Zum Ersten, bei Angriffen gegen den Staat gibt es bereits strafrechtliche Regelungen wie die des Paragrafen 90a StGB, wonach die Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole unter Strafe gestellt werden. Darunter könnte man „Deutschland verrecke“ subsumieren.
Zum Zweiten wären Ihre Beispiele, die Sie in der Begründung Ihres Antrages erwähnen, nicht durch Ihren eigenen Änderungsvorschlag des Paragrafen 130 StGB erfasst. Solche Ausdrücke wie „Deutschland ist scheiße“ fallen derzeit nicht – und auch nicht nach Ihren Änderungswünschen – unter den Tatbestand der Volksverhetzung. Diese Äußerungen richten sich nicht gegen Deutsche als Volk, sondern gegen den Staat, und als solche sind sie von vornherein nicht von Paragraf 130 StGB erfasst. Nach der Gesetzessystematik ist aber gerade im Volksverhetzungsparagraf nicht der „Staat“ das Gut, was geschützt werden soll, sondern – Frau Justizministerin hat es bereits ausgeführt – der „öffentliche Friede“ innerhalb eines Staates.
Diese Aussprüche „Deutschland ist scheiße“ stellen Meinungsäußerungen dar. Die Meinungsäußerung ist ein sehr hohes Gut,
das unter anderem durch Artikel 5 Grundgesetz gedeckt ist, und das ist auch gut so. Grenzen der Meinungsfreiheit finden sich in der Beleidigung eines anderen und in dem eben hier stehenden Paragrafen der Volksverhetzung. Bei der Volksverhetzung kommt es auf die Gefährdung des öffentlichen Friedens an. Durch die Strafdrohung soll bereits im Vorfeld das Entstehen eines Meinungsklimas verhindert werden, in dem bestimmte Menschen aggressiv ausgegrenzt werden und dadurch die Gefahr geschaffen wird, dass sie auch zu Opfern physischer Gewaltanwendung werden kö nnen.
Wir haben es schon gehört, das resultiert natürlich aus den Erfahrungen der NS-Zeit und dient dem Minderheitenschutz. Die Betonung liegt dabei auf Minderheitenschutz – Sie wollen einen Mehrheitsschutz daraus machen –, denn die Gefahr der Gefährdung des öffentlichen Friedens besteht gerade nicht, wenn die Mehrheit der Bevölkerung, also die Deutschen als Volk, angegriffen wird. Dann ist die öffentliche Sicherheit nicht gefährdet. Es kann dann immer noch als Beleidigung oder nach Paragraf 90a StGB strafbar sein, aber eben nicht von Paragraf 130 erfasst – was auch richtig ist, wenn ich mir die Strafe anschaue: Freiheitsstrafe nicht unter drei Monaten, ich wiederhole es.
Wir lehnen den Antrag ab, weil er aus unserer Sicht nur als populistisch einzustufen ist und zweitens Ihr Ände
Bestrafen, Meinungen unterbinden, Menschen als „antideutsch“ einordnen, ausgrenzen, Ängste schüren – das ist augenscheinlich Ihr Weg. Diesen teilen wir als LINKE ausdrücklich nicht.
Wäre dies nach Ihrem Willen schon strafbar, unsere Meinung? Ist das schon „antideutsch“, was ich heute hier vortrage?
Sehr geehrte Dame und sehr geehrte Herren, wenn die von Ihnen zitierten Beispiele nun nicht erfasst sind, dann stellt sich mir doch die Frage: Für wen machen Sie eigentlich diesen Antrag? Wer ist Ihre Klientel? Gegen wen er gerichtet ist, haben wir schon herausgearbeitet. Da fallen mir bei diesem Antrag eigentlich nur diejenigen ein, die in Wort und Bild rassistisch, antisemitisch oder wie auch immer hetzten, dann die Anzeige wegen Volksverhetzung bekommen und sich ungerecht behandelt fühlen, weil die anderen ja vermeintlich gegen die Deutschen hetzen dürfen, man selber dafür aber bestraft wird. Vielleicht sollten Sie diesen Leuten mal sagen, dass das Problem nicht eine angebliche Lücke im Strafrecht ist, sondern ihre eigene Hetze gegen Minderheiten!
Und zum Schluss sollten Sie vielleicht auch mal selber überlegen, welche Konsequenzen Ihre Anträge in der Praxis hätten, wenn sie denn tatsächlich durchgehen würden. Mir fällt da eine Begebenheit im Rechtsausschuss ein. Ich sah Herrn Professor Weber mit einem Anstecker. Es war die Deutschlandflagge mit der Aufschrift: „Ich bin das Pack.“ Ich konnte daraus nur schließen, dass Deutschland und vielleicht auch er selber sich als Pack bezeichnet. Also ich sehe mich nicht als Pack und ein Großteil der in Deutschland lebenden Menschen auch nicht. Insofern ist das für mich und für einen Großteil der Deutschen beleidigend.
Sie können sich ja mal den Spaß machen und durchprüfen, ob das nach Ihrer Lesart den Tatbestand des Paragrafen 130 erfüllen würde. Wir lehnen Ihren Antrag selbstverständlich ab und können eigentlich nur empfehlen, ähnlich wie in Rheinland-Pfalz den Antrag zurückzuziehen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Obwohl Frau Bernhardt ihre Äußerungen in Bezug auf Deutschland nicht explizit als Zitat gekennzeichnet hat,
habe ich im Kontext der Begründung des Antrages der Fraktion der AfD diese Äußerungen so als Zitat gewertet. Anderenfalls hätte ich es als unparlamentarisch zurückweisen müssen beziehungsweise dafür einen Ordnungsruf geben müssen.
In diesem Zusammenhang gestatte ich mir die Bitte, wenn ich zukünftig eine Frage stelle, würde ich sie gerne aussprechen dürfen, bevor sie denn beantwortet wird.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Debatte zu dem Tagesordnungspunkt zeigt ja, dass unsere Aktuelle Stunde heute Morgen doch ziemlich aktuell war, denn es sind Zitate gebracht worden – von rechts außen, von links außen –, die, finde ich, mit einer ordentlichen Debattenkultur hier in diesem Land nichts zu tun haben, und deswegen, glaube ich, war die Aussprache heute Morgen auch wichtig.
Ich habe nach der Einbringung durch den Kollegen Professor Weber aber doch auch so ein bisschen meine Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Antrages. Einerseits hat er ja festgestellt, dass sie sowieso Schwierigkeiten haben mit dem Straftatbestand Volksverhetzung, weil oft auch AfD-Politiker angezeigt werden. Das hat er selber gesagt, dass der Paragraf dem Schutz von Minderheiten dient. Wenn Sie dann den Begriff „Deutschenfeindlichkeit“ hier bringen, suggerieren Sie aus Sicht meiner Fraktion, dass es eine flächendeckende Deutschenfeindlichkeit in Deutschland gibt. Also auch, wenn Sie das gerne immer herbeischreien und -rufen, so weit ist es Gott sei Dank in Deutschland nicht, und ich denke, so weit wird es auch in Deutschland nicht kommen.
Um eins mal klar vorwegzustellen: Auch aus Sicht unserer Fraktion sind die Kommentare – ich möchte sie jetzt nicht noch mal wiederholen –, die Sie in der Begründung aufführen, völlig inakzeptabel. Die gehen so nicht. Das muss auch geahndet werden. Wir als CDU stehen für einen weltoffenen Patriotismus und dazu gehört auch, dass wir uns ganz klar und deutlich aussprechen gegen die Verunglimpfung unserer nationalen Symbole. Hier haben wir ja auch eine Reihe von Beispielen. Meistens kommt es irgendwie im Zusammenhang – komischerweise – mit Fußballwelt- und -europameisterschaften. Da fällt dann schon mal dem einen oder anderen JusoLandesvorsitzenden die Deutschlandfahne in die Toilette oder die GRÜNE JUGEND findet nicht das stille Örtchen und muss auf die Deutschlandfahne urinieren – das war jetzt ein bisschen ironisch gemeint –, oder der Kollege Bockhahn in Rostock hat auch so ein bisschen Probleme damit, wenn Deutschlandfahnen gezeigt werden. Also wir haben da eine dezidiert andere Meinung. Wir haben kein Problem mit unseren nationalen Symbolen.
Dann stellt sich die Frage – und darauf sind die Kollegen auch schon eingegangen, jetzt werden Sie wieder sagen,
das ist eine Aktion durch alle Landesparlamente, aber das ist natürlich auch ein bisschen einfältig, wenn man immer die gleichen Anträge in jedem Landtag bringt –,
Wir haben im Rechtsausschuss jetzt schon ein paar Monate hinter uns gebracht, haben durchaus auch verschiedene Themen gehabt, letzte Woche erst die Berufsbetreuung, und wir werden uns noch mit anderen Sachfragen beschäftigen. Ich glaube, das sind eher die Fragen, die uns im Justizbereich hier im Land beschäftigen, und nicht unbedingt dieses Thema. Aus Sicht unserer Fraktion ist das jetzt kein flächendeckendes Problem, sondern wenn, dann tritt es vereinzelt auf, jedenfalls nicht so, dass man an dem Paragrafen nachschrauben müsste. Und, wie gesagt, die Kollegen sind darauf eingegangen, dass es ja bereits heute schon Möglichkeiten gibt, dagegen vorzugehen.
Und dann kann auch ich es Ihnen nicht ersparen: Ich finde es schon ziemlich drollig, wenn ausgerechnet die AfDFraktion davon spricht. Ich meine, wenn man „AfD“ und „Volksverhetzung“ googelt, kommt ja sofort ein ganzer Rattenschwanz. Da könnten wir einen ganzen Abend mit Zitaten füllen. Aber ich finde, das kann man Ihnen einfach nicht ersparen, denn auch wenn da vielleicht Dinge sind, wo die Anzeige wegen Volksverhetzung nicht zum Erfolg geführt hat, finde ich es einfach schwierig – gerade im Sinne einer Debattenkultur, die wir heute Morgen alle gemeinsam eingefordert haben –, wenn Jens Maier, AfDMitglied und Richter im Landgericht in Dresden, und ich zitiere, davon spricht, derzeit sei die „Herstellung von Mischvölkern“ in Europa einfach nicht zu ertragen. Weiter sprach er mit Blick auf die Aufarbeitung der NS-Zeit von einem „Schuldkult“ und erklärte diese für endgültig beendet.
(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD – Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Und was soll daran falsch sein?)
Oder der Kollege Poggenburg spricht von „linksextremen Lumpen“ und fügt hinzu, ich zitiere wieder, „statt eines Studienplatzes sollten die Studenten lieber praktischer Arbeit zugeführt werden“. Und er sagte im Landtag, ich zitiere wieder: „Helfen Sie dabei, die Wucherung am deutschen Volkskörper endgültig loszuwerden.“
Also, meine sehr verehrten Damen und Herren von der AfD, diese Sprüche und dieses Vokabular, das haben wir hier in diesem Landtag zehn Jahre ertragen müssen und ich habe eigentlich gedacht, dass wir jetzt weiter sind. Dass so was jetzt hochgejubelt wird, Herr Poggenburg, Herr Höcke stehen in einer Reihe, da würde es mich schon mal interessieren und, werter Herr Holm, ich finde, da müssen Sie sich auch mal positionieren,
da kann es dann nicht sein, dass Sie Ihre zweite Reihe hier reden lassen, sondern ich finde, da müssen Sie sich auch mal ganz klar und deutlich positionieren an der Stelle als Fraktions- und Landesvorsitzender
und sich klar und deutlich distanzieren. Von daher ist das, glaube ich, hier nicht der richtige Ansatz und unsere Fraktion wird diesen Antrag heute ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.