Protokoll der Sitzung vom 05.09.2019

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben natürlich eine sehr aufgeheizte Debatte und da weiß ich selbst auch nicht, ob man immer die richtigen Worte findet. Das gilt zumindest für mich, vielleicht auch für den einen oder anderen.

Und ich will auch schon sagen, ich glaube, dass nicht nur eine Polarisierung in der Gesellschaft, sondern hier auch in der Debatte ja möglicherweise zu dem führt, was der eine oder andere gar nicht beabsichtigt, nämlich, dass die Ränder, die Extreme weiter gestärkt werden und wir uns sozusagen in eine Spirale begeben, die dann, Herr Kollege Fernandes, auch solche Dinge nach sich zieht wie zum Beispiel Angriffe auf Ihr Fahrzeug. Sind es nicht dann Dinge, wo ich so sage, den Geist, den ich gerufen habe, dass das möglicherweise dann die Folge ist?

(Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD)

Und deswegen warne ich eigentlich vor einer Polarisierung, nicht vor einer Verurteilung von Rechtsradikalismus und Linksradikalismus.

(Dr. Ralph Weber, AfD: „Und“! Das ist das Entscheidende!)

Davor warne ich aber, dass wir eine Polarisierung möglicherweise aus taktischen Gründen auf die Spitze treiben, die nämlich aus meiner Sicht zu dem Thema, das Herr Sellering angesprochen hat, führt, dass nämlich die Demokratie mit ihren Institutionen in Gefahr ist.

Und um das auch noch mal klar zu sagen, kein Mensch sagt, dass die AfD gleichzusetzen ist mit Nazis oder Ähnlichem, wenn das in der Diskussion ist.

(Horst Förster, AfD: Sie nicht. – Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Das gilt zum Ersten auf keinen Fall für Ihre Wählerschaft, das gilt zum Zweiten nicht für Ihre Partei als Organisation in der Gesamtheit, aber Sie müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, wenn Führungskräfte und nicht irgendwelche Leute, nämlich Führungskräfte wie Höcke und Co agieren, wie sie agieren. Und insofern müssen Sie sich dann den Vorwurf gefallen lassen bezogen auf solche Personen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sie brauchen doch nicht nach Höcke zu gucken. Gucken wir uns hier im Saal um!)

Und was mich eigentlich nach vorne getrieben hat,

(Zuruf von Stephan J. Reuken, AfD)

ist die Tatsache, auch aus Gesprächen mit Bürgern, dass ich dazu, was insbesondere zwischen den Abgeordneten Sellering und Förster hier noch mal diskutiert wurde, die Gefahr für unsere Demokratie, dass ich vielleicht doch noch zwei/drei Dinge aus meiner Sicht dazu sagen möchte, auch mit Blick auf Sie, Herr Förster, und möglicherweise auf den einen oder anderen Kollegen, den ich versuche zu erreichen.

Ich habe vor circa zwei Jahren mal in Richtung Professor Weber ganz deutlich gesagt, dass es ein Sprichwort gibt, das ja so sinngemäß lautet, dass aus Gedanken Worte

werden, und aus Worten werden Taten. Und ich glaube, das ist immer noch der richtige Ansatz, den Sie bei Ihrem Durchdenken der Situation beherzigen sollten. Sie müssen, wir alle müssen sicherlich zur Kenntnis nehmen, dass wir sehr komplexe Vorgänge in der Politik, in der gesellschaftlichen Entwicklung betrachten müssen. Und die große Gefahr, die ich dann persönlich sehe, ist, dass diese einfachen Botschaften im Vergleich zu dieser komplexen Situation, die wir haben, bei dem einen oder anderen Wähler Wahlergebnisse hervorrufen, so, wie sie sich im Moment darstellen.

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Das kann man für den, der davon profitiert, gut finden, das kann man gut finden. Ich sage Ihnen, ich sehe sogar dann die Gefahr bei extremen Kräften wie Höcke zum Beispiel, dass solche Leute in eine Wahnvorstellung kommen, in eine Entwicklung, sich weiter zu radikalisieren. Der Erfolg spornt sie dann dazu an, und das führt aus meiner Sicht dann genau dazu, was, wie ich glaube, möglicherweise, Herr Förster, Sie auch nicht wollen, eine weitere Spaltung der Gesellschaft, von dieser Spirale, von der ich spreche.

Und die weitere Spaltung dieser Gesellschaft führt dazu, dass wir möglicherweise, ich will es nicht hoffen, in eine Situation kommen, dass unsere Demokratie, auf die Sie ja auch abschwören, und unsere Institutionen nicht mehr in der Lage sind – und dafür stehe ich, dafür kämpfe ich, dass dieser Zustand eben nicht eintritt, aber es ist schwierig in dieser Demokratie, auch in dieser komplexen Situation –, dann inhaltlich gegenzuhalten. Ich für meinen Teil tue das. Ich will Sie auffordern – ich weiß nicht, ob ich in diesem Punkt jetzt die Weisheit, auf Deutsch gesagt, mit Löffeln gegessen habe –, aber ich fordere Leute wie Sie auf, darüber nachzudenken, wo ist dann stopp, wo ist halt, dass diese Spirale nicht so weiter in Gang gesetzt wird, dass es zu dem kommt, was, denke ich mal, die meisten Menschen in diesem Land nicht wollen. Das war mir noch mal wichtig, an dieser Stelle zu dieser Diskussion beizutragen.

Ich will auch noch mal meiner Kollegin Frau von Allwörden danken, dass sie nämlich in einer Art und Weise ruhig, sachlich, anhand von Fakten hier in die Diskussion geht und versucht – vielleicht war das auch nur mein Empfinden –, das auch so zu transportieren, dass wir eben keine Polarisierung wollen. Und wir sagen aber auch ganz deutlich, die SPD hat sich positioniert zu Formulierungen in diesem Antrag, die LINKEN kommen mit Änderungsanträgen und sagen, wir sollten jetzt aus „Rechtsextremismus“, Entschuldigung, aus „Extremismus“ unbedingt „Rechtsextremismus“ machen. Ich sage Ihnen, zumindest die gefühlte Lage bei mir ist, wenn es um einen Angriff auf eine Institution wie die Polizei geht, dass – ich kann das jetzt anhand von Zahlen nicht belegen, aber ich glaube, die Statistik wird es beweisen –, dass dann die Angriffe von Linksextremisten bezogen auf die Polizei bedeutend größer sind als vonseiten des Rechtsextremismus. Und deswegen, glaube ich, ist es richtig, in diesem Antrag von „Extremismus“ zu sprechen. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und AfD)

Einen Moment, Herr Renz!

Auch zu Ihrem Debattenbeitrag ist eine Kurzintervention von Herrn Professor Weber, Fraktion der AfD, angemeldet worden. Bitte schön.

Liebe Bürger von Mecklenburg und Vorpommern! Frau Präsident! Werte Kollegen und liebe Gäste!

(Thomas Krüger, SPD: Er kriegt es nicht hin.)

Es ist schon merkwürdig. Da haben wir einen Antrag, der im Kern darauf hinausläuft, engagierte Menschen vor Gewalt zu schützen, das sollte unser aller Ziel sein –

(Beifall Jens-Holger Schneider, AfD)

dass in dem Antrag vor allem auf extremistische Gewalt abgestellt ist, ist dem politischen Hintergrund geschuldet –, und dann kommt Herr Barlen

(Julian Barlen, SPD: Es geht um die Gruppe „Nordkreuz“ in dem Antrag!)

und trägt hier vor,

(Zuruf von Julian Barlen, SPD)

dass ausschließlich die Opfer von rechter Gewalt plötzlich Ziele dieses Antrags sind, negiert plötzlich völlig, als ob es keine Opfer von linker Gewalt gäbe, keine Opfer von terroristischer Gewalt.

(Andreas Butzki, SPD: Das ist doch keine Intervention auf diese Rede hier!)

So eine Einseitigkeit hier im Hause – es tut schon bitterlich weh, das zu hören.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das war nicht das,

(Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

was mit dem Antrag, glaube ich,

(Zuruf von Dirk Friedriszik, SPD)

gemeinsam gewollt war, sonst hätte wahrscheinlich die CDU das nicht so unterstützt. Es geht um die Opfer von Gewalt.

Und ich möchte noch daran erinnern, weil Sie „Nordkreuz“ nennen,

(Zuruf von Elisabeth Aßmann, SPD)

noch mal, auch auf dieser,

(Andreas Butzki, SPD: Da ist die Kurzintervention!)

auch auf dieser Liste steht die AfD, stehen wir als potenzielle Opfer von Gewalttaten,

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

diejenigen, für die die Leichensäcke gekauft

(Zuruf von Julian Barlen, SPD)

und die dann mit Kalk eingelöscht werden sollen. Das heißt, da sind wir alle Opfer. Niemand von uns wird irgendeine Form von Rechtsextremismus und rechtsextremer Gewalt in Schutz nehmen,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

aber wir haben was dagegen, wenn so getan wird, als ob nur deren Opfer schutzwürdig sind und die Opfer von linker Gewalt und islamistischer Gewalt, die könne man unter den Tisch kehren. Gewalt gehört überhaupt nicht in die Politik und alle Opfer von Gewalt in der Politik sind gleich schützenswert.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Julian Barlen, SPD: Dass Sie sich gern als Opfer darstellen, ist bekannt.)