Wenn Sie mir heute hier schon die Gelegenheit geben, etwas zum Landesvergabegesetz zu sagen, dann will ich diese Chance auch nutzen und Ihnen deutlich machen, dass die Vorstellungen, die wir als SPD-Fraktion haben, deutlich weiter gehen als die, die in Ihrem Antragstext und in Ihrer Rede formuliert worden sind. Uns geht es eben nicht nur darum, hier einen vergabespezifischen Mindestlohn, egal in welcher Höhe er dann erst mal festgesetzt werden sollte oder festgesetzt wird, zu propagieren. Uns als Koalitionsfraktion, uns als SPD insbesondere geht es darum, tatsächlich bei den öffentlichen Verga
ben die Situation der Unternehmen zu stärken, die hier Tariflohn zahlen. Das ist eine sehr schwierige Aufgabe, denn, Herr Kollege Holter – auch da muss ich Sie sicherlich nicht katholisch reden –, das wissen auch Sie, dass wir da sehr enge Grenzen haben, allein schon durch die europarechtlichen Bestimmungen.
Gleichwohl wollen wir, und das steht ausdrücklich in der Koalitionsvereinbarung drin, dass die Unternehmen, die in diesem Lande Tariflohn zahlen, nicht aufgrund des Umstandes, dass sie höhere Löhne zahlen als diejenigen Unternehmen, die nur einen vergabespezifischen Lohn, in welcher Höhe auch immer, zur Anwendung bringen, bei Vergaben benachteiligt werden. Und dass wir uns explizit dafür eingesetzt haben und auch dies weiter umsetzen werden, dass entsprechend die Förderpolitik hier ganz gezielt an die Leistungen von Tariflöhnen geknüpft wird, das habe ich Ihnen schon gesagt.
Herr Kollege Holter, lassen Sie uns vielleicht am Ende dieses Jahres, wenn wir einen Rückblick halten, was in diesem Lande geschehen ist in den letzten zwölf Monaten, über das Thema noch mal reden, nicht zu Beginn einer Wahlperiode. Wir haben gerade erst Januar 2017, so lange dauert diese Wahlperiode noch nicht. Wir müssen nicht in den ersten drei oder vier Monaten alles das übers Knie brechen, was tatsächlich die Zeit braucht, um zu vernünftigen Ergebnissen zu kommen. Wir werden Ihren Antrag ablehnen. – Vielen Dank.
Liebe Bürger von Mecklenburg und Vorpommern! Wertes Präsidium! Werte Kollegen! Liebe Gäste! Gute Arbeit und gute Löhne, wer will das nicht?!
Herr Holter, es ist sicherlich so, dass Sie den Istzustand mit Ihrem Redebeitrag treffend umschrieben haben, und der Wirtschaftsminister Herr Glawe hat dem die arbeitsmarktpolitischen Zahlen der jüngsten Zeit entgegengehalten. Dazu habe ich an anderer Stelle schon Stellung genommen und da kann ich nur auf den altbekannten Spruch zurückgreifen: Traue nur der Statistik, die du selbst gefälscht hast!
Insofern also kann ich sagen, das, was Sie im Punkt I in Ihrem Antrag dargestellt haben, verdient Zustimmung. Der von Ihnen gewählte Weg allerdings, durch Druck auf die Unternehmen höhere Tariflöhne durchzusetzen, ist mit Sicherheit nicht der richtige Weg, um dem Fachkräftemangel zu begegnen und die Mängel aufzuarbeiten, die Sie aufgezeigt haben. Richtig wäre es, Anreize zu stärken, die junge Menschen dazu bringen, eine Ausbildung im Bereich des Handwerks anzustreben. Dazu gehört zunächst und vor allem mehr als eine Meisterprämie, nämlich ein bildungspolitisches Umdenken. Statt immer mehr Schüler zum Abitur zu bringen und dazu, dessen Leistungsanforderungen bis fast zum Nirwana abzusenken, danach diese möglichst vielen GeradesoAbiturienten auch noch ins Studium zu tragen und sie dann studientechnisch völlig zu überfordern, sodass Psychopharmaka, andere leistungsfördernde Mittel und sogar Drogen inzwischen zum üblichen Repertoire der Studenten gehören, um die Aufnahmefähigkeit zu verbessern und den Studienstress zu ertragen,
Richtig wäre es, die klassische handwerkliche Arbeit weiter aufzuwerten oder genauer gesagt wieder aufzuwerten und deren Wert durch ein schulisches Fundament in einer wiederbelebten Hauptschule deutlich anzuheben.
(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Minister Dr. Till Backhaus: Professoren in die Produktion!)
„Meisterplan statt Masterplan“ heißt also die Divise. Dazu ist die Meisterprämie sicherlich ein Weg in die richtige Richtung, aber viel zu kurz gegriffen. Der richtige Anfang beginnt bei den bildungspolitischen Grundlagen.
Das Gegenteil von dem, was ich eben als richtig aufgezeigt habe, propagiert die regierungsseitige Schulpolitik unter lebhaftem Beifall der Linkspartei. Gerade diese verfehlte Schulpolitik ist einer der tragenden Gründe für den Facharbeitermangel. Dieser Facharbeitermangel ist zu einem guten Teil also hausgemacht und das schmerzliche Ergebnis einer jahrzehntelangen falschen Bildungspolitik, die schon unter der rot-roten, rot-dunkelroten Regierung begonnen hat und von der rot-blassroten Regierung –
mit „blassrot“ meine ich die Kollegen von der CDU – nahtlos fortgesetzt wurde. Den Unternehmen gilt es die Kritik entgegenzustellen, anstatt dauernd auf den Fachkräftemangel hinzuweisen, sollten diese deutlich mehr dazu beitragen, diesen Fachkräftemangel zu beseitigen. Das heißt, sie müssen selbst mehr ausbilden und so für den eigenen Fachkräftenachwuchs in unserem Land sorgen.
Sie müssen die Ausbildungsplätze attraktiver gestalten und auch mehr Entgelt für die Auszubildenden zahlen.
Das wäre der richtige Weg, anstatt auf die Illusionen der angeblich zahlreich vorhandenen Fachkräfte aus dem Bereich der meist illegalen Zuwanderer zu setzen und dann noch eine Ausnahme vom Mindestlohn für diesen Personenkreis zu fordern. Das sind Irrwege auf dem Weg zu mehr Facharbeitskräften.
Jetzt zur Lohnpolitik. Es ist richtig, dass sich Mecklenburg-Vorpommern im Lohnkeller bewegt, richtig und zugleich sehr bedauerlich, und dass die Zahl der Beschäftigten, die nicht nach Tarif bezahlt werden, in unserem Lande leider weiter angestiegen ist. Das kann man so feststellen, ohne dass es dazu unbedingt eines Landtagsbeschlusses bedarf.
Dann sollen wir nach dem Willen der Linkspartei durch Landtagsbeschluss festhalten, dass die Ergebnisse des
Fachkräftebündnisses dürftig sind und dass die Maßnahmen der Landesregierung ins Leere gelaufen sind. So weit, so gut oder eigentlich so weit, so schlecht – dieses Negativzeugnis wollen wir der Regierung gern mit Ihnen zusammen ausstellen.
Dann soll, um auf Ihren Forderungskatalog unter Punkt II einzugehen, ein neues Fachkräftebündnis, das Sie einen „Pakt für Gute Arbeit und Gute Löhne“ nennen, geschlossen werden. Dessen Ziel ist es, ich zitiere, „die Mehrheit der Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern einer Tarifgemeinschaft“, Sie schreiben, dass sie dieser „angehört“, ich sage „zuzuführen“. Anstatt die Ursachen des Fachkräftemangels anzugehen, wollen Sie also mit Druck an der Lohnspirale drehen zulasten gerade der kleinen und mittelständischen Unternehmen, die in diesem Land das Rückgrat der Wirtschaft darstellen.
Außer Acht lassen Sie dabei, dass es gute Gründe gerade für kleine und auch mittelständische Unternehmen in unserem Lande gibt, einer Tarifgemeinschaft oder einem Arbeitgeberverband nicht beizutreten, um die wirtschaftliche,
(Peter Ritter, DIE LINKE: Das sind doch ideale Positionen für Ihre Wählerschaft, Herr Professor Weber.)
um die wirtschaftliche Selbstbestimmung zu erhalten und sich dem meist von Großbetrieben aus anderen Bundesländern dominierten Druck in diesen Arbeitgeberverbänden entgegenstemmen zu können. Wenn Sie dann sagen, Sie wünschen sich mit dem bekannten Druckmittel, dass bis 2020 40 Prozent der Unternehmen und ab 2025 über 50 Prozent der Unternehmen in solchen Verbänden organisiert sind, dann kann ich dazu nur sagen, das ist blanke Illusion und wird ohne massiven Druck nicht durchzusetzen sein. Druck aber ist wirtschaftspolitisch die völlig falsche Weiche.
Meine Damen und Herren, konkret wollen Sie also ein Mehr an Wirtschaftslenkung und einen deutlich stärkeren Einfluss des Landes auf die Unternehmen in diesem Lande durchsetzen. Da kann ich nur sagen, die Linkspartei hat aus den vielen Jahren sozialistischer verfehlter Wirtschaftspolitik in der DDR nichts gelernt.
Statt auf Überzeugung und wirtschaftliche Vernunft zu setzen, setzen Sie auf vermehrten und gerade staatlicherseits durchzusetzenden Druck. Das ist gerade hier mental gerichtet der falsche Weg.
Wäre die Zugehörigkeit zu diesen Verbänden und Arbeitgebervereinigungen wirtschaftlich sinnvoll, würde es solcher Zwangsmittel und Drucksituationen gar nicht bedürfen, dann wären die Unternehmen aus Eigeninitiative dort organisiert. Im Übrigen besteht bereits in sehr vielen Bereichen ein tarifpolitischer Mindestlohn, der den staatlichen Mindestlohn deutlich übersteigt. Und so ganz nebenbei wollen Sie auf diese Weise einen vergabespezifischen Mindestlohn von 11,68 Euro quasi durch die Hintertür und versteckt in Ihrem langen Antrag durchsetzen. Das heißt also, um in den Genuss staatlicher Auf
träge zu gelangen, wollen Sie knapp 3 Euro Zuschlag zum staatlichen Mindestlohn von derzeit 8,94 Euro erheben. Das hätte eines ausdrücklichen Antrages bedurft und hätte nicht so versteckt im Rahmen Ihres Maßnahmenkatalogs geltend gemacht werden sollen. Diese Art und Weise, einen solchen vergabetechnischen Mindestlohn durchsetzen zu wollen, halte ich für unredlich.
Und all das, obwohl schon der staatliche Mindestlohn angesichts der Konkurrenz mit Billiglöhnen insbesondere aus unserem Nachbarland Polen viele Unternehmen an die Belastbarkeitsgrenze führt. Die Reaktion der Unternehmer in unserem Land wird sein, dass viele ihre Arbeit nach Polen auslagern, um mithalten zu können.
Viele Verbraucher werden die Leistungen dieser Unternehmen mit Sitz in Polen in Anspruch nehmen, um die Leistungen bezahlen zu können, ganz zu schweigen von den Reaktionen, die ein solcher vergabepolitischer Mindestlohn auch innerhalb unseres Landes bewirken würde. Großunternehmen aus anderen, vor allem den westlichen Bundesländern, denen die Zahlung eines solchen Vergabemindestlohns durchaus möglich ist, würden die einheimischen Unternehmen von den öffentlichen Aufträgen verdrängen. Denn wo sollen unsere kleinen und mittelständischen Familienunternehmen diesen Lohnaufschlag hernehmen?
Ihr Antrag schafft also nicht nur keine neuen Arbeitsplätze, jedenfalls in unserem Bundesland, sondern vernichtet hier Arbeitsplätze. Und so ganz nebenbei bemerkt fällt dann natürlich auch die Gewerbesteuer nicht hier, sondern in den anderen Bundesländern an. Mehr kann man, glaube ich, mit einem Antrag gar nicht falsch machen.
Nehmen wir dann noch die Initiative der drei Bundesministerien für Arbeit und Soziales, für Finanzen und für Bildung hinzu, die bei Asylbewerbern Ausnahmen vom Mindestlohn zulassen wollen, dann öffnen Sie eine weitere Tür zu einem verhängnisvollen Lohndumping. Zu Recht hat sich schon der DGB energisch dagegen gewandt.
Ich fasse also zusammen: Viel mehr als das, was Sie uns in Ihrem Maßnahmenkatalog unter Punkt II präsentieren, kann man arbeitsmarktpolitisch gar nicht falsch machen. Wenn man stattdessen nur einen Bruchteil der Mittel – die man in die Integration weder integrationswilliger noch integrationsfähiger, sondern abzuschiebender Zuwanderer investiert hat – in eine vernünftige handwerkliche Ausbildung und deren gesellschaftliche Bewertung gesteckt hätte oder wenigstens zukünftig stecken würde, könnte ein guter Teil des angeblichen Fachkräftemangels behoben und der Rest auch mit der Zeit überwunden werden. Wer aber …
Wer aber den ländlichen Raum gerade unseres Landes – und damit meine ich jetzt vor allem auch Vorpommern, trotz oder wegen des neuen Staatssekretärs – immer weiter abhängt,