Da Mecklenburg-Vorpommern zu den Nettoempfängerländern zählt, wird dies Auswirkungen auf unsere Einnahmen haben. Bis 2023 rechnen die Steuerschätzer wegen der trüben Konjunktur mit insgesamt 7,1 Milliarden Euro weniger Einnahmen, als noch im Mai 2019 vorhergesagt worden waren. Wir sehen deshalb in der Einnahmesituation des Landes für den Haushaltszeitraum 2020/2021 deutliche Risiken und kritisieren aber auch die Beseitigung des bisher üblichen Sicherheitsabschlags im Haushaltsentwurf bei den Steuereinnahmen.
Aus den Auskünften der zuständigen Minister auf Anfragen der AfD haben wir entnommen, dass die Umsatzsteuermehreinnahmen infolge des sogenannten GuteKita-Gesetzes, des Paktes für den Rechtsstaat und aus der Beteiligung des Bundes an den Integrationskosten im Haushaltsentwurf der Regierung bereits enthalten sein sollen. Diese Auskunft erscheint aus unserer Sicht insofern fragwürdig, weil sich zum Beispiel der Bund und die Regierungschefs erst im Juni 2019 auf die Weiterführung der flüchtlingsbedingten Kosten verständigt hatten.
Zweitens, zu den Kommunalfinanzzuweisungen, Kapitel 1102: Bei den Finanzzuweisungen einschließlich Finanzausgleichsleistungen an die Kommunen wurden durch die Koalitionsfraktionen insgesamt 34 Titel im parlamentarischen Verfahren abgeändert. Durch diese Änderungen sollen die Ergebnisse des Fortsetzungsgespräches zwischen den kommunalen Landesverbänden und der Regierung vom September 2019 umgesetzt werden. Eine Prüfung dieser Änderungen durch die kommunalen Landesverbände oder eine erneute Verbandsanhörung ist nicht erfolgt. Vertreter der Opposition waren bei den Gesprächen in der Staatskanzlei nicht dabei und können somit die Anträge auch nicht umfassend bewerten.
Wir kritisieren die Intransparenz dieses Verfahrens, auch, weil anschließende Anhörungen im Finanzausschuss aus Zeitgründen gar nicht mehr möglich waren.
Aus unserer Sicht ist es nicht fair gegenüber den 726 Gemeinden im Land, wenn zum Beispiel durch den Haushalt heute der vertikale Finanzausgleich mit den Kommunen festgelegt wird und dann erst im März 2020 nur noch Kleinigkeiten, nämlich in der horizontalen Verteilung zwischen den Kommunen geregelt werden können. Das war einer der Gründe, weshalb die AfD-Fraktion eine Dritte Lesung des Haushaltsentwurfs beantragt hat, nämlich um zeitlichen Einklang mit der Verabschiedung des FAG herzustellen. Das haben Sie heute abgelehnt.
Nun einige Bemerkungen zur Gemeindesteuerkraftzuweisung des Bundes: Die Einnahmen vor Finanzausgleich der Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern liegen bei etwa 60 Prozent des Durchschnitts aller deutschen Gemeinden. Unsere Gemeinden sind im Bundesvergleich arm, wir haben es heute mehrfach gehört. Deshalb erhält das Land ab 2020 dauerhaft Zuweisungen des Bundes zum Ausgleich der Finanzkraftunterschiede auf Gemeindeebene als Gemeindesteuerkraftzuweisung. Die SPD-CDU-Regierung ist nicht bereit, dieses Geld vollständig an die kommunale Ebene bei uns im Land durchzureichen, sondern nur zu circa einem Drittel und gegebenenfalls in Form von landespolitischen Förderprogrammen. Finanzielle Eigenverantwortung aber erreichen wir nicht, indem wir die Gemeinden zu Bittstellern bei einer Vielzahl von Fördertöpfen machen. Eigenverantwortung erwerben die Kommunen nur durch Wirtschaften mit eigenen Mitteln.
Deshalb muss die angemessene finanzielle Grundausstattung der Gemeinden aus Sicht der AfD-Fraktion vor zweckgebundenen Forderungen stehen.
Die Bürger und Kommunalpolitiker, Herr Liskow, vor Ort wissen am besten, was sie brauchen und wo das vorhandene Geld sinnvoll eingesetzt werden muss.
Und sollte dies einmal nicht der Fall sein, so haben die Akteure vor Ort dies dann auch vor ihren Wählern zu verantworten.
Wir teilen die Sorgen des Städte- und Gemeindetages, des Landkreistages und etlicher Bürgermeister von Grundzentren, die trotz der Neugestaltung des BundLänder-Finanzausgleichs und des derzeit in der Diskussion befindlichen FAG M-V keine hinreichende Finanzausstattung der Kommunen befürchten. Wir werden die Auswirkungen der neuen Regelungen beobachten und dauerhaft kritisch begleiten.
Drittens, zu den Versorgungsleistungen im Kapitel 1107: Die Ausgaben für Versorgung, Unfallfürsorge und Ausgleichsbeträge sind in 2020 mit 452 Millionen Euro und für 2021 mit 476 Millionen Euro geplant. Damit sind die Versorgungsaufgaben gegenüber dem Ansatz aus 2019 um 13 Prozent beziehungsweise 19 Prozent gestiegen. Dieser Anstieg ist unseres Erachtens unverständlich hoch. Er könnte durch Steigerungen bei den Versorgungsbezügen oder auch durch eine vorzeitige Verset
zung in den Ruhestand vor Erreichen der Regelaltersgrenze verursacht worden sein. Wir werden dies weiterhin verstärkt beobachten und untersuchen.
Aus unserer Sicht ist eine verstärkte Kontrolle der Versorgungsaufgaben nämlich notwendig, weil unser Land derzeit gegenüber dem Versorgungsfonds eine implizite Verschuldung durch zukünftig noch nicht gedeckte Versorgungslasten in Höhe von 8,3 Milliarden Euro ausweist.
Dies ist für zukünftige Generationen eine erhebliche Belastung und ein Zeichen für nicht nachhaltiges Handeln der derzeitigen Regierung.
Viertens, zur Entnahme aus der Ausgleichsrücklage, Kapitel 1111: In Kapitel 1111 sind die Entnahmen aus der Ausgleichsrücklage geplant, insgesamt 326,7 Millionen Euro in 2020 beziehungsweise 130,3 Millionen Euro in 2021. Diese Entnahmen sind im Rahmen der Haushaltsberatungen durch die SPD-CDU-Abgeordneten für 2020 um 9,5 Millionen Euro gekürzt worden. Dadurch sinken die Übergangszuweisungen für kreisangehörige Zentren um genau diesen Betrag.
Bemerkenswerterweise ist demgegenüber eine Kürzung der Entnahmen aus der Ausgleichsrücklage für Asyl- und Flüchtlingsangelegenheiten von der Regierungskoalition nicht vorgenommen worden, obwohl sich im Juni 2019 der Bund und die Regierungschefs auf die Weiterführung der flüchtlingsbedingten Kostenübernahme durch den Bund verständigt hatten, wodurch dem Land eine Mehreinnahme von circa 20 Millionen Euro zufließen wird, aber die sollen ja bereits, wie der Finanzminister angegeben hatte, im Haushaltsplan enthalten sein, nur, dass die flüchtlingsbedingten Mehrkosten 2020 die Summe von Integrationskosten für Flüchtlinge, die Summe von 20 Millionen Euro gar nicht erreichen.
Wir haben kein Verständnis dafür, dass einerseits Umsatzsteuermehreinnahmen für diesen Zweck vom Bund veranschlagt werden und andererseits 9,6 Millionen Euro aus der Ausgleichsrücklage entnommen werden sollen. Nach der ursprünglichen Finanzstrategie der Koalitionsfraktionen sollte die Ausgleichsrücklage einen Dauerbestand von 500 Millionen Euro aufweisen.
Zusätzlich zu den 500 Millionen Euro im Bestand des Sondervermögens Konjunkturausgleichsrücklage, beide, also 1.000 Millionen, also 1 Milliarde sollen zur Abfederung von Konjunkturkrisen zur Verfügung stehen. Die Höhe ergibt sich aus Kalkulationen des Krisenszenarios um 2007/2008. Genau diese aufgeführte Ausgleichsrücklage wird aber laut Mittelfristiger Finanzplanung bereits bis 2024 komplett verbraucht.
Lassen Sie mich abschließend noch auf ein Kuriosum bei der Entnahme aus der Ausgleichsrücklage hinweisen. In den Erläuterungen zur Entnahme aus der Ausgleichsrücklage werden 16 Zweckbestimmungen benannt, darunter Vorpommern-Fonds, Sonderprogramm, Feuerwehr und so weiter. Unter Position 16 ist als Zweckbestimmung schlicht „Haushaltsausgleich“ genannt, und der beinhaltet sage und schreibe nahezu 65,2 Millionen Euro, 65,2 Millionen Euro, die keiner konkreten Zweckbindung zugeordnet sind, die der Landesregierung sozusagen als beliebig einsetzbarer Puffer zur Verfügung stehen.
Meine Damen und Herren Abgeordnete, verehrter Herr Minister Meyer, ich halte dies alles nicht für eine solide Haushaltsplanung.
Als Ausschussvorsitzender lassen Sie mich zum Schluss noch ebenfalls einen Dank an das Ausschusssekretariat sagen, die wirklich eine hervorragende Arbeit geleistet haben und die vielen Hunderte Änderungsanträge perfekt abgearbeitet haben. Also dafür meinen Respekt an die Mitarbeiter des Ausschusssekretariats! – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Dr. Jess, mich irritiert ein wenig, aber das versuche ich jetzt mal nachzuholen, dass wir ja ausführlich über die Steuerschätzung im Finanzausschuss gesprochen haben. Die Mitglieder des Finanzausschusses wissen das.
Nein, aber offensichtlich hat das, was wir als Diskussion geführt haben, bei Ihnen noch nicht zu einem Prozess geführt, das da nachvollziehen zu können. Deswegen mache ich das an der Stelle noch mal ganz kurz, warum wir so mit diesem Haushalt umgegangen sind im Unterschied von der Mai- zur November-Steuerschätzung.
Zunächst einmal: Was heißt Steuerschätzung? Das ist ja immer so die Illusion, das bedeutet weniger Einnahmen. Nein, als Erstes, weniger von mehr Steuereinnahmen ist der Unterschied der Steuerschätzung November zu Mai, weniger von mehr Steuereinnahmen.
Das Zweite ist, der Bund hat am wenigsten weniger von mehr, dann die Länder so ungefähr in der Mitte und bei den Gemeinden ist es eher auch noch positiv gegenüber der Mai-Steuerschätzung, was die Folgejahre angeht, einfach zur Einordnung, darüber haben wir ja gesprochen.
Nun die Ergebnisse für die Haushaltsjahre, die hier relevant sind für das Land: 2020 8,4 Millionen Euro weniger vom Mehr und im Jahre 2021 3,6 Millionen Euro weniger vom Mehr. Und angesichts dieser Summen und eines Gesamtvolumens von 9 Milliarden Euro des Haushaltes haben wir gesagt, und das haben wir auch sehr deutlich gemacht, das bedarf keiner Korrektur des vorgelegten Haushaltsentwurfes. So ist der Zusammenhang noch mal zur Klarstellung.
Dann zu dem, was Sie gesagt haben zur Gemeindesteuerkraft: Ja, wir sind in Mecklenburg-Vorpommern dasjenige Land mit der geringsten Gemeindesteuerkraft pro Kopf, wenn man das Ranking der Bundesländer sich anguckt. Und dann kommt etwas dazu, nämlich an Bundesmitteln, an Landesmitteln. Wir sitzen nämlich gemeinsam in einem Boot, Land und Kommunen. Das bringt uns dazu, dass wir die Kommunen in die Lage versetzen zu investieren, und das ist allein die Leistung von Land und Bund zusammen. Das machen wir, damit unsere Kommunen vor Ort entsprechend investieren können, also das noch mal für den Zusammenhang.
Dann haben Sie angesprochen die Flüchtlingskosten. Da sage ich Ihnen ganz offen, wenn man einen Verhandlungsprozess beginnt 2018 mit dem Bund, wenn man 2019 zu einem Ergebnis kommt, dann wird man natürlich das, was man erreicht hat, möglichst schnell in den Haushalt einstellen, weil – und jetzt kommt der entscheidende Punkt, Sie haben das ja an anderer Stelle betont – die Mittel weniger dem Land zugutekommen als vor allen Dingen den Kommunen, über die Kosten der Unterkunft, über die Asylbewerberpauschale 670 Euro et cetera. Und das Land hat ja nichts anderes gemacht, als frühzeitig Planungssicherheit für die Kommunen zu schaffen, damit sie die entsprechenden Aufgaben dann auch vor Ort erledigen können. Auch dazu noch mein klarer Hinweis, wie der Zusammenhang tatsächlich ist. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.