Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit der hier vorgelegten Novelle erfüllt die Koalition eines ihrer wichtigsten Vorhaben. Beteiligen auch Sie sich an der Verabschiedung dieser Novelle des Kindertagesförderungsgesetzes, liebe Opposition, stimmen Sie dem Gesetz nach dieser Zweiten Lesung zu! – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Wir, die Linksfraktion, stehen hinter der beitragsfreien Kita und haben dahintergestanden. Eine kostenfreie Kita entlastet nicht nur die Eltern, wie wir heute mehrfach gehört haben, und ist damit ein gutes sozialpolitisches Zeichen, sie ermöglicht vor allem den Kindern, jedem Kind gleiche Chancen zum Zugang bei und zu der Bildung.
Bildung ist das höchste Gut, was ein Staat seinen Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen kann. Es ist ein gutes Zeichen im Kampf gegen Kinderarmut. Aber …
Ja, es gibt viele Aber hinsichtlich der Beitragsfreiheit, so, wie sie uns heute im Gesetzentwurf vorliegt, aber ich hätte mir erstens gewünscht, dass sie ausnahmslos gilt, auch in Ferienzeiten im Hort über sechs Stunden hinaus. Ich hätte mir gewünscht, dass die kostenfreie Kita eben nicht auf Pump eingeführt wird, ohne Gewissheit, ob die Finanzierung steht, und drittens hätte ich mir vor allem eine bessere Qualität im KiföG gewünscht. Deshalb liegen Ihnen aus Sicht der Linksfraktion Änderungsanträge vor, die genau das aufgreifen. Nur unter der Annahme der Änderungsanträge wäre einer beitragsfreien Kita aus unserer Sicht zuzustimmen.
Zur Ausfinanzierung: Hier gewinnt man den Eindruck, dass alles, was an Geldern da war, zusammengekratzt wurde, um die kostenfreie Kita zu finanzieren: Landesmittel und Bundesmittel, beispielsweise die Mittel aus dem Gute-KiTa-Gesetz, die vorranging für die Qualitätsverbesserung eingesetzt werden sollten, fließen vollständig in die Beitragsfreiheit. Allerdings wissen wir, dass diese Finanzierung nur bis 2022 steht. Alles, was darüber hinaus geht, ist eben noch offen. Und da widerspreche ich Ihnen auch, Frau Sozialministerin Drese. Weil Landes- und Bundesmittel eben nicht reichten, wurden die Landesmittel schöngerechnet. Beispielsweise wurden für Erzieherlöhne 37.000 Euro angesetzt, statt die tariflich zu zahlenden 45.000 bis 51.000 Euro.
Der Städte- und Gemeindetag bat vor der abschließenden Beratung im Sozialausschuss darum, dass realistische Einkommen der Erzieherinnen und Erzieher zugrunde gelegt werden. Hier möchte ich mal ein Wort an die SPD und an Frau Schwesig richten. In der Einbringung – und auch heute war es wieder zu hören – meinten Sie, dass dieses Gesetz bessere Vergütungen der Erzieherinnen und der Erzieher ermögliche. Das Gegenteil ist der Fall. Sie, Frau Schwesig, als Chefin der Landesregierung, setzten in dem Gesetzentwurf Löhne an, die weit unter den tariflichen Vorgaben lagen: 70 Prozent. Aus unserer Sicht ist das ein Skandal!
Sie schimpfen auf die Wirtschaft, wenn es um die Löhne geht, und setzen selbst Löhne unterm Tarifvertrag an.
Ich hätte mir gewünscht, Sie würden zu Ihrem Wort stehen und für eine tarifliche Entlohnung der Erzieherinnen und Erzieher streiten und dies dann auch genauso in Ihren Gesetzentwurf einpreisen. Deshalb liegt Ihnen heute ein Änderungsantrag von der Linksfraktion vor, der die tarifliche Entlohnung der Erzieherinnen und Erzieher verbindlicher regelt, als es bisher der Fall war.
Sehr geehrte Damen und Herren, kurz vor der abschließenden Beratung signalisierten der Landkreistag und der Städte- und Gemeindetag und eben nicht einzelne Kommunen, dass bei den Landkreisen und kreisfreien Städten mit erheblichen Mehrausgaben für die kostenfreie Kita zu rechnen ist. Rostock rechnet mit 3 Millionen Mehrausgaben, Vorpommern-Rügen rechnet mit 4 Millionen Mehrausgaben und Vorpommern-Greifswald mit 2,9 Millionen Euro Mehrausgaben, Gelder, die den Kreisen für andere wichtige Maßnahmen wie zum Beispiel zur Sicherung der Schulsozialarbeit oder gerade im Landkreis
Ludwigslust-Parchim zur Aufrechterhaltung der Südbahn fehlen. So wird die größte Elternentlastung zur größten kommunalen Belastung. Weitere Folgen sind noch nicht weiter abschließend abschätzbar.
Da, Herr Krüger, hätte ich mir wie beim FAG gewünscht, dass sich die Ministerpräsidentin und die kommunalen Verbände hingesetzt und wirklich nach einem Konsens gesucht hätten und nicht diese Konnexitätsverhandlungen bis kurz vor der abschließenden Beratung angedauert hätten.
Wir als Linksfraktion wollten diese Bedenken der kommunalen Verbände ernst nehmen und beantragten eine weitere Anhörung im Sozialausschuss zu genau diesem Thema. Und wie vorhin schon berichtet wurde, war es gerade die SPD in ihrer Selbstherrlichkeit, die dieses abgelehnt hat. Aus diesem Grund liegt Ihnen ein Änderungsantrag seitens der Linksfraktion vor, der die vom Landkreistag und Städte- und Gemeindetag vorgesehene Landesquote von 58,06 Prozent übernimmt.
Sie, Frau Schwesig, lösen Ihre Versprechen ein, indem Sie andere heranziehen, sei es der Bund, seien es die Kommunen, Hauptsache, das Ergebnis stimmt. Nein, meine Damen und Herren von SPD und CDU, das Finanzierungsgerüst ist halbgar und es wird uns allen früher oder später auf die Füße fallen.
Oder verkaufen Sie die kostenfreie Kita dann genauso wie die Ausfinanzierung der mittelbaren pädagogischen Arbeitszeit? Ich war entsetzt, als ich noch mal die Einbringungsrede von Frau Schwesig nachlas. Da begründen Sie, Frau Schwesig, doch tatsächlich, dass auch dieser Gesetzentwurf Qualitätsverbesserung brächte. Irgendwie mussten Sie ja die Qualität hier auch reinbringen. Ich zitiere mal die Begründung, warum dieser Gesetzentwurf mehr Qualität bringt, Zitat: „Ich bin sehr dankbar dafür, dass die Sozialministerin einen Weg gefunden hat, dass wir zusätzliche Mittel mit diesem Gesetz nicht nur für die Beitragsfreiheit feststellen, sondern auch für mehr Qualität, indem wir die Vor- und Nachbereitungszeit besser ausfinanzieren. Das ist eine gute Nachricht für die Fachkräfte.“ Als ich das las, kam ich wirklich aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus. Sie verkaufen es als Qualitätsverbesserung, wenn Sie Standards, die Ihre Regierung und auch die Regierungskoalition durch vorangegangene Gesetze festlegte, nämlich die mittelbare pädagogische Arbeitszeit, jetzt endlich nach Jahren ausfinanzieren. Ich finde das unerhört!
Gestern überraschte uns Frau Julitz kurz vor dem Abschluss des parlamentarischen Verfahrens zum KiföG mit dem gleichen Gebaren. Da hieß es: „Zur Steigerung der Qualität hat gestern die SPD … 1,7 Millionen Euro rückwirkend ab dem 01.01.2019 bis zum 31.12.2019 lockergemacht für die Stärkung der Fachkraft-Kind-Relation und der mittelbaren pädagogischen Arbeit.“ Das heißt nicht etwa, dass wir diese gesenkt hätten, nein, das bedeutet, dass wir die Fachkräfte, die Standards jetzt endlich ausfinanzieren. Da frage ich Sie: Was haben wir denn bisher getan? Als wir die mangelnde Ausstattung,
finanzielle Ausstattung der Standards hier angeprangert haben, haben Sie immer gesagt und sich selbstherrlich hingestellt, es ist alles ausfinanziert. Jetzt steuern Sie selbst nach, weil Sie sehen, dass sich die Gelder eben nicht für die Standards, die wir im KiföG setzen, umsetzen. Das ist für uns ein Zeichen für unseriöse Finanzpolitik zulasten der Kommunen, zulasten der Erzieherinnen und Erzieher, zulasten der Kinder.
Wir meinen, jeden Standard, den wir in Kitas setzen, müssen wir ausfinanzieren, und zwar mit Hineinschreiben in das Gesetz, alles andere ist halbherzig. Ich frage mich dann, ob es auch bei der kostenfreien Kita so sein wird, dass Sie sich in den nächsten zehn Jahren hierherstellen und es als Qualitätsverbesserung verkaufen wollen, dass diese Kostenfreiheit dann endlich ausfinanziert ist. Nein, für solche Spielchen ist die kostenfreie Kita viel zu ernst und insgesamt der Bereich Kita. Das ist keine verantwortungsvolle Politik, sondern eine Politik zulasten der Erzieherinnen und Erzieher.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich kann vor dem Hintergrund solchen Agierens den Unmut der Erzieherinnen und Erzieher, den wir auch heute vor dem Schloss erleben durften, verstehen. So heißt es beispielsweise in einem Leserbrief einer Erzieherin: „Die Beitragsfreiheit zählt mehr als die Verbesserung der Qualität unserer pädagogischen Arbeit. Das kann und darf nicht sein!“. Ich glaube, wir sollten diese Worte der Leiterin ernst nehmen und hier im Landtag ein Zeichen setzen für eine verbesserte Qualität. Deshalb meinen wir: Qualität und Kostenfreiheit dürfen sich nicht ausschließen. Die Erzieherinnen und Erzieher brauchen ein Zeichen für Qualitätsverbesserung, Stichwort „kleinere Gruppen, bessere FachkraftKind-Relation“. Sie sind schon jetzt an der Belastungsgrenze und letztendlich geht dies zulasten der Betreuung und Bildung der Kinder in den Kindertagesstätten in Mecklenburg-Vorpommern, unter anderem auch, weil wir hier den schlechtesten Fachkraft-Kind-Schlüssel bundesweit haben. Gelder des Bundes hätten eben für diese dringend notwendigen Qualitätsverbesserungen eingesetzt werden müssen. Ich sage nur das Stichwort „FachkraftKind-Relation“, denn auch hier setzt das KiföG – egal, ob das alte oder neue – Standards, Standards, die schon heute nicht umgesetzt werden, weil auch hier die Finanzierung und die Fachkräfte dafür fehlen.
Ich rede hier vom Personalschlüssel. Wir haben im KiföG die unterschiedlichen Fachkraft-Kind-Relationen für die Bereiche Krippe, Kindergarten und Hort. Rechnet man das in Personal um, was dafür gebraucht würde, inklusive der Fehltage, wie Urlaubstage, Krankheitstage, Fort- und Weiterbildungstage, sehen wir, dass in den Landkreisen und kreisfreien Städten mit den dort unterschiedlichen Personalschlüsseln die Fachkraft-Kind-Relation schon jetzt nicht umgesetzt werden kann und umgesetzt wird. Deshalb müssen hier landeseinheitliche Personalschlüssel her, die tatsächlich sicherstellen, dass eine Erzieherin 6 Kinder in der Krippe, 15 im Kindergarten und 21 im Hort betreut und eben nicht mehr. Deshalb liegt Ihnen auch ein Änderungsantrag seitens der Linksfrakti
on vor, der eine Verordnungsermächtigung hinsichtlich der landeseinheitlichen Personalschlüssel fordert, damit die Standards im KiföG endlich umgesetzt werden können. Und da reden wir noch lange nicht darüber, dass wir die Fachkraft-Kind-Relation verbessern, denn auch wir sehen das Fachkräfteproblem.
Wir sehen es als die größte Herausforderung im Kitabereich. Jahrelang haben SPD und CDU die Forderung der Linksfraktion nach einer realistischen Ausbildungsplatzplanung abgelehnt und heute stehen wir vor deren Herausforderungen,
die Folge Ihrer verfehlten Politik. Nach vorn gerichtet schlagen wir deshalb die stufenweise Verbesserung des Personalschlüssels vor. So oder so müssen wir jetzt handeln, die Bedarfe an Erzieherinnen und Erziehern feststellen und dementsprechend ausbilden. Tun wir das nicht, so bleibt uns nur, das Fachkräftegebot in den Kitas immer weiter aufzuweichen. Auch eine Fachkräfteoffensive, so, wie es in dem Änderungsantrag von SPD und CDU vorgeschlagen wird, würde das Problem nicht lösen, denn mittlerweile stehen alle Bundesländer vor diesen Problemen.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich höre hier im Landtag immer die Lobhudeleien für das tolle Fachkräftegebot in Mecklenburg-Vorpommern. Das sehe ich anders. Wir weichen es immer mehr auf, und insbesondere rechnen wir Auszubildende auf Personalschlüssel an, die eben noch keine Fachkräfte sind.
Für die Fraktion der SPD hat der Abgeordnete Jörg Heydorn eine Kurzintervention nach Paragraf 81 angemeldet. Bitte schön, Herr Heydorn.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Bloß gut, dass wir das eingeführt haben, das Instrument, was? – Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU – Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, wer hat es erfunden?)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich wundere mich schon sehr darüber, welche Argumente hier bedient werden, dieses
Gesetzesvorhaben zu kritisieren. Also auf der einen Seite – das hat die AfD auch schon gemacht – gibt es den Hinweis mit Befristung der Bundesmittel, dass das Geld nicht ausreichen könnte und wir künftig dieses Gesetz nicht werden ausfinanzieren können. Sieht irgendjemand in dem Gesetz eine Befristung? Steht in eben diesem Gesetz an irgendeiner Stelle, das gilt nur bis zum 31.12.2021 oder 2022? Das werden Sie nicht finden und insofern ist das ein unbefristetes Gesetz. Wir werden diese Verpflichtung natürlich erfüllen und wir werden das leisten, egal, woher das Geld kommt.
Das ist also an den Haaren herbeigezogen, und ich finde es schon abenteuerlich, als wenn man nichts anderes machen kann, als das zur Grundlage von Kritik zu nehmen.