommt. Es gibt einen internen Abstimmungsprozess. Es wurde seitens der Landesregierung mehrfach gefragt, nach welchen Kriterien dieser Verteilungsschlüssel erstellt wird. Das ist bis heute unbekannt. Ich beziehe mich hier auf den Landesrechnungshofbericht von 2015. Er kritisiert hieran, dass die Landesregierung ihrer Steuerungsfunktion damit nicht gerecht werden kann.

Der Landesrechnungshof berichtete zudem, dass die Landesregierung wiederholt bei den Spitzenverbänden nachgefragt hat, nach welchen Kriterien der Verteilungsschlüssel erstellt wird. Die Spitzenverbände haben nach dem Ergebnis der Prüfung des Landesrechnungshofs – und ich möchte das ganz bewusst zitieren, bevor hier der Vorwurf der Vorverurteilung kommt, davor möchte ich uns ganz bewusst bewahren –, es ist ein Zitat aus dem Landesrechnungshofbericht, dass der Landesrechnungshof sagt, Zitat, „die Kriterien … bewusst nicht offen gelegt“, und das schon seit über 20 Jahren. Ein bemerkenswerter Vorgang: Der Geldgeber bettelt den Geldempfänger an, dieser soll doch mal bitte schön mitteilen, wie er das Geld verwendet – ein skandalöser Vorgang, der seit Jahren hingenommen wird von den hier, außer der AfD, vertretenen Fraktionen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Und heute wird gesagt, ja, was macht ihr denn, wieso solche Eile. Seit Jahren ist das bekannt.

Zur Veranschaulichung will ich das an einem Beispiel erläutern. Ich habe hierzu den Haushaltstitel Nummer 684.07 aus dem Jahr 2013 gewählt. Das ist der sogenannte LIGA-Titel. Hier haben die Vereine das Geld wie folgt aufgeteilt: Die Arbeiterwohlfahrt bekommt von dem Betrag 15,18 Prozent, Caritas Mecklenburg 5,92 Prozent, Caritas Berlin 2,06 Prozent, DRK 21,51 Prozent, Diakonie 28,97 Prozent und Paritätischer Wohlfahrtsverband

26,36 Prozent. Die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden bekommt aus diesem Titel nichts, wie es sich aus einer Antwort der Landesregierung auf unsere Kleine Anfrage aus unserer Fraktion ergibt. Das nur so als Anmerkung dazu, wir hätten das nicht vorbereitet. Wir haben diesen Antrag in der Tat gründlich vorbereitet. Diese Mitteilung stammt aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Die Landesregierung sieht hierbei den Vorteil, selbst ein aufwendiges Verteilverfahren nicht durchführen zu müssen. Hierzu gibt es erheblichen Klärungsbedarf, denn die Landesregierung verkennt, wie der Landesrechnungshof zu Recht festgestellt hat, dass es rechtswidrig ist, wenn die Antragsteller für eine Förderung selbst darüber entscheiden, wofür Fördergeld verwendet wird. Die Behörde, die die Förderung bewilligt, hat dies zu entscheiden. Der geheime Verteilungsschlüssel widerspricht der Pflicht der Regierung zur Steuerung.

Ich möchte Ihnen, geschätzter Herr Kollege Schulte, kurz erwidern: Das ist ja schön, dass Sie die strafrechtliche Verfolgung für Einzelfälle begrüßen, aber in diesem Untersuchungsausschuss geht es nicht nur um Strafrecht, sondern es geht um Zuwendungsrecht, um Haushaltsrecht und um politische Entscheidungen. Es geht nicht nur darum, hier strafrechtliches Handeln festzustellen.

(Jochen Schulte, SPD: Aber, Herr Kollege Manthei, Sie begründen es doch in der Öffentlichkeit mit dem Fehlverhalten einzelner Personen.)

Ein weiteres Problem besteht in der Verwendung der Förderung. Hierbei ist zu unterscheiden, ob das Geld für unmittelbare Hilfen für die Bürger oder für eine Landesgeschäftsstelle genutzt wird. Auch dies möchte ich an einem Beispiel veranschaulichen, wie die Vereine das Geld prozentual zwischen Ausgaben für eine bloße Landesgeschäftsstelle und unmittelbaren Hilfsmaßnahmen der Wohlfahrtspflege aufteilen. Etwa im Jahr 2013 – das wiederholt sich jetzt, das ist das Gleiche wie vorhin, Prozente, prozentuale Aufteilung, mehr wissen wir da nicht –: Die Arbeiterwohlfahrt hat für die Geschäftsstelle 31,4 Prozent, für unmittelbare Hilfen 68,6 Prozent, die Caritas Mecklenburg für die Geschäftsstelle 21,4 Prozent, für Hilfsmaßnahmen 87,6, Caritas Berlin 15,4 Prozent und für Hilfsmaßnahmen 84,6 Prozent, DRK 32,1 Prozent für die Geschäftsstelle, 67,9 Prozent für Hilfsmaßnahmen, Diakonie 45 Prozent für die Landesgeschäftsstelle, 55 Prozent für unmittelbare Hilfsmaßnahmen und abschließend Paritätischer Wohlfahrtsverband 27,5 Prozent für die Landesgeschäftsstelle und 72,5 Prozent für unmittelbare Hilfsmaßnahmen.

Wieder stellt sich hier die gleiche Frage wie bei der Aufteilung der Fördermittel unter den Spitzenverbänden. Auch hier hat der Landesrechnungshof kritisiert, dass nicht bekannt ist, nach welchen Kriterien die Landesmittel derart unterschiedlich eingesetzt werden. Ich habe nicht ohne Grund die Prozente vorgelesen, weil doch deutlich wird, wie sehr unterschiedlich die Verbände das handhaben. Es ist völlig ungeklärt, warum es so große Abweichungen gibt.

Was passiert nun im Antrags- und Bewilligungsverfahren? Hier besteht die merkwürdige Situation, dass nicht die Bewilligungsbehörde, sondern der Zuwendungsempfänger faktisch darüber entscheidet, wie viel Geld er

bekommt. Das stellt das Zuwendungsrecht auf den Kopf, kritisiert der Landesrechnungshof. Wir schließen uns dem an,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)